Waͤhrend tractatenmaͤßig der Zoll⸗Tarif fuͤr die Ruſſiſchen zu begehen, welche dem Repraͤſentanten einer befreundeten

Handels⸗Artikel alle zwoͤlf Jahre erneuert werden ſoll und

die Miniſter und Geſchaͤftsträͤger der uͤbrigen befreundeten Maͤchte auch verabredetermaßen die Tarifs ihrer Regierun⸗

gen erneuert haben, iſt der Tarif mit Rußland ſeit 27 Jah⸗

ren nicht erneuert worden. Obgleich nach Verlauf der obi⸗

gen Friſt man deſſen Geſandten und Geſchaftstraͤger zu ver⸗ ſchiedenen Malen aufgefordert hat, ſich mit der gedachten Erneuerung zu beſchäftigen, ſo hat man doch Nichts von ihnen erlangen koͤnnen. In Betracht der ſteten Weigerung Rußlands, ſeine heiligſten Verpflichtungen zu erfuͤllen und

den gerechteſten Forderungen der Pforte nachzukommen, iſt

es, wenn man auch nur einzig und allein bei den beiden Punkten der oberwähnten Räumung und des Tarifs ſtehen bleibt, klar und gewiß, daß die Mäaͤßigung der aufs Aeußerſte getriebenen hohen Pforte ihr nicht erlaubt haben würde, zu einem ſolchen Benehmen jemals zu ſchweigen. Was

die Servier, dieſe mit den Ruſſen im vorigen Kriege verbuͤndete Nation, betrifft, ſo iſt die ihnen verſprochene volle und gaäͤnzliche Amneſtie ihnen nach wiederhergeſtelltem Frieden gehalten worden. Außerdem hat die erhabene Pforte, nach der ihr angebornen Gnade und Barmherzigkeit, dieſer Nation noch andere Wohlthaten bewilligt und ihr Ruhe und Friede verſchafft. Als aber die Servier neuerdings die Graͤn⸗ zen, die ihnen ihre Unterthanen⸗Pflicht vorſchreibt, üͤberſchrei⸗

ten wollten und die Fahne des Aufruhrs aufzuſtecken wag⸗ ten, da konnte und mußte die hohe Pforte ſie, ſey es durch Milde oder Strenge, als ihre eigene Unterthanen dehandeln, ohne daß Rußland etwas dagegen einzuwenden haben konnte,

und ohne daß die Pforte dadurch dem Tractate von Bu⸗ careſt zuwider gehandelt häͤtte. egle Rußland zu al⸗ 8 Zeiten, nicht bloß in Betreff der Servier, ſondern auch ddei andern aähnlichen Gelegenheiten, mit der hohen Pforte beſtaͤndig Streit geſucht hat, ſo hat dieſe ihrerſeits demſelben doch immer Beweiſe der aufrichtigſten Freundſchaft gegeben. Kurz vor dem Ausbruche der Inſurrection der Griechen ver⸗ langte Rußlands Geſandter, Stroganow, eine Unterſuchung

es Buchareſter Tractates unter dem Vorwande, daß einige darin verabredete Punkte nicht in Ausfuͤhrung gebracht wor⸗ den waren. Man machte ihm indeſſen bemerklich, daß, wäh⸗ reend gewiſſe Artikel, welche die erhabene Pforte beträͤfen, entweder vollſtändig vollzogen worden wären oder im Be⸗ griffe ſtaͤnden es zu ſeyn, im Gegentheile mehrere von denen, welche fuͤr Rußland bindend ſeyen, noch im Rückſtande und wie annullirt waͤren, und daß Treue und Glaube in der Ausfuͤhrung der Vertraͤge wechſelſeitig ſeyn muͤßten. Der heſandte erwiderte, daß er von ſeinem Hofe beſonders be⸗ den gedachten Tractat zu unterſuchen. Nach⸗ dem man ſoſcherge alt uͤbereingekommen war, daß es in den Feeene uͤber dieſen Gegenſtand nicht erlaubt ſeyn ſollte, —die Graͤnzen des Inhaltes der Artikel zu überſchreiten, noch weniger aber den Sinn derſelben auszudehnen oder zu entſtellen,

. egann das Geſchäͤft. Während in den verſchiedenen Confe⸗ renzen der gedachte Geſandte eine Menge Fragen aufſtellte, elche dem Gegenſtande fremd waren, indeß die ſämmtlichen einzeln entwickelten Arrikel ihre Erledigung noch nicht erhal⸗ ten hatten, brach der Aufſtand der Griechen aus; und Je⸗ dermann weiß, daß die damaligen Umſtaͤnde die Beendigung der Angelegenheit nothwendig verhindern mußten. Uebrigens iſt es nöͤthig einige Worte uͤber dieſen Aufſtand zu ſagen. Der Sohn des gefluͤchteten Ypſtlanti begab ſich, als er aus ußland kam, oͤffentlich und unvermuthet nach der Moldau, iud nachdem er daſelbſt einen 122* von Raͤubern um ſich erſammelt hatte, ſtuͤrzte er die Regierung um, indem er be⸗ keäannt machte, daß er die Macht der alten Griechen wieder⸗ herſtellen wolle. Er wagte es aufruͤhreriſche Schriften zu erbreiten, um die Griechiſche Nation, welche von Vater auf Sohn der erhabenen Pforte zinsbar und unterthan iſt, lem Joche der Osmanen zu entziehen. Dieſe ergriff ſogleich,

wie jede andere unabhängige Macht, vorzuͤglich wenn von einer Empoͤrung die Rede iſt, gethan haben würde, die no⸗ higen Maaßregeln, um das Feuer des Aufruhrs zu daͤmpfen, den friedfertigen Bewohnern durch die Saäuberung des Lan⸗ 8 des von jenem Boͤſewicht, Ruhe und Friede eeee. 8* van durch dieſe weiſe, einzig anwendbare und unumgaänglich

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nothwendige Maaßregel nicht ſo wohl die Rechte und Pri⸗ vilegien der Provinz zu annulliren, als ſie vielmehr zu beſta⸗ (igen. Es wurde die bewaffnete Macht dngeſchidt; und vwenn dieſelbe mit aller der Energie verfuhr, welche die Um⸗ ſtäͤnde erforderten, ſo konnte gewiß Niemand etwas dagegen aeinzuwenden haben. Mitrterweile und während die

8” mit ſo nothwendigen und dringenden Angelegenhei⸗

en beſchäftigt war, nahm indeſſen der obenerwähnte eſandte keinen Anſtand, Reden zu fuͤhren und Handlungen

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Macht wenig ziemen, und ohne irgend einen Grund machte er Einwendungen und ſuchte Streit. Ppſilanti wurde uͤberwunden, und kehrte nach Rußland zuruͤck, und als der treuloſe Michael, Fuͤrſt der Moldau, mit ſeinem ganzen Anhange eben dahin fluͤchtete, verlangte man den Tractaten gemäß, daß entweder die Fluͤchtlinge der erhabenen Pforte ausgellefert wuͤrden, oder daß man ihnen an Ort und Stelle die verdiente Strafe angedeihen ließe. Obgleich es klar iſt, daß die Großmuth eines Monarchen ſeine Treue in der Aufrechthaltung der Tractaten niemals uͤberbieten dürfe, ſo war die ungehoͤrige und den Pflichten der Mäͤchte zuwider laufende Antwort doch: daß die Großmuth dem Ruſſiſchen 858 niemals erlauben wuͤrde, die Schuldigen auszuliefern. Mittlerwelle waren die gedachten Perſonen in Rußland viel⸗ leicht geachtet und geehrt, waͤhrend die Verträge in Verach⸗ tung ſanken. Noch war, da Rußland die Fluͤchtlinge be⸗ günſtigte, das Land von den Rebellen nicht ganz geſaͤubert, ja der Aufſtand ſchien ſogar aufs Neue an Kraft gewinnen zu wollen, und doch verlangte man die Zurückberufung der Osmaniſchen Truppen aus den gedachten Provinzen und die Einſetzung von Hospodaren. Man bewies den von der Pforte, den Umſtaͤnden nach, füͤr noͤthig befundenen Maaß⸗ regeln Geringſchaͤtzung; man verlangte die Freilaſſung der Rechnungspflichtigen jener Nation; man murrte uͤber die wohlverdiente Hinrichtung einiger Anfuͤhrer der Rebellen, die wirklich ſtatt gefunden hatte. Ueber eine jede der angeblichen Beſchwerden wurden, ſowohl muͤndlich als ſchrift⸗ lich, gerechte und vernuͤnftige Vorſtellungen gemacht und die be⸗ friedigſten Antworten ertheilt; aber Alles umſonſt. Der ge⸗ dachte Geſandte faßte den, ſeinem Stande wenig angemeſſenen Beſchluß, Konſtantinopel zu verlaſſen. Sogleich bemuͤhte ſich die Pforte den Premier⸗Miniſter des Ruſſiſchen Hofes von der wahren Lage der Dinge zu benachrichtigen, ünd von Seiten des Groß⸗Vezlers wurde ein weitläͤuftiges Schreiben an ihn erlaſſen, worin man ihm verſicherte, daß der hohen 88 nichts mehr am Herzen liege, als die mit allen be⸗ rreundeten Maͤchten, vorzüglich aber mit der Ruſſiſchen Re⸗ gterung, ihrer lieben Freundin und Nachbarin, abgeſchloſſe⸗ nen Verträge aufrecht zu erhalten, die Freundſchaft und das gute Vernehmen mit Rußland ſtets eifrig zu bewahren, und ſich ſolchergeſtalt Ruhe und Friede zu verſchaffen. Aber ganz gegen alle Erwartung und von dem Wege der Gerechtigkeilt und Mäßigung abweichend, folgerte der dachte Miniſter in ſeinem Antwortſchreiben, daß, um e die beiden Provinzen von den Hefen der Gottloſen zu be⸗ freien, er kein anderes Mittel ſehe, als unverzüglich die ospodare zu ernennen und einzuſetzen, die alten Privile⸗ gien zu beſtaͤtigen und das Land wieder in den vorigen Stand zu verſetzen. Nachdem gleichzeitig der vom Congreſſe zu Verona zuruͤckgekehrte Engliſche tſchafter Strangford die Verſicherung gegeben hatte, daß das loyale Betragen der Pforte, und das von derſelben angenommene Syſtem det Meens mit einander in keinem Widerſpruche ſtänden, gab derfelbe zu verſtehen, daß, wenn man als eine Gunſt die Zahl der Truppen welche ſich unter den Befehlen der Agas Bach⸗Bechtis in beiden Provinzen befaͤnden, noch vermindern wollte, künftig nichts weiter zu ſagen ſein würde, und daß, nachdem ſolchergeſtalit jeder Zwiſt zwiſchen beiden Hoͤfen in dieſer Beziehung beſeitigt wäre, die Freundſchaft und das gute Vernehmen voͤllig. wieder hergeſtellt ſeyn wuͤrden. Dieſer von dem edachten Botſchafter in mehreren amtlichen und feierlichen Lonferenzen wiederholte Vorſchlag wurde mit Vertrauen auf⸗ genommen, und um jedem Streite auf einmal ein Ende zu machen, wurde die Zatr der gedachten Trup ben bedeutend vermindert, dergeſtalt, daß Minctakl, damals Ruſſiſcher Ge⸗ ſchaäͤftsträͤger, uns dafuͤr den Dank ſeines Hofes zu erkennen ab. Als aber kurz darauf die Wuͤrde, womit die Agas Voch Bechtis bekleidet worden waren, nicht zur Zufriedenheit ſeines Hofes gereichte, verlangte er amtlich im Namen des letztern, daß ſie abgeſetzt und von andern Perſonen, die gar mit keiner aͤußern Wuürde angethan waͤren, erſetzt wuͤrden. Einzig und allein um den gedachten Hof zufrieden zu ſtellen, willigte man auch noch in dieſe neue Forderung. Bald darauf überrelchte aber derſelbe Geſchäͤftstraͤger eine Note, worin er im Namen ſeines 1258 verlangte, daß bevollmaͤch⸗ tigte Miniſter ernannt und auf die Graͤnze geſchickt würden, um zu einer Unterſuchung des Buchareſter Tractates zu ſchreiten. In der Hoffnung, daß dieſe Bevollmäͤchtigten die bereits mit Stroganow begonnenen Arbeiten fortſetzen, und daß man dieſesmal wenigſtens Anlaß zu Zwiſtig⸗ keiten entfernen und zu einem dauerhaften Frleden gelangen

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