1828 / 313 p. 6 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

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aber diese Schwierigkeiten aͤndern in ihrer Natur

Ursachen und

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hier ihrem Ursprunge, ihrem Fortgange und ihrem Charak⸗ ter nach bis auf die neueste Zeit hin dargestellt werden soll. Es ist unverkennbar, daß in dem Streben der verschieden⸗ sten Staaten nach Civilisation sich eine gewisse Einheit zeigt, welche in den verschiedensten Begebenheiten und Thaten, seyen sie der Zeit, dem Orte und den sie begleitenden Umstaͤn⸗ den nach auch noch so von einander getrennt, doch immer nur zu denselben Principien zuruͤckfuͤhrt, und Resultate erzeugt, welche im Grunde immer dieselben sind. Eben darin ist es begrüͤndet, daß die Civilisation nicht das ausschließliche Ei⸗ genthum eines der Europaͤischen Staaten gewesen ist, den sie sich etwa vor allen uͤbrigen zum Sitze erkohren haͤtte, son⸗ vern die Einheit, welche 8 uͤberall in ihren Prineipien er⸗ wiesen hat, ist zugleich von einer unendlich reichen Man⸗ nigfaltigkeit begleitet gewesen, welche ihren Grund in der Verschiedenheit der Völker und ihres Geistes hatte. So sind die einzelnen Zuͤge ihrer Bildung zerstreut, man muß bald in Frankreich, bald in England, dann in Deutschland oder in Spanien die Elemente ihrer Geschichte suchen. Doch ließ sich (nach Herrn Guizot’s Meinung) ohne den Ver⸗ dacht einer Schmeichelei des Vaterlandes wohl sagen, daß Frankreich immer der Mittelpunkt der Eu⸗ ropa's gewesen sey. Es wuͤrde jedoch uͤbertrieben seyn, wenn man behaupten wollte, daß es immer in Bezug darauf an der Spitze der Voͤlker einher geschritten sey. Italien hat ihm in verschiedenen Zeiten den Vorrang in den Kuͤnsten ab⸗ gewonnen, England in den politischen Einrichtungen, und so werden sich von andern Gesichtspunkten aus noch mehr Lan⸗ der finden lassen, die es uͤbertroffen haben; aber dessen unge⸗ achtet muß man es anerkennen, daß Frankreich immer, wenn es sich in den Fortschritten der Civilisation irgend einem Staate nachstehen sah, davon nur einen Anlaß genommen hat, neuen Eifer und neues Feuer in sein Streben danach zu bringen. So befand es sich bald auf gleicher Hoͤhe mit den uͤbrigen, bald ihnen weit voraus. Dazu kommt noch, daß alle neue und große Ideen, alle Einrichtungen, welche aus einem Fort⸗ schritt der Tivilisation hervorgegangen sind, wenn sie auch andern Ländern ihr erstes Entstehen verdankten, doch immer durch Frankreich gehen, dort erst die Form, den Zuschnitt er⸗ halten mußten, welcher noͤthig war, wenn sie sich uͤber ganz Europa verbreiten sollten.

Eine Frage, welche zu beantworten ist, ehe die Geschichte der Civilisation selbst uͤberhaupt nur angefangen werden kann, ist die, ob es denn auch möoͤglich sey, eine Geschichte derselben zu geben? Man spricht seit einiger Zeit und nicht ohne Grund sehr viel von der Nothwendigkeit, die Geschichte auf Thaten zu beschraͤnken, und nur diese zu erzählen und darzustellen. Gewiß kann es nichts begruͤndeteres geben, als diese Forderung, aber man darf auch nicht vergessen, daß es mehr Thaten zu erzählen giebt und eine groͤßere Verschie⸗ denheit unter ihnen herrscht, als man im ersten Augenblicke wohl glauben mag. Es giebt materielle und sichtbare, wie die Schlachten, die Kriege, die Handlungen der Regierung; es giebt ferner moralische Thaten, welche zwar nicht oͤffent⸗ sich, aber dessen ungeachtet nicht weniger wirklich sind; es giebt besondere Thaten, welche einen eigenen Namen haben, und allgemeine, ohne allen Namen, bei denen es unmoͤglich ist, sie nach einem bestimmten Datum, nach diesem oder je⸗ nein Tage oder Jahre zu bezeichnen, welche sich nicht in enge und bestimmte Graͤnzen einschließen lassen und welche nichts destoweniger Thaten sind wie die uͤbrigen, und welche man nicht von der Geschichte ausschließen darf, ohne diese zu ver⸗ stuͤmmeln.

Der Theil der Geschichte selbst, den man gewoͤhnlich den philosophischen zu nennen pflegt, die Beziehung der Tha⸗ ten auf einander, das Land, welches die Getrennten vereinigt, n Wirkungen der Begebenheiten, Alles gehoͤrt zur Ge⸗ schichte so gut,

Gchruckt bei A. BW. Hayn.

ohne Zweifel schwieriger darzustellen, man irrt sich dabei

mehr und leichter, als bei den üͤbrigen; es ist schwer, sie durch die Erzählung zu beleben, sie in deutlicher Form wiederzu⸗

wie die Erzaͤhlung der Kriege und Schlachten und aller aͤußern Begebenheiten. Zwar sind Thaten dieser Art

nichts, sie bleiben darum doch nach wie vor der wesentliche Theil der Geschichte. Zu dieser nun gehoͤrt die Civilisa⸗ tion; ihre Geschichte bringt alle eben erwaͤhnten Schwie⸗ rigkeiten der Darstellung, aber auch alle Tiefe und Groͤße des Inhalts mit sich. Gerade sie ist es gewesen, uͤber die man so oft eine solche Menge von Fragen erhoben hat, ob sie ein Gut oder ein Uebel seyv. Die Einen haben sich uͤber sie betruͤbt, die Andern sie gepriesen und erho⸗ ben. Man hat gefragt, ob es eine allgemeine Civilisation des menschlichen Geschlechts gaͤbe, ob sie eine Bestimmung der Geschichte sey, ob die Voͤlker sie sich einander von Jahr⸗ hundert zu Jahrhundert uͤberliefert haben, und ob sie so wachsen und sich vermehren werde, bis an das Ende der Zei⸗ ten. Alle diese Fragen sind mit Ja zu beantworten; es giebt eine allgemeine Bestimmung der Menschheit, es giebt eine Ueberlie⸗ ferung und in ihr ein Zunehmen der Civilisation, und deshalb giebt es auch eine Geschichte derselben. Noch mehr aber wird eine solche Geschichte moͤglich gemacht, wenn man sich bestimmte Grenzen in Bezug auf die Zeit sowohl als auf den Schauplatz der Begebenheiten setzt, wenn es nur die bestimmte Zahl von Jahrhunderten, die bestimmten Voͤlker sind, deren Bildungs⸗ geschichte man darstellen will. Das Resultat von allen Ver⸗ suchen dieser Art muß aber seyn, daß die Civilisation als der Haupt⸗Moment der ganzen Geschichte erkannt wird, auf welche alle andere hinauslaufen, in welchen alle andere aufgehen. Man nehme alle die einzelnen Momente, aus denen die Ge⸗ schichte eines Volks besteht, die sein Leben bilden, seine Ge⸗ braͤuche und Einrichtungen, seine Gesetze, seinen Handel, sei⸗ nen Gewerbfleiß, seine Kriege, alle auch die kleinsten Hand⸗ lungen seiner Regierung, wenn man die Totalität dieser ein⸗ zelnen Elemente, ihre Verbindung und Verhältniß unter ein⸗ ander wuͤrdigen und beurtheilen will, was verlangt man an⸗ ders von ihnen zu wissen, als wieviel sie zur Bildung dic⸗ ses Volks beigetragen haben, welche Rolle sie dabei gespielt, welchen Einfluß sie darauf ausgeübt haben. Nicht indem man diese Elemente einzeln fuͤr sich betrachtet, sondern nur insofern, als man ihr Verhaͤltniß in und zu jenem ganzen und großen Hauptzwecke der Geschichte, zur Civilisation zu erkennen strebt, hat man ihre wahre Bedeutung gefunden. Die Civilisation ist ein Ozean, der den Reichthum der Menschheit bildet, in den alle Thaten und alle Forrschritte der Vöͤlker, wie die Fluͤsse in das Weltmeer, sich ergießen. (Fortsetzung folgt.)

Konigliche Schauspiele. Donnerstag, 20. Nov. Im Schauspielhause: Kritik und Antikritik, Lustspiel in 4 Abtheil., von E. Raupach. (Herr Gern S.: den Stadtdirector Witte.) Hierauf: Der Kammerdiener, Lustspiel in 1 Aufzug, nach dem Franzoͤsischen, von der Koͤnigl. Schauspielerin F. Krickeberg.

Freitag, 21. Nov. Im Opernhause: Der Kapellmeister aus Venedig, musikalisches Quodlibet in 1 Aufzug Hierauf: Therese, die Nachtwandlerin, großes pantomimisches Ballet in 2 Abtheilungen.

Im Schauspielhause: 1) Kettly, ou: Le Reloufpt en Suisse, vaudeville en 1 acte. 2) La Somnambule, vaude-

ville en 2 actes, par Ser’be. 8 5 14 F

Königsstädtsches Theater.

Donnerstag, 20. Nov. Sargines. Komische Oper in 2 Akten; Musik von Paͤr. (Letzte Vorstellung dieser Oper mit Herrn Jaͤger.)

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Auswärtige Börsen.

London, 11. Nov. .

Conszols 86⁄, 5. Huss. 94 ¼. Drazil 64 ½. Pom. 55⁄, 56 ½ Span. 10 ½⅜, 11. Mezican. 49¾, 34. Dén. 61 ½, 62. Colomb.

Griech. 17 ½, 18 ½. Schatzbammer-Scheine 75, 76.

. Wien, 14. Nor. 5 5pCC Metalliq. 95 ½,. Bank Actien 1086. *. ir Cottel.

i82, 2.

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