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Janſeniſten und Proteſtanten fuͤr unfahig erklären, ſich dem oͤffentlichen Unterrichte zu widmen; dieſe Unfaͤhlgkeit werde ſich demnaͤchſt auch uͤber die anderen öffentlichen Aemter er⸗ Krecken, und zuletzt werde Niemand ſeiner Exiſtenz und ſei⸗ ner Stelle mehr ſichar ſeyn. „Um Exeeſſe zu vermeiden,“ ſchloß der Redner, „muß man vor allen Dingen gerecht ſeyn. Iſt dies aber hier der Fall? Ohne daß einerſeits ein Lehrer defragt werden darf: haſt Du gute Sitten? glaubſt Du an Gott? liebſt Du Deinen Koͤnig? kann derſelbe die ihm anvertraute Jugend unterrichten und vielleicht dem Verderben zufuͤhren; und andererſeits will man dagegen einen Prieſter fragen duͤrfen, oh er Jeſuit oder Doctri⸗ nair, Trappiſt oder Oratorianer ſey! Und man behaup⸗ tet, daß wir uns in der geſetzlichen Ordnung befinden! Nimmermehr! Wohl weiß ich, daß die Leldenſchafren blind machen, daß aber der Chef des Juſtiz⸗Weſens, welcher ohne Leidenſchaften ſyen ſoll, daß der Miniſter des öffe ntli⸗ chen Unterrichts, deſſen Pflicht es iſt, dieſelben zu zahmen, daß dieſe ein ſolches Syſtem aufſtellen und rechtfertigen, daß ſie es uns fuͤr geſetzliche Ordnung geben und ſogar unſere Erkenntlichkeit dafuͤr in Anſpruch nehmen, dies iſt zu ſtark, wenn ſie uns betruͤgen wollen, und zu ſchwach, wenn ſie ſich ſelbſt betruͤgen.“ Nach einer Entgegnung des Herrn von Vatimesnil, worin derſelbe unter andern auch die Be⸗ ſchuldigung zuruͤckwies, daß die Miniſter zum Nachtheile der Köͤnigl. Prarogative gefaͤhrliche Zugeſtändniſſe machten, er⸗ griff Hr. Dubourg das Wort, um ſich gegen das Univer⸗ ſitaäͤts⸗Monopol, ſo wie uͤberhaupt gegen das ganze Miniſte⸗ rium des öffentlichen Unterrichts zu erheben. Herr Carl Dupin hielt eine Rede, worin er hauptſaͤchlich den Elemen⸗ tar⸗Unterricht empfahl. Herr v. Sainte Marie erkläͤrte, daß er demjenigen, was Herr v. la Bourdonnaye geſagt, nur wenig hinzuzufuͤgen habe; er erkannte zwar der Regie⸗ rung das Recht zu, den oͤffentlichen Unterricht zu beaufſich⸗ tigen; doch ſchienen ihm dazu die oft erwaͤhnten Koͤniglichen Verordnungen, worin er einen Eingriff in die Verfaſſung erblickte, nicht geeignet. Der Großſiegelbewahrer trat zur Widerlegung dieſer Anſicht auf, wobei er ſich aber⸗ mals auf den ſchon oftmals aufgeſtellten Umſtand ſtützte, daß nach dem Franzoͤſiſchen Staatsrechte keine geiſtliche Ge⸗ ſellſchaft daſelbſt exiſtiren duͤrfe, wenn ſie nicht geſetzlich an⸗ erkannt ſey; daß es indeſſen öffentliche Anſtalten gegeben, welche von dergleichen Congregationen geleitet worden, wiſſe alle Welt, und es ſey daher laͤcherlich, wenn man noch be⸗ haupten wolle, daß die Verordnungen wegen der kleinen Se⸗ minarien der Verfaſſung zuwiderlaufen. Nach dieſer Erklaͤ⸗ rung beſchaͤftigte die Verſammlung ſich mit den einzelnen Ar⸗ tikeln des Budgers des Miniſteriums des öͤffentlichen Unter⸗ richts; das Gehalt des Miniſters wurde, wie das der Uebri⸗ gen, auf 120,000 Fr. herabgeſetzt. In der IIten Sertion wer⸗ den fuͤr die Koͤniglichen Collegien und Stipendien 1,775,000 Fr. verlangt, worauf die Commiſſion eine Erſparniß von 50,000 Fr. vorgeſchlagen hatte. Herr Sappey widerſetzte ſich dieſem Antrage, und der Graf v. Laborde verlangte, daß jene Summe den Ausgaben fuͤr den Elementar⸗Unter⸗ richt hinzugefuͤgt werde. Der Präſident machte aber den Ein⸗ wand, daß ein ſolcher Vorſchlag nicht zuläſſig ſey, da die Kammer wohl, die Ausgaben herabſetzen, nicht aber ſie erhöhen duͤrfe. Nichts deſtoweniger erklaͤrte der Miniſter des oͤffentli⸗ chen Unterrichts, daß er in die Verminderung der Sti⸗ pendien um 50,0,0 Fr. und dagegen in die Erhöhung der Koſten fuͤr den Elementar⸗Unterricht um eine gleiche Summe willige. Alsbald rief ihm aber der Graf v. la Bourdon⸗ naye von ſeinem Sitze mit Eifer zu: „Sie uſurpiren die Koͤnigliche Prarogative; Sie haben nicht die Zuſtzymmung des Köͤnigs!“ wogegen eine Stimme zur Linken rief: Dies ſey eine elende Chikane. „Da man,“ aäußerte Hr. von Va⸗ timesnil, „gegen die Forderung des Hrn. v. Laborde bloß die Beſorgniß anfuͤhrt, daß dadurch ein Eingriff in die Ver⸗ waltung geſchehe, ſo erkläͤre ich, daß die Verwaltung ſich demſelben nicht widerſetze.“ „Dies koͤnnen Sie nicht! dazu ſind Sie nicht berechtigt!“ rief man ihm von der rechten Seite zu. Mit der Aeußerung, daß die Kammer daruͤber ent⸗ ſcheiden möge, verließ der Miniſter die Rednerbuͤhne, auf welche der Finanz⸗Miniſter, der dem Grafen von la Bourdon⸗ naye zuvorgekommen war, ihm folgte, und daran erinnerte, daß der Regel nach eben ſo wenig die Kammer die Ausgaben erhöͤhen, als daß ein Miniſter eine Propoſition machen könne, bevor er nicht dazu die Zuſtimmung des Koöͤnigs erhalten habe; dies koͤnne Herr von Vatimesnil am folgenden Tage thun, bis dahin ſey es aber Pflicht, den Grundſatz der Kö⸗ nigl. Prärogative aufrecht zu erhalten. Dieſer Anſicht zu⸗ wider, erklaͤrte aber jetzt der Praͤſident, daß die Kammer der⸗ gleichen Erhöhungen ſchon fruͤher, wenn gleich allerdings nur

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in ſeltenen Fällen gemacht habe, z. B. im Jahre 1825 in

Betreff der Blinden⸗Anſtalt, deren Ausgaben von 60,000 auf 65,000 Fr. vermehrt worden wären. Aber auch andere Falle, fuͤgte er hinzu, ließen ſich noch anfuͤhren, und er glaube ſonach, daß man uͤber den Vorſchlag des Herrn von Laborde immer abſtimmen koͤnne. „Ja wohl!“ zußerte der fruͤhere Praͤſident Herr Ravez, „es iſt ſtets ſo gehalten worden.“ Der Reductions⸗Vorſchlag der Commiſſion wurde hier⸗ auf angenommen. Als jedoch demnäͤchſt das folgende Kapitel, welches fuͤr den Elementar⸗Unterricht 50,000 Franken bewilligt, zur Sprache kam, und der Praäſident die Meinung aͤußerte, daß die Kammer, nunmehr die Erhoöhung dieſer Summe auf 100,000 Fr. votiren könne, verlangte wiederholt Hr. Meſtadier, daß der Miniſter erſt dazu die Einwilltgung des Koͤnigs einhole. Der Finanz⸗ Miniſter gab zwar zu, daß die Kammer in fruͤheren Faͤl⸗ len einzelne Artikel des Budgets zuweilen erhöͤht habe, nichts deſto weniger aber beſtand er darauf, daß man ſich hiufuͤhro einer ſolchen Hinwegſetzung uͤber die beſtehenden Regeln ent⸗ halte. Die Verſammlung faßte dieſem gemaͤß zuletzt mit großer Stimmen⸗Mehrheit den Beſchluß: die Entſcheidung in der Sache bis auf den folgenden Tag zu verſchieben. Nach aufgehobener Sitzung trat die Kammer in einen ge⸗ heimen Ausſchuß zuſammen, worin, wie man vernimmt, Hr. v. Saunac den Bericht uͤber das Bubget der Depu⸗ tirten⸗Kammer abſtattete.

Paris, 10. Jul. Am 7. d. M. hatte der Kalſerl. Ruſſiſche Botſchafter, Graf Pozzo di Borgo, eine Privat⸗ Audienz bei Sr. Maj. dem Koͤnige.

Es heißt, daß der Koͤnig im Monat September die La⸗ ger bei Luneville und Straßburg beſuchen und zu dieſem Behuf 14 Tage lang von Paris abweſend ſeyn werde.

Die Jeſuiten zu St. Acheul ſind ſeit einigen Tagen damit beſchaͤftigt, das Local, welches ſie bisher inne hatten, zu räumen; der Courrier⸗Francais behaupter, daß der Koöͤnig von Sardinien ihnen ein Gebaͤude in Chambery eingeräumt habe, wohin ſie ſich unverzuͤglich begeben, und von den 1000 Zöglingen, die ihr Collegium zählte, 300 mit ſich fuͤh⸗ ren wuͤrden.

Es iſt eine Commiſſion von 5 Mitgliedern ernannt wor⸗ den, welche in der Levante die Peſt ſtudiren ſoll. Unter den Commiſſarien nennt man den Dr. Pariſet, welcher ſchon vor einigen Jahren in Barcellona am gelben Fieber ſtudirte, und den durch ſeine Hieroglyphen⸗Entzifferungen bekannten Hrn. Champollion. Die Commiſſion wird ſich in den letzten Ta⸗ gen dieſes Monats zu Tonlon am Bord eines der Regierung zugehoͤrigen Schiffes nach Alexandrien eiuſchiffen.

Das Miniſterium des Innern macht bekannt, daß die oͤffentlichen Pferderennen am 7. und. 14. September d. J. auf dem Marsfelde ſtatt finden ſollen. Es werden zwei Preiſe zu 6000 Fr., einer zu 500,0 Fr. und einer zu 3000 Fr. vertheilt.

Die unter dem vorigen Miniſterium verhotene Neckar Zeitung iſt durch einen Beſchluß des Miniſters des Innern wieder in Frankreich erlaubt worden.

Die Infantin Maria Anna von Portugal beſindet ſich ſeit einigen Tagen in Paris, und wird, wie man vernimmt, näͤchſtens abreiſen, wohin? weiß man nicht.

Man ſchreibt aus Marſeille, vom 1. Juli: Es leidet länger keinen Zweiſel, daß die von Toulon abgegangene, un⸗ gefähr 50 Segel ſtarke Expedition nach Cadir geht. Meh⸗ rere Franzoͤſiſche und fremde Schiffs⸗Capitaine haden dieſelbe

ei dem Cap Saint⸗Martin geſehen, von wo ſie ſich nach Weſten wandte; ſie haben ſogar die Kriegs⸗ und Transport⸗ Schiffe bezeichnet. Von der Beſetzung der Baleariſchen In⸗ ſeln verlautet nichts, und welchen Nutzen koͤnnten uns auch dieſe Inſeln gewähren, die wir in dem erſten Kriege mit England verlieren würden? Wir haben keine directe oder indirecte Nachricht aus der Levante, dem Archipel, Aegypten und Algier erhalten. Der Uebergang der Ruſſen uüber die Donau iſt den Tuͤrkenfreunden, die ſich ſchmeichelten, daß der Krieg ſich auf die Beſetzung der Moldau und Wallachet beſchraͤnken wuͤrde, ſehr unerfreulich geweſen.

Der Geſundheits⸗Zuſtand in Marſeille iſt ſeit einiger Zeit ſehr beunruhligend. Unter den im vergangenen Monat daſelbſt verſtorbenen 775 Menſchen beſinden ſich 438, welche von den natuͤrlichen Blattern hinweggerafft worden ſind; der größte Theil derſelben war nicht vaccinirt. Es iſt ſo⸗ nach kein Wunder, wenn ſich das Geruͤcht verbretet hat, daß in Marſeille die Peſt herrſche.

Briefe aus Toulon vom 1. Juli melden: Die Gabarre „Rhinoceros“ iſt im Begriff, unter Segel zu gehen, um ver⸗ ſchiedene Vorraͤthe fuͤr die Diviſion in der Levante nach Milo zu fuͤhren. Die Brigg „Ruſé“ iſt ehen von Algier ge⸗