dan nach einer halben Stunde merkte, lung langweilte, hielt er einen Augenblick ijnne; der Praͤſident erklaͤrte aber, daß er die Aufmerkſamkeit der Kammer nicht er⸗ zwingen koͤnne. Der Redner fuhr hierauf mit erhoͤhter Stimme fort, und fuͤhrte unter anderm bittere Beſchwerde uͤber die Fort⸗ ſchritte der revolutionairen Parthei und uͤber die neuen Gefah⸗ ren, die der katholiſchen Religion drohten. Der Praͤſident fluͤſterte ihm einige Worte in die Ohren, worauf Hr. Dupleſſis de Grénédan mehrere Bogen ſeiner Rede uͤberſprang, und bald darauf die Tribune verließ. Nach ihm ergriff Hr. Bacot de Romand das Wort und ſprach die Hoffnung aus, daß Hr. Dupleſſis de Grénédan ſeine inhaltsvolle Rede drucken laſſen werde. Nachdem noch Hr. Bourdeau zu Gunſten des 18ten Artikels aufgetreten war, wurde derſelbe in obiger Abfaſſung angenommen, und demnaͤchſt uͤber das ganze Ge⸗ ſetz abgeſtimmt. Die Zahl der Stimmgeber belief ſich auf 382; in den Wahl⸗Urnen fanden ſich 266 weiße und 116 ſchwarze Kugeln; der Entwurf iſt ſonach mit einer Mehr⸗ heit von 150 Stimmen angenommen worden. Gleich nach aufgehobener Sitzung zogen ſich die Deputirten in ihre Buͤ⸗ reau's zuruͤck, um daſelbſt die mit der Pruͤfung der Propo⸗ ſition des Hrn. Labbey de Pompières zu beauftragende Com⸗
miſſion zu ernennen. , Paris, 21. Jun. Folgendes ſind die Namen der Mitglie⸗
der der eben erwaͤhnten Commiſſion, — der erſten, die, ſeit der Einfuͤhrung der verfaſſungsmaͤßigen Regierung in Frankreich,
den Auftrag erhäͤlt, die Verwaltung eines, der Pflichtvergeſſen⸗ heit beſchuldigten Miniſteriums zu unterſuchen, und daſſelbe im Beſtaͤtigungsfalle vor den Richterſtuhl der Pairs⸗Kammer zu la⸗ den: die Herren Mauguin, Girod, Baron von Montbel, Rau⸗ dot, Vicomte Du Tertre, Benj. Conſtant, Delalot, Graf von Femehsn und Agier. „Wenn es noch“ ſagt das Jour⸗ nal des Débats „eines neuen Beweiſes der Kraft und Maͤßigung der conſtitutionellen Meinung in der Deputirten⸗ Kammer beduͤrfte, ſo wuͤrden wir ihn in der Wahl der Mitglieder dieſer Commiſſion finden. Sechs unter ihnen ſind in den Reihen der wahren Freunde der Volks⸗Freiheiten ge⸗ waͤhlt; zugleich ſind aber auch die heiligen Rechte der Ver⸗ theidigung nicht aus den Augen gelaſſen worden: das dritte Buͤreau * den achtbaren Hrn. v. Montbel zu ſeinem Com⸗ miſſarius ernannt.“
Vorgeſtern hielten Se. Maj. zu St. Eloud, im Bei⸗ ſein des Dauphins, einen Miniſter Rath, welcher von 9 Uhr bis 12 ½˖Uhr Mittags dauerte.
Der Meſſager des Chambres ſchickt der Rede des Mi⸗ niſters des Innern in der Sitzung der Pairs⸗Kammer vom 17ten d. (woraus wir unten einen Auszug liefern) die nach⸗ ſtehenden Betrachtungen voran: Die Discuſſion uͤber das Wahl⸗ Geſetz in der Pairs⸗Kammer iſt durch eine Menge, mit Be⸗
redſamkeit ausgeſprochener Anſichten, und auch, wie man uns
verſichert, durch auffaͤllige Angriffe ausgezeichnet geweſen. Beſonders hat der befriedigende und gewiſſenhafte Bericht⸗ erſtatter des Geſetzes, Vicomte Lainé, auf Betrachtungen ganz neuer Art in dieſem Geſetze aufmerkſam gemacht, von denen er die zahlreichen Freunde der geſetzlichen Ordnung in jener Kammer uͤberzeugte, welche jene mehr als einmal ge⸗ rettet hat. Die Herren Mounier, Decazes, Lemercier, von Tournon und v. Choiſeul haben nach einander durch ihre lichtvollen Vortraͤge das lebhafteſte Intereſſe erregt. Der Miniſter des Innern, welcher der entgegengeſetzten Meinung,
worin, wie man ſagt, etwas anderes als das Geſetz ange⸗
griffen wurde, in ausfuͤhrlicher Rede entgegentrat, hat im hoͤchſten Grade den Beifall der edlen Pairs erhalten: „Edle Pairs“, begann der Miniſter, „nicht ohne lebhafte Bewegung bin ich im Begriff einen Geſetz⸗Entwurf zu ver⸗ theidigen, der vor Ihnen mit einer Heftigkeit bekaäͤmpft wor⸗ den iſt, an die dieſe Tribune nicht gewöhnt iſt, und welche, ich geſtehe es, ich nicht im entfernteſten erwartete. Ich werde mich bemuͤhen, dieſes peinliche Unternehmen mit der Feſtigkeit durchzufuͤhren, welche Maͤnnern ziemt, die ſich be⸗ leidigt fuͤhlen, ohne jedoch die Ruͤckſichten zu vergeſſen; dies bin ich der edlen Kammer ſchuldig, die berufen iſt, zwiſchen uns und unſern Gegnern zu entſcheiden. Wir haben der Depu⸗ tirten⸗Kammer einen Geſetzentwurf vorgelegt, den die Krone fuͤr nuͤtzlich und nothwendig hielt; er iſt von ihr angenom⸗ men worden. Wir haben die Ehre 8₰ ihn Euren Herr⸗ lichkeiten vorzulegen; eine mit der r fung deſſelben beauf⸗ tragte Commiſſion hat deſſen Annahme vorgeſchlagen, und ein edler Vicomte, deſſen Talent und Charakter Vertrauen und Achtung gebieten, hat vor ihnen die Gruͤnde dieſes Vorſchlags entwickelt. Zuverlaͤſſig konnte ſein erſtes Urtheil die freie Aeußerung einer entgegengeſetzten Meinung nicht finden, und ich weiß, daß jeder in ſeinem eigenen Gewiſſen die Regel ſeines Benehmens und ſeiner Entſchließungen
u“
daß er die Verſamm⸗
— E“ .;
renwerther Zeugniſſe dem Entwurf die Wuͤrdigung einer, wenn auch ernſten und lebhaften, doch von Vorſichtlichkeit und Bitterkeit freien Discuſſion zuſichern. Dieß Gluͤck iſt ihm nicht geworden, und ich bin gezwungen, nicht nur Einwen⸗ dungen zu beſtreiten, und zu behaupten, daß die Beſtimmun⸗ gen des Geſetzes weder ungerecht noch unpolitiſch, noch den Principien unſeres Rechts entgegen ſind, ſondern auch, es auszuſprechen und zu beweiſen, daß diejenigen, die es abge⸗ faßt, vorgelegt, vertheidigt haben, weder ſchuldige Untertha⸗
nen noch etwa untreue Miniſter ſind, die mit Berechnung— oder aus Schlaffheit die Adminiſtration in Verfall gebracht, den Parthelgeiſt beguͤnſtigt, die Maͤnner, welche mit dem⸗ Vertrauen des Koͤnigs beehrt ſind, geſchmaͤht, und den For⸗ derungen einer Parthei oder der Sicherheit eines unruhigen Ehrgeizes das heilige Depoſitum der Koͤniglichen Autoritäat geopfert haͤtten. ch geſtehe, edle Pairs, es liegt in dieſer Verpflichtung, in der ich mich befinde, mich gegen ſolchen Verdacht zu vertheidigen, etwas ſo Fremdes und Neues fuͤr mich,
daß es mir große Anſtrengung gekoſtet hat, mich an den Gedanken
zu gewoͤhnen, daß ſie mir wirklich auferlegt iſt. Bin ich etwa der irrende Theil? Hat dieſe Hingebung an die Perſon meines Koͤnigs, dieſe Treue gegen ſeine edle Sache, dieſer tiefe Unwillen ge-⸗ gen Alles, was ſeinen Thron erſchuͤttern könnte, — alle dieſe Empfindungen, die ich unverloͤſchlich glaubre, haben ſie aufgehoͤrt, mein Herz in Bewegung zu ſetzen? Hab’' ich meine Principien abgeſchworen? Die berauſchende Freude uͤber eine eben erlangte Macht, der Wunſch, ſie zu bewah⸗ ren, die Furcht vor der Reue, vor den Qualen, vor den Beunruhigungen, welche der Verluſt derſelben verurſacht, 82 ſollte mich alles dieſes fortgeriſſen und ſo verblendet haben, daß ich mir die Schmach einer verbrecheriſchen Abtruͤnnig⸗ keit verheimlicht haͤtte? Edle Pairs, ich habe mein in Un⸗ ruhe geſetztes Gewiſſen, meine Vernunft und mein Gebdächt⸗
niß befragt, und meine Unruhe hat ſich gelegt. Nein! nicht
ich bin der Verblendete, nicht ich bin es, der die Intereſſen des Koͤnigs ſchlecht begreift und ſchlecht wahrnimmt. Ich habe meine Pflicht gethan, indem ich ihn rieth, dieſen Ge⸗ eee der Kammer vorzulegen, ich will ſie auch darin erfuͤllen, daß ich den 28 gegen die Angriffe, deren Ge⸗ genſtand er geweſen iſt, vertheidige. „Dieſer Entwurf,“ ſa⸗ gen die Gegner deſſelben, „iſt eine der Schwaͤche entriſſene Conceſſion; er iſt das durch die Klagen, Delationen und
Forderungen einer Parthei erzwungene Reſultat; er beruht
ganz und gar auf einem erklaͤrten Mißtrauen gegen die Ab⸗ miniſtration; er entehrt ſie, bezeichnet ſie als ſchuldig, ver⸗ ſetzt ſie in den Fall der Praͤvention. Die Miniſter haben ſich von den Umſtaͤnden beherrſchen laſſen, ſie hatten den Gedanken dieſes Geſetzes bei der Eroͤffnung der Seſſion noch nicht gefaßt.“ Wir antworten: „der Entwurf iſt eine, den wirklich dringenden Beduͤrfniſſen gegebene Befriedigung, die nicht mehr aufgeſchoben werden durfte. Dieſe Beduͤrfe niſſe waren nicht nur die der Buͤrger, ſie waren dle der Verwaltung des Koͤnigs; dieſe beſonders mußte gegen Ver. dacht geſchuͤtzt und gegen Verlaͤumduͤngen vertheidigt werden.“ — Iſt es ein Act der Schwaͤche, zu ſagen: Wir wünſchen, daß die Geſetze ausgefuͤhrt werden, daß kein Verdacht des Betruges moͤglich ſei, daß man Irrungen zuvorkomme; wir wuͤnſchen, daß dieſe Verwaltung, die bei jeder Erneuerung der Wahl ſeit zehn Jahren im Lngeſcchte Frankreichs in die ſchmerzliche Anklage der Luͤge und 8eEszna Zesſahe⸗ dieſer Schmach endlich entzogen und wieder auf die Ruhe geſtellt wer⸗ den, von der ſie mit Schmerz herabgeſtiegen iſt. Ich weiß nicht, ob es ſichere Mittel giebt, ſie wieder zu heben, aber ſeit langer Zeit hoͤre ich ſie mit Heftigkeit angreifen, und habe noch nicht geſe⸗ hen, daß man ihr bis jetzt wirkſame Huͤlfe gebracht haͤtte. Wir dachten bei Eroͤffnung der Sitzung nicht an dieſen Geſetz⸗ Vorſchlag: alſo iſt er uns auferlegt worden. Ja, ohne Zwei⸗ 8 el, auferlegt durch das öffentliche Intereſſe, durch eine der othwendigkeiten denen man ohne Furcht ee weil ſte in der Vernunft begruͤndet ſind. Vor der Eroͤffnung der Sitzung hatten Alle, die mit den g Wahlen zu thun ge⸗ habt, die Unzuläͤnglichkeit der beſtehenden Geſetzgebung er⸗ kannt. Die unzähligen Schwierigkeiten, die verwirrenden Fragen, Dunkelheiten aller Art, der Kampf der Gewalten, hatten die Standhaftigkeit derer ermuͤdet, 2 es war, ſo vlel Hinderniſſe zu beſiegen. Schon hatte die Nothwendigkeit eines vollſtaͤndigen Geſetzes die Geiſter durchdrungen. Seit ei⸗ nem Monat an die Spitze der Geſchaͤfte geſtellt, hatten wir allerdings bei der Eroͤffnung der ö noch keinen Ge⸗ ſetzentwurf beſchloſſen. Die traurigen Debatten, welche dieſe Eroͤffnung auszeichneten, lehrten uns, daß es unſere Pflicht ſei, bei dieſem Uebel das ſchleunigſte — anzu⸗ wenden; ſo iſt das Geſetz entſtanden’“. — Der Miniſter
1
Hnn
82 8 2 8 1
8
2¹