ken habe; 3) für die Geſetzgebung darum:

tereſſe der Freihelten der Kirche, als in dem vorzüglich aber auch in dem der Regierung, die Koͤniglichen Gerichtshoͤfe, und nicht den Staats⸗Rath waͤhlen muͤſſe. „Der Urſprung dieſer Appellationen“, fuhr der Redner fort, „iſt allerdings ſehr alt, allein die Mißbruͤuche, denen ſie ab⸗ heifen ſollten, ſind noch aälter. Peter von Gruyeres, Koͤnigl. Advocat im 15ten Jahrhundert, war der Erſte, welcher eine ſolche Appellation einlegte. Es handelte ſich 1) für das Land dar⸗ um: ob es unter Paͤpſtlicher Herrſchaft ſtehen, oder ein unabhän⸗ giger Staat ſeyn ſolle; 2) fuͤr den Thron darum ſeine Rechte Gott und ſeinem Degen oder dem Pa

oder ſich Päpſtliche Bullen aufdraͤngen laſſen Rechtspflege darum: ob alle Gerechtigkeit vom oder ob die geiſtliche Gerichtsbarkeit ſich Eingriffe erlauben duͤrfe; 5) für die geſammte Gallikanſſche Geiſtlich⸗

keit darum: ob man ſie in Schutz nehmen, oder ſie Rom

und ſeinen Legaten blos ſtellen ſolle; ob man namentlich die niedere Geiſtlichkeit ihrem Schickſale üͤberlaſſen, oder ſie vor dem Despotismus einiger Praͤlaten ſicher ſtellen ſolle; es handelte ſich mit einem Worte um die Beſchuͤtzung des ge⸗ ſammten Civilſtandes vor der geiſtlichen Autoritaͤt, die beſtändig dahin trachtete, ihre Graͤnzen zu überſchreiten. Dies, meine Herren, iſt der heilige, volksthuͤmliche, monarchiſche, billige und wohlthätige Urſprung der gedachten Appellationen; dieſe haben ſeitdem allerdings eine große Ausdehnung erlitten; warum aber? weil die Mißbraͤuche ſich in gleichem Maaße ausgedehnt hatten, weil es kein Recht, keine Macht gab, welche die Geiſtlichkeit nicht an ſich zu reißen geſucht haͤtte. Fruͤher wurden dieſe Appellationen ſammtlich und ohne Un⸗ terſchied des Gegenſtandes, den ſie betrafen, vor die Parla⸗ lamente gebracht, welche mit der Bewilligung des Koͤnigs an der geſetzgebenden Macht Theil nahmen, zugleich aber die richterliche Gewalt in ihrer ganzen Ausdehnung beſaßen, und ſogar die hoͤhere Polizei ausüͤbten. Hierin ſehe ich aber keinen Grund, warum das vorige Oberhaupt des Staats dieſelben dagegen wieder einzig und allein an den Staats⸗Rath, als einen Theil der adminiſtrativen Macht, verwieſen hat; man verfiel hier, glaube ich, in den entgegengeſetzten Fehler; denn ſo wie nicht alle Appellationen zu dem Reſſort der richterli⸗ chen Gewalt, ſo gehoͤrten auch nicht alle zu dem der admi⸗ niſtrativen. Nicht zufrieden aber, ſich ſeiner Macht gegen den Roͤmiſchen f bedi haben, mißbrauchte Napoleon dieſelbe, und ſta zu begnuͤgen, den Staat und die Kirche zu beſchuͤtzen, uſurpirte er Rechte, die er haͤtte achten ſollen, bemäͤchtigte ſich des Kirchenſtaates, wie der Perſon des Papſtes, wollte den Concilien Gewalt anthun und erbitterte dadurch die Gemuͤther. Jetzt -war nicht mehr von der Freiheit, ſondern nur noch von der Knechrtſchaft der Kirche die Rede. Statt ſich darauf zu beſchränken, die geiſt⸗ liche Gewalt mit feſter Hand in den ihr angewieſenen Graͤn⸗ zen zu halten, wie ſolches Karl X. thut und ſein Miniſte⸗

rium thun wird, erlaubte er ſich ſelbſt Eingriffe in die Rechte

derſelben, und wie die Verletzung eines Rechtes immer das Gefuͤhl deſſelben erweckt, ſo wurde der Gang der Regierung bald durch die ihm von der Kirche in den Weg gelegten Hinderniſſe gehemmt. Napoleon, beſtuͤrzt uͤber die Schwie⸗ rigkeiten, die er ſich ſelbſt zugezogen hatte, erlteß zuletzt im Jahre 1813 ein Decret, wodurch die gedachten Appellationen wieder den Koͤniglichen Gerichtshöfen uͤberwieſen wur⸗ den. Dieſes Decret wurde aber im folgenden Jahre wieder aufgehoben, und dagegen jene Appellationen aufs Neue an den Staats⸗Rath verwieſen. Man will dieſer

Vorkehrung dadurch das Wort reden, daß man behauptet,

die Oeffentlichkeit der Verhandlungen biete Nachtheile fuͤr dieſelben dar. Und doch dachte fruͤher Riemand an eine ſolche Gefahr, obgleich die Oeffentlichkeit eben nicht zu dem Weſen der damaligen Regierung gehoͤrte. Warum fuͤrchtet man ſie denn heute, wo dieſe Oeffentlichkeit mit zu dem Staatsrechte der Franzoſen gehöͤrt, und ſogar in dem Geiſte des Evangeliums liegt; denn die Kirche, in der Reinheit ihres Urſprungs, empfiehlt ſelbſt die Oeffentlichkeit bei der Unterdruͤckung der Mißbraäuche ihrer Diener. Wenn mein Gedäͤchtniß mir treu iſt, ſo ſagt Einer der Apoſtel: peccan- tes presbyteros coram omnibus argue, ut et cacteri timo- rem habeant. Suͤndigt ein Prieſter, ſo beſchuldigt ihn vor dem ganzen Volke, coram omnibus; warum? des Beiſpiels wegen, damit die Uebrigen durch die Furcht zuruͤckgehalten werden. Iſt es daher nicht in der That ſeltſam, daß heutiges Tages die Kirche allein die Unverletzlichkeit und Ungeſtraftheit fuͤr Diejenigen ihrer Diener in Anſpruch nimmt, welche ſich Miß⸗ bräuche, Vergehen oder Verbrechen zu Schulden kommen laſſen? daß man uͤber ſie den Römiſchen Purpur oder einen andern Schleier werfen will? Man will dies Verfahren dadurch

entſchuldigen, daß man ſagt, es ſey nicht die Schuld der Religion, wenn einige ihrer Diener ſich ihres Berufes un⸗ werth zeigen. Welch ein Schluß, und wo findet ſich etwas dem Aehnliches in den uͤbrigen Ständen? Wird das Heer dadurch entehrt, daß ein Soldat durch ein kriegsrechtliches Erkenntniß als ein feiger Deſerteur beſtraft wird? Schaͤndet es den Advokatenſtand, wenn man Einem ſeiner Mitglieder einen Fehler, ſey es auch nur einen Mangel an Zartgefuͤhl, vorzuwerfen hat? Die Kirche kann keine Ausnahme machen, und kein Prieſter darf die Ungeſtraftheit fuͤr Verbrechen ver⸗ jangen, wie ſolche leider oft nur zu augenſcheinlich bei uns un⸗ Feehndet geblieben ſind.“ (Lauter Beifall.) Nachdem der Redner noch die andern Einwendungeun widerlegt hatte, welche gegen die Ueberweiſung der mehrerwäͤhnten Appella⸗ tionen an die Koͤniglichen Gerichtshöfe vorgebracht worden ſind, namentlich die Verſchiedenheit der Gerichtsbarkeiten und der Territorial⸗Circumſcriptionen, ſchloß derſelbe in fol⸗ gender Art: „Grade die Beiſpiele, die man angefuͤhrt hat, Wum das Unangemeſſene des Forums der Koöͤniglichen Ge⸗ richtshoͤfe zu beweiſen, laſſen mich die Wahl deſſelben am meiſten wuͤnſchen. In der That, wenn ein Biſchof in einer geiſtlichen Verordnung alle ſeine Befugniſſe uͤberſchrei⸗ tet, die beſtehenden Geſetze angreift, und ſich gegen die Ver⸗ fuͤgungen der Regierung, denen er ſowohl durch ſein Bei⸗ ſpiel, als durch ſeine Lehren, Gehorſam ſchuldig iſt, auflehnt, ſo degeht er ein Vergehen, uͤber welches die Tribunäle al⸗ jein Richter ſind. Wollt Ihr ihn dagegen an den Staats⸗ Rath verweiſen? der Inculpat iſt fruͤher da, als Ihr, Jer findet daſelbſt Andere ſeines Gleichen, und was die Folge davon iſt, laͤßt ſich leicht ermeſſen. Um jetzt von den Be⸗ druͤckungen der niederen Geiſtlichkeit durch ihre Vorgeſetzten zu ſprechen: iſt es nicht wahr, daß oftmals Geiſtlichen mit der Suspendirung von ihrem Amte gedroht worden iſt, wenn ſie es wagen ſollten, den profanen Weg der Appellation ein⸗ zuſchlagen? Dies iſt eine Feche der Rechtspflege bei ver⸗ ſchloſſenen Thuͤren; vor den Gerichtshoͤfen wuͤrde man ſich ſo etwas nicht erlaubt haben. Noch berufen ſich die Gegner dieſer letztern auf etwanige Mißbraͤuche in den Predigten. Gleichwohl giebt es keinen Punkt, wo die Ehre des Buͤrgers mehr im Spiele waͤre als hier. Gerade weil der Geiſtliche ein ernſter Mann ſeyn ſoll, deſſen Charakter wenig geneigt iſt, ſeinen helligen Veruf zu mißbrauchen, haber die Worte, die er von der Kanzel herad verkuͤndigt nur um ſo mehr Gewicht; greift er daher den guten Ruf eines ſei⸗ ner Pfarrkinder an, iſt es dann nicht Sache der Tribunäle die Ehre des Beleidigten zu rächen und der Genugthunng dieſelbe Oeffentlichkeit zu geben, womit die Beleidigung er⸗ folgte? Soll der Gekraͤnkte erſt, von der aͤußerſten Graͤnze des Reiches, den Staats⸗Rath um Gerechtigkeit anflehen, und zwar in einem Pallaſte, wo der Biſchof Zutritt, der be⸗ ſchimpfte Buͤrger aber keinen hat und wo ſein Loos von einem Berichte und einer insgeheim motivirten Entſcheidung abhaͤngt? Nein, dies iſt nicht die Gerechtigkeit des Fuͤrſten. (Anhaltender Beifall.) Bemerken ſie uͤbrigens, m. H., wie die Geiſtlichkeit ſich ſelbſt erniedrigt, um ein eitles Privile⸗ gium zu erringen. Damit ein Prieſter von ſeiner beleidigten Gegenpart nicht belangt werden koͤnne, reihet ſte ſich unter die Beamten der Regterung und begiebt ſich ihres heiligen Berufs. Der Biſchof iſt jetzt kein Gottesgeſendeter mehr, welcher Rellgion und Sittlichkeit verbreiten und die Men⸗ ſchen unterrichten ſoll; er iſt nichts als ein Agent der Re⸗ gierung. Laſſen Sie uns daher, meine Herren, zu geſunderen Grundſätzen zurüͤckkehren und die Nothwendigkeit erkennen, daß das Geiſtliche vom Weltlichen auf immer ſtreng geſchie⸗ den bleibe, daß der Prieſter, in ſeinem Heiligthume unver⸗ letzlich, wie jeder andere Franzoſe der gewöͤhnlichen Gerichtsbarkeit unterworfen werde, ſobald er daſſelbe ver⸗ läͤßt, die oͤffentliche Ordnung ſtört, den Geſetzen Hohn bie⸗ tet, die Stimme der Regierung verkennt, den Buͤrger belei⸗ digt, oder das Recht irgend eines Dritten verletzt. Forum et jas! Dies, m. H, iſt die Theorie der Appellationen bei Mißbraͤuchen der Geiſtlichkeit.“ Ungeachtet der großen Er⸗ muüdung, die ſich ſeit einigen Tagen in der Kammer zeigt, wurde dieſe Rede, welche, wenn gleich pöͤllig improviſirt, doch kaum 10 Minuten dauerte, von der Verſammlung mit dem lebhafteſten Intereſſe aufgenommen und durch mehr⸗ maligen Beifall unterbrochen; die Bittſchrift, welche zu der⸗ ſelben Anlaß gegeben hatte, wurde faſt einſtimmig dem Großſtegelbewahrer uͤberwieſen. Am Schluſſe der ng ſtattete noch Herr J. Lefébvre den Commſſions⸗Bericht

üͤber den Geſetz⸗Enwurf ab, wodurch der Platz Ludwigs XVI. und die Elyſaiſchen Felder der Stadt Paris abgetre⸗ ten werden ſollen, und ſtimmte fuͤr die Annahme deſſelben, indem er jedoch zugleich den Wunſch zu erkennen gab, daß