nicht bewilligt haben! Sie wuͤrden gar bald die Erfahrung machen, daß man ein Feſss⸗ worauf der ganze geſellſchaft⸗ liche Zuſtand in Frankreich beruht und welches durch die Charte weder geſchaffen noch anerkannt iſt, denn ſein Ur⸗ ſprung ſteigt hinauf bis zur Wiege der Monarchie, daß man ein ſolches Geſetz nicht ungeſtraft verletzt. Dieſe Worte, m. H., weit entfernt, zur Revolution anzuſpornen, ſollen derſelben vielmehr vorbeugen, und ich fuͤrchte nicht, daß die Verlaͤumdung jemals meine Abſichten entſtellen werde. Mein Abſcheu vor Anarchie und Despotismus iſt welthekannt und mein ganzes Leben entſpricht meiner Rede. Nachdem ich mich ſolchergeſtalt mit Offenheit uͤber die Mittel ausgeſpro⸗ chen habe, die dem Lande geſchlagenen Wunden zu heilen, kann ich nicht umhin, noch einer Behauptung zu erwaͤhnen, die in der That wie Spott klingt, die man aber nicht ſelten zur Vertheidung des vorigen Miniſteriums von dieſer Tri⸗ dune herab geaͤußert hat und die das ganze Land, von einem Ende zum andern, Luͤgen ſtraft. Man beruft ſich naͤmlich auf Frankreichs Wohlſtand. Derjenige, der ſich nicht ſcheut eine ſolche Sprache zu fuͤhren, muß taub ſein, daß er die Klagen der ackerbautreibenden Klaſſe nicht hoͤrt. Und welche Ma⸗ nufactur befaͤnde ſich irgend in einem bluͤhenden Zuſtande? Man nennt Lyon; aber in Lyon ließ ſich ſchon im vorigen

ahre die Stimme des Elends vernehmen. Nein, meine der Zuſtand unſerer Fabriken, 1) ſage es laut, iſt von der Art, daß die Bemuͤhungen der Fabrikanten, ihnen aufzuhelfen, nie ſo fruchtlos geweſen ſind als jetzt, und daß der groͤßere Theil derſelben ſchon ſeit drei Jahren nur ar⸗ beitet, um dem unvermeidlichen Ruine, den der gezwungene Stillſtand ſeiner Werkſtaͤtten aus Mangel an Abſatz, ihm bereitet, zu entgehen. Mehrere jener Fabrikanten ſind von dem Strome der Conjuncturen ſchon verſchlungen worden; An⸗ dere kaͤmpfen noch mit den Wellen. Die genaue Beobach⸗ tung der Verfaſſung kann ſie allein vor dem Untergange retten; moͤge die Charte daher uns ein ſicherer Hafen nach ſo vielen Stuͤrmen, moͤge ſie den Miniſtern eine Stütze ge⸗ gen die ultramontane Parthei ſein, von der ſie nicht L beſchuͤtzt als beherrſcht werden. Nach meiner beſten Einſicht und nach meinem Gewiſſen muß ich gegen den Geſetz⸗Entwurf, oder mindeſtens fis. deſſen Ausſetzung ſtimmen.“ Herr Beſſidres erklaͤrte ſich, wie ſchon fruͤher erwaͤhnt, fuͤr die Annahme des Anlelhe⸗Projects, in ſofern die Haͤlfte der 80. Millionen zur Vermehrung des ö (nicht des effeckiven Standes der Armee), zur Ausbeſſerung der Feſtun⸗ gen, Verproviantirung der Flotte u. dergl., die andere Haͤlfte aber fuͤr den Straßenbau verwendet wuͤrde, und ſtellte dem⸗

nächſt einige Betrachtungen uͤber die jetzige Lage von Europa

an. „Es ſcheint mir“ ſagte derſelbe unter andern, „daß man einen zu großen Werth auf die gegenwäaͤrtigen politi⸗ ſchen Ereigniſſe im Auslande, in ihren Beziehungen zu Frank⸗ reich legt, und daß dieſelben das Opfer, welches man von uns verlangt, nicht rechtfertigen. Geſetzt, Rußland haͤtte Eroberungs⸗Pläne und ſein Einfall in die Tuͤrkei wuͤrde von dem vollſtaͤndigſten Erfolge gekroͤnt, ſo halte ich nichts deſto weniger dafuͤr, daß hierin fuͤr uns kein Grund liegt, unſere ſchon allzuſehr zeruͤtteten Umſtaͤnde noch mehr zu verwickeln. Ueberhaupt macht man ſchon ſeit 14 Jahren ganz unnützer Weiſe aus Rußland ein Drohbild fuͤr Europa, und uͤberſchätzt in ihrer practiſchen Anwendung die Huͤlfsmittel dieſes Landes. Mich

duͤnkt aber, daß wenn dieſe letztern wirklich ſo groß ſind

als man ſie gewoͤhnlich ſchildert, man um ſo weniger Ur⸗ ſache habe ſich zu beunruhigen, wenn dieſelben außerhalb des civlliſirten Europa erſchoͤpft werden. Der gegenwaͤrtige Krieg mit der Tuͤrkei wird, wenn ein langer Aufenthalt in dieſem

Lande mich nicht gaͤnzlich taͤuſcht, fuͤr Rußland ein langwie⸗

riges und beſchwerliches Unternehmen ſein, inſofern es naͤm⸗ lich darauf ankoͤmmt, die Osmanen ganz nach Aſien zu ver⸗ jagen; denn abgeſehen davon, daß der Tuͤrkiſche Soldat min⸗ deſtens in der Vertheidigung feſter Plätze ausgezeichnet iſt, und daß die Ruſſen in fruͤhern Feldzuͤgen doch auch manche Widerwärtigkeit erfahren haben, ſchlaͤgt man, wo das Schlacht⸗ eld ein ganzes Reich iſt, eine ganze Nation nicht wie ein loßes Armee⸗Corps. Geſchähe dies aber auch und es ge⸗ länge ſogar, die Tuͤrken ganz aus Europa zu verdraͤngen, ſo wuͤrden dieſe Letztern, einer Uhrfeder gleich, die, in ſich ſelbſt zuſammengedraͤngt, wenn ſie nur irgend Raum gewinnt 18 vorige Schnellkraft wieder erlangt, auch von Aſien aus die Ruſſen noͤthigen, ſie fortwaͤhrend im Auge zu behalten. Angenommen aber, die Tuͤrken unterwürfen ſich, ſo wuͤrde jetzt das Unternehmen Rußlands erſt recht ſchwierig werden, denn welche unabſehbare Hinderniſſe wuͤrden ſich z. B. bloß der Einrichtung der Landes⸗Verwaltung ve ref lan und welcher ewige Hader wuͤrde dadurch zwiſchen Tuͤrk und Rayah entſtehen. Erſtreckt ſich aber die Abſicht des Kalſers auf

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genſtände zu unſerem Vortheile entſchieden ſind. Iſt erſt

eine bloße Gebiets⸗Vergroͤßerung, auf die Eroberung einer Provinz, ſo erſetzt dieſe wahrlich nicht die große Unkoſten,

die er ſich gemacht hat. Nur wenn Rußland ſeine Fahne an den Ufern des Bosporus aufpflanzt, darf man behaup⸗ ten, daß es wirklich eine Eroberung gemacht habe. In die⸗ ſem Falle wuͤrde aber die Trennung des Ruſſiſchen Reiches unvermeidlich ſein; ſchon jetzt hat daſſelbe drei Hauptſtaͤdte, und welche Hand wuͤrde im Stande ſein, noch das Scepter zu halten, wenn Petersburg an dem einen Ende deſſelben, Kon⸗ ſtantinopel an dem andern hinge; daſſelbe muͤßte unter der Laſt brechen. Wie man daher auch den gegenwaͤrtigen Krieg be⸗ trachten moͤge, ich glaube, je mehr der Strom ſich aus⸗ dehnt, je unſchaͤdlicher wird er; Oeſterreich allein kann von der Ueberſchwemmung fuͤr die Uferbewohner fuͤrchten; aber was hat Frankreich zu beſorgen? Ein Zeitraum von vier⸗ zehn Jahren hat die Spuren des Weges von Moskau nach Paris verwiſcht; ja, wenn von einer noͤrdlichen Invaſion die Rede waͤre; aber was geht uns die Pforte an? Man beruft ſich auf das politiſche Gleichgewicht von Europa; als ob dieſes naͤmliche Gleichgewicht nicht im Jahre 1814 gegen Frankreich und zu deſſen alleinigem Nachtheile behauptet worden waͤre. Ich ſehe wahrlich nicht ein, warum wir jetzt noch auf unſere Koſten daſſelbe aufrecht erhalten woll⸗ ten. Man fuͤrchtet fuͤr unſern Handel inr Orient; hier iſt aber nichts mehr zu verlieren und ich weiß kein Mittel, wie unſerem Handel in der Levante, deſſen Verfall durch fruͤhere ungluͤckliche Tractate herbeigefuͤhrt oder vielmehr be-⸗ ſtaätigt worden iſt, und der durch den Vertrag vom 6. Juli, den letzten Stoß erhalten hat, wieder aufzuhelfen waͤre. Gleichwohl muß dieſer Vertrag in Ausfuͤhrung kommen und es gebuͤhrt Frankreich, an der Wiederherſtellung Griechen⸗ lands Theil zu nehmen; aber eine Anleihe von 15 bis 20 Millionen wuͤrde zu dieſem Behufe hinreichen; und unſere militaͤriſchen Zuruͤſtungen noch weiter auszudehnen, wuͤrde mir eben ſo uüͤberſtuͤſſig als laͤſtig, eben ſo unüberlegt als gefaͤhrlich und unpolitiſch ſcheinen. Wollen Sie gleichwohl, m. Hrn. die ganze von Ihnen verlangte Summe bewilligen, ſo verwenden Sie wenigſtens den groͤßern Theil davon zu. nuͤtzlichen Ausgaben. Ich wiederhole es, Frankreich kann nicht deutlich genug die Stellung hervortreten laſſen, die es bei den bevorſtehenden Ereigniſſen dehaupten muß; es kann nicht laut genug ſeine Abſicht verkuͤndigen, nur zu den Waf⸗ fen zu greifen, wenn es auf ſeine eigene perſoöͤnliche Verthei⸗ digung ankömmt. Bedenken wir wohl, daß Englands Staats⸗ ſchuld nur dadurch ſo uͤbermaͤßig angewachſen iſt, daß es ſich ohne Noth in fremde Kriege gemiſcht hat, und daß der Zu⸗ ſtand ſeiner Finanzen es jetzt noͤthigt, zur Erhaltung des Friedens eine Sprache zu fuͤhren, die, man muß es geſtehen, ein wenig demuͤthiger iſt, als man es bisher von ihm ge⸗ wohnt war. Mit einem Worte, meine Herren, wenn wir nur wollen, ſo haben die gegenwaͤrtigen politiſchen Ereigniſſe fuͤr Frankreich nichts. Beunruhigendes, ſo kann Frankreich frei, bluͤhend und ruhig ſein, denn nirgend ſindet man, wie hier, ſo viele Elemente des geſelligen Gluͤcks. Die Gegen⸗ wart und die Zukunft koͤnnen, wenn wir eine durchaus fried⸗ Stellung annehmen, nur gewinnen; ſetzen wir daher die Gegenwart nicht auf’s Spiel, und erwarten wir geduldig die Zukunft, die uns, wenn wir einig, maͤßig und ſparfam ſind, mehr bietet als ſich jetzt irgend berechnen laͤßt. Ich ſtimme fuͤr den Geſetz⸗Entwurf, mit Vorbehalt meines Amen⸗ dements.“ 2 Faſt alle Redner, die bisher in den Berathungen uͤber das Anleihe⸗Project aufgetreten ſind, haben fuͤr die vorlaͤu⸗ fige Ausſetzung deſſelben geſtimmt. Auch das Journal dur Commerce ſpricht ſich jetzt fuͤr dieſe Anſicht aus, und ruͤgt bei dieſer Gelegenheit den, von dem Finanz⸗Miniſter in der Sitzung vom ſaten aufgeſtellten Grundſatz, daß man den Koͤnig nicht in die Alternative verſetzen duͤrfe, das Beese entweder ganz zu verwerfen oder es in einer von der Wahl⸗ Kammer veraͤnderten Geſtalt anzunehmen. rnach, meint jenes Blatt, wuͤrden alſo die Kammern das⸗ echt nicht ha⸗ ben, das Budget zu modificiren, und ſie muüͤßten es ſo, wie es ihnen von den Miniſtern vorgelegt worden iſt, genehmi⸗ den. „Wozu,“ faͤhrt daſſelbe fort, „wuͤrden aber dann noch die Pruͤfungen der Commiſſionen, die öͤffentliche Berathung, und das Votum der Kammern dienen? Eine ſolche Behauptung iſt ſehr dazu geeignet, unſere Wachſamkeit rege zu machen; ſie rechtfertigt die Vorſicht der Deputirten, und muß ſie veranlaſſen, die von ihnen verlangten Gelder nur zu bewilligen, nachdem ſie ſich uͤberzeugt haben, daß man ſich derſelben nicht gegen das Intereſſe Frankreichs bedienen werde. Mit einem Worte, alle Naaaj⸗Tugelcgenhaten muͤſſen ſo lange ausgeſetzt blei⸗ ben, bis die uͤbrigen, den Kammern vorliegenden Haupt⸗Ge⸗

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