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baut darauf alle ihre Hoffaungen. Der Niederlaͤndiſche Ge⸗ ſandte hat es indeſſen fuͤr ſeine Pflicht gehalten, die ihm anvertrauten Briefe nach Korfu zu ſenden, er ſoll aber auch zugleich die Pforte zu überzeugen geſucht haben, daß von dieſer Communication ſchwerlich ein Reſultat zu erwarten ſtehe, und daß die Pforte hiebei in großem Irr⸗ thume ſchwebe, wenn ſie auf eine zu Smyrna zwiſchen dem Admiral Rigny und dem dortigen Gouverneur Haſſan⸗Pa⸗ ſcha ſtatt gefundene Unterredung ein großes Gewicht lege, und glaube, die Anweſenhelt der Botſchafter zu Korſu be⸗ weiſe, daß die Cabinerte von London und Paris eine An⸗ näherung aufs lebhafteſte wuͤnſchten, und daß ſie jede Ge⸗ legenheit, ſie zu bewerkſtelligen, ergreifen wuͤrden. Eine An⸗ naͤherung von Seiten der Maͤchte, ſoll der Niederlaͤndiſche Geſandte hinzugefuͤgt haben, koͤnne nur durch Anerkennung des Tractats vom 6. Juli erreicht werden, was auch Admiral Rigny gemeint habe, aber dabel von der Pforte mißverſtanden wor⸗ den ſei. Man iſt hier ſehr auf den Erfolg dieſes Schrittes der Pfor⸗ te geſpannt, und ſieht mit Neugierde der Antwort der Botſchaf⸗ ter entgegen. Die meiſten Diplomaten ſind indeſſen uͤber die Unzulänglichkeit gedachten Schrittes einverſtanden, und ſehen darin nichts als eine Erneuerung der vielfach muͤndlich Aeußerungen des Reis⸗ Effendi, die niemals ein eſultat nach ſich zogen. — Die Kriegsruͤſtungen zu Waſſer und zu Lande werden fortgeſetzt. Huſſein⸗Paſcha iſt in der Richtung nach Schumla, Halll⸗Paſcha nach Siliſtria aufge⸗ brochen. Im Publikum behauptet man, daß beide mit In⸗ ſtructionen von dem Großſultan verſehen ſeien, um unter gewiſſen Umſtaͤnden mit den Ruſſen zu unterhandeln. Uns daͤucht dieſes nicht wahrſcheinlich. Der Kapudan⸗Paſcha iſt nach der Bal von Bujukdere mit 3 Lnienſchiffen und 7 Fre⸗ gatten Flagür Tahir⸗Paſcha wurde mit einigen Brandern und 3 Brisgs nach den Dardanellen geſchickt, um den Grie,⸗ chiſchen Admiral Miaulis, der in dieſen Gewaͤſſern kreuzt, und im Angeſichte der Schloͤſſer mehrere reich befrachtete Tuͤrkiſche Fahrzeuge weggenommen hat, zu vertreiben. Folgendes iſt das, in vorſtehendem Briefe erwaͤhnte Schrei⸗ ben Sr. Excellenz des Reis⸗Effendi an den Herrn Grafen v. Guilleminot, Botſchafter Frankreichs, und an den Herrn Stratford⸗Canning, Botſchafter Großbritanlens bei der hohen Pforte: „Konſtantinopel, 28. Mal 1828. Da dle Befeſti⸗ gung der Bande der Freundſchaft und des guten Einverſtaͤnd⸗ niſſes, die ſeit ſo langer Zeit die Pforte mit den Hoͤfen von Frankreich und England verbinden, der Gegenſtand beſtäͤndi⸗ ger Beſtrebungen dieſer Reiche iſt, ſo war die Abreiſe der Geſandtſchaften von Konſtantinopel weder zulaäͤſſig noch paſ⸗ ſend, und wenn dieſe Ahreiſe nach den Willen des Geſchicks von Seiten unſerer Freundſchaft beſonderes Bedauern erweckte, ſo hat uns die Verlaͤngerung dieſer Entfernung nicht gerin⸗ eres Leid verurſacht. Inzwiſchen beweiſtt die Lage der ng. offenbar, daß in Erwiderung der guten Geſinnungen und der guͤnſtigen Abſichten, von denen die hohe Pforte zu ſeder Zeit beſeelt war, der Franzoͤſiſche und Engliſche Hof ihrerſeits immer aufrichtig die Beibehaltung der gluͤcklichſten Eintracht gewuͤnſcht haben. Die Nachricht von der Ruͤck⸗ kehr der Botſchafter nach Korfu galt als ein ſicherer Beweis und als ein wahres 19. der Freundſchaft, und wir wa⸗ ren daruͤber höͤchſt erfreut. Dieſes Ereigniß fordert, daß wir den erſten Schritt thun, die Bahn der Unter handlungen, der guten Eintracht gemaͤß, zu eroͤffnen, und die Verhaͤltniſſe des Klcklichen Einverſtändniſſes wieder anzuknuͤpfen, nachdem Les ſowohl fruͤher als ſpaͤter erlaſſenen Erklaͤrungen bewie⸗ ſen haben, daß der erſte und letzte Wunſch Frankreichs und Englands, und ihr höchſt loyaler Zweck nur darauf gerichtet iſt, die Wuͤrde und Wo ffahrt ihrer alten Freundin, der ho⸗ hen Pforte aufrecht zu erhalten, und ihre Souverainttaͤt und Macht zu bewahren. Da guch das Syſtem und Betragen der hohen Pforte zu jeder Zeit auf Recht und Gerechtigkelt begründet war, und da es weltkundig iſt, daß ſie beſtändig heine treue Verbuündete geweſen, indem ſie alle ihre Angele⸗ enheiten nach dem hellgen Geſetze geordnet, und niemals i Bezug auf ihre Freunde einen Eingriff in die Klauſeln der Traktate und der Vorſchriften einer aufrichtigen Freund⸗ ſchaft gebulder hat, ſo ward in der That dieſe Trennung als den freundſchaftlichen Verhaͤltniſſen der beiden Hoͤfe nicht ganz angemeſſen erachtet. Da gleichwohl dieſer Zwi⸗ ſchenvorfall die zwiſchen ihnen herrſchende alte und loyale Freundſchaft nicht beeintraͤchtigen kann, und da uͤberdies das Vergnuͤgen ves Wiederſehens, das Freunde nach einer Trennung fühlen, zu jeder Zeit zur Wieder⸗Anknuͤpfung ihrer Anhaͤnglichkeit und Befeſtigung ihrer Verbindung beigetragen hat; da ferner der erſte und letzte Wunſch und die reine Abſicht der hohen Pforte dahin gehen, die
Bahn des Gute 8” ber Uübcsiirke zu verfolgen, und die nn“] TEA1I1I1“ 8 4 8 — 1. 3 2
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allgemeine Ruhe ihrer Unterthanen zu erhalten, lich die wohlwollenden und billigen Abſichten der beiden Hoͤfe, die die alten und anhaͤnglichen Freunde der Ottomaniſchen Regierung ſind, ſich daſſelbe Ziel geſetzt haben, ſo iſt es in dem Falle, daß die Botſchafter nach Konſtantlnopel üruͤck⸗ kommen wuͤrden, um diejenigen Angelegenheiten durch freund⸗ ſchaftliche Unterredungen und aufrichtiges Einverſtaͤndniß zu einem gluͤcklichen Ende zu bringen, die zwiſchen uns nach den reinen Abſichten und den guͤnſtigen Geſinnungen der ge⸗ genſeitigen Reiche eroͤrtert worden ſind, keinem Zweifel un⸗ terworfen, daß ſie daſelbſt von Seite der hohen Pforte alle Arten von Ehrenbezeugungen und Ruͤckſichten empfangen wuͤrden. Dieſer Darſtellung zufolge erwarten wir mit der aufrichtigſten Ungeduld die Ruͤckkehr Ew. Exc. in die Haupt⸗ ſtadt. Wir ſchreiben dieſes, um Ew. Exc. davon zu benach⸗ richtigen, und die beſondere Hochachtung auszudruͤcken, die wir fuͤr Site hegen. Ihr Freund hofft, daß wenn Ew. Exc. nach dem Willen Gottes dieſes Schreiben erhalten, und deſ⸗ ſen Inhalt erwogen haben, Sie allen Ihren wohlwollenden Eifer darauf verwenden werden, das Gebaͤude des guten Einverſtaͤndniſſes, dem obigen Inhalte gemaͤß, zu befeſtigen.“
— In einem andern Schreiben aus Konſtantinopel vom 31. Mai (in der obengenannten Zeitung) heißt es: Der Reis⸗Effendi, dem gerathen wurde einen aͤhnlichen An⸗ trag *) auch an den Ruſſiſchen Botſchafter in Korfu zu rich⸗ ten, antwortete, die Pforte wuͤnſche allerdings mit allen Maͤchten, ſo wie fruͤher, in Eintracht und Frieden zu leben. Aus dieſen, ſo wie aus manchen andern Umſtaͤnden geht deutlich hervor, daß die Pforte auf alle Weiſe eine Aus⸗ gleichung mit den chriſtlichen Maͤchten herbeizufuͤhren entſchloſ⸗ ſen iſt. — Als ein merkwürdiger Beweis der toleranten Denkungsart des jetzigen Sultans mag folgender Vorfall dienen. Der Griechiſche Patriarch erhielt den Befehl, mit ſeiner Synode 40 Meſſen zu leſen, um Segen von dem Gott der Chriſten (die doch in den Augen der echten Mos⸗ lims Ghaurs ſind) fuͤr die Ottomaniſchen Waffen zu erflehen. Man koͤnnte glauben, der Großherr habe damit ſein Souve⸗ rainit aͤtsrecht uͤber die Griechen feierlich conſtatiren und erneuern wollen, allein da dem Armeniſchen Patriarchen ein aͤhnlicher Befehl zukam, ſo bteibt derſelbe eine in den Otto⸗ maniſchen Annalen unerhoͤrte Neuerung. Das Manifeſt der Pforte zur Beantwortung des Ruſſiſchen liegt in der Canzlei des Großweſſiers, mit dem noͤthigen Fetwa verſehen, zur Publication bereit. Man nennt den Reis⸗Effendi und elnen im Dienſte der Pforte ergrauten Dragoman als die Verfaſſer. —
Nach Inhalt eines vierten (gleichfalls von der Allgem. Zeitung mitgetheilten) Schreibens aus Konſtantinopel vom 31. Mat, hat der Niederlaͤndiſche Miniſter van Zuilen die Ein⸗ ladungsbriefe des Reis⸗Effendi an die Botſchafter von Eng⸗ land und Frankreich ſogleich uͤber Smyrna nach Corfu, mit
nachdem end⸗
elnem von ihm ſelbſt verfaßten confidentiellen Memorandum abgeſchickt. Der Reis⸗Effendt hatte, ehe er dieſe Briefe er⸗ ließ, dem Hrn. van Zuilen vier Fragen, die Convention vom 6. Jul. und den Einbruch der Ruſſen in das Türkiſche Ge⸗ biet betreffend, vorgelegt, durch welche er die Verhaͤltuiſſe Frankreichs und Englands zu Rußland, nach Ausbruch eines Krieges zwiſchen der Pforte und einer der, zu Gunſten Grie⸗ chenlands paciscirenden Partheien, genauer kennen lernen wollte. Der Geſandte erwiederte ſchriftlich, der Ruſſiſche Krieg ſei eine von der Paeiſication ganz getrennte Angele⸗ genheit, an der England und Frankreich keinen Theil nähmenz; aber dieſe Maͤchte beharrten, im Einverſtaändniſſe mit Rußland, unabaͤnderlich auf Anerkennung der Convention vom 6. Jul. —
als Baſis aller Unterhandlungen. Nach dieſen Erläuterun⸗
gen und mehreren Conferenzen mit den Dragomans mehree⸗ rer Europaͤiſchen Maͤchte, entſchloß ſich der Reis⸗Effendi zu jenen Einladungsſchreiben. — In der Hauptſtadt hat ſich 2 nichts veraͤndert. Der Hattiſcherif des Sultans zur allge⸗, meinen Bewaffnung, welcher in die Provinzen abging, iſt ſehr kurz, ein ausfuͤhrliches Manifeſt ſoll naͤchſtens folgen. — Nach einer hier cirkulirenden Ueberſicht der Tüͤrkiſchen Streit, kräfte waͤre die Donau⸗Armee, mit Inbegriff der Beſatzun,.
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gen der Donau⸗Feſtungen, 72,000 Mann ſtark. Als Halill Bei, vom Sultan reichlich beſchenkt, auezcg, begleitete ihn ei der Trennung:
Se. Hoh. eine Strecke weit, und he. „Rechne auf mich. Im Nothfall folge ich Dir.“ der Hand iſt beſchloſſen, daß der Sultan mit, ungefähr 25,000 Mann disciplinirter Truppen zur Deckung der Haupt⸗ ſtadt hier bleibt, was als ein Gluͤck fuͤr die Franken zu be⸗ trachten iſt, da ſeine Anweſenheit viel zur Aufrechthaltung
der Sicherheit beitragen wird. Uebrigens werden die Kriegs⸗
Vor
*) Wie den an den Franzöſiſchen und Engliſchen Geſandten. —