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Briefe aus Liſſabon vom 25. v. M
ausfuͤhrlich zu ſein, um die von dem Miniſter beruͤhrten mannig⸗ achen un tpechſt wichtigen Fragen gehoͤrig zu eroͤrtern. Vor Uem ſuchte er zu beweiſen, daß dei dem ſchnellen Fortſchreiten des menſchlichen Wiſſens das tägliche Erſcheinen literari⸗ ſcher Blätter eben ſo nothwendig ſei, als das FPtsſſchen. Hierauf wollte er in den eigenen Worten des Herrn von Vatismenil die Beſtätigung finden, daß die Geſchwornen⸗ Gerichte allein im Stande waͤren, uͤber Preß⸗Vergehen zu urthellen, und gab zu verſtehen, wie nunmehr die Kammer mit Gewißbeit auf den Beiſtand des Miniſters des oͤffent⸗ lichen Unterrichts rechnen koͤnnte, ſobald dieſe Frage zur Er⸗ örterung kommen wuͤrde. Die Behauptung des Großſiegel⸗ bewahrers anlangend, daß man die geſellſchaftliche Ordnung und namentlich die Religion, vor jedem Angriffe ſchuͤtzen müſfe, fragte Hr. B. Conſtant; „Sind denn die Schrift⸗ ſteller die einzigen Feinde der gallikaniſchen Kirche, die wir alle lieben? (Wie? auch die Proteſtanten? rief hier eine Stimme zur Rechten); und muüͤßte man alsdann von den ambulirenden Prieſtern, die Frankreich nach allen Richtun⸗ gen durchſtreifen und ſtrafwuͤrdige Grundſäͤtze verkuͤn⸗ digen, nicht auch eine Caution verlangen? Ich fordre da⸗ her unſere Staatsmanner auf, ſich minder kleinlich zu zei⸗ en, und auf die Cautionsleiſtungen gänzlich zu verzichten.“
ach dieſer Rede, (es war ſchon 6 Uhr) wurde von mehre⸗ ren Stimmen der Schluß der Discuſſion verlangt. Dieſem widerſetzte ſich der Marquis von Chauvelin und meinte, daß die Discuſſion zu wichtig ſei, um ſo ſchnell abgebrochen zu werden. Eine Stimme zur Linken verlangte, daß man zie Fortſetzung der Discuſſion auf den folgenden Tag ver⸗ lege. „Wir Fleiben, rief man zur Rechten, wenn es noͤ⸗ thig iſt, dis 8 Uhr hier.“ „Und wir bis Mitternacht“; erwiderte man zur Linken; „den Kronleuchter angezuͤndet!“ Der Tumult nahm mit jedem Augenblicke zu, bis daß der Mi⸗ niſter des Innern mit der Erklärung hervortrat, daß man das Amendement des Herrn Devaux verwerfen koͤnne, ohne demjenigen des Herrn Dupin des Aeltern dadurch zu nahe zu treten, da dieſes, bei Gelegenheit eines dritten, des Hrn.
henard, ſpäterhin wieder aufgenommen werden koͤnne. Die linke Seite wollte es aber daruͤber nicht zur Abſtimmung kommen laſſen und Herr Mechin forderte den Praͤſidenten auf, die Sitzung aufzuheben. Dieſer befragte hieruͤber die Verſammlung; der Erfolg war aber zweifelhaft, weshalb die Discuſſion fortgeſetzt wurde. Hr Mauguin beſtieg die Rednerbuͤhne. Mehrere Deputirte der linken Seite wollten den Saal verlaſſen, wurden aber von ihren Collegen zuruͤck⸗ be ec. Auf der rechten Seite wurden dagegen die Rei⸗ en dichter und es herrſchte in der ganzen Verſammlung eine ſeltſame Bewegung, von der man bisher noch kein Bei⸗ ſpiel geſehen hatte; jede Parthei ſchien ihre Streitkraͤfte zu züͤhlen. Bei dieſer Stimmung machte Hr. Mauguin die erbauliche Erklaͤrung, daß er ſich genoͤthigt ſehe, alle Ein⸗ wendungen gegen das Amendement ausfuͤhrlich zu unterſuchen. „Unterſuchen Sie —₰ 8. vrief man ihm von der rechten Seite entgegen, „wir bleiben bis morgen fruͤh hier.“ Bald aber wurde der Tumult ſo groß 4 daß der Redner inne halten mußte. Ein Mitglied der lin „— und ein anderes von der rechten wollten ſich heimlich zu entfernen ſuchen, wurden aber von ihren Collegen bei den Rockſchößen feſtgehalten Mittlerweile erinnerte Hr. Mauguin daran, daß von einem 5 ſchtigen Gegenſtande die R un, daß von einem höͤchſt wichtigen e Rede ſei und daß er dar⸗ uͤber noch wenigſtens bis halb 11 Uhr zu ſprechen habe. Dieſ⸗ Erklarung ſchien endlich einigen Eindruck auf die vbnebei ſchon unſchlüͤſſige Verſammlung zu machen. M 1 0 ch zu verſtaͤndigen, und nach einer halben St uchte endlich ein Mitglied der linken Seite dem 5 unde konnte die tröſtende Verſicherung geben, daß man uͤb rn. Mauguin ſei, die Fortſetzung der uͤbereingekommen
scuſſion auf den fol - zu verlegen. Als jetzt der Praͤſident daruͤber dg
erhob ſich fuͤr die Vertagung zuer rechte Seite folgte dem Beiſpieif. 7 — — ing hierauf in großer Unordnung und unter dem B Ralh zufe der linken Seite, um 7 Uhr auseinander Sn
. -8 Cloud, den 4. Junk. Geſtern ertheilte der Kos⸗ nig dem deſignirten Botſchafter am Kaiſerl. Oeſterreichiſchen
ofe, Herzog von Laval⸗Montmorency, eine Privat⸗Audienz
bends arheiteten Se. Maj. mit dem Großſiegelbewahrer und dem Miniſter des Innern und heute Morgen mit dem Kriegs⸗Miniſter. Um 11 Uhr iſt der Dauphin von Com⸗ pibgne hleher zuruͤckgekehrt. Die Herzogin von Berry wird ſich 2. 88. —1 Rosni ——
76. Juni. Der Meſſager des Chambres ent⸗ hält Folgendes: „Man hat hier auf die herrſchende es ſind neue Un⸗
. er 3 Parthei verfolgte noch immer ber gihanhen,
ruhen ausgebrochen, und ein Decret Dom Miguels vom 23. berechtigt nicht zu der Hoffnung, daß die Rathgeber Sr. K. H. uͤber das wahre Intereſſe Portugals eines Beſſern belehrt worden ſind. Man glaubt noch immer, daß die Cortes von Lamego nur in der Abſicht einberufen wor⸗ den ſind, um den Regenten zum abſoluten Koͤnig zu pro⸗ clamiren.“ 1 4 Die Quotidienne fährt dagegen fort die Ereigniſſe in Portugal mit Wohlgefallen zu betrachten: „Moliere“, ſagt dieſelbe in ihrem geſtrigen Blatte, „hat einen Arzt wider Willen in Scene geſetzt; heute ſehen wir auf der politiſchen Schaubuͤhne einen Koͤnig wider Willen. Dieſer gezwungene Monarch iſt Dom Pedro. Diejenigen, welche ihn wider ſeinen Willen zum Koͤnige machen, ſind der Vicomte von Itabayana, ein Braſilianer; der Marquis von Rezende, ein Braſilianer und Portugieſe; und der Marquis von Pal⸗ mella, welcher weder das eine noch das andere iſt. Die Akademie der Kuͤnſte und Wiſſenſchaften zu Nouen hat, in Folge genauer Nachforſchungen, den Geburtstag Corneille’s, ſtatt auf den 9., auf den 6. Juni 1606 feſt⸗ eſetzt, und wird die an dem Hauſe des großen Dichters in Roue befindliche Inſchrift hiernach unverzuͤglich geaͤndert werden. — 84 Folgendes iſt die Liſte der Redner, die ſich in der Pairs⸗ Kammer uͤber den Wahl⸗Liſten⸗Geſetz⸗Entwurf vernehmen laſſen werden. Fuͤr das Geſetz: Der Graf Lemercier, der Baron Mounier, und die Herzöge Decazes und von Choiſeul; uͤber das Geſetz: Die Grafen Rougé, von St. Roman, von Tocqueville, v. Marcellus, v. Sesmaiſons und der Marquis von Verac; gegen das Geſetz: der Mar⸗ quis von Forbin des Iſſarts, der Vicomte von Caſtelbajac, die Herren von Frenilly, von Villefranche und Dubouchage. — Die Gazette de France macht ihre Leſer darauf aufmerk⸗ ſam, daß ſich unter den Erſteren die Namen von Pairs be⸗ finden, die das demokratiſche Geſetz vom 5. Februar unter⸗ ſtuͤtzt, und daß dagegen die Letztern dieſelben Pairs ſind, die dieſes Geſetz fruͤher angegriffen aſſelbe Blatt ſagt: „Wir haben nie aufgehoͤrt zu be⸗ haupten, daß die Klagen der linken Seite uͤber das Preß⸗ Geſetz nicht aufrichtig ſiud. Heute verraͤth ſich der Globe, indem er ſeinen Freunden zuruft: „Verbeſſert das Geſetz, wenn Ihr koͤnnt; wenn koͤn 1 wohl es zu verwerfen, denn es befreit uns wenigſtens von der gegenwäaͤrtigen Geſetzgebung, und iſt ſchon deshalb gut.“ Auch das Journal des Débats ſchließt einen aͤhnlichen Artikel mit den Worten: „Laßt uns das Geſetz verbeſſern, aber nicht es zuruͤckweiſen. 2 Der Conſtitutionnel aͤußert ſich üͤber die obige Sitzung der Deputirten⸗Kammer in fol ender Art: „Bis jetzt ſind die Sitzungen der Kammer ruhig geweſen; die heutige war eine der ſtuͤrmiſchſten, die man je geſehen hat. Darf man ſich daruͤber wundern? Seit einigen Tagen hat ſich das Mi⸗ niſterium mit einer Parthei verbunden, die vom Anfange der Sitzungen an bis jetzt, ein finſteres Schweigen beobachtet hatte. Aber jene praͤchtige Lobrede auf die Jeſuiten, jene gewaltige Bewunderung der Freunde des Herrn v. Villele, die in dem Augenblicke in eine Art von Begeiſterung aus⸗ brachen, als Hr. v. Martignae ſich zur rechten Seite zu ſchla⸗ gen ſchien, — haben dieſe fuͤr die Freunde der verfaſſungs⸗ maͤßigen Monarchie betruͤbende Aufregung der Gemuͤther her⸗ beifuͤhren muͤſſen; ſie war um ſo natuͤrlicher, als die Conſti⸗ tutionnellen, nachdem ſie eben auf eine ſo edle Weiſe 80 Millio⸗ nen bewilligt hatten, als Dank fuͤr ihre Geſinnungen, aus dem Munde des Biſchofs von Beauvais die Liebe des Miniſte⸗ riums zu den Jeſulten, und aus dem des Hrn. v. Martignac die Kriegs⸗Erkläͤrung gegen die Preſſe vernommen hatten. Von allen Bekenntniſſen, welche die Miniſter von der Rednerbuͤhne herab gemacht haben, iſt, man muß es laut eſtehen, keins ehrlicher und aufrichtiger geweſen, als das eierliche Lob der Tugend, Rechtſchaffenheit und Uneigen⸗ nuͤtzigkeit der Jeſuiten; man hoffte, daß die Deputirten von 1827 mit einem Miniſterium gemeinſchaftliche Sache machen wuͤrden, das ſich Vieles erlaubt, was 2 Hr. v. Villele nie gewagt haͤtte. Heute hatte der gelehrte Hr. Devaux ein Amendement vorgeſchlagen; der Minſſter des Unterrichts wi⸗ derlegte ihn mit großer Schwäͤche; Hr. Dupin antwortete mit ſo viel Vernunft und Kraft, daß die bekannteſten An⸗ haͤnger des Miniſteriums ſchwiegen. Der Großſiegelbewah⸗ rer ſuchte dieſen Eindruck zu zerſtoͤren und beide Miniſter wi⸗ derſprachen ſich; mittlerweile war es ſpaͤt geworden, ſchon hatten ſich 30 Deputirte der linken Seite, welche gerade die erſten und letzten auf ihrem Poſten ſein ſollten, entfernt, ſo daß es beinahe der rechten Seite, die noch ganz gegen⸗ woͤrtig war, gelungen waͤre, ihre Meinung durchzuſetzen;
Ihr es nicht koͤnnt, ſo huͤtet Euch