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iſt Ihnen der Sieg geworden”“ — „Meine Herren, ich ſehe Ih⸗ nen alle dreiſt ins Angeſicht und erkläre, daß die Gewalthaber keinem unter Ihnen den Sieg haben geben wollen; ſie haben ihn blos der Vernunft und der Gerechtigkeit zuerkannt. (Lau⸗ ter Beifall)! Und wehe denen, die ſich zu dieſen nicht halten. Der vorige Redner hat behauptet, daß ee Miniſter durch die neuli⸗ chen Verordnungen einen großen Schlag gethan haͤtten; aber die Miniſter haben keinen Schlag thun wollen, ſie haben nur eine heilige Pflicht erfuͤllt; ſie haben dem Throne die Rath⸗ ſchlaͤge gegeben, die ſie ihm ſchuldig waren, ſie haben Nie⸗ manden angegriffen, Niemanden proſcribirt; ſie haben bloß die Verpflichtung erfuͤllt, die der Koͤnig gegen ganz Frank⸗ reich uͤbernommen hatte; — ſie ſind zur geſetzlichen Ordnung zuruͤckgekehrt. Der vorige Redner beſchuldigt uns, daß wir den Buchſtaben und den Geiſt der Charte verletzt haͤtten; aber wir kennen ſo gut, wie er die Charte; ſie verlangt Ach⸗ tung vor jeder Religion, aber ſie will nicht, daß man die Geſetze uͤbertrete. Die Roͤmiſch⸗katholiſch⸗apoſtoliſche Reli⸗ gion iſt und bleibt die Religion des Staats; aber eben ſo wenig, wie die Gerichtshoͤfe es leiden wuͤrden, daß man un⸗ ter dem Vorwande der Geſetze ſich uͤber die Religion erhoͤbe, eben ſo wenig wird die Regierung es dulden, daß man un⸗ ter dem Vorwande der Rellgion ſich uͤber die Geſetze erhebe. Und, weil man uns denn doch hat Rathſchläge ertheilen wollen, ſo — wir frei, daß wir das Schwierige unſe⸗ rer Lage vollkommen erkennen, (Hoͤrt!) daß wir recht gut wiſſen, welche Schlingen man uns taͤglich zu legen ſucht; aber wir werden alle Schwierigkeiten beſtegen, denn wir haben ſtarke und mäͤchtige Stuͤtzen, — die Macht des Koͤnigs, die oͤffentliche Meinung und unſer Gewiſſen, welches uns ſagt, daß es fuͤr unſere Amts⸗Verrichtungen nur einen Weg gieße⸗ den Weg der Rechtlichkeit. Unſer Auftrag iſt, die Vorrechte des Thrones zu bewahren; aber unſinnige Stimmen beſchul⸗ digen uns, daß wir der Freiheit Feſſeln anlegen, andere, daß wir die Revolution beabſichtigen uünd daß wir uns von einem Zugeſtaͤndniſſe zum andern verleiten laſſen. Was will
man denn aber mit dem Worte „Zugeſtäͤndniß“, uͤberhaupt
ſagen? Etwa die Handlung eines Koͤnigs, welcher ſolche Verfuͤgungen erlaͤßt, die den geſetzlichen Freiheiten guͤnſtig ſind; von ſolchen Zugeſtaͤndniſſen haben die Koͤnige von Frankreich allerdings manche Beweiſe gegeben. Verſteht man darunter aber die Aufgebung irgend eines der Krone wich⸗ tigen Vorrechts, ſo thut man uns ſehr Unrecht, denn zu einem ſolchen Zugeſtaͤndniſſe wird ein Miniſter des Koͤnigs niemals ſeine Zuſtimmung geben. Und darum noch einmal, m. H., durch die beiden mehrerwaͤhnten Verordnungen haben wir nur die Macht des Monarchen befeſtigen und die geſetzliche Ordnung aufrecht erhalten wollen. Als wir zu dieſer Maaßregel rie⸗ then, befrugen wir, ohne irgend den Partheigeiſt zu beruͤck⸗ ſichtigen, bloß unſer Gewiſſen, und dieſes ſagte uns, daß es vor allem unſere Pflicht ſei, die Verfaſſung aufrecht zu erhalten; und daß wir uns niemals davon entfernen werden, dafuͤr buͤrgt Ihnen unſer Eid. Der vorige Redner behaup⸗ tet, wir haͤtten die Geſetze verletzt. Waͤre dies der Fall, ſo muͤßten Sie uns in Anklageſtand verſetzen, denn Miniſter, welche die Geſetze uͤbertreten, muͤſſen ſtets angeklagt werden. Wir haben aber die Geſetze nicht verletzt, ſondern ſind viel⸗ mehr unter die Herrſchaft derſelben zurüuͤckgekehrt.“ Ein rau⸗ ſchender Beifall faſt aus allen Theilen des Saales und der Tribunen folgte auf dieſe Rede. Nachdem Hr. v. Sainte⸗Ma⸗ rie zu Gunſten der Jeſuiten aufgetreten war und ſomit die gedachten beiden Verordnungen bitter getadelt hatte, beſtleg der Miniſter der geiſtl. Angelegenheiten die Tribune, um die Verſammlung vor allem darauf aufmerkſam zu ma⸗ chen, wie Unrecht man habe, wenn man daraus, daß den Jeſuiten einige geiſtliche Schulen entzogen worden ſaaer⸗ gleich auf deren gaͤnzliche Proſcription aus Frankreich ſchlie⸗ zen wolle; hiervon ſei gar keine Rede; auch halte er 89 uͤberzeugt, daß die durch die betreffenden Verordnungen auf⸗ geregten Gemüther ſich nach einer reiflicheren Ueberlegung leicht beſaͤnftigen, ſo wie andrerſeits, daß die Reſultate der, von den Miniſtern vorgeſchlagenen Maaßregel dieſelben hin⸗ laänglich rechtfertigen wuͤrden. Noch ließen ſich der Baron v. Montbel und Herr Dupin der Aeltere uͤber dleſen Gegenſtand vernehmen, worauf die oben erwaͤhnten Antraͤge des Berichterſtatters mit ſtarker Stimmen⸗Mehrheit ange⸗ nommen wurden. Die Verſammlung ging erſt um 6 ⅞ Uhr auseinander.
Paris, 23. Juni. Der geſtrige Moniteur enthaͤlt eine
Verordnung vom 15ten d. M. wonach das Departements⸗ Wahl⸗Collegium des Pas de Calais auf den 29. Juli in Arras zuſammen berufen wird, um an die Stelle des, mit Tode abgegangenen Grafen von Bryas einen andern De⸗ putirten zu waͤhlen.
Der Hauptgegner des, in der obigen Sitzung der Pairs⸗ Kammer discutirten zwoͤlften Artikels des Wahlliſten⸗Geſetz⸗ Entwurfes war, wie man verſichert, der Graf v. Peyronnet. Dieſer Pair hat, nachdem er ſich der Tribune bemäͤchtigt hatte, ſie faſt bis an das Ende der Sitzung, die erſt zu ſehr vorgeruͤckter Stunde geſchloſſen wurde, behauptet.
Der Graf Alexander von Laborde iſt an die Stelle des Miniſters des Innern, Vicomte von Martignac, zum Mit⸗ gliede der Ober⸗Commiſſion fuͤr die Marine⸗Invaliden⸗An⸗ ſtalt, ernannt worden.
Großbritanien und Irland.
London, 21. Juni. In einer der letzten Sitzungen des Unterhauſes hat Hr. O'Cave angekuͤndigt, er werde am 30. Juni die Motion aufſtellen: „daß alle innerhalb der Graͤnzen der Britiſchen nach dem 1. Jan. 1830 gebornen Sclavenkinder frei ſein ſollen.“
Die Times bemerkt, die Anſtellung des Lord Francis Gower, als Staats⸗Secretair fuͤr Irland, muüͤſſe als ein gluͤckliches Zeichen der Abſichten des Herzogs von Welling⸗ ton im Betreff jenes Landes angeſehen werden. — Wie man ſagt, hat der Herzog von Wellington die Abſicht, der ſtar⸗ ken Bevoͤlkerung der niedern Klaſſen in Irland durch eine, unſern Armen⸗Geſetzen analoge Maaßregel zu Huͤlfe zu kommen.
Am vergangenen Montage feierten der Herzog und die Herzogin von St. Albans auf ihrem Landgute die Wieder⸗ kehr des Tages ihrer Vermählung. Mehrere Mitglieder der Koͤniglichen Familie waren bei dieſer Feſtlichkeit zugegen. — Die Times macht bei dieſer Gelegenheit einige bittere Be⸗ merkungen uͤber die niedrige Herkunft der Herzogin und meint, das gluͤckliche Ehepaar haͤtte dieſes Fe in aller Stille und nicht mit ſolchem Gepraͤnge begehen Ffnen
Eben dieſes Blatt macht 2 die Maaßregeln aufmerkſam, welche in Betreff Indiens befolgt werden muͤßten, ſobald das Monopol der Öſt⸗Indiſchen Compagnie, welches ſie ein barbariſches und unpolitiſches Syſtem nennt, aufgehöoͤrt ha⸗ ben wuͤrde. Sodann geht ſie auf die Verhandlungen des Unterhauſes uͤber dieſen Gegenſtand uͤber und faͤhrt dem⸗ naͤchſt in folgender Art fort: „Gewiß ſind unzählige Pri⸗ vat⸗Bedruͤckungen von den Unterthanen der Oſtindiſchen Compagnie ſtillſchweigend hingenommen worden, aus Furcht, daß, ſo bald eine Wunde vernarbt ſein moͤchte, die Geißel bald tauſend andern ſchlagen wuͤrde, und ſo iſt eine uner⸗ meßliche Anzahl von unbeſtraften Ungerechtigkeiten den Au⸗ gen der Englaͤnder entgangen. Ein Beiſpiel davon iſt je⸗ doch zu merkwuͤrdig, als daß wir es unberuͤhrt uͤbergehen ſollten: der Fall iſt der der Mandatarien eines eingebornen Banquiers, Namens Gopaul Doſſ; Oude, eine Britiſche Provinz, unter einem nahmhaften eingebornen Herrſcher, var der Schauplatz der Handlung, oder der Reihe von Handlungen, uͤber welche geklagt wird; das begangene Un⸗ recht war ein Treubruch, der den Verluſt von mehr als 200,000 Pfd. auf Seiten des Klaͤgers herbei fuͤhrte; und die Herren von Leadenhall ſtreet, waren, rehangeſt ihrer Beamten, die angegebenen Urheber des Unrechts! Noch iſt auf keine Wiedererſtattung des Geldes verfuͤgt worden. Dies iſt nur eins von den vielen Beiſpielen unſerer Staats⸗ Politik; aber der Tag der Rechenſchaft kommt raſch uͤber die ehrenwerthen Monopoliſten, und wir hoffen, daß man ihnen die Rechnung bis auf Heller und Pfennig abfordern wird.
Es wird in einigen Miniſterial⸗Blaͤttern verſichert, daß der Plan zur Errichtung einer zweiten hoͤheren Unterrichts⸗ Anſtalt in London, welche dem Vernehmen nach außſchließ⸗ lich der Erziehung von Mitgliedern der Engliſchen Kirche gewidmet ſein ſoll, vom Herzoge von Wellington beſchuͤtzt werde. Das Projekt wuͤrde nicht zu tadeln lein (ſagt der Globe) wenn die Erfinder deſſelben nicht augenſcheinlich zeigten, daß die Abſicht, in der ſie es gruͤnden, der ſchon be⸗ ſtehenden Univerſitaͤt feindlich iſt, weil dieſe Anſtalt den Studenten alle Religionsmeinungen die Thuͤren oͤffnet, in⸗ dem ſie deren theologiſchen Unterricht ihren Eltern und den Lehrern der verſchiedenen Sekten uͤberläßt. In einer ſolchen Abſicht gegruͤndet iſt der Plan ſehr verwerflich, und ein Miniſter der die Inconvenienzen in Bezug auf religiöͤſe Streitigkeiten fuͤhlt und den Wunſch naͤhrt, denſelben ein Ende zu machen, ſollte ſich nicht darauf einlaſſen. In der Londoner Univerſitaͤt iſt nicht allein kein Anſchein von Feindſeligkeit gegen die beſtehende Kirche, ſondern wenn irgend eine Gefahr iſt daß ſie von einer ſtrengen Unpar⸗ theilichkeit abweicht; ſo iſt es in entgegengeſetzter Richtung. Alle Geiſtlichen welche Profeſſoren ſind — und es giebt deren
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