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tignac und machte bemerklich, wie es ſich hier um zwei durchaus verſchiedene Gegenſtände handle. Was die Ein⸗ gabe des Oudotte betreffe, ſo koͤnne er nur dem Antrage der Commiſſion beipflichten; nicht ſo, hinſichtlich der drei anderen Bittſchriften. „Gott behüte mich,“ aͤußerte der Miniſter, „daß ich die großen Dienſte, welche die Pari⸗ ſer National⸗Garde in ſchwierigen Zeiten dem Lande gelei⸗ ſtet hat, irgend in Zweifel ziehen, oder daß ich derſelben die zahl⸗ reichen Beweiſe von Achtung fuͤr den Koͤnig, von Eifer fuͤr das Beſte des Landes, von Muth und Ergebenheit, welche jene Garde bei ſo vielen Gelegenheiten gegeben hat, ſtreitig machen will. Ich mag nicht unterſuchen, ob des Koͤnigs Naͤthe demſelben einen heilſamen Rath gaben, als ſie thm die Auf⸗ loͤſung der Pariſer National⸗Garde vorſchlugen, und ob es nicht noch andere Mittel gab, der auf einen Augenblick be⸗ leidigten Majeſtaͤt eine Genugthuung zu verſchaffen. Aber der Monarch hat ſich ſeines Rechtes bedient, er hat in ſei⸗ ner vollen ſonverainen Macht gehandelt, und ich glaube nicht, daß es hier irgend Jemanden in den Sinn kommen kann, von einer ſolchen Handlung an die oͤffentliche Meinung zu appelliren; eine ſolche Appellation wuͤrde zur Anarchie fuͤh⸗ ren, und Niemand in dieſer Kammer koͤnnte daher etwas dieſem Aehnliches vorſchlagen. Sie haben noch kuͤrzlich, meine Herren, ihre Achtung fuͤr, die Koͤnigl. Präͤrogative be⸗ wieſen, und werden daher unfehlbar bei dieſer Gelegenheit ein neues Beiſpiel davon geben, indem ſie uͤber die Bitt⸗ ſchriften wegen Herſtellung der Pariſer National⸗Garde zur Tagesordnung ſchreiten.“ Ueber dieſen Antrag verlang, ten Viele ſogleich abzuſtimmen, waͤhrend Andere erſt daruͤber discutiren wollten; das Geſchrei: „la clo- ture! welches man lange nicht mehr Henirs hatte, ließ ſich auf einmal wieder vernehmen. er General De⸗ margay bemerkte zwar, daß man eine Berathung nicht ſchlie⸗ ßen köoͤnne, wenn dieſelbe noch gar nicht begonnen habe, allein der Praͤſident behauptete, daß die Kammer ſolches allerdings könne, wenn ſie ſonſt wolle. Hr. B. Conſtant verlangte hierauf das Wort gegen den Schluß der Bera⸗ thung; Niemand äußerte er, achte und ehre, mehr als er das Koͤnigliche Vorrecht, und wo von einer Beeintraͤchtigung deſſelben die Rede ſey, werde er der erſte ſeyn, es zu ver⸗ theidigen; aber die Kammer duͤrfe nicht vorweg und ohne irgend eine Berathung zur Tagesordnung ſchreiten, wo es ſich um eine Rechtfertigung von Seiten eines geſammten Corps gegen die demſelben gemachten ungerechten Beſchuldi⸗ gungen handle. — Nichts deſto weniger wurde, als der Praͤ⸗ ſident uüͤber den verlangten Schluß der Discuſſion abſtim⸗ men ließ, derſelbe, als von der Mehrheit angenommen, un⸗ ter großem Tumulte ausgeſprochen, und, nachdem die Eingabe des Oudotte den Miniſtern des Innern und des Krieges uͤberwieſen worden, uͤber die drei Bittſchriften wegen Wie⸗ derherſtellung der National⸗Garde zur Tagesordnun
geſchritten; — Alles im Sturme, und zum lebhaß⸗ teſten Verdruſſe der linken Seite, welche ſich bei dieſer Gelegenheit mit dem Betragen des Praͤſidenten, der offen⸗ bar eine jede fernere Discuſſion zu ermeiden ſuchte, hoͤchſt unzufrieden zeigte. Auch war der Tumult unmittelbar nach der Abſtimmung ſo groß, daß 88 Sitzung lange Zeit ganz unterbrochen war. Die Herren Hyde de Neuville, Feutrier und Caux, welche waͤhrend dem grade in den Saal traten, ſchienen nicht wenig verwundert, die Verſammlung in ſol⸗ cher Unordnung anzutreffen; denn faſt alle Deputirte hatten ihre Pläͤtze verlaſſen, und bildeten einzelne Gruppen im Saale. Der Unwille der linken Seite contraſtirte lebhaft mit der Zufriedenheit der rechten, wo mehrere Mitglieder triumphirende Blicke nach der den Ex⸗Deputirten vorbehal, tenen Tribune, wo man einige Freunde des Herrn v. Vil⸗ Uele bemerkte, warfen. Zu verſchiedenenmalen ließ der Pra⸗ ſident ſeine Glocke ertoͤnen, um die Ruhe wieder herzuſtellen; allein die Aufregung der Gemuͤther war zu groß, ſo daß der Präſident Sitz wieder einnehmen, und Herr Erienne, welcher einen andern Petitions⸗Bericht abſtatten wollte, die Rednerbuüͤhne wieder —2 mußte. Um 3 Uhr endlich, nachdem der Tumult ¹ Stunden ge⸗ dauert hatte, gelang es Hrn. Etienne —2 ſich einigerma⸗ ben Gehoͤr zu verſchaffen, obgleich mehrere Mitglieder der linken Seite ihre Plätze immer noch nicht wieder ingenommen hatten. Auf die Bemerkung des Praͤſidenten, daß das Reglement ſie dazu verpflichte, antwortete Herr Laffitte, daß er ſelbſt (der Praben das Reglement dreimal verletzt habe. Von der linken Seite riefen mehrere Stimmen, daß ſie an den Berathungen weiter keinen Theil nehmen wuͤrden, „Dies ſteht völlig bei Ihnen“, erwiderte der Präͤſident, „aber die Kammer will ihre Arbeiten fortſetzen, und daran darf ſie Niemand hindern.“ Die Aeußerung eines Heesrh. .
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entgehen, einer ſehr lebhaften Debatte ausgeſe
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man nunmehr eine foͤrmliche Propoſition wegen Wiederher⸗ ſtellung der Pariſer National⸗Garde auf das Buͤreau niederle⸗ gen werde, machte endlich dem Streite ein Ende. Die Bitt⸗ ſchriften, woruͤber demnaͤchſt Herr Etienne und die Gra⸗ fen von Lur⸗Saluces und von Sade Bericht abſtatte⸗ ten, bieten fuͤr das Ausland kein erhebliches Intereſſe dar. Gleich nachdem die oͤffentliche Sitzung aufgehoben worden war, trat die Verſammlung in einen geheimen Ausſchuß zuſammen. (Siehe unten.) . , Paris, 14. Juli. Hr. Stratford⸗Canning iſt am 10. hier eingetroffen, und hat bereits ſeine Reiſe nach Corfu ortgeſetzt. 8 2 . 88 dem eben erwaͤhnten geheimen Ausſchuſſe, am Schluſſe der vorgeſtrigen Sitzung der Deputirten⸗Kammer trug Hr. Salverte (Deputirter des 3ten Pariſer Wahl⸗Be⸗ zirks) eine Propoſition des Inhalts vor, daß der Koͤnig i einer ehrfurchtsvollen Adreſſe erſucht werde, die Verordnung wodurch die Pariſer National⸗Garde aufgeloͤſt worden iſt zuruͤckzunehmen. Der Urheber dieſer Propoſition v8 2 dieſelbe am 1aten d. M. zu entwickeln, wogegen Hr. Du⸗ pleſſis de Grénédan den Antrag machte, die Sache bis nach Beendigung der Berathungen uͤber das Budget auszuſetzen. Der Praͤſident verlas indeſſen den 40ſten Artikel des Regle⸗ .6* ments, welcher den Urhebern einer Propoſition das Recht 8 einraͤumt, den Tag ſelbſt feſtzuſetzen, an welchem ſie ſich daruͤber vernehmen laſſen wollen. Dieſem zufolge beſchloyß die Kammer, Hrn. Salverte am 14ten (alſo heute) Nach⸗ mittags um 5 Uhr im geheimen Ausſchuſſe zu hoͤren. Nach dieſer Entſcheidung entwickelte Herr Jacquinot de Pampe⸗ lune aufs Reue ſeinen Vorſchlag, wegen Reviſion der Ge⸗ ſetzgebung in Betreff der Verhaftung der Schuldner. Die Verſammlung beſchloß, denſelben in Erwaͤgung zu ziehen, und trennte ſich hierauf in einer Gemuͤthsbewegung, welche eine zweiſtuͤndige Sitzung noch nicht hatte beſänftigen koͤnnen. Der Conſtitutionnel enthaͤlt einen langen Aufſatz, worin er den Eindruck ſchildert, den die obige ſtuͤrmiſche Sitzun der Deputirten⸗Kammer auf die liberale Parthei gema hat, und welchen er mit folgenden Worten ſchließt: „Herr v. Martignac und die Kammer haben ſich heute um rn. v. Villele ſehr verdient gemacht, ſich aber kein Verdienſt um die Koͤnigl. Autoritaͤt erworben. Sie haben den noch bevor⸗ ſtehenden Discuſſionen viele Schwierigkeiten hereitet, die bis⸗ — her nicht beſtanden.“ Dieſe Drohung bezleht ſich auf die von Hrn. von Salverte gemachte Propoſition, bei deren Er⸗ waͤhnung das gedachte Blatt folgende Bemerkung macht: „Was wir vorausgeſehen, iſt erfolgt. Waͤhrend die Miniſter einer unvermeidlichen Berathung vorbeugen und durch einen beiſpielloſen Schluß der Discuſſion eine Bittſchrift beſeitigen wollten, welche den Kern der Bewohner der Haupt. ſtadt betraf, haben dieſelben nicht nur ihren Zweck verfehlt, ſondern ſich vielmehr, um einer ruhigen Berathung zu t, welche ommiſſion
durch den zu erwartenden Bericht der Anklage⸗ nur noch um ſo ſtuͤrmiſcher werden duͤrfte.“
„Man verſichert,“ ſagt der Courrier Francals, „daß üͤber den Antrag wegen Wiederherſtellung der National⸗ Garde nur deshalb ſo ungeſtuͤm zur Tagesordnung geſchriit. ten worden ſey, weil man einer ſehr langen und heftigen Rede des Grafen von la Bourdonnaye gegen dieſes Corps vorbeugen wollte.“ Außer dem Grafen von la Bourdon-⸗ naye hatten ſich noch 16 Redner fuͤr und wider den Antrag der Commiſſion einſchreiben laſſen. Keiner von Allen kam aber zu Worte. Der Praͤſident wird deshalb von den libe⸗ ralen Blaͤttern heftig angegriffen.
Wie man vernimmt, ſoll Hr. v. Vatimesnil ſich mit der Ausarbeitung eines allgemeinen Geſetzes uͤber den oͤffentlichen Unterricht beſchaͤftigen. Der Conſtitutionnel glaubt, daß daſſelbe den Kammern in der näͤchſtjaͤhrigen Sitzung vorge⸗ legt werden, und aus etwa 400 Artikeln beſtehen wird.
In der Gazette de France lieſt man eine Vorſtellung an den Koͤnig, worin angeblich die vornehmſten Einwohner von Montpellier Se. Maj. erſuchen, die Geſellſchaft Jeſu, die den Wiſſenſchaften, der Kirche und dem Staate vordem ſo große Dienſte geleiſtet habe, wieder herzuſtellen, und na⸗ mentlich den oͤffentlichen Unterricht ihren reinen und geſchick⸗ ten Haͤnden anzuvertrauen.
Jn Marſeille ſcheint ſeit dem 8ten d. M., wie man glaubt in Folge einer Veraͤnderung der Atmosphaͤre nach mehreren heftigen Gewittern, die Sterblichkeit etwas nachzu⸗ laſſen; es ſind in der letztern Zeit ſtatt 35 bis 40, taglich nur 25 Menſchen geſtorben.
Der Meſſager des Chambres begleitet die Mittheilung eines Artikels aus dem Engliſchen Courier üͤber die Aner⸗ kennung der Blokade von Porto von Seiten Englands (S.