1828 / 325 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

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umgangener Versprechungen und getäuschter Hoffnungen be⸗ schoͤnigen koͤnnte, und gewiß werden die Kammern nicht zur Nachsicht gestimmt seyn, wenn man ihnen, als Ersatz fuͤr so viele Beweise der Schwaͤche, einige unvollstaͤndige Gesetz⸗Ent⸗ wuͤrfe vorlegt, welche nur die Absicht verrathen, die dem Lande versprochene Genugthuung auf unbestimmte Zeit zu verschieben. Im Laufe der letzten Sitzung verdankte das Ministerium seine ganze Kraft seinen Versprechungen; dieses Mittel, welches jeder neu begruͤndeten Macht so wohl zu statten koͤmmt, wird indessen in der naͤchsten Sitzung weg⸗ fallen, denn man hat seitdem erfahren, was man von jenen pomphasten Verheißungen zu halten habe. Das Ministerium sieht recht gut ein, wie schwierig alsdann seine Lage werden wird, und darum will es die jetzige precaire und unbestimmte Stellung einer schwachen Verwaltung, die nicht vorwaͤrts schreiten kann noch will, moͤglichst in die Laͤnge ziehen. Wenn

es indessen sein eigenes Interesse nur einigermaaßen verstaͤnde, so wuͤrde es einsehen, daß eine solche Verzogerung so wenig ihm als dem Lande fromme.“

Man geht bekanntlich damit um, einen ganz neuen Saal;

fuͤr die Sitzungen der Deputirten⸗Kammer zu bauen; dieser wird indessen erst fuͤr die Sitzung von 1830 fertig werden; man hat dafuͤr dieselbe Form gewaͤhlt, welche der jetzige Saal hat, naͤmlich die halbe Cirkel⸗Form, jedoch soll dabei mehr als in diesem auf die Regeln der Akustik und auf den Raum fuͤr die Zuschauer Ruͤcksicht genommen, und nebenbei zu⸗ leich fuͤr eine Wohnung fuͤr den Praͤsidenten gesorgt werden. Zier und zwanzig ionische Saͤulen von weißem Marmor mit ver⸗ goldeten Sockeln und Capitaͤlen werden den Saal umgeben; das Haupt⸗Gesimse dieser Colonnade wird etwa 8 Fuß hoch uͤber die letzte der amphitheatralisch hinaufsteigenden Bank⸗ Reihen fuͤr die Deputirten hinausragen, um Besprechungen zwischen diesen und den Zuschauern zu verhindern; was die Tribunen fuͤr das Publikum anbetrifft, so soll es deren zwei Reihen uͤbereinander geben, welche etwa 500 Zuschauer assen koͤnnen, wogegen die jetzige eine Tribune deren nur 210 aufnimmt. Breite Treppen, zur alleinigen Benutzung der Deputirten, werden diesen erlauben, sich frei und unge⸗ hindert nach allen Theilen des Saales zu begeben, ohne daß der Lauf der Seeezagen dadurch unterbrochen wird. Die Vertie⸗ fung, in welcher sich bisher der Sessel des Praͤsidenten befand, fällt weg, so daß das Buͤreau desselhen, vorzüͤglich aber die Rednerbuͤhne, mehr in die Mitte des Saales hineintritt und der Redner sonach, sowohl von den Deputirten als den Zu⸗ schauern, besser als bisher verstanden werden kann. Der Architekt, Hr. von Joly, dem der Bau uͤbergeben ist, will, daß der Hintergrund des Saales, an welchen sich das Buͤ⸗ reau des Praͤsidenten lehnt, auf eine passende Weise decorirt werde; er hat hierzu die Malerei und die Bildhauerkunst in Anspruch genommen. Herr Gérard will die Unabhän⸗ gigkeit der alten Franzoͤsischen Parlamente zum Gegenstande eines großen Gemäaͤldes machen, und ein Bildhauer, dessen Name noch nicht bekannt ist, wird die Statuen Lhöpital's, Colbert’s, Montesquieu's und d Aguesseau's anfertigen. Der Oberst Fabvier hat vorgestern seine Ruͤckreise nach Griechenland angetreten. 2 Aus Marseille meldet man, daß das dortige kleine geist⸗ liche Seminarium, wie im vorigen Jahre, wieder geoͤffnet worden sey und mindestens 150 Zöglinge zahle, ohne daß der Bischof sich in die Verordnung vom 16. Juni gefuüͤgt habe. Ein Schreiben aus Toulon vom 17. Nov. enthält Folgendes: „Die Koͤnigl. Brigg „Loiret“, Capitain Laroque, ist von Patras, das sie am 1. Nov. verlassen hat, mit De⸗ Fes und Privat⸗Briefen auf hiesiger Rhede allgekommen. uter letzteren befindet sch nachstehendes Schreiben eines Matrosen der Fregatte „Dido“: Fort von Morea, 1 Lieue von Patras, am 30. Oct. 1828. „Mein letzter Brief meldete, daß ich noch in Navarin war; zwei Tage spaͤter erhielten wir, so wie die Fregatten „Armide“, „Herzogin von Berry“ und die Corvette „Hise“, Befehl, nach Patras zu segeln, um die von den Tuͤrken ge⸗ gen die Corvette „Echo“ begangenen Feindseligkeiten zu rä⸗ chen. In anderthalb Tagen vollendeten wir die Fahrt und setten Unsere Truppen zwei Tage nach unserer Ankunft ans . Der Angriff die Stadt geschah einige Tage spaͤ⸗ lgsere Fregatte hatte Befehl, sich zwischen die Stadt sen da Fort zu legen, und jede Communication zwischen die⸗ keinen zu verhindern. Die Garnison leistete schuͤssen. Puair 9 und capitulirte hei den ersten Flinten⸗ einen SeE ist nicht mehr die Stadt, welche fruͤher n Namen hatte; sie wurde in der ersten ein

Zeit des Krieges * Stelle steht jetze nur unf Norea verheert, und an ihrer und Stroh, deren e. Haufen schlechter Huͤtten von Holz 2 chmutziges Aussehen das Elend und die

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den Tuͤrken besetzt war. 8

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unglaubliche Sorglosigkeit der Einwohner bezeugen. Ich besuchte

die Stadt einige Tage nach der Uebergabe, als sie noch von Man füͤhrte mich in das schoͤnste Viertel. Die Haͤuser siud nichts als unfoͤrmlich zusammen⸗ gefügte Bretterhaufen, unter denen die Tuͤrken, von ihren Weibern umgeben, mit untergeschlagenen Beinen saßen und ruhig ihre Pfeife rauchten. Am 14. Oct. besuchte ich die Stadt zum zweiten Male; jetzt bot sie einen ganz andern Anblick dar; die Haͤuser waren zwar noch dieselben, aber man sah ihnen an, daß sie andere Bewohner hatten. Die Tuͤrken hatten einige Tage nach der Capitulation von Pa⸗ tras diese Festung geraͤumt, und wurden mit ihrem saͤmmt⸗ lichen Gepäͤck nach Albanien uͤbergesetzt, das nur durch einen 3 Lieues breiten Meeres⸗Arm von Morea getrennt ist. Die truppweise in den Vergen umherirrenden Griechen stroͤmten sogleich von allen Seiten nach der Stadt, und nahmen ihre alten Wohnungen in Besitz. Sofort bekamen die Haͤuser ein reinlicheres Ansehen, allenthalben ließen sich Handelsleute mit altem Eisen⸗Geräͤthe, Taback, Wollstoffen u. s. w. sehen, kurz Al⸗ les, was man erblickte, zeugte von der Thaͤtigkeit und Industrie der Griechen. Der Vergleich zwischen den Tuͤrken und Grie⸗ chen fällt sehr zum Vortheil der Letztern aus. Die Stadt Patras liegt im Norden von Moreg, am Golf, der von ihr

den Namen fuͤhrt, zwei Lienes von der Muͤndung des Meer⸗ busens von Lepanto, und wird von zwei ziemlich starken Forts vertheidigt, von denen das eine in Morea selbst, das andere an der Kuͤste von Albanien, nicht weit von Lepanto, liegt. Ich weiß nicht, welche Bestimmung wir erhalten werden, nachdem alle festen Plaͤtze Messeniens in unserer Gewalt sind.“ Von Navarin sind am 15ten d. M. zwei Trans⸗ port⸗Schiffe mit Pferden im Hafen von Toulon eingelaufen. Zehn andere dergleichen Schisse mit Pferden werden noch erwartet.

Großbritanien und Irland.

London, 22. Nov. Aus Limerick vom 19. wird ge⸗ meldet, daß die Grafschaft Tipperary sich von Neuem in einem hoͤchst aufgeregten Zustande befindet. Zahlreiche Hau⸗ fen durchstroͤmen das Land, um sich Waffen zu verschaffen. Mehrere Haͤuser sind angegriffen und die darin befindlichen Feuergewehre geraubt worden. Zwei Leute, welche auf der Jagd waren, wurden am hellen Tage genoͤthigt, ihre Flin⸗ ten abzugeben. Die Bauern scheinen sich mit Feuergeweh⸗ ren versehen zu haben; alle Nacht höͤrt man Schuͤsse fallen. Viele achtbare Familien fluͤchten sich in die Stadt. Bei Abbydarney versuchten die Insurgenten, 4 Soldaten des 98sten Regiments zu entwaffnen.

Hr. Pereira, dessen Ankunft in England wir kuͤrzlich gemeldet haben, ist hier eingetroffen und wird sich dem Ver⸗ nehmen nach unverzuͤglich, in Auftraͤgen Dom Miguel’s, nach Rio Janeiro begeben. .

„Man wird sich erinnern“, heißt es in der Times, „daß im Laufe der letzten Parlaments⸗Sitzung die Rede von einer Geldsumme war, die von Frankreich entrichtet worden ist, um alle Anforderungen Britischer Unterthanen an dies Land zu befriedigen. Das solchergestalt gezahlte Geld wurde ge⸗ wissen Englischen Commissarien uͤberwiesen, um es an ihre Landsleute, nach den respertiven Forderungen derselben, auszu⸗ zahlen. So weit war das Verfahren auf beiden Seiten ge⸗ recht und billig. Aber dem Verlauten zufolge ist ein be⸗ traͤchtlicher Theil dieses Geldes (man spricht von 250,000 Pfd.), das doch allein den Creditoren Frankreichs zukam, von den Commissarien fuͤr die Wälder und Forsten zur Be⸗ streitung der laufenden Ausgaben fuͤr den Bau der Koͤnigli⸗ chen Schloͤsser verwendet worden. Dies ist ohne Zweifel ein sehr tadelnswerthes Verfahren. Doch fuͤgt man hinzu, daß die richtig befundenen Anforderungen an die Franzoͤsische Re⸗ gierung befriedigt waͤren, und daß nur die Berichtigung der Forderungen suspendirt waͤre, deren Guͤltigkeit noch nicht habe erwiesen werden köͤnnen, sobald dies aber geschehe, wuͤrden auch diese Forderuggen befriedigt werden.“ Die Times scheint uͤbrigens diese schon fruͤher beregte Angelegen⸗ heit jehht nur um deshalb wieder zur Sprache zu brin,. gen, um folgende Bemerkung daran zu knuͤpfen: „Wir haben von dem Pallaste gesprochen, der zum Theil von dem Franzoͤsischen Gelde gebaut seyn soll. Die erste An⸗ sicht, welche die Fremden von ihm haben, wird von dem Porticus aus seyn, dessen Bau jetzt in Hode⸗Park, Ecke beendigt ist; welcher Natur wird dieser Prospect selbst seyn? Nicht etwa auf eine ossene und praͤchtige Fronte, sondern auf den aͤußersten Winkel des letzten Fluͤgels. Dies will uns aber eben so beduͤnken, als wenn unser gnäͤdiger Herr, indem ein fremder Prinz ihm vorgestellt wird, statt seine edle Person en face zu zeigen, ihm nur die linke Schulter zuwenden wollte.

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