8 “ Das Journal des Débats giebt der Deputirten⸗Kam⸗ mer einige Andeutungen, wie ſie ſich bei der Anklage des Herrn v. Villèle zu denehmen habe. Es raͤth ihr beſonders, die Anklage in einige Hauptpunkte zuſammenzufaſſen. Wolle man alle verletzten Intereſſen bei dieſem Prozeſſe eines Lan⸗ des gegen ſeine Miniſter einzeln hervortreten laſſen, ſo ge⸗ rathe man in ein Labyrinth von Unterſuchungen, Zeugen⸗ Verhoͤren ꝛc. Nichts wuͤrde fuͤr die Angeklagten guͤnſtiger ſeyn. Die Anklaͤger, die Richter und das Publikum wuͤrden bhald ermuͤden. Das Beſte ſey, einige einfache und beſtimmte KTChatſachen herauszuheben, deren Exiſtenz nicht bezweifelt werden koͤnne und uͤber deren Charakter die oͤffentliche Mei⸗ nung einſtimmig ſey. Die Geſellſchaft, die compromittirte Alutoritaͤt des Lönebe, das grauſam verletzte Geſammt⸗In⸗ tereſſe muͤſſe geraͤcht werden. — Das genannte Blatt glebt darauf drei Haupt⸗Anklagepunkte an: die Verfälſchungen der Wahlen, die zweimalige Aufhebung der Preßfreiheit und heauptſaͤchlich die Ernennung der 76 Pairs. „Wenn“ (ſagt es in letzterer Hinſicht) „ein Verbrechen begangen worden, ſſo iſt es offenbar dieſe Pairs⸗Ernennung; gerade darum, weil die Rechte der Koͤniglichen Projective geheiligt ſind, weil es wichtig iſt, daß ſie fernerhin nicht beſchraͤnkt werden, ver⸗ dienen die Miniſter, die jene Vorrechte mißbrauchen, eine ſſtrenge Zücheigung. Man binde nicht der koͤniglichen Frei⸗ gebigkeit die Hände, man nehme nicht aus dem Diadem un⸗ ſerer Fuͤrſten den ſchoͤnſten ſeiner Juwelen, man beſchraͤnke nicht die Let. der Pairs; aber die Privilegien und die Wuͤrde der Pairs muͤſſen ihre Garantie in der Verantwortlichkeit der Miniſter finden, die Miniſter muͤſſen mit ihrem Kopfe füͤr den Gebrauch, den ſie von dem 27ſten Artikel der Charte machen, veerantwortlich ſeyn. Doch wie? wird man Hrn. v. Villele vor denen anklagen, die er ſelbſt mit dem Pairs⸗Mantel be⸗ kleidet hat? Man vergißt, daß Niemand in ſeiner eigenen Sache Richter ſeyn kann. Von dem Augenblicke an, wo die Ernennung der 76 Pairs einen der Anklage⸗Punkte bil⸗ det, machen die erſten Grundſätze unſerer Geſetzbuͤcher und die einfachen Geſetze der Ehre es jenen Pairs zur Pflicht, ſich fuͤr un⸗ geeignet zu erklaͤren, in der Sache zu entſcheiden. Wie koͤnn⸗ een dieſelben in der That ein freies und unpartheilſches Ur⸗ theil haben? und wie duͤrften ſie, ohne unpartheliſch ſeyn zu wollen, ſich uͤberhaupt das Richteramt anmaßen wollen? Eiüßt ſich annehmen, daß es ihnen unbekannt ſey, daß der Seeſetzgeber unter die Gruͤnde, einen richterlichen Spruch von ſiich abzulehnen, ſchon das einzige Factum zählt, daß man ſc. Anfang des Proceſſes mit einer der Par⸗ theien getrunken oder gegeſſen habe? Wir duͤürfen äͤͤlſo nicht befuͤrchten, da blinde Werkzeuge zu finden, woo wir Richter ſuchen. Auf dieſe einfachen Punkte zu⸗ eüeͤuͤckgefuͤhrt, wird der große Staats⸗Prozeß bald in⸗ ſtrulrt und bald entſchieden ſeyn. Iſt Herr von Vil⸗ lcele unſchuldig, ſo werden einige Erlaͤuterungen hinrei⸗ cheen, die Verlaͤumder zu beſchämen; iſt er ſchuldig, ſo wird er nicht durch Ausfluͤchte und Hinhaltungen der Schmach keeiner Verurtheilung entgehen, und was auch der Ausgang dieſer ernſten Debatte ſeyn möge, ſo werden wir wenigſtens iin Zukunft wiſſen, wie man die Anklage eines pflichtvergeſſe⸗ nen Miniſters einzuleiten habe.“ — Der Courrier frangais enthält einen Artikel, in welchem er die vorſtehende Anſicht des Journal des Débats, die Anklage auf einige Punkte zu beſchraͤnken, um ſo mehr mißbilligt, als dieſe Punkte ſich 18 2 nur auf die innern Verhaäͤltniſſe des Landes beziehen, die An⸗ klleage aber das ganze politiſche Syſtem der Miniſter, alſo aauch die auswaͤrtigen Angelegenheiten, auf denen der Ruhm und Glanz des Staats beruhe, und hinſichtlich derer, der Spani⸗ . * ſche Krieg einen wichtigen Anklage⸗Artikel bilde, treffen müſſe. Der Conſtiturionnel erklärt ſich die unlängſt in Neapel ſtatt gefundenen Verhaftungen auf folgende Weiſe: „Man ecrrhaͤlt und lieſt in dieſer Stadr.⸗ ſagt derſelbe, „nur die ſanftmuͤthige Quotidienne und die wahrheitsliebende Gazjette de France. Die neueren Nummern dieſer beiden Blaͤtter hatten das dortige Publikum glauben laſſen, daß ſHie Revolution in Frankreich aufs Neue ausgebrochen ſey, deaß ſich fuͤr die Diener der Kirche an allen Orten Scheiter⸗ heaufen erheben, und daß Religion und Thron ihrem gemein⸗ ſcchaftlichen Untergange nahe ſeyen. Dieſe von Muͤßiggän⸗ gern wiederholten boͤſen Geruͤchte veranlaßten die Pollzei⸗ Diezenigen zu verhaften, welche dieſelben im Publikum ver⸗ breiteten. Die Unruhe der Einen, die Neuglerde oder Un⸗ bedachtſamkeit der Andern wurden fuͤr revolutionalre Anzei⸗ Iſchen gehalten, bis man zuletzt in Erfahrung brachte, daß das ganze Ungluͤck von zwei apeſtoliſchen Zeitungen herruͤhre⸗
11 . 8 22*
Nach Privat⸗Nachrichten aus Gibraltar vom 13. Junt
war die Portugieſiſche Kriegs⸗Goelette „die Nymphe“ die ſich fuͤr Dom Pedro erklaͤrt hat, vor Kurzem in den daſigen E eingelaufen, mehrere Einwohner von Algarbien an ord habend, welche dieſe vom Buͤrgerkriege heimgeſuchte Provinz verlaſſen hatten, um in Gibraltar Schutz zu ſuchen; es waren groͤßtentheils reiche Beſitzer oder Perſonen von Auszeichnung. Einige Tage hatte dieſes Linienſchiff auf der Rhede von Faro vor Anker gelegen; aber die dort herrſchen⸗ den Abſolutiſten verhinderten ſogar die Fiſcher, in See zu gehen, aus Furcht, daß ſie mit der Beſatzung der „Nymphe““ einverſtanden ſeyn moͤchten. j
Großbritanien und Irland.
London, 27. Juni. Seine Mal. der Koͤnig hatten, bei Ihrer letzten Beſichtigung der Bauten im Koͤniglichen Schloſſe von Windſor zum Zwecke ſich zu vergewiſſern, ob der oͤſtliche Fluͤgel deſſelben bis zum 12. Auguſt ſo weit voll⸗ endet ſeyn werde, daß Allerhoͤchſtdieſelben von dieſer Zeit an Ihre Reſidenz im Schloſſe nehmen koͤnnten.
Der dritte Bericht des Finanz⸗Ausſchuſſes bezieht ſich, wie wir ſchon fruͤher bemerkten, vorzuͤglich auf die Pen⸗ ſtonen. Er ſetzt im Weſentlichen Folgendes feſt: 1) dle Wittwen, welche nun Heirathen eingehn, oder aus irqend einer Quelle her ein Einkommen beziehn, welches das Dop⸗ pelte ihrer Penſion betraͤgt, ſollen die letztere verlieren. 2) Die verſchiedenen Seecretaͤre und Beamten im Dienſte der Regierung ſollen von ihrem Gehalte fuͤr ihren Pen⸗ ſions⸗Fonds beitragen; jedoch ſollen die Secretäre insbe⸗ ſondere ihre Beitraͤge nach einer ſtufenweiſen Scala bezah⸗ len, die zu 2 ½ pCt. beginnt und bis zu 5 Pfd., 10 Pfd. und noch hoͤher, nach dem Betrage ihrer reſpectiven Ge⸗ halte ſteigt; die uͤbrigen Beamten dagegen ſollen nicht den⸗ ſelben Vorzug haben.
Die Zwecke, ſagt die Times, welche die Katholiken durch⸗ ihre Widerſetzlichkeit gegen die Wahl des Herrn V. Fitzge⸗ rald zu erreichen ſuchen, wollen wir keinesweges als Feind⸗ ſeligkeiten anſehen, ſondern nur auf dieſelben als indicia des ganzen Syſtems, welches jetzt die Iriſche Unzufriedenheit durchdringt, und welches mit außerordentlicher Klarheit den uns erwartenden Streit charakteriſirt, aufmerkſam machen. Das Reſultat des Sturzes des Herrn V. Fitzgerald ſoll ein doppeltes ſeyn: erſtens, der Welt recht lebhaft anſchaulich ma⸗ chen, welchen Einfluß Herr O' Connel auf die katholiſche Be⸗ völkerung Irlands habe, zweitens, die Regierung bis in ihr innerſtes Herz die Macht und Wirkſamkeit einer von ihr zur Erbitterung aufgeregten Macht fuͤhlen zu laſſen, deren volle Stärke ſich in der Vertrelbung eines Crbins⸗ hrniſters — eines ihnen am wenigſten hinderlichen Mannes — aus dem Parlamente zeigen ſoll, und das mit der Abſicht, den Vor⸗ ſatz des Herzogs von Wellington, daß die Frage mit möglich⸗ ſter Eile abgethan werde, zu ſchärfen. Wir geben ohne Weite⸗ res zu, daß es politiſch iſt und ſich vertheidigen läßt, eine mora⸗ liſche Kraſt auf geſetzmäͤßige Weiſe anzuwenden, um den gluͤck⸗ lichen Erfolg der großen Maaßregel der Emancipation zu bewirken, und daß dies noch weniger getadelt werden kann, wenn die Urheber ſolcher Kraft⸗Aeußerungen als Parthei gekraͤnkt und bedruͤckt worden ſind. Allein Herr O Connell ſollte nicht eine doppelte Ungerechtigkeit begehen, welche zu allen Zeiten auch Ime doppelte Thorheit in ſich ſchließt. Er ſollte juvör⸗ derſt Herrn Füegcrald nicht zum Opfer einer Sache machen, welche derſelbe immer mit Standhaftigkeit und Ernſt beför⸗ dert hat; dies Geſchäft wenigſtens ſollte man den Oran⸗ gemaͤnnern der Grafſchaft Clare, nicht den Röͤmiſchen Ka⸗ thollken, zur Ausfuͤhrung üͤberlaſſen, und ſodann ſollte Hr. O Connell nicht, aller vernunftmäßigen Wahrſcheinlichkeit zu⸗ wider, annehmen, daß der Herzog von Wellington, als Mi⸗ niſter, der Emancipation zu widerſtreben wuͤnſche.
Der Standard erzählt, daß gleich nach der Miniſtern ausgegangenen Bakanntmachung, nach 888. Blokade von Porto als geſetzlich anerkannt zu betrachten iſt, eine Deputation von Kaufleuten zum Alderman Thompſon kam, um ihm zu ſagen, wie ſehr 5 durch jene Nachricht in Beſtuͤrzung gerathen, und ihn zu ditten, die Miniſter zu be⸗ fragen, welche Maaßregeln ſie hinſichtlich der mit jenem Orte in Handels⸗Verbindungen ſtehenden Kaufleute ergreife würden. Bekanntlich hat Hr. Peel im Parlamente d Frage des Herrn Thompſon auf eine fuͤr die Kaufleute kei⸗ neswegs befriedigende Art beantwortet. *
Nach dem Sun ruͤhmt ſich die verwittwete Königin ven
88