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Kein Kanonier, kein Matroſe ruͤckte waͤhrend des vierſtuͤn⸗ digen Kampfes von ſeinem Platz. Menſchen, von denen der größte Theil noch nicht im Feuer geweſen war, und welche den Artillerie⸗Dienſt nur aus den Uebungen waͤhrend der Ueberſahrt kannten, feuerten keine Kugel ab, welche nicht ge⸗ troffen haͤtte und ladeten ſtets wieder mit einem Eifer, wel⸗ chen die Offiziere kaum zuruͤckhalten konnten. Ermuͤdet von der Hitze und vom Durſt geplagt, erfriſchten ſie ſich, indem ſte ihre Lippen an die Kugeln brachten. Die oftmaligen und ſchrecklichen Exploſtonen der feindlichen Schiffe ſchuͤchterten ſie keineswegs ein, ſondern feuerten ihren Muth nur noch mehr an und Hurrah⸗Geſchrei begleitete jedes tuͤrk. Schiff in die Luͤfte. Ungeachtet der Anzahl von Todten und Verwundeten hoͤrte man keine Klage. Mehrere Brave, welche auf den Maſtkoͤrben des Azow verwundet wurden, ließen ſich unter Hurrahſchreien verbinden. Der Unteroffizier Tourkine ver⸗ dient unter dieſen tapfern Kriegern genannt zu werden. Auf dem Maſtkorb des Hauptmaſtes ward ihm von einer Kugel der rechte Arm zerſchmettert. Nachdem er ſeine Kamera⸗ den zur Erfuͤllung der Pflicht ermuntert hatte, ſtieg er fe⸗ ſten Schrittes herunter und unterwarf ſich einer der ſchmerz hafteſten Operationen, indem er nur das Bedauern verneh⸗ men licß, den rechten Arm verloren zu haben, womit er ge⸗ hofft das Kreuz zu ſchlagen und den Himmel fuͤr den Sieg uͤber die Chriſten⸗Feinde zu danken. Der Lieutenant Ba⸗ ranoff zeichnete ſich gleichfalls durch einen Zug von kaltem

lute aus. Ein Stuͤck Eiſen ſchlug ihm das Mundſtuͤck des Sprachrohrs aus der Hand, weſches er hielt. Augen⸗ blicklich er⸗ riff. er mit der andern Hand ein anderes Sprach⸗ rohr und ſerle das Kommando fort, ungeachtet der heftigen Schmerzen durch die Contuſion. Waͤhrend der Nacht, welche der Schlacht folgte, dachte kein Individuung der Mannſchaft daran, ſeinen Poſten zu verlaſſen, indem Solda⸗ ten und Offiziere ſich getroſt bei ihren Kanonen niederlegten, mit denen ſie ho⸗ den Feind andern Tages noch zu be⸗ ruͤßen. Rach der Hitze des Kampfes folgte die Arbeit des lusbeſſerns der ſehr beſchäͤdigten 59. Der Eifer der Matroſen beendigte dieſe beſchwerliche Arbeit in 5 Tagen, ſo daß, wie die ruſſiſchen Schiffe den Hafen von Navarin verließen, ſie daſſelbe gute Anſehn wie beim Einlaufen in denſelben hatten, und eben ſo gut manoͤvrirten.

Muͤnchen, 10. Januar. Der ſeit dem Abgange des K. K. Oeſterreichiſchen Geſandten Hrn. Grafen von Trautt⸗ mannsdorff⸗Weinsberg als deſſen Nachfolger in dem Ge⸗ ſandtſchafts⸗Poſten an dem hieſigen Koͤnigl. Hofe bezeichnete K. K. Kämmerer und wirkliche Hofrath, Hr. Graf v. Spie⸗ gel zum Dieſenberg und Hauxleden, hat geſtern Mittag um 1 Uhr die Ehre gehabt, Sr. Majeſtaͤt dem Koͤnige, in einer Privat⸗Audienz, ſein Beglaubigungs⸗Schreiben als außeror⸗ dentlicher Geſandter und bevollmaͤchtigter Miniſter Sr. M. des Kaiſers von Oeſterreich zu uͤberreichen.

Trieſt, 5. Januar. Der Oſſervatore Trieſtino vom heutigen Tage enthält nachſtehende Auszuͤge aus Briefen von Syra vom 15. November und 11. Dezember v. J.:

1 „Syra, 15. November 1827.“

„Nachrichten von Naxia vom 11. d. M., die geſtern eingegangen ſind, melden, daß eine franzoͤſiſche Kriegs⸗Kor⸗ vette einer Piraten⸗Goeletrte begegnet ſei, die von einem Can⸗ dioten Namens Theodoſi Sideni befehligt wurde; da dieſe Goelette keine von der griechiſchen Regierung ausgeſtellten Papiere vorweiſen konnte, ließ der Kommandant der franzö⸗ ſiſchen Goelette die ganze aus Griechen beſtehende Mann⸗ ſchaft zu ſich an Bord bringen, wogegen er einen ſeiner Of⸗

iere mit 15 Mann auf die Goelette legte, und ſolche nach ſandte. Auf der Fahrt dahin wurde die Goelette von einem Sturm uͤberfallen, der ſie nach der Inſel. Aſtropaglia verſchlug, wo ſie Anker warf. Hier wurde ſie unverſehens von zwei Piraten⸗Miſticks angegriffen, welche die Franzoſen unmenſchlicherweiſe zu ermorden anfingen; der franzoͤſiſche cbeer hieb mit ſeinem Pallaſch einen der Piraten nieder, dete hierauf die Pulverkammer an, ſo daß er ſammt

waten in die Luft flog. Von den Seeraͤubern kamen

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62 ums Leben, zwei von den Franzoſen retteten ſich auf ei⸗ nem Brette. Ferner iſt hier die engliſche Brigantine St. Frankis, Capt. Math. Podich, aus Syrien und Pathmos am⸗ ekommen. Dieſelbe hatte zu Sur (Tyrus) in Syrien ihre Ladung eingenommen, und war nebſt andern Kauffahrern un⸗ ter Convoi zweier aͤgyptiſchen Kriegsbriggs nach Alexandria abgegangen. Auf der Fahrt dahin begegneten ſie zweien ſpez⸗ ziotiſchen Briggs, welche einige Schiffe von dieſem Convoi wegzunehmen ſuchten; waͤhrend des Gefechtes, das ſich zwi⸗ ſchen den Seeraͤubern und den convoyirenden Briggs ent⸗ ſpann, gelang es den Piraten, gedachte engliſche Brigantine wegzufuͤhren, und nach Pathmos aufzubringen, wo ſie rein ausgeleert, und bloß dem Capitain die Fracht in Taback be⸗

zahlt wurde.“

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„Syra, den 11. Dezember 1827.

„Als Nachtrag zu meinem vorigen, vom 15. Novem⸗ ber, melde ich Ihnen, daß aus Aegina die Nachricht einge⸗ gangen iſt, eine engliſche Kriegsbrigg habe dort Vergutung fuͤr den, mehreren Schiffen ihrer Nation zugefuͤgten Scha⸗ den verlangt und erhalten. Um von der griechiſchen Regie⸗ rung dieſe Verguͤtung auszuwirken, blockirte ſie jene Inſel mehrere Tage hindurch, und drohte die Haͤuſer in Brand zu ſtecken. Eine franzoͤſiſche Korvette und eine franzoͤſiſche Goe⸗ lette haben ſich deſſelben Mittels und derſelben Drohung mit Erfolg bedient, um 60,000 Thaler Verguͤtung fuͤr die Waae ren zu erhalten, welche zwei Handelsſchiffen ihrer Nation, die von Cypern kamen, von griechiſchen Piraten geraubt worden waren. In dem dortigen Hafen lag eine neapolita⸗ niſche Martigana, die auf der Fahrt von Scopelo nach Smyrna von einem hydriotiſchen Korſaren weggenommen, und dahin gebracht worden war. Der Kommandant der K. K. Brigg il Veneto, die durch widrigen Wind im hie⸗ ſigen Hafen zuruͤckgehalten wurde, erfuhr, daß ſich an Bord einer griechiſchen Goelette, welche im Begriff abzuſegeln ſtand, der Raubgenoſſe des Korſaren befinde, weicher die Ca⸗ pitaine Aſtolfi und Tarabachia ausgeraubt hatte; er ſchickte ſogleich ſeine bewaffnete Schaluppe nach beſagter Goelette, und ließ dieſes Individuum verhaften, das auch auf der Stelle von dem Capitain Aſtolfi, als der Pirat erkannt wurde, der ihn beraubt hatte. Er wurde an Bord des Ve⸗ neto zuruͤckbehalten, welcher am 7. d. M. nach Milo abge⸗ gangen iſt, um den Capitain Aſtolft dahin zu escortiren, und dann von dort einen Convoy nach Smyrna zu gelciten.“

Madrid, 31. Dezember. Der Rath von Caſtilien hat den 27. und 28. über den ihm vorgelegten Amneſtieplan deliberirt. Die Debatten waren aͤußerſt lebhaft und dauer⸗ ten ziemlich lange. Beim Votiren am 27. waren 9 Mit⸗ glieder fuͤr und 7 wider die Amneſtie; da aber der Dekan des Raths, Riega, und der Corregidor von Madrid, Don Tadeo Gil, der Sitzung nicht beigewohnt hatte, ſo wurde die Beſchlußnahme auf den folgenden Tag verſchoben. Der Corregidor ſprach mit viel Kraft und Klugheit fuͤr die Am⸗ neſtie, und die Abſtimmung ergab eine groͤßere Mehrheit fuͤr dieſe Maaßregel, ſo daß der Beſchluß in dieſem Sinne ab⸗ gefaßt und nach Barcelona abgefertigt wurde. Die Majori⸗ taͤt beſtand zum großen Theil aus neuernannten Mitgliedern. Es heißt, der Beſchluß gehe dahin, daß eine vollſtaͤndige Amneſtie allen ſeit 1808 entſtandenen Partheien bewlligt werde; von der Wiedereinſetzung in die eingebuͤßten Stellen und Ehrenämter iſt jedoch, wie man glaubt, nicht die Rede. Die allgemeine Meinung iſt, daß der Koͤnig das Gutachten auch dem Staatsrath zur Aeußerung wird vorlegen laſſen, und daß ſich bei dieſen Behoͤrden groͤßere Hinderniſſe zeigen werden.

Der Pater Cyrillus ſoll ſich bei Sr. M. zu Gunſten des P. Pugnal verwendet, und der Koͤnig hierauf letztern begnadigt und verfuͤgt haben, daß das Todesurtheil in eine Galeerenſtrafe auf einige Jahre verwandelt werden ſolle.

Barcelona, 1. Januar. Seit zwei Tagen hat der Anfall von Podagra, woran der Koͤnig litt, nachgelaſſen und S. M. haben wieder ausgehehn koͤnnen.

Die Politik des Miniſters Colomarde ſoll ſich, ſeitdem