Das Journale du Commerce meldet, daß ſeit einigen Tagen eine in Form einer Conſultation abgefaßte, und von einem Advocaten Chauvin unterzeichnete Denkſchrift im Pu⸗ blikum verbreitet werde, worin der Verfaſſer die Unrechtmaͤ⸗ ßigkeit der beiden Verordnungen wegen der kleinen Semina⸗ rien darthun will und den Biſchoͤfen den Rath ertheilt, auf dieſelben keine weitere Ruͤckſicht zu nehmen, die acht aufge⸗ hobenen Anſtalten nach wie vor zu leiten, die Beamten aber, welche etwa auf den Befehl der Miniſter der Juſtiz und der Geiſtlichen Angelegenheiten, jene Verordnungen gewalt⸗ ſam in Ausfuͤhrung zu bringen verſuchen moͤchten, als der Erpreſſung und des Mißbrauchs ihrer Amtsgewalt ſchuldig, gerichtlich zu belangen, auch der Deputirten⸗Kammer die Sache anzuzeigen, damit ſie einen Prozeß gegen die gedach⸗ ten Weinicher ſelbſt einleite. 1

Bei dem hieſigen Buchhändler Pichard iſt ein „hiſto⸗ riſch⸗kritiſcher Verſuch uͤber den Zuſtand der Jeſuiten in Frankreich ſeit ihrer Ankunft im Koͤnigreiche bis zur Ge⸗ genwart“ von Tabaraud in einem Oetav⸗Bande erſchienen. Das Journal des Débats macht von dieſem Werke folgende höchſt vortheilhafte Anzeige: Man kann behaupten, daß in Betreff der Jeſuiten nicht nur Leldenſchaftlichkeit, ſondern ſelbſt jedes Vorurtheil verſchwunden iſt. Sobald die geſetz⸗ liche Ordnung obſtegte, trat Ruhe und Aufmerkſamkeit an die Stelle der Ausfaͤlle und Beſchuldigungen. Anfangs nöͤthig, die mit Lebhaftigkeit den An⸗ griff beginnen und zu gutem Ende fuühren mußten. Jetzt, wo dies erfuͤllt iſt, treten die Gemaͤßigten vor; dieſe erſetzen ddie heftigen Declamationen, welche die Maſſe hinreißen, durch unwiderlegbare Thatſachen, und bewirken auf dieſe Weiſe Ueberzeugung bei den gebildeten Geiſtern, welche am Ende die wahrhafte öͤffentliche Meinung ſchaffen. Zu

dieſem Erfolge wird das genanate Werk viel beitragen. Wir verdanken es einem geweſenen Prieſter, einem der gruͤndlichſten Theologen unſerer Zeit, der mit ſeinem Werke eine wahre Umkehrung bezweckt. Dieſer Gelehrte verfolgt die Jeſuiten nicht; er thut beſſer, er ſtudirt dieſelben unter allen Geſtalten, um ſie ganz zu enthüllen, und beruft ſich beſonders auf ihr eigenes Zeugniß; ſie ſelbſt läßt er ſpre⸗ chhen, mit ihrem eigenen Munde inſtruiren ſie ihre Sache, und wenn ſie ſich zu rechtfertigen ſuchen, muß man ihnen doch wohl Glauben ſchenken. Man erſtaunt über die ehnten Forſchungen des Verfaſſers; alle Buͤcher und

ümnet er un Bibliotheken hat er durchſucht, aus allen Auellen geſchoͤpft, eine Menge von hoͤchſt inte⸗

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unnd ſo war es ihm moͤglich, reſſanten Aufſchluͤſſen und Aktenſtuͤcken zu liefern. Indem 828 Herrn Tabaraud folgen, der, wir wiederholen es, nur mit Beweiſen in der Hand vorſchreztet, erſchrecken wir uͤber die Unordnungen, Attentate und Unruhen, welche die Je⸗ ſuiten unter uns angeſtiftet haben. Als Prieſter haben ſie nur Skandal in die Kirche gebracht, als Franzoſen haben ſie an allen Verſchwöͤrungen und Liauen Theil genommen. SDas Haus Bourbon bald offen angreifend, bald ihm heim⸗ lich einen Schlag verſetzend, ſind ſie wenigſtens immer die Mitſchuldigen der Koͤnigsmorder unter uns geweſen. So werden ſie in gegenwaͤrtigem Werke durch die Correſpon⸗ denz Heinrich IV. ſelbſt uͤberfuͤhrt, den Arm eines Barriere und Chatel bewaffnet zu haben. Ferner erſieht man, daß zu allen Zeiten die Jeſuiten nie ein geſetzliches Beſtehen gehabt haben, weil ſie immerwaͤhrend die Bedingungen ver⸗ hletzten, die ihnen unter Androhung ihrer Verweiſung aus Frankreich geſtellt waren. Wir uͤbergehen eine Menge von Dokumenten, welche auf die Exiſtenz der Jeſuiten unter uuns ganz unerwartetes Licht verbreiten. So unterrichtend 8 dieſes Werk iſt, eben ſo angenehm iſt die Schreibart deſſel⸗ ben, und man kann es nicht aus der Hand legen, ohne es iinn einem Zuge bis zu

1 Ende zu leſen. Ein gluͤcklicher Ge⸗ danke war es, dem Buche eine vortrefflich gearbeitete An⸗ ſicht von Mont⸗Rouge, dem Hauptſitze der Jeſuiten in Frankreich, beizufuͤgen. Jedermann wird mit Intereſſe die Wohnung dieſer Männer betrachten, welche durch ihren Einfluß auf das letzte Miniſterium, der Verwaltung eine für den Staat und die Rellgion ſo verderbliche Richtung gegehen haben. 52 Aus Beaucaire, wo die Blattern ebenfalls einige Ver⸗ heerungen angerichtet haben, meldet man, daß ein junges

Maͤdchen von 11 bis 12 Jahren, das dem Uebel erlegen zu ſſeyn ſchien, bereits nach dem Kirchhofe gebracht worden war, b als eine leichte Bewegung des Darges, bei dem Niederſen⸗

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ken deſſelben in die Gruft, die Anweſenden auf den Gedan⸗

ken brachte, daß das Kind wohl noch am Leben ſeyn moͤchte. 8 Der Sarg wurde geöffnet und die Scheintodte war nicht ſo kald von der friſchen Luft berührt worden, als ſie ſich er⸗ 8 Hhoete und nach ihrer M 1 Erſtaunen und

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die Freude der Eltern, als man ihnen ihr Kind zuruͤckbrachte, läßt ſich nicht beſchreiben; daſſelbe iſt jetzt voͤllig wiederher⸗ geſtellt. Briefen aus Marſeille vom Llſten d. M. zufolge, haben uͤbrigens die Varioliden, zu welchen ſich einige Fieber eſellen, daſelbſt aufs Neue um ſich gegriffen, und diesmal ſins vorzüglich Erwachſene damit befallen. Man klagt mit Recht uͤber die große Unſauberkeit in den Straßen; an Waſ⸗ ſer fehlt es gaͤnzlich, ſo daß die Baͤcker ſich genoͤthigt ſehen, ihr Getreide vier bis fuͤnf Meilen weit zum Mahlen zu ſchicken.

Paris, 26. Juli. chenland beſtimmten Expedition waren dem Könige die Gene⸗ rale Maiſon, Gérard, Clauzel, Sebaſtiani und noch zwei

Für die obere Leitung der nach Grie⸗

andere vorgeſchlagen worden. Se. Majeſtaͤt haben dem Ge⸗ neral⸗Lieutenant Marqulis Maiſon den Vorzug gegeben. Maiſon iſt unſtreitig ein ganz vorzuͤglicher General und dem ihm anvertrauten Unternehmen vollkommen gewach⸗ ſen; was man an ihm auszuſetzen hat, iſt ein etwas ſchroffes Aeußeres, welches ihn zum Uuterhaͤndler eben nicht ſchicklich machen möͤchte. Da ſich nun mit ziemlicher Gewißheit vor⸗ ausſetzen läßt, daß es zu einer Unterhandlung mit der Grie⸗ chiſchen Regierung, vielleicht auch mit irgend einer der andern Maͤchte kommen werde, ſo glaubt man, daß in dieſer Ruͤck⸗ ſicht der Graf Sebaſtiani ſich zu der Expedition beſſer ge⸗ eignet haben wuͤrde. Mittlerweile hat der Bruder dieſes Letztern ein Commando erhalten. Was aber hier, namentlich auf die liberale Parthei, einen ſehr guͤnſtigen Eindruck ge⸗ macht hat, iſt die Nachricht, daß der Oberſt Fabvier als General⸗Major gleichfalls eine Anſtellung bei dem zur Expe⸗ dition beſtimmten Corps erhalten werde. Der Graf von la Ferronnays iſt ſeit einiger Zeit in der That ſehr bedeutend krank; ſo wie man inoeſſen ſchon waͤhrend ſeiner bevorſte⸗ henden Badereiſe den Baron von Rayneval als ſeinen Stell⸗

vertreter nennt, ſo haͤlt man es auch bei der gegenwärtigen

Richtung der Politik Frankreichs nicht fuͤr unwahrſcheinlich, daß dieſer, wenn der jetzige Miniſter ſich etwa genoͤthigt ſehen ſollte, ſich zänzlich von den Geſchäften zuruͤckzuziehen, ihn förmlich erſetzen werde. Es iſt ſchon von Vielen die Pae aufgeworfen worden, warum wohl die linke Seite der

eputirten⸗Kammer die Einleitung des Prozeſſes gegen das vorige Miniſterium bis nach den Berathungen über das

Budget, d. h. bis an den Schluß der diesjaͤhrigen Sihzung,

wo es zur Beendigung dieſer wichtigen Angelegenheit an Zeit fehlen duͤrfte, verlegt haben mag. Man erkläͤrt ſich die Sache dadurch, daß die liberale Parthei uͤber die vorigen Miniſter auf ungewiſſe Zeit hin, die Anklage⸗Acte ſchweben laſſen will, um dadurch zu verhindern, daß, während die Kammern geſchloſſen ſind, Herr von Villele irgend wieder beſchaͤftigt werden koͤnne. Dem Kriegs⸗Miniſter iſt im Laufe der Berathungen uͤber das Budget der Vorwurf ge⸗ macht worden, daß ſein Miniſterium dem Lande zu theuer zu ſtehen komme; in der That koſtet das Heer, welches nicht einmal vollzaͤhlig iſt, bei Weitem mehr als der Milttair⸗Etat anderer Staaten die eine gleich große, ja noch groͤßere Kriegsmacht halten, betraͤgt. Der Grund davon iſt beſonders in zwei Umſtän⸗ den zu ſuchen; erſtens ſind die Beſoldungen der hoͤheren Grade in der Franzöſiſchen Armee viel zu ſtark, und zweitens iſt das Heer mit einer Maſſe von Offizieren uͤberladen, die es fuͤg⸗ lich entbehren koͤnnte, die man aber angeſtellt hat, um ſie nicht ihrem Schickſale zu uͤberlaſſen. Im Jahre 1814 be⸗ trug die Zahl dieſer Offiziere nicht weniger als 58,000; der größere Theil derſelben iſt ſeitdem durch den Tod hinweg⸗ gerafft worden; mehrere ſind penſionirt, andere in Civil⸗ dienſten beſchaͤftigt worden, und einige haben ſogar eine ganz andere Laufbahn gewählt, ſo daß es gegenwärtig nur noch etwa 1100 bis 1200 anzuſtellende Militairs von verſchledenen Graden giebt. Der Tod des Herzogs von San Carlos wird hier von Allen, die ihn naͤher gekannt haben, ſehr be⸗ dauert. Der Herzog war, wenn auch nicht von Seiten des Verſtandes, doch von Seiten des Herzens ein ausgezeichne⸗ ter Mann, der durch ſein ſanftes, wohlwollendes Weſen und durch ſeinen Einfluß bei Hofe, ſeinen hieſigen Bekannten ſo manchen guten Dienſt geleiſtet hat. Dem Koͤnige von Spa⸗ nien war er aufrichtig zugethan, und es würden die Rath⸗ ſchläͤge, die er demſelben gegeben hat, gewiß heilſame Folgen ehabt haben, wenn ſie befolgt worden waren. Der Frei⸗ derr Wilhelm von Humboldt iſt kürzlich aus London wieder hier eingetroffen. Der Koͤnig von England hat es nicht bei der gnäͤdigen Aufnahme bewenden laſſen, die er dem Mini⸗ ſter gleich bei E Ankunft in London hatte zu Theil wer⸗ den laſſen; Se. Maj. haben ihn nach Windſor einlaben laſſen, wo er die letzten Tage ſeines Aufenthalts in England zugebracht, und wo der Monarch den beruüͤhmten Staats⸗

mann mit Beweiſen eines ausgezeichneten Wohlwollens üͤber⸗

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