Ausnahme klug, gemeſſen und vorwurfsfrei benommen häͤt⸗ ten, waͤhrend jene vielleicht in ihrem Eifer zuweilen zu weit gegangen waͤren. „Moͤglich wäre es allerdings“ fuhr der Redner fort, „daß alles Unrecht auf einer Seite waͤre, aber nicht wahrſcheinlich. Im Gegentheile werden auch der Oppoſition Vorwuͤrfe gemacht, und ſind dieſe gegruͤndet ſo wuͤrden auch ihre 2— die Graͤnzen der Geſetze und, des moraliſchen Einfluſſes uͤbertreten haben (Hoͤrt! Hoͤrt!) Man verſichert z. B. daß, um gewiſſe Wäͤhler zu bewegen in einem gewiſſen Sinne zu ſtimmen, Schuldforderungen aufgekauft und den Schuldnern demnaͤchſt mit gerichtlicher Verfolgung, andern dagegen wieder mit der Aufkuͤndigung des bewilligten Credits gedroht worden iſt; man behauptet ſelbſt, daß einige Waͤhler verfolgt und gemißhandelt worden ſeien; ja, ich glaube ſogar dieſe Thatſachen in den Zeitungen geleſen zu haben; vielleicht waren ſie es, die Eins dieſer Blät⸗
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ger nannte. Die Gerechtigkeit muß indeſſen gleichmaͤßig walten; und wenn von den angebrachten Beſchwerden, die Einen von der Kammer in ſo ernſte Betrachtung gezogen worden ſind, ſo ſcheint mir, daß die Andern doch auch eine naͤhere Unter⸗ ſuchung verdienen. Ja, meine Herren, es iſt endlich Zeit, daß man es ſage: alle Schuldige ohne Ausnahme muͤſſen ans Tageslicht gezogen und beſtraft werden, damit das Aer⸗ gerniß, welches die diesjährigen Wahlen gegeben haben, nie mmehr wiederkehre.“ Die gedachte Bittſchrift wurde zuletzt ddem Großſiegelbewahrer, dem Miniſter des Innern und der ooben erwaͤhnten Commiſſion uͤberwieſen. — In Betreff einer zwelten Beſchwerdeſchrift uͤber angeblich falſche Wäh⸗ ler im Departement der Arriège ſtimmte der Berichterſtat⸗ teer fuͤr die Tages⸗Ordnung, da die Beſchwerde ohne Grund ſei. Herr von Saint⸗Aulaire machte bei dieſer Gelegen⸗ heit den Antrag, die ſämmtlichen bei der Kammer eingegan⸗ genen Bittſchriften in Betreff der letztern Wahlen (es ſind deren 23) dem Miniſter des Innern zu uͤberwelſen, da die Kammer ſich doch in der Unmoͤglichkeit befinde, hinſichtlich jeder derſelben ſich die Ueberzeugung zu verſchaffen, ob die darin angefuͤhrten Thatſachen gegruͤndet ſeten oder nicht. Die Kammer ging indeſſen auf dieſen Vorſchlag nicht ein, und genehmigte zuletzt die Ueberweiſung der gedachten Vittſchtift an den Großſiegelbewahrer, den Miniſter, des Innern und die Commiſſion fuͤr das neue Wahl⸗Geſetz. — Herr v. Berbis (der Berichterſtatter) beruͤhrte jetzt nochmals. die Wahl des Hrn. v. Straforello. Gegen die Ernennung dieſes Deputirten war zu ſeiner Zeit von mehreren Einwoh⸗ nern von Marſeille unter dem Vorgeben proteſtirt worden, daß derſelbe den erforderlichen Steuerbetrag nicht entrichte. Dieſe Angabe hatte ſich inzwiſchen als ungegruͤndet erwieſen und Hr. von Straforello war daher aufgenommen worden. Jietzt verlangte nun Hr. v. Berbis (in ſeiner Eigenſchaft aäaals Deputirter, nicht als Berichterſtatter) daß die betreffende Bittſchrift nachtraͤglich noch dem Großſtegelbewahrer zuge⸗ ſtellt werde, da die Bittſteller danach als Verlaͤumder er⸗ ſchienen. Gegen dieſen Antrag lehnte ſich Hr. v. Cambon auf, da ein ſolcher Schritt alle Diejenigen die in Wahlſachen dder Kammer mitunter hoöͤchſt wichtige Mittheilungen zu mmachen haͤtten, nothwendig zuruͤckſchrecken muͤßte. Herr von la Boulaye theilte dieſe Anſicht nicht, und hielt es fuͤr nothwendig darauf zu ſehen, daß Niemand einen UMnſchuldigen ungeſtraft verläumde; man habe die Wahlum⸗ ecriebe der vorigen Verwaltung gewaltig üͤbertrieben, ſich da⸗ gegen aber wohl gehuͤtet die von einem gewiſſen leitenden v. * ſchuß angewandten Kunſtgriffe namhaft zu machen; und tes ſei daher gut, daß man die Ankläͤger kenne. Hr. Agier crat dieſer Meinung beiz es ſei, in dem Intereſſe des jetzigen Mtniſteriums ſelb kendig die Wahrheit voͤllig aufzu⸗ ddecken, denn die vorige Verwaltung nehme wieder eine dro⸗ hende Stellung an (allgemeine Aufmerkſamkeit) und die ggegenwäaͤrtigen Miniſter moͤchten davor auf ihrer Huth ſein; err koͤnne dieſe letztere tung beweiſen, aber aus Mäͤ⸗ ßigung wolle er den Schleier nicht luͤften; ſo viel ſei gewiß, ſdaß wenn man die Verlaͤumder der Präͤfekten beſtrafen wolle, mman auch dieſe Letztern zur Verantwortung ziehen müſſe, iinn ſofern ſie naͤmlich die Regierung uͤber die wahren Geſin⸗
nnungen der Departements getaͤuſcht und ſomit das gan Land verläumdet hätten. Herr von la Bosſſidre hielt ddie Omnipotenz, die ſich die Kammer in Wahlſachen beige⸗ .legt hat, ſowohl in der Theorie als in der Anwendung 8 ſehr gefährlich, und uͤberdies für geſetzwidrig. Nach ihm beſtieg Herr B. Tonſtant die Rednerbuͤhne um den ſoge⸗ eur zu vertheidigen. Nachdem derſelbe
nannten Comité⸗ eine Lobrede auf jene „braven, redlichen, hochherzigen und der
Berfaſſung ergebenen’, Witrſteller gehalten, die mit Uner⸗ Hehaemerieben in Kennt⸗
ſchrockenheit die Kammer von den
ter eine energiſche Dazwiſchenkunft der guten Buͤr⸗
niß geſetzt haͤtten, fuhr er fort: „Ich werde dieſe Tribun nicht verlaſſen, ohne auf die abgedroſchenen Beſchuldigunge zu antworten, die man gegen die ſogenannten leitenden Au ſchuͤſſe angebracht hat. Meine Herren, in jedem Lande, w die Wahlen uͤblich ſind, haben die Buͤrger das Recht, ja di Pflicht, ſich zu verſammeln, um dieſe Wahlen zu verabreden und Einige unter ſich zu beauftragen ihre Verſammlunge zu bewachen, damit Alles in der gehoͤrigen Ordnung vor ſich gehe Dies haben auch die leitenden Ausſchuͤſſe gethan. Preis, Ehre un Dank ſeien der Thaͤtigkeit und dem Eifer, die ſie bewieſen haben Sie ſind es, die Frankreich gerettet, die durch ihre Wahle jene unſinnige und ſtrafbare Verwaltung geſtürtzt haben, di an einem Abgrunde grub, welcher zuletzt Thron und Freiheit verſchlungen haben wuüͤrde. Ihnen verdanken die meiſten Deputirten ihre Aufnahme in dieſe Kammer; ihnen ver dankt das Miniſterium ſeine Exiſtenz. Und iſt es nicht jaͤ merlich, wenn man beſtaändig von den Drohungen und Ge waltthaͤtigkeiten dieſer leitenden Ausſchuͤſſe ſprechen hoͤrt; Sind ſie es etwa, die Stellen vergeben, Abſetzungen deere⸗ tiren oder eine Attaque der Gensd'armerie anbefehlen? Nein es ſind waffenloſe Buͤrger, ſtark durch die Reinheit ihre Geſinnungen, durch ihren Muth, durch ihr Gewiſſen, dur die Achtung, die ſie genießen. Ihre Vereinigung lag nich bloß in den Graͤnzen ihrer Befugniſſe; ſie haben ſich dadur um ihre Mitbuͤrger, um ganz Frankreich verdient gemacht. Ich ſage dieſe Wahrheiten, weil ſie in einem Augenblicke wo die verfaſſungsmäßige Ordnung durch eine verborgen Macht neuerdings von allen Seiten bedroht wird, vernom men werden muͤſſen. Zum Beweiſe dieſer Behauptung brauch man nur die unwuͤrdigen Schmäͤhungen, theils gegen di Kammer, theils gegen das Miniſterium zu leſen, wodur alle Abend (in der Gazette de France) uüͤber unſere Rechte und Garantieen Zweifel erhoben werden, — Schmaäͤhungen, welche ungluͤcklicher Weiſe die Miniſter noch nicht hinläng⸗ lich verdienen. (Geläͤchter.) Nicht, daß ich die Unterdruͤckung von dergleichen Schmäaͤhſchriften verlangte; die Verachtung, der allgemeine Unwille und die geſunde Vernunft der Na⸗ tion werden ſie gehöͤrig zu wuͤrdigen wiſſen; allein ſie ſind ein unverkennbares Zeichen, daß das vorige Miniſterium uns noch umgiebt und uns aufs neue zu unterjochen glaubt. Um dieſem Verſuche zu begegnen, bedarf es nur des Lichtg; die⸗ ſes muß in alle Falten Ee ſtrafbaren Verwaltung eindrin⸗ gen und ſie von allen Seiten treffen. Ich ungterſtüͤtze ba⸗ F die Ueberweiſung der betreffenden Bittſchrift an den roßſiegelbewahrer, als ein Mittel, die Beſtrafung der pflichtvergeſſenen Behoͤrden herbeizufchhren. „Herr von Montbel erklärte, daß er zwar nicht der Melnung des Hrn. B. Conſtant ſel: eine Verläumdung köoöͤnne dem, den ſie treffe, in der oͤffentlichen Meinung ſchaden, da ſie immer nur dem Verlaͤumder ſelbſt Schande bringe; er ſtimmte in⸗ deſſen doch, eben ſo wie Hr. von Conny, dem Antrage des vorigen Redners bei. Die linke Seite war uͤber die Frage ſelbſt verſchledener Meinung, denn während der General Se⸗ baſtiani in der Ueberwelſung der Bittſchrift an den Ju⸗ ſtizminiſter eine Ungerechtigkeit gegen die Bittſteller, demen das Land im Allgemeinen Dank ſchuldig ſei, erblickte, er⸗ klärte Hr. von Chauvelin, daß die Vittſteller das Auge der Gerechtigkeit nicht zu fuͤrchten haͤtten und ſtimmte ſona für jene Ueberweiſung. Als es endlich zur Abſtimmung kam, eutſchied die Kammer, daß die Bittſchrift (wie die beiden Erſtern) dem Großſiegelbewahrer, dem Miniſter des Innern und der Commiſſion fuͤr das neue Wahlgeſeß zugeſtellt wer⸗ den ſolle. Den Beſchluß der Sitzung machte ein des Hrn. von Chauvelin uüber den im Departenntt 2 „ Hérault gewäͤhlten Herrn von Alzon; nach einer Weitläͤufti⸗ gen Auseinanderſetzung des Tachverhältniſſes ſtimmte . fuͤr die Aufnahme 88 Deputirten. Herr Palaille, (ſelbſt Deputirter des Hérault) verlangte die Zurückweiſung des Hry. von Alzon, wogegen Hr. Renouvler, ebenfalls De⸗ 27 dieſes Departements, fuͤr deſſen Zalaſſung ſtimmte. ach ihm beſtieg Hr. Mauguin (ein anegezeichneter Red⸗ ner, Advocat am Koͤnigl. Gerichtshofe zu Paris) die Trit bune, worauf mehrere Deputirte, weſche bereits den Saal verlaſſen wollten, auf ihre Plätze zuruͤckkehrten, und tieſe Stille eintrat. a die Gruͤnde, weſche derſelbe entwickelte⸗ um die Unguͤltigkeit der Wahl des Hrn. von Alzon zu be⸗ weiſen, fuͤr das Ausland von keinem erheblichen Intereſſe ſein koͤnnen, ſo begnuͤgen wir uns, den Schluß ſeiner Rede mitzucheilen. „Sie haben nunmehr, m. H. außerte er, „das Ende dieſes ermuͤdenden Geſchäfts der Verificirung der Vollmachten erreicht; Ihre Arbeiten ſind indeſſen nicht er⸗ folglos geweſen, und ſchon haben Sie einen Thell der Fruüͤchte derſelben eingeärndtet. Ein neues Geſetz nen vorge⸗ legt worden, und wenn daſſelbe auch un ig iſt, ſo