auch auf der oöͤstlichen Seite eine große Todtenstadt, der in Sais befindlichen aͤhnlich. Am 4. Oct. habe ich in Sakkara unter Zelten uͤbernachtet; eins ist von unserer Dienerschaft bewohnt; sieben bis acht Araber versehen des Nachts die Wache und besorgen am Tage unsere Auftraͤge; es sind herr⸗ liche und tuͤchtige Menschen, wenn man sie wie Menschen be⸗ handelt. Ich habe hier in Sakkara die Ebene der Mumien, den alten Todtenacker von Memphis besucht, auf dem Py⸗ ramiden und aufgebrochene Graͤber zu sehen sind. Dieser Ort ist durch die habgierige Barbarei der Alterthumshaͤndler fast ganz fuͤr das Studium verdorben. Die mit Skulpturen geschmuͤckten Graͤber sind gröͤßtentheils zerstoͤrt, oder wieder zugeschuͤttet, nachdem man ste beraubt hatte. Diese Einoͤde ist schrecklich; durch das Umgraben sind eine Menge von Sandhuͤgeln entstanden, dazwischen liegen Menschenknochen, die Ueberbleibsel alter Generationen. Nur zwei Graͤ⸗ ber fesselten meine Aufmerksamkeit und gaben mir einige Entschäͤdigung fuͤr den traurigen Aublick. In einem der, selben fand ich eine Reihe Aegyptischer Vögel, die mit bewundernswerther Geschicklichkeit in die Mauern einge⸗ graben und mit Hieroglyphen umgeben waren, die ihre Namen bezeichneten; ferner waren fuͤnf Gazellen⸗Arten und endlich einige haͤusliche Scenen, z. B. das Melken einer
Kuh, zwei Koͤche in Ausuͤbung ihrer Kunst begriffen, u. s. w.
abgebildett. Am Fuße der Pyramiden vom Dschise, F am 8. October 8
abe seit gestern mein Lager und meine Penaten i⸗ en K. großen Pyramiden aufgestellt; sieben Kameele und zwanzig Esel trugen uns und unser Gepaͤck durch die Wuͤste, welche die suͤdlichen Pyramiden von denen bei Dschise trennt. Diese Wunderwerke muß man in der Naͤhe studiren, um sie gehoͤrig zu schaͤtzen; sie scheinen immer niedriger zu werden, je naͤher man ihnen kommt, und erst, wenn man die Steine mit der Hand beruͤhrt, aus denen sie bestehen, hat man eine richtige Vorstellung von ihrer Maaß⸗ losigkeit. Es giebt hier wenig fuͤr uns zu thun, und wenn die Kopieen einiger Scenen des häͤuslichen Lebens, die wir in einem Grabe bet der zweiten Pyramide abgebildet fan⸗ den, fertig sind, kehren wir auf unsere Schiffe zuruͤck, die uns bei Dschise erwarten, um mit vollen Segeln nach Ober⸗ Aegypten zu steuern, wo ich mein Haupt⸗Quartier aufschla⸗ gen will. Dort ist Theben, dessen Anblick ich kaum erwar⸗ ten kann. Wir befinden uns, einige Ermuͤdung von den
Strapazen des gestrigen Tages abgerechnet, recht wohl; was
uns fehlt, sind Nachrichten aus Europa.
Von Herrn von unter dem Titel: der Herzog von Rovigo in Miniatur eine Kritik der bekannten Memoiren dieses Letztern in einem Bande in 8. erschienen. Der Verfasser hat dazu folgendes Motto gewaͤhlt: „man preist einen Herrn an, der nicht mehr ist, um durch Bewunderung sein fruͤheres knechtisches Betra⸗ gen zu rechtfertigen.“ In der Gazette de France vom 2. Dec. befindet sich uͤber die Schrifs des Herrn Sevelinges eine Recertsion, deren wir bereits vorlaͤufig im gestrigen Blat⸗ te der Staatszeitung erwaͤhnt haben, und die einen gewissen Colnet zum Verfasser hat, von dem schon mehrere andere lesenswerthe literarische Aufsäͤtze in der Gazette de France erschienen sind. „Wie konnte“, heißt es unter andern darin, „ein Mann wie Savary es sich beikommen lassen, geschicht⸗ liche Memoiren herauszugeben, er, der in der Vorrede zu sei⸗ nern Werke selbst freimuüͤthig gesteht, daß er die Feder nicht zu fuͤhren wisse. Unsere Politiker messen die Herausgabe Lber eenen Verbote zu, bei Hofe zu erscheinen. Diesen letz⸗ tern Freundschaftsdienst soll ihm der Fuͤrst von T. erwiesen haben. Wie viele harte Aeußerungen muß aber der Herzog von Rovigo andererseits als Antwort auf seine Memoiten taͤg⸗ lich hoͤren und lesen. Daß Maͤnner, die er persoͤnlich ange⸗ griffen hat, gegen ihn in die Schranken treten, darf niemand wundern; aber auch seine ehemaligen Freunde schonen ihn nicht, ungeachtet aller Muͤhe, die er sich gegeben hat, ihren Beifall zu erwerben. Als er seine Memoiren schrieb, war gewiß seine Absicht, dem Herrn, dem er mit so vielem Eifer gedient, ein Denkmal zu errichten. Seine Freunde wollen dieses aber nicht wahr haben; sie behaupten vielmehr,
Sevelinges ist bei Dentu in Paris
Memoiren einem beleidigten Ehrgeize und dem an ihn
daß er Dasjenige, was in dem Leben seines Helden am wenigsten zu loben ist, nur deshalb mit einer so la⸗ cherlichen Uebertreibung gelobt habe, um ihm vollends die gute Meinung aller Wohlgesinnten zu entziehen. Waͤh⸗ rend er sonach einerseits fuͤr allzu große Beleidigungen
zur Rede gestellt wird, ladet man ihn andererseits wegen
allzu großer Lobeserhebungen vor Gericht. So etwas ist vor ihm noch keinem Andern begegnet, und man wird sich daher nicht wundern, wenn ich in dieser bedenklichen Lage des Herzogs von Rovigo von ihm nur mit großer Rahas
spreche; ich folge darin dem Beispiele des Herrn von Seve-⸗-
linges; dieser erklaͤrt in seiner Schrift, daß wenn er vorher gewußt, wie viele Widersacher gegen Herrn Savary auftre., ten wuͤrden, er seine Kritik nicht geschrieben haͤtte. ieran wuͤrde aber Herr von Sevelinges Unrecht gethan 1— 1n denn nicht mit dem Herzoge von Rovigo, sondern mit sei⸗ nem Buche hatte er es zu thun. Er bemerkt sehr richtig, daß Herr Savary von Anfang an entschlossen war, keine andere Meinung als die seines ehemaligen Kaisers auszusprechen; er wuͤrde sonst nicht mit so großer Geringschaͤtzung von den militairischen Talenten des Generals Moreau gesprochen ha⸗ ben. Der Herzog von Rovigo ist ohne Zweifel, wie alle Officiere der Franzoͤsischen Armee, ein tapferer Soldat; wer hat ihm aber das Recht gegeben, einen denkwuͤrdigen Feldzug, den ganz Europa bewundert hat, mit dem Berge zu ver⸗ gleichen, der eine Maus gebaͤhrt. Augenscheinlich ist es sein ehemaliger Gebieter, der ihm diesen unpassenden Vergleich eingegeben hat. Buonaparte war, wie jedermann weiß, auf Moreau's Ruhm eifersuͤchtig; aber von dem Herzoge von Rovigo so etwas vorauszusetzen, waͤre abgeschmackt. Dem sey wie ihm wolle, wenn Herr Savary je zum Commando unserer Armee berufen werden sollte, so wuͤrde, sollte ich meinen, ein kleiner Sieg, wie der bei Hohenlinden, seinem Rufe eben nicht schaden, und ich wuͤnsche ihm einen solchen. Was Morrau's beruͤhmten Ruͤckzug angeht, so steht mir ein Urtheil daruͤber freilich weniger als Herrn Savary zu; da indeß die Sachkundigen damit zufrieden sind, so bin ich es auch; im Uebrigen so weiß der Herzog von Novigo sehr wohl, daß die⸗ ser Theil der Kriegskunst große Schwierigkeiten darbietet, und, daß es nur sehr wenigen Generalen vergoͤnnt ist so schoͤne Ruͤckzuͤge zu machen, als die von Moskau und Wa⸗ terloo. Der Herzog hat den Feldzug in Aegypten mitge⸗ macht und er erwaͤhnt dessen in seinen Memoiren, nicht etwa um uns von den Pyramiden und andern Alltäͤglichkeiten zu spre⸗ chen, sondern um wo moͤglich seinen Helden von zwei Ankla⸗ gen zu reinigen, die ewig auf seinem Gewissen lasten wer⸗ den. Man weiß, daß Buonaparte, tief betruͤbt daruͤber, daß ein großer Theil seiner Soldaten von der Pest befallen war, sie dadurch von Grund aus heilte, daß er sie vergiftete; das Mittel war sicher. Der Herzog von Rovigo läugnet aber, daß man es angewandt habe; er behauptet, mit eigenen Au⸗ gen dieselben Soldaten, die in Jaffa vergiftet worden wa⸗ ren, in den Straßen von Kairo gesund und munter herum⸗ laufen gesehen zu haben; was wird er aber den lebenden und unverwerflichen Zeugnissen entgegenstellen, auf die Herr von Sevelinges sich beruft. Uebrigens gebe ich gern zu, daß Herr von Rovigo seine guten Gruͤnde hatte, ein so ge⸗ haͤssiges Verbrechen abzulaͤugnen. Wer wollte gern der Ad⸗ jutant eines Giftmischers gewesen seyn? und man will uns ja beweisen, daß Napoleon gut, sehr gut, viel zu gut war; ja diese Guͤte wird ihm sogar von Herrn Savary mehr als einmal zum Vorwurf gemacht. Warum hat aber der Her⸗ zog von Rovigo nicht die Ermordung der Gefangenen zu Jaffa eben so gut gelaͤugnet? Zur Rechtfertigung derselben fuͤhrt er ganz unhaltbare Gruͤnde an; man behandelte, sagt er, die Tuͤrken, wie sie unsere Soldaten behandelten, denen sie auf dem Schlachtfelde die Koͤpfe abhieben. „Darf aber,“ fraͤgt mit Recht Herr von Sevelinges, „eine barbarische Handlung durch eine aͤhnliche erwiedert werden?“ Gewisse Wilde verzehren ihre Feinde; wuͤrde der Herzog von Ro⸗ vigo, wenn er ihnen den Krieg machte, dasselbe thun? Nein, er wuͤrde sie nicht essen, er wuͤrde einen so barbari⸗ schen Appetit nicht haben, er wuͤrde seine Lehre vom Ver⸗ geltungsrechte nicht so weit ausdehnen; und sonach haͤtte er, statt die Ermordung der 3000. Gefangenen in Jaffa schlecht zu entschuldigen, sie lieber zur Chre seines Hel⸗ den gleichfalls keck ablaͤugnen sollen. Er haͤtte dies um
so eher gekonnt, als gewiß seine Memoiren nie dazu