1828 / 299 p. 3 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

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1W1“ 11n“ 8 spruch thut, im Laufe des kuͤnftigen Monats verhandelt wer den dörfte. Man glaubt, daß Herr Dupin der Aeltere die Vertheidigung des Herrn Béranger und Herr Berxville die des Herr Baudouin üͤbernehmen wird. * Die colossale Sphinx, welche man seit einiger Zeit hier erwartete, ist gestern auf der Seine angekommen; sie wird heute ausgeschifft und nach dem Louvre⸗Plas gebracht werden. Die liberalen Blätter führen zum Beweise, wie die Pastoren zuweilen von ihrem Berufe abweichen und die Kan⸗ zel in eine Rednerbüͤhne⸗ verwandeln, die nachstehende Stelle aus einer Predigt an, die der Dfarrer zu Saint⸗Mare bei Aix unlängst gehalten haben soll. „Es giebt heutiges Ta⸗ ges“‧, heißt es darin, „Gottlose, welche die Diener der Kirche verfolgen, und uns in die Tage zuruͤck versetzen wollen, wo die Priester sich genoͤthigt sahen, in den Zimmern die Messe lesen. Zum Ungllͤck fuͤr uns Alle leben wir unter einer chwachen Regierung, welche die Priester und die Kirche gern untersochen moͤchte; dies wird aber nimmermehr geschehen, denn die Kirche und ihre Diener erkennen bloß den Papst ls ihren rn an.“ z récurseur de Lyon meldet, daß ein Dutzend junger Leute dieser Stadt sich am 27sten zur Beendigung ihrer Studien nach dem Jesuiter⸗Collegium zu Freiburg in der Schweiz begeben haben, und bemerkt dabei, man duͤrfe sich nicht wundern, darunter Soͤhne aus den vornehmsten Beamten⸗Familien zu finden, da Jedermann wisse, daß das Land noch immer von der Congregation verwaltet werde. Robert, Graf v. Clermout, juͤngerer Sohn des heiligen Ludwig, welcher durch seine Vermaͤhlung mit der Erbin von Bourbon, der Stammpater der jetzigen Dynastie in Frank⸗ reich wurde, ward bei Brissarthe in einem Gefechte mit dem Daͤ⸗ nen⸗ hrer Hastings getoͤdtet. Sein Koͤrper wurde eine halbe Meile von dort, bei Söäronne, welches damals nur aus einem einzeluen Hause bestand, und wo seitdem der Thurm und die Stadt Chatrauneuf (einige Meilen von An⸗ gers, auf dem rechten Ufer der Sarthe) erbaut worden sind, r Erde bestattet. Die vornehmsten Einwohner dieser Stadt ben nunmehr eine Subscription zu dem Zwecke eroͤffnet, dem Grafen Robert ein Denkmal zu errichten, und sie er⸗ warten nur, um die Hand ans Werk zu legen, die Geneh⸗ igung der Regierung. Die Arbeiten * Wiederherstellung des Mausoleums der Grafen von Provence, Ildefons und Raymund Beren⸗ ger in Aix sind beendigt. Dieses Denkmal befindet sich in der St. Johannis⸗Kirche, und ist im Gothischen Style ge⸗ baut. Fuür Fens. welche Aix besuchen, wird es einen in⸗ teressanten stand der Beschauung gewaͤhren. Die Toch⸗ ter des einen jener Grafen war die Gemahlin des heiligen Ludwig, und dieser Umstand war ein neuer Grund zur Her⸗ stellung jenes Mausoleums, in welches am 12. November die Uebetreste jener Personen gebracht werden sollen. Der cafekt des Departements, Graf von Villeneuve, wird der 4 süchkeit im Namen des Köͤnigs beiwohnen. Dem Fuͤrsten von Talmont wird bei Laval ein Denk, mal auf Subscription mit Koͤniglicher Genehmigung errichtet. Die Wein⸗Erndte ist in den meisten Weinbergen der Ober⸗Pprenaͤen sehr befriedigend ausgefallen; die Trauben den bei schoͤnem Wetter gesammelt, und man darf auf einen Branntwein hoffen. In den Nieder⸗Pyrenaͤen, wo se in kurzem beendigt ist, erwarter man eine den besten . Jahes 4 gleichkommende Aualitaͤt. Die seit dem Anfange des Getoders anhaltende Hitze hat die Trauben zur schoͤnsten Reife gebracht, und der bereits gekelterte Wein ist vortrefflich. —¶Der hiesige Globe enthaͤlt Auszuͤge aus einem Auf⸗ satze von Gulzot (dem beruͤhmten Verfasser der Revolu⸗ tion Englands)*) üͤber die Sitzung von 1828. Wir entneh⸗ nen daraus folgende Stellen: „Wir alle,“ sagt derselbe, „so melwir ihrer sind, stecken der Politik zu weite Graͤnzen, wir haben von dem, was siein dem gefe schaftlichen Leben seyn soll und sein kann, eine zu große Vorstellung. Es scheint, als betrachteten wir den Srtnat wie einen Aeskulap, der im Besitz eines Univer⸗ sal. Mittels waͤre. An ihn wenden wir uns wegen unserer schaͤfte, unserer Meinungen, sogar wegen unserer Pergnuͤ⸗ . wollen, daß er uns h. eere, uns beschaͤftige, uns errege uns ergötze. een wir Beduͤrfnisse, 19 soll der Stäat Gesetze geden, verfolgen uns Feinde, d. oll er uns von ihnen befreien, stecken wir in Verlegenheiten, er soll aͤlen uns Besorgnisse und Zweifel,

uns herauszichen, und zu iese euen und heben. Und alles dieses so - * druch und Verzoͤgerung. Wenn der

* Eine Beurtheilung dieses Werles findet sich in den Jahr.

Fritik. Jahrgang 1328. cto⸗

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Staat nicht alles, zugleich vermag, er uns laͤßt, so werden wir ungeduldig oder zucken die Achseln.“

2 5 „* „Ihr findet die Kammern kalt, monoton, trocken,“”“ ruft er weiterhin den Ungeduldigen zu, „die Debatten

derselben haben nichts, was euch belehrte oder beweg⸗, te. Wer sagt euch denn, daß sie verbunden ist, 8

ter noch eine Schule der Philosophie, sie verhandelt die Angelegenheiten des Landes, und treibt sie, wie ihr euere ei⸗ genen, sie fuͤgt sich in die Nothwendigkeit, schmiegt sich den

Umstaͤnden an, giebt hier nach, um dort etwas durchzusetzen,

und macht keinen Anspruch auf eine reine Anordnung der Principien, oder eine absolute Vortrefflichkeit ihrer Resultate.

Versucht es nur, als Dialektiker oder Redner euere Familie

zu regieren, euer Vermoͤgen zu verwalten, und dann sagt, was daraus folgen wird. Verlangt ihr vernuͤnftige systema⸗

tische Lehren, so besuchet Vorlesungen und nehmet Buͤcher zur Hand; suchet ihr lebhafte Eindruͤcke und Erregung der

Phantasie, so studirt die Kuͤnste und geht ins Schauspiel.

Es waͤre herrlich und bewundernswuͤrdig, wenn auf dem hoͤchsten Gipfel der Gesellschaft, da wo die Repraͤsentanten

derselben sich versammeln, sich auch stets die Wissenschaft, die

Beredsamkeit, der tuͤchtige praktische Sinn, das Wahre,

Schoͤne und Nuͤtzliche vereinigt faͤnde, wenn alle Tugenden des Menschen sich dort neben einander entwickelten und uͤber

in dem Leben der Voͤlker kurze und seltene Zeitpunkte, bo) aus der

Dies ist aber nicht der gewoͤhnliche Gang der menschlichen Dinge;

diese glorreiche Vereinigung, wie der Blitz Gewitterwolke, erscheint, und den Blick blendet.

wenn der Staat Festigkeit und ein geregeltes Wesen erlangt

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hat, so trennen sich die Doctrinen und die Geschaͤfte von einander, die Philosophie, die Literatur und die Politik tre-x ten jede in ihr Gebiet zuruͤck und bilden sich ihre abgesona⸗

derten Geschaͤfte und Organe. Jedesmal, seit dreißig Jah⸗ ren, wenn sich eine liberale Bewegung in Frankreich mit ei⸗

niger Energie äußerte und der Geist der Revolution seine

Stimme etwas laut erhob, so begruͤndet und nothwendig auch

sein Erscheinen seyn mochte, hat sich ein Gefuͤhl der Unruhe 8

und Furcht der Regierung, von welcher Art sie auch war, so wie einer großen Masse der Buͤrger bemäͤchtigt, die uͤbri⸗ gens weder Anhänger der alten Monarchie noch der Tyran⸗ nei waren. Daraus ging dann sogleich entweder eine posi⸗

tive Reaction gegen die eben begonnene Bewegung, oder

wenigstens ein indirectes Bestreben hervor, sie zu schwäͤchen und aufzuhalten, indem man ihr nichts desto weniger folgte und sie benutzte. Die Gruͤnde dieser Thatsache liegen offen da. Die Wiederkehr und die Ergebnisse derselben bilden, seit dreißig Jahren, fast unsere ganze Geschichte. Die eigentliche liberale Parthei, die Maͤnner, welche sich in allen Epochen als die Deuter und Vertheidiger der Revolution benommen haben, verkannten dieselbe lange Zeit. Von ihrer im Allge⸗ meinen guten Sache fortgerissen, und durch die Erinnerung

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zu unterrichten und aufzuregen? Sie ist weder ein Thea- 8

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warten

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an die fruͤhere Macht derselben getaͤuscht, kehrten sie bei der S

unbedeutendsten anscheinend guͤnstigen Gelegenheit auf je⸗

nen Weg zuruͤck, und strebten nach dem Siege, ohne .

die Veraͤnderungen in den Begebenheiten und in den Geistern zu berücksichtigen, und ohne ihre Worte und Hand⸗ lungen zu erwägen; sie waren mehr mit der Freude beschaͤf⸗ tigt, wieder auf der Buͤhne erscheinen der Sorge fuͤr das Gelingen. Im Ja viel zum erstenmale hat die liberale Parthei ihre Lage richtig be urtheilt und ihr Betragen gemaͤßigt. Zum erstenmale begriff sie, daß sie, national und verdaͤchtig zu gleicher Zeit, die Macht, welche man ihr beilegte, und wovor man Furcht hatte, nur wieder erlangen koͤnnte, wenn sie sich faͤhig zeigte, dieselbe gut anzuwenden. Sie erkannte, daß man nicht das Organ der allgemeinen Interessen seyn kann, wenn man nach Art einer Cotterie handelt, daß man in den Handlungen maͤßig seyn muß, 1 Sache so vortrefflich ist, lichkeit gewonnen werden koͤnnte. len mit Maaß und Vorsicht benommen, thaͤtig und geordnet, sie nahm ein theilweises Mißlingen ohne Mißmuth auf, ordnete ihren Willen, ihre Kraft, ihre Erwartungen dem

Erfolge unter,

daß sie ohne Klugheit und Geschick⸗ Sie hat sich bei den Wah⸗

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um Rechte zu begruͤnden, und daß keine

suchte sorgsam neue Anhaͤnger zu erwerben und

die alten zu erhalten, Und verließ die Bahn der revolutiv“ nairen Taktik, um den Weg einer freien und gesetzlichen Ree..

gierung einzuschlagen.

So entstand eine der uneigennuͤtzig⸗

zu können, als mit Jahre 1827, vielleicht

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sten, unabhängigsten und ehrenwerthesten Kammern, die ir-⸗

gend ein Land jemals besessen hat, die aber einen doppel Charakter trüͤgt und zwei Impulsen folgt. Ihr Ursprung i liberal, und das ist ihr Ruhm; zugleich hat man es ihr o