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vermittelst der kurzen Strecke durch den Eric⸗Kanal und die
Seen, den bedentenden Auswanderungen einen Weg zu oͤffnen,
die nur darauf warten, und auf diese Weise in die westlichen Wäͤlder zu dringen.
Die Amerikanische Zeitung, der Boston⸗Courier, vom 12. Sept. macht ehre Leser im Suͤden der Vereinigten Staa⸗ ten auf die Thatsache aufmerksam, daß den Tag vorher in Boston eine Brigg nach der Nordwestkuͤste mit 646 Ballen einheimischer Baumwolle, 48,000 Dollars an Werth, und ein anderes Schiff mit 500 Ballen nach Valparaiso ausela⸗ rirt hätte. Eine Quantitäͤt Wollenwaaren die kuͤrzlich in Suͤd⸗Boston eingeschmuggelt werden sollten, sind von den dortigen Zoll⸗Beamten confiscirt worden; sie waren ungefaͤhr 6000 Dollars werth.
Der Consul der Vereinigten Staaten in Campeche, hat nach Neu⸗Orleans die Mittheilung gemacht, daß, nach dem 4ten Artikel der neuen Mexicanischen Handels⸗Verordnungen, kuͤnftig jedes Schiff das ganze Tonnengeld zahlen muͤsse, seine Absicht moͤge seyn, welche sie wolle, sich entweder vom Zu⸗ stande des dortigen Marktes zu unterrichten, oder Instruc⸗ tionen zu empfangen, Loorsen zu nehmen u. s. w.
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2. Imgnn
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ULUeber 8 (Fortsetzung.) 2 n
In England hatten sich wahre und legitime Interessen der Freiheit verborgen und verhüͤllt unter dem Deckmantel theologischer Streitigkeiten und des Sektenwesens. Auf gleiche Weise hatte die Franzoͤsische Philosophie ihre Sekten, füͤr welche die Worte Toleranz, Aufklaͤrung, Humanitaͤt,
orwand wurden zu gefährlichen Speculationen; aber eben diese Philosophie schloß, wie die Englischen Religions⸗Strei⸗ tigkeiten, ein Prinzip der Gerechtigkeit und Liberalitaͤt aller steetlichen Verhältnisse in sich. Kann man daran zweifeln, wenn man bedenkt, daß diese Philosophie in mehr als einer Beziehung das öͤffentliche Recht von Europa geworden ist, daß siee die Freiheit des Kultus so wie die des Gedankens, die Gleich⸗ hen vor dem Gesetz, und was nicht als das Letzte zu betrachten ist, die Freiheit der Presse hervorgerufen hat. — Dabei ist es aber guch dieselbe Zeit, welche jene alten Lehren von Atheismus und Materialismus von Neuem entstehen ließ, die vereint einen Egoismus hervorbrachten, welcher Griechen und Roͤ⸗ mer schon als Begleiter des Verfalls der Staaten angesehen hatten. So sehn wir gerade um diese Zeit bei einem Theile der Schriftsteller Ansichten vorherrschen, welche aller Wuͤrde, aller Freiheit des Geistes geradezu entgegengesetzt waren. Und dies Wiederaufleben oder neue Enestehen solcher Lehren war nicht etwa die Frucht einer zuͤgellosen Freiheit der Presse, sondern es geschah unter der Herrschaft einer sehr strengen Censur. Die Hindernisse, welche von Seiten der Regierung diesem Allen entgegengesetzt wurden, die lettres de cachet, Verbrennungen der Buͤcher und dergleichen, waren fuͤr die Freiheit des Gedankens keine Hindernisse. Der Geist ist nur von dem Geiste zu zaͤhmen. Beweise dafuͤr, wenn sie noch noͤthig sind, giebt die Geschichte, welche ja selbst nur die bestaͤndige Fortentwickelung dieses Geistes ist. Hier nur einer, det vor an⸗ dern das voraus hat, daß er durchaus in die Augen fallend ist. In England hatten sich gerade unter der Regierung Karls des zweiten, Zuügellosigkeit und Mißbrauch der Freiheit des Gedankens in allen Schriften vermehrt, der Geist aber be⸗ freite sich, wenn auch langsam, doch durch sich selbst von die⸗ sem Uebel. Die freie Untersuchung gab der Moral ihre Ver⸗ theidiger. Die Lehren des Sceptizismus haben den Kampf mehr als einmal wieder angefangen, aber immer fanden sie edle und beredte Gegner. Dies dauerte fort. Thomas Pay⸗ ne’'s irreligiöͤse Demokratie verschwand vor Brahe's religioͤser Beredsamkeit, und so setzte man uͤberall dem Scepticismus und jener Unphilosophie nicht die Strenge der Censur, sondern die Macht der Wahrheit entgegen. Die Vertheidigung war eden so frei und edler noch als der Angriff. In Frankreich hatte die philosophische Parthei zu Widersachern nur die Censur und etwa den Jesuiten Nonotte, aber im Vertrauen auf die allgemeine Billigung, beachtete sie die Censur nicht, stegte über dieselbe und gewann so immer mehr im Gebiet.
sist sehr schwer Sieger zu seyn, ohne den Sieg zu miß⸗ brauchen. Die philosophische Parthei verfuhr wie eine Ar⸗ mee, die einen Einfall macht in das Land, unter dem Vor⸗ wande es zu befreien, aber unter diesem Vorgeben darin sengt und brennt, raubt und pluͤndert und alles zerstoͤrt. So in der Philosophie und hesonders in der Moral. Schrift⸗
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Vermischte Nachrichten.
den Gang der Franzoͤsischen Literatur, von Villemain.
derbaren Zwischenraum,
“ steller, welche a eller, welche angefangen hatten, einige ei 3 ßen oder der Unduldsamkeit in den ——— —— ö27 dem vngrif auf die Geistigkeit der eele, auf n —+₰ itaͤt des Gewissens, auf die ihei 9* 2 33 ssens, auf Freiheit des Denkens und auf
Aber man wird sagen, daß unter den dieser philosophischen Armee selbst es edle Menscherkämpfern habe, deren Charakter ihre Lehren Luͤgen straft. M9g 9 82 Helvetius anfuͤhren, daß er ein guter huͤlfreicher Mann 8 sey, daß sein Leben wenn auch dem Vergnuͤgen geweiht, doch — edelt sey durch die Wohlthaͤtigkeit, daß er auf seinem praͤchti ₰ Landgute zu Vore der humanste der guͤtigste Gebieter gewesen —₰ außer etwa, wo es sich um ein kleines Jagdvergehen han⸗ delte. Aber kann das gute Herz die schlechte Wissenschaft entschuldigen? Es fraͤgt sich, ob jenes große Werk des Hel⸗ vétins, Wahrheiten in sich schließt, welche der menschlichen Gesellschaft nuͤtze, und sie weiter brachten, ob die Metaphysik, je⸗ ner Schleier der Penelope, der immer zerstoͤrt und immer wieder neu gewebt wird, ob die Moral, jene Grundlage des menschlichen Lebens, dem Geiste und Genie des Helvétius neue Bereicherungen, die es auch in Wahrheit sind, ver⸗ dankt? Er sagt in seinem Buche de Fesprit: „Wir Haben in uns zwei Vermoͤgen, zwei, wenn man so sagen darf, passive Machten; die Eine ist die Fähigkeit Eimdeliche, welche aͤußere Gegenstaͤnde auf uns machen, zu empfangen, (seusi- bilité physique). Die Andere ist die Faͤhigkeit diese Ein⸗ druͤcke zu bewahren. Man nennt sie Gedaͤchtniß, und das Fücecn ist Eigülich weiter nichts, als ein fortgesetztes 3 Fuͤhlen (sensation continuée) r immer m . ), das sich aber immer Iu 8
„Diese Faͤhigkeiten, welche als die hervorbringend 8 Ursachen unserer Gedanken betrachten sind, che wir gemeinschaftlich mit den Thieren haben, wuͤrde uns indessen doch nur auf eine sehr kleine Anzahl von Ideen bringen, wenn sie nicht in uns mit einer gewissen aͤußern Organisation an uns verbunden waͤren. Wenn die Natur statt Haͤnde und biegsame Finger uns zu geben, mit Pferde⸗ 8 fuͤßen uns versehn haͤtte, wer zweifelt, daß die Menschen, ohne Kuͤnste, ohne Wohnungen, ohne Vertheidigung gegen 1] Thiere nicht noch in den Waͤldern umherirrten? — ’
Nach Helvétius also hat der Mensch nur physische Ere.— regbarkeit und Gedaͤchtniß, wie die Thiere und 9.82 weil er sonst aber doch anders gebildet ist als diese, so 1WW dieser einzige äͤußere Unterschied hinreichend, um jenen wun-⸗ 8— bare n, der den Menschen vom Thiere un⸗ 8 terscheidet, hervorzubringen. An andern Orten sucht Helve⸗ tins zu beweisen, daß das Urtheilen ein Fühlen sei. Weil mehrere Handlungen auf einem Gemälde dargestellt werden koͤnnen, so schließt er daraus, daß die moralische Beziehung dieser Handlungen untereinander, nur durch die Sinne gege⸗ ben werde, und daß wir den Gedanken von der Gerechtigkeit auf dieselbe Weise haben, wie den von der physischen Größe und Kleinheit. *8 Ddies Buch des Helvétius wurde beruͤhmt durch die von Censuren der Sorbonne, und ob es gleich durch und durch mit derselben logischen Schwaͤche und ohne alle Kraft des 8* Gedankens abgefaßt ist, uͤbte es dennoch vielen Einfluß aus, indem es eine Moral darbot, welche den Neigungen des Jahr⸗ hunderts schmeichelte. 3 3
„Schmerz und Vergnuͤgen sind die einzig bewegenden
Ursachen in der moraltschen Welt. Selbstliebe ist die ein⸗ zige Basis, worauf sich ein nuͤtzliches System der Moral bauen laͤßt.“
Alle Geschichte zeigt das Gegentheil dieser Saͤtze, und daß es allein das Opfer des Ichs an die Pflicht sey, wel. ches die Wuͤrde menschlicher Natur offenbart.
Aber die Lehre des Helvétius war nur die Einleitung zu dem nachher Folgenden. Einige Jahre spaͤter erschien ein eee. Buch 1., Systeme de la nature, dessen unange⸗ nehme Diktion und schlechte Logik Voltaires geschmackreicher Eifer nicht ertrug. In diesem Buche kommt der Verfasser zu folgender unglaublicher Aufstellung:
„Wenn der Mensch der Natur gemaͤß gezwungen ist, sein Wohlseyn zu lieben, so ist er auch gezwungen, die Mittel, welche ihn dazu fuͤhren, zu lieben; es wuͤrde unnuͤtz seyn und vielleicht auch ungerecht, vom Menschen zu verlangen, daß er tugendhaft seyn soll, wenn er es nicht waͤre, ohne sich ungluͤcklich zu machen. Sobald ihn das Laster gluͤck⸗ lich macht, muß er das Laster lieben.“
Voltaire aͤrgert sich uͤber diese Worte und ruft zornig aus: „Wenn es wahr waͤre, daß ein Mensch nicht tugens haft seyn kann, ohne zu leiden, so muß man ihn auffordern es zu thun. Der Satz des Verfassers wuͤrde nothwendig
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