1828 / 353 p. 3 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

8. 4 Föö E einen aus ihrer Mitte nach Europa zu den Fuͤßen des Thrones niederlegen und dem Koͤnige be⸗ weisen sollte, daß die Mahomedaner treuer seyen als die Christen. Ein Gencral⸗Commissair wurde nach den Colo⸗ nicen geschickt, um das Verwaltungs⸗System zu aͤndern, aber einer unserer Agenten hatte ein Indisches Oberhaupt auf eine entehrende Weise verletzt, und das Feuer war nicht mehr zu daͤmpfen. Einer unserer eigenen Beamten verkaufte den Insurgenten von unseren Pulvervorraäͤthen. Der Redner billigte darauf die Maaßregel, daß man, nach dem Beispiele der Englaͤnder, die Eingebornen anwerbe und im Gebrauch Europaͤtscher Waffen uͤbe, und sicherte dem Gesetze seine Stim⸗ me zu. Herr Warin lobte den edlen und uneigennuͤtzigen Charakter, den Hr. van der Cappellen waͤhrend seiner Ver⸗ waltung der Colonieen bewiesen habe, und suchte denselben gegen einen indirecten Vorwurf zu schuͤtzen, der ihm in dem Vortrage des vorigen Redners zu liegen schien, wogegen sich dieser wiederum verwahrte. Herr Warin stimmte gegen das Gesetz. Herr Geelhand della Faillle ruͤhmte den Eifer, mit dem sein College Warin den ehemaligen General⸗Gou⸗ verneur in Indien vertheidigt habe und ließ auch seinerseits dem edlen Charakter des Herrn van der Cappellen Gerech⸗ tigkeit widerfahren; er haͤtte aber lieber gewuͤnscht, den Schleier von diesen Angelegenheiren nicht gehoben zu sehen, am we⸗ nigsten aber duͤrfe man Herrn van der Cappellen auf Kosten seines Nachfolgers, des Herrn du Bus, vertheidigen wollen. Er sey gegen beide gerecht. Der Erstere habe die Colonieen aus den Haͤnden der Englaͤnder bekommen, und sey zu gro⸗ ßen Ausgaben genothigt gewesen, da er alles neu schaffen und organisiren mußte. Herr du Bus habe dagegen die Fi⸗ nanzen wieder zu ordnen gesucht und Ersparnisse gemacht. Er stimmte fuͤr die Anleihe. Nachdem Herr van Alphen, der das Gesetz bereits in der vorigen Sitzung vertheidigt hatte, die Kammer nochmals an die Wichtigkeit der Co⸗ lonicen erinnert und sie zur Bewilligung der 15 Mil⸗ lionen aufgefordert hatte, sprachen die Herren Surlet de Chokier und van Asch van Wyck fuͤr das Gesetz, zu dessen Vertheidigung sodann der Finanz⸗Minister einen Vortrag von fast einer vollen Stunde hielt, der einen tiefen Eindruck auf die Versammlung machte. Hr. Le Hon er⸗ theilte der ministeriellen Rede großes Lob, und dankte dem Minister fuͤr die gegebenen Aufschluͤsse, die auch ihn guͤnstig fuͤr das Gesetz gestimmt haͤtten. Hr. Donker⸗Curtius bestand auf der Verwerfung des Gesetz⸗Vorschlages. Hr. Fal⸗ lon machte den Vorschlag, den Vortrag des Ministers, der so reich an schaͤtzbaren Nachrichten sey, zum Druck und zur Austheilung an die Mitglieder der Kammer zu verordnen. Der Präsident, Hr. Reyphins, stimmte dem Vorschlage bei, vorausgesetzt, daß der Minister das Manuseript dazu erthei⸗ len wolle. Dieser dankte der Kammer fuͤr diese schmeichel⸗ hafte Auszeichnung und uͤbergab dem Praͤsidenten sein Ma⸗ nuscript. Das Gesetz uͤber die Anleihe von 15 Millionen fuͤr die Colonieen kam darauf zur Abstimmung und wurde mit 84 gegen 17 Srimmen angenommen. Die Kammer vertagte sich sodann auf den 19. Januar, worauf die

i fgehoben wurde. . en. 24. Dec. Das Budget fuͤr das Jahr 1828 ist neulich nicht (wie gemeldet worden) mit der Mehrheit einer einzigen, sondern mit der von zwei Stimmen ange⸗ der zweiten Kammer das neue Gesetz gegen Preßvergehen vorgelegt, da aber die Vacanzen jetzt eingetreten sind, so wird es erst im Januar debattirt werden. „Schweden und Norwegen. 4

Stockholm, 19. Dec. Seine Majestaͤt der Koͤnig hatten dem Vernehmen nach drei Tage hindurch, in Folge einer starken Erkaͤltung, die von einem leichten Fieber⸗An⸗ falle begleitet war, das Zimmer huͤten muͤssen, sind indessen gegenwaͤrtig, seit das Fieber sich nicht wieder eingestellt hat, fast gänzlich hergestellt; doch leiden Allerhoͤchstdiesetben noch an einiger Schwaͤche. .

Die Anzahl der in den vier Staͤnden gemachten An⸗ rraͤge hat sich zum 15ten d., als dem festgesetzten Ter⸗

i uf 600 belaufen.

I Veutschlan d.

Stuttgart, 24. Dec. Wir haben sicher⸗ Kunde er⸗ halten, daß das neue Jahr 1829 der Universitaͤt Tuͤbingen die laͤngst erwartete Organisation und mit ihr einen bleiben⸗ ien Curator in der Person ihres bisherigen hochverdienten Kanzlers v. Autenrieth bringen wird. Seinen gediege⸗ ren Werken verdankt sie ihren Europaͤischen Ruf; er lenkte tie Universitaͤt mit solcher Klugheit, daß sie vor 3 Jahren ter mit allgemeinem Beifall aufgenommenen provisorischen Einrichtung theilhaftig werden konnte. Man ruͤhmt an die⸗

senden, der ihre Klagen

sem Manne den feinen Geschaͤftstakt, die ruhige Umsicht in der Behandlung schwieriger Dinge, seine Partheilosigkeit in Allem, und den klassischen Styl in jeder Zeile, die aus sei⸗ ner Feder fließt.

Italien.

Rom, 18. Dec. In einem am 15ten d. M. gehalte⸗ nen geheimen Consistorium hat der Papst 5 Erzbischoͤfe und 21 Bischoͤfe bestaͤtigt, worunter 11 in barzihus Infidelium. Unter den Erzbischoͤfen befindet sich der fuͤr Gnesen und Posen er⸗ nannte bisherige Propst an der Kathedralkirche zu Gnesen, Dr. Theophüius von Wolicki. Seine Heiligkeit ernannte demnaͤchst 8 Kardinaͤle, worunter der Primas von Ungarn, Monsign. Alex. v. Rudnay und Diveck⸗Uifalu. Am sel⸗ bigen Tage hat der Papst auch noch verschiedene andere Ernennungen vorgenommen, namentlich ist Monsign. L. del 2 Drago zum Ober⸗ Hofmeister und Monsign. Castruccio Castracane zum Secretair der Prepaganda ernannt worden.

2 Tuͤrkei und Griechenland.

Ein in der Allgemeinen Zeitu ng enthaltenes Schrei⸗ ben von der Servischen Graͤnze vom 4. Dee, theilt den (weiter unten folgenden) Auszug eines von einem Israeli⸗ tischen Handelshause herruͤhrenden Briefs aus Nissa mit, und schickt demselben folgende Bemerkungen uͤber die Be⸗ schaffenheit der fraglichen AQuelle woraus: „Die in der Euro⸗ paischen Tuͤrkei und zu Konstantinopel verbreiteten zahlrei⸗ chen Inden sind meist Abkoͤmmlinge der aus Spanien und Portugal vor dreihundert Jahren Vertriebenen, Diese ha⸗ ben die bei ihrer Verbannung geretteten Schaͤtze zu erhalten, und durch Fleiß zu vermehren gewußt, und da ihre Nach⸗ kommen den National⸗Charakter ihrer Vorfahren, ihren Ge⸗ werbsteiß, mit dem Gebrauch der Spanischen Sprache *) bis auf unsere Zeit beibehalten haben, sich wenig mit dem niedrigen Kleinhandel abgeben, und in den ansehnlichsten Handels⸗Unternehmungen interessirt sind, so haben sie sich das Zutrauen der Administration erworben, und werden haͤusig als Paͤchter der öffentlichen Gefaͤlle und der Münze, oder als Dolmetscher und Agenten der Regierung und der Pa⸗ scha's verwendet **). Duͤrch diese Qualifikationen, und ver⸗ moͤge ihrer ausgebreiteten Correspondenz, sind sie oft sehr ge⸗ nau von den politischen Conjuncturen unterrichtet, die sie sich gegenseitig mittheilen.“ „Auszug eines Schreibens aus Nissa vom 22. Nov. Der neue Vezier in Bosnien findet andere Verhäͤltnisse, als er bei seiner Ankunft erwartet haben mag, und sein friedlicher Sinn, der ihm eigentlich zu der Stelle verhalf, reicht nicht zu Beruhigung der 8ene, 2

hin. Die Bosnier wissen entweder nicht was sie wollen, oder sie werden durch eine unsichtbare Hand geleitet, welche ewige Unzufriedenheit zu erhalten sucht. Ihre Hauptbeschwer, den waren Anfangs die eingefuͤhrten Neuerungen; jetzt, wo man nach Umstaͤnden abzuhelfen sucht, den altherkoͤmmlichen Gebraͤuchen mit Achtung begegnet, selbst in den Abgaben Erleichterung verspricht, sind sie unzufriedener als je, und machen Anstalten, um, wie sie sagen, ihre Rechte zu behaup⸗ ten. Der Vezier wird mit seiner Leutseligkeit nicht ausreichen, schon sieht er sich nach Verstaͤrkungen um. Hier hat er keine zu erwarten, er mag sie sich aus Macedonien verschreiben, 8 wo seine Freunde ihn gewiß nicht vergessen haben. Der . Fuͤrst Milosch soll auch um Freunde bekuͤmmert seyn, und nicht ohne Absicht das Land durchreisen; er darf aber th., seiner Hut seyn, denn giebt er sich gleich das Ansehen, den Frieden erhalten zu wollen, so wird er doch von den Tuͤrken nicht unter jene Raja's gerechnet, die im Frieden ihr Gluͤckk finden. Zu Konstantinopel ist man sehr vergnuͤgt, nur Geld 2

8 . BE—

) Die Juden der niedern Klasse reden ein Kauderwaͤlsch, welches groͤßtentheils aus verdorbenen Spanischen Woͤrtern be- steht, daneben aber einige Hebraͤische und selbst viele Tuͤrkische enthaͤlt; man kann also nicht sagen, daß sie den Gebrauch der

Spanischen Sprache beibehalten sondern vielmehr, daß sie sich einen Jargon gebildet haben, der viele, zurspruͤnglich

Srep sche⸗ aber jetzt durch die Aussprache sehr entstellte Worte enthaͤlt. 8 Seit mehr als 100 Jahren schon sind die Juden durch Intriguen von der Muͤnze entfernt, und letztere bestndet sich in den Haͤnden der Armenter. So lange die Janitscharen bestan- den, war ein Juͤdisches Haus mit der Wuͤrde eines Banquters und Lieferanten dieses Corps bekleidet, und der jedesmalige Besitzer dieser Stelle genoß alle Privilegien der am meisten be⸗ guͤnstigten Raja’s, wofuͤr er aber auch dem Obersten und seinen Officieren, ja wohl selbst dem Divan, von Zeit zu Zeit ansehn⸗ liche Geschenke machen mußte, um sich zu erhalten. In den Provinzen moͤgen wohl noch heute mehrere Pascha's die Juden 3 als Pachter annehmen, in Konstantinopel aber geschieht dies nicht mehr; dasselbe gilt von ihrer Verwendun * scher und Agenten.

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