Gunſten des Geſetz⸗Entwurfes. Er meinte, daß eben ſo we⸗ nig das oft beruͤhrte Deficit, als die angeblichen Vergeudun⸗ gen im Kriege mit Spanien, irgend einem der hoͤheren Beam⸗ ten der letzten Verwaltung zum Vorwurfe gereichten, und vertheidigte bei dieſer Gelegenheit das vorige Miniſterium. „Haben wir uns jemals,“ fragte er, „gegen den Thron verſchworen? haben wir jemals die abſolute Gewalt unter⸗ ſtuͤtzt? haben wir in den 100 Tagen etwa unſer Haupt vor dem Uſurpator gebeugt? Wir verdanken unſere Stellen le⸗ diglich dem Vertrauen des Koͤnigs, und ſind uͤberzeugt, daß wir unſere Pflicht nie verletzt haben.“ Nachdem der Redner ſchließlich darauf angetragen, die Anleihe in zpCtigen Renten zu eroͤffnen, widerlegte er noch die Meinung einiger Deputirten, welche den Miniſtern mit dem der Kammer zuſtehenden Rechte das Budget zu verweigern, gedroht hatten; allerdings, meinte er, ſchließe das Recht, . auch das Recht ein, daſſelbe zu verweigern, niemals aber koͤnne er glauben, daß maͤn dieſe äußerſte Maaßregel ergrei⸗ fen und dadurch das Intereſſe der Monarchie und des Lan⸗ des ſo weſentlich compromittiren werde. vault ſtimmte fuͤr die Ausſetzung des Anleihe⸗Projekts, und gegen jede Geld⸗Bewilligung bis daß es erwieſen ſei⸗ daß die Verwaltung ſich einer groͤßeren Sparſamkeit beflei⸗ ßige. Hr. v. La in finanzieller Beziehung. Hr. Salverte trat den Auſich⸗ ten des Hrn. Bignon bei, der die Anleihe mit vieler Klar⸗ heit als eine durchaus uͤberfluͤſſige Maaßregel dargeſtellt habe, und deſſen Meinung noch von keinem Redner peremtoriſch widerlegt worden ſeiz man habe dieſe Maaßregel als zur Aufrechthaltung der Wuͤrde des Landes nothwendig bezeſch⸗ Inet; er ſeinerſeits glaube indeſſen, daß fuͤr das politiſche Uebergewicht Frankreichs nichts zu befuͤrchten ſei und daß es in Europa keine Nation gebe, die eitel genug ſei um Frankreich zu verachten, noch verwegen genug, um es anzugreifen; er halte ſonach die vorgeſchlagene Faleihe ebenfalls fuͤr voͤllig uͤber⸗ fluͤſſig, und zwar um ſo mehr, als Niemand fuͤr die Dauer des gegenwaͤrtigen Miuiſteriums buͤrgen koͤnne, und Niemand wiſſe, welche Beſtimmung die verlangten er eigentlich erhalten ſollten; ſonach ſtimme er fuͤr die Ausſetzung des Anleihe⸗Proſekts. Hr. Viennet benutzte die Gelegenheit, um ſein politiſches Glaubens⸗Bekenntniß abzulegen; er ließ zwar dem Grafen von la Ferronnays alle Gerechtigkeit wi⸗ derfahren, in ſo fern derſelbe ſich von Aufanggan zu Gun⸗ ſten der Griechen ausgeſprochen haͤtte; gleich „meinte er aber, ſei es nicht minder erwleſen, daß die Pe reich's zu jener Zeit von der großen Schwachheit der Maäͤn⸗ ner, die ſich damals an der Spitze der Verwaltung befanden, gezeugt, und daß ſie die Politik Oeſterreich's und England s, welches letztere noch nie einen hochherzigen Gedanken gefaßt, bevor es nicht die Vortheile, die ihm daraus erwachſen, be⸗ rechnet, nicht zu ergruͤnden gewußt habe. Der Redner kam demnächſt auf den gegenwaärtigen Krieg ereg und verſprach den Ruſſen eine ſchnelle Eroberung des Osmaniſchen Reiches, da Rußland das Voͤlkerrecht, den Willen des Kahſers, die Schwaͤche der Tuͤrken und die Abſurditat der Politik des Fuͤrſten von Metternich fuͤr ſich habe. Herr Viennet glaubte gleichwohl, daß Frankreich, ſo vielen feindlichen In⸗ tereſſen gegenuͤber, weder weiſe noch politiſch handeln würde, wenn es die Armee in dem traurigen Zuſtande laſſen wollte, worin der vorige Kriegs⸗Miniſter ſie verſetzt habe; er ver⸗ langte zugleich, daß die National⸗Garde, welche ihren Ver⸗ läͤumdern ſo unwuͤrdig geopfert worden ſei, wieder hergeſtellt werde und daß die Preſſe der unbedingteſten Freiheit genie ge. „Hierauf“ ſchloß der Redner, „wuͤrden meine Wuͤnſche ſich beſchraͤnken, wenn das erſtaunte Frankreich nicht vernommen haͤtte, daß eine mit der Unterſuchung der Jeſuiten⸗Semihna⸗ narien beauftragte Commiſſion die Frechheit gehabt hat, die Geſetzlichkeit derſelben vor einer Kammer, wie die unſrige, auszuſprechen.“ Bei dieſen Worten wurde der Redner von mehreren Mitgliedern der rechten Seite zur Ordnung erufen; er wiederholte gleichwohl ſeine Phraſe unter dem lebdaſteſten Beifalle der linken Seite, und mit dem Zuſatze: daß es gut ſei, wenn der Koͤnig erfahre, daß die Jeſuiten und die Congre⸗ arion die beiden groͤßten Geißeln des Landes waͤren. Nach her Viennet beſtieg der Miniſter der auswartigen ngelegenheiten die Rednerbuͤhne, nicht, wie er erklaͤrte, um demſetben in ſeiner weitläuftigen Diseuſſion zu folgen, ſondern um einige unpaſſende Aeußerungen deſſelben zu ruͤ⸗ en. „Niemand,“ ſagte der Miniſter, „ehrt mehr wie ich
die Unabhaͤngigkeit der Kammer, ſo wie die Freiheit ihrer
Verathungen und das Recht, ſich uͤber öffentliche Gegenſtande aber ich laſſe dieſer Verſammlung auch zu viel Gerechtigkeit widerfahren, um mich nicht uüberzeugt zu halten, daͤß ſie es laut mißbilligen wird, wenn man die
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ſich uͤber das Budget zu berathen,
olitik Franke⸗
Hr. von Puyra⸗
ſtours beleuchtete das Projekt lediglich
Souveraine Europa's gleichſam vor ihre Schranken ladet, und ſich ſowohl uͤber ſie als uͤber ihre Miniſter Bemerkun⸗ gen von der Art erlaubt, wie Sie, m. H., ſolche aus dem Munde des vorigen Redners vernommen haben. Was den von demſelben beruͤhrten diplomatiſchen Punkt betrifft, ſo hoffe ich, daß die Kammer mir auch ihrerſeits die Gerechtig⸗ keit widerfahren laſſen wird, daß ich während der ganzen Zeit, wo ich die Ehre hatte, den Koͤnig in St. Petersburg zu repraͤſentiren, nichts verabſaͤumt habe, um die Wuͤrde des Monarchen und die Unabhaͤngigkeit der Krone aufrecht zu erhalten.“ — Nach dieſer Rede verlangten viele Stimmen den Schluß der allgemeinen Discuſſion, und dieſer erfolgte mit⸗ telſt einer Majoritaͤt, die von der rechten Seite, dem rechten Cen⸗ trum und einem Theile der linken Seite geblldet wurde. Der Be⸗ richt⸗Erſtatter, General Sebaſtiani, machte hierauf ſein Réſumẽé. Nachdem er den Geſichtspunkt, aus dem der verhandelte Ge⸗ benſtand zu betrachten ſei, feſtgeſtellt hatte, fuhr er alſo fort: „Ich will mich damit begnuͤgen, unſere politiſche Lage in Beziehung auf die der anderen Europaͤiſchen Staaten zu pruͤfen. Wir wuͤnſchen alle einen dauerhaften, ehrenvollen Frieden, nicht, weil wir uns zu ſchwach fuͤhlen, ſondern weil wir unſer Gemeinwohl nicht ſtoͤren⸗wollen. Die Fralzoͤſiſche Regierung muß den Frieden im Orient wuͤnſchen und den Krieg von Europa fern zu halten ſuchen, vorzuͤglich aber das Anwachſen einer Macht, die das Gleichgewicht Europa's ſtoͤren wuͤrde, verhindern. Unſer Miniſterium iſt Freund der Verfaſſung, aber zaghaft und ungewiß; es erwartet Alles von der Bene” die Hinderniſſe die es zu üͤberwaͤltigen hat, ſind groß und zahlreich, und es bedarf dazu einer groͤßeren Feſtig⸗ keit, als man bisher bewieſen hat.“ Hierauf beleuchtete der Berichterſtatter den gegenwaͤrtigen Zuſtand der Armee; es geht daraus hervor, daß wenn das Heer auf 283,000 Mann gebracht wird, davon 195,937 Mann wirklich ins Feld ruͤcken koͤnnen. Dieſe Berechnung, aäͤußerte der Gene⸗ ral Sebaſtiant, iſt genau; wie ſoll aber das Budget des Kriegs⸗Miniſters 283,000 Mann auf den Beinen halten, wenn es nur fuͤr 223,000 hinreicht. Die Vermehrung der Armee kann entweder dadurch bewirkt werden, daß man die Mannſchaften jedes Bataillons verſtaͤrkt oder daß man den bis jetzt aus 2 Batailllonen beſtehenden Regimentern ein ztes hinzufuͤgt, was die Errichtung von 16 neuen Ba⸗ bbaillonen noͤthig machen wuͤrde. Im erſtern Falle wuͤrde es
ſehr leicht ſein die Mannſchaften wieder zu reduclren, wenn die Verſtärkung nicht mehr nothwendig ſſt. Man koͤnnte das Helr ſogar ohne groͤßere Koſten verſtaͤrken, wenn man
die Zahl der Beurlaubten vermehrte. Wenn man 16 neue Bataillone formirt, ſo hat man eine jährliche Mehr⸗Ausgabe von 3,200000 Franken, da ein Bataillon 200,000 Fr. koſtet. Das jetzige Kriegs⸗Miniſterium hat das Budget von 196 auf 194 Millionen herabgeſetzt, und im Durchſchnitt hat das Kriegs⸗Departement unter dem vorigen Miniſterium 204 Millionen gekoſtet. Dieſe Summe iſt zu einer Menge un⸗ nuͤtzer Ausgaben verwandt worden; die Fehler der vorigen Verwaltung ſind außerordentlich groß; iſt dies aber wohl ein Grund, um dem jetzigen Miniſterlum Alles was es verlangt zu verſagen und ſollen wir, dem bewaffneten Europa gegen⸗ ber, darum ſchwach und ohnmaͤchtig bleiben, weil die Fehler des es Miniſteriums dem neuen noch kein Zutrauen er⸗ worben haben? Ein Koloß, der mit Ungeſtuͤm und allen den Hülfsmitteln, welche die Civlliſation darbietet, uͤber die Welt herſtuͤrzt, erregt allerdings gerechte Beſorgniſſe; 2,8 wir uns, ſowohl unſere Schwäche, als unſere Stärke zu uͤbertreihen; Frankreichs Ehre muͤſſen wir erhalten; und wenn wir zwar einerſeits gewiß weder die Apoſtoliſchen in Spanien noch die Jeſulten in Frankreich unterſtuͤtzen wollen, ſo muͤſſen wir andererſeits auch nicht dem Miniſterium, wel⸗ ches ſich in Betreff der Portugleſiſchen Uſurpation ge⸗ gen die Wuͤnſche der Apoſtoliſchen und Jeſuiten erklärt⸗ die Mittel verſagen, die es im Namen des Ruhmes und der National⸗Wuͤrde verlangt. Ich habe hier muͤr die Frage eroͤrtert, ob der Regierung die Inlelhe bewimins werden muͤſſe; über die Art, wie ſie zu machen iſt und bergden Zuſtand unſerer Finauzen, behaſte ſch mir noch Anige Bemerkungen vor. Die Wahrheit und das Intereſſe meines Vaterlandes haben mich bei meinen Worten alleln geleitet. Während ich die Meinungen derer, hekaͤmpfte, die meine Anſichten nicht thellen, ehrte ich doch ihre Abſichten; und dieſe werden nie ein Gegenſtand meiner Weeeg. ſein. Nur die Feinde mei⸗ nes Baterlandes und unſerer Verfaſſung ſind meine Gegner.“ Nach dieſer Rede wurde die Sitzung aufgehoben und die Berathung uüͤber die einzelnen Artikel des Geſetz⸗Entwurfes auf den 19ten d. M. verlegt.
A Vti⸗ 18. Mai. In Marſeille hatte man am 1ten d. M. Briefe aus Toulon erhalten, worin mit B