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Allgemeinen

Preußiſchen

Staats⸗Zeitung Nr. 246.

68 Meyico.

Ein Privat⸗Schreiden aus Mexico vom 8. Juni (in einem Neu⸗Yorker Blatte) enthaͤlt Folgendes: Nord⸗Ameri⸗ kaniſche und Engliſche Zeltungen, die mir zu Geſicht gekom⸗ men ſind, ſtellen Mexico in einem beklagenswerthen Zuſtande von Uneinigkeit vor, und dem Ausbruche eines Buͤrgerkrieges nahe; und dennoch war das Land niemals ruhiger als gerade in dieſem Augenblick, wo man ein allgemeines Streben nach den Beſchaͤftigungen des Friedens wahrnimmt. In der gan⸗ zen vorigen Woche war die Aufmerkſamkeit des Publikums auf den neuen Plan und die Geſetze gerichtet, welche man fuͤr die vor Kurzem hier geſtiftete Merxikaniſche Geſellſchaft des Ackerbaues und der Künſte vorgeſchlagen hatte. Auch in andern gemeinnuͤtzigen Gegenſtaͤnden herrſcht Leben und Bewegung, beſonders was Erziehung betrifft, und nicht nur in der Hauptſtadt, ſondern uͤberall im ganzen Lande. Das ſcheinen mir wenigſtens keine Symptome von Zwietracht und Anarchie zu ſeyn. Heftig ſind oder waren vielmehr die Partheien hier gegen einander, das iſt nicht zu laͤugnen; ſeit dem Sturze Bravo's und ſeiner Parthei ſind die Esco⸗ ceſes verſchollen und die Yorkinos haben, und wie mich duͤnkt, mit Recht, die Oberhand bekommen. Außerdem exl⸗ ſtiren noch einige kleine Partheien von ſehr geringer Bedeu⸗ tung, die ſich einander mit Bitterkeit verfolgen; ich glaube aber, daß man den Grund aller dieſer Streitigkeiten, hier ſo wie in Nord⸗Amerika, in einem gewiſſen Hange zum Umher⸗ zanken ſuchen muß, der Manchem ſo angeboren zu ſeyn ſcheint als die Finger und Zehen. Bei der Nachricht von Labordes beab⸗ ſichtigter Landung war es erfreullch, zu ſehen, wie ſich alle Par⸗ theien in einem Augenblick vereinigten. Nur ein Ziel hatten Alle vor Augen; Widerſtand gegen den gemeinſchaftlichen Feind, und noch fühlt man die Wirkungen dieſer Uebereinſtimmung. Die Reglerung iſt kraͤftig genug, obgleich man vom Praͤ⸗ ſidenten (Vitt wohl eine zu große Idee gehabt hat. Bei der nächſten Wahl wird er wahrſcheinlich von Guerrero erſetzt werden, der ganz kuͤrzlich erſt zum Gouverneur des Staates von Vera⸗Cruz, wo er ſich ſehr populair gemacht at, ernannt worden iſt. Man darf ihn nur ſehen, um als⸗ d den großen Mann in ihm zu erkennen. Er hat ein riges Auge und ein ausdrucksvolles, energiſches Geſicht. ine Reihe von Jahren hindurch hat er ſich ſehr thaͤtig und patriotiſch gezeigt, und dem Staate wichtige Dienſte geleiſtet. Im Beſitz großer Menſchenkenntniß und bedeutenden Ein⸗ ſlußes auf die Perſonen, die mit ihm in Beruͤhrung kom⸗ men, ſcheint er Aller Augen auf ſich zu ziehen, als der Mann, der den erſten Poſten in der Verwaltung wuͤrdig zu beklei⸗ den im Stande iſt. So viel mir bekannt iſt, zabe der Con⸗ greß viele Maͤnner von Talent, doch die meiſten befinden ſich im Hauſe der Deputirten. Der Senat iſt traͤge, oder viel⸗ leicht noch ſchlechter als das; man ſpricht ziemlich deutlich davon, daß viele Glieder deſſelben Montaniſten ſeyen. Die ſtrengſte, ſeit längerer Zeit genommene Maaßregel des Tongreſſes war die Vertreibung der Alt⸗Spanier, und auf⸗ fallend zeigte ſich bei dieſer Gelegenheit die allgemeine Ueber⸗ einſtimmung. Einige t es noch, die dagegen ſchrelen, und vergleichungsweiſe der Verbannung der Hugenotten durch Lüdwigs XIV. f des Ediets von Nantes ſpre⸗ chen; doch wird kein artheiiſcher eine Aehnlichkeit zwi⸗ ſchen dieſen beiden Fällen finden. Ludwig verbannte mehr als eine halbe Million ſeiner gewerbfleißigſten Unterthanen; Mexiko dagegen reinigt ſich von ungefaͤhr 2000 unzufriede⸗ nen, unruhigen Geiſtern, die nichts als politiſchen Zwiſt ver⸗ breiten, und im Ganzen geſchworne Feinde der Republik ſind. Man ſchlaͤgt das Capital, das ſie mit ſich nahmen, auf 10 Millionen Dollars an, doch was ſind dieſe in Ver⸗

leich mit der Ruhe des Landes? Die Vergwerke geben aährlich immer groößere Ausdeute. Ueberhaupt ſind die Huͤlfs⸗ 12 dieſes Landes ungeheuer, und nur wenig erſt hat man ſie bis jetzt benutzt. 8

Die Baltimore Zeitung glebt Nachrichten aus Vera⸗ Cruz bis zum 18. Juni: Obſchon man wegen Admiral La⸗ borde’s Expedition außer Furcht war, ſo wuürde doch in den Vertheidigungs⸗Maaßregein nichts verabſaͤumt. Zum Schutze Californiens, welches als das letzte Glied der Vertheidigungs⸗ Kettke angeſehen zu werden ſcheint, war ein Truppen⸗ Corps

chtet worden. Der vor Kurzem an die Einwohner von eico erlaſſene Aufruf zu Privat⸗Unterzeichnungen fuͤr eine Geldſumme, um ein Kriege⸗Schiff zu bauen, das den Guer⸗

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rero, der bei Havana von einer Spaniſchen Fregatte genom⸗ men ward, erſetzen ſollte, war mit der groͤßten Liberalitaͤt aufgenommen worden und die Zeitungen von Vera⸗Cruz ſind mit Anzeigen gelieferter Beitraͤge aus allen Theilen der Re⸗ publik angefuͤllt.

Vermiſchte Nachrichten.

Zu Rattenberg (Tirol) ſah man am 28. Auguſt gegen

1 Uhr Nachts, in der ſuͤdweſtlichen Himmels⸗Gegend, am Eingange des Ziller⸗Thales eine große Feuerkugel, welche eine ſolche Helle verbreitetete, daß das volle Mondeslicht dagegen verſchwand; nach ein Paar Sekunden aber zer-⸗ platzte ſie mit einem Kanonen⸗Schuß aͤhnlichen Getoͤſe und verſchwand. 8

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„Eine zu Paris unter dem Titel „Verſuch uͤber die Ge ſchichte der Philoſophie in Frankreich im 19ten Jahrhundert 2 von M. Ph. Damiron“ erſchienene Schrift hat einem daſi- gen Blatte zu folgenden Bemerkungen Anlaß gegeben: Das 19te Jahrhundert iſt in Beziehung auf Philoſophie nicht una, fruchtbar geweſen und der Gang, den dieſe Wiſſenſchaft lh der gegenwaͤrtigen Zeit genommen hat, verdient alle Auf⸗ merkſamkeit. Es haben ſich mehrere Partheien gebildet und jede derſelben zaͤhlt in ihren Reihen eben ſo geſchickte, als eifrige Vertheidiger. Die eine ſucht ſich durch ihr groͤßeres Anſehen, die andere durch Freimuͤthigkeit die Herrſchaft üͤber den menſchlichen Verſtand zu ſichern; wer jedoch mit noch groͤßerer Genauigkeit ſich ausdruüͤcken wollte, muͤßte eigentlich *+ von drei Partheien ſprechen, die unter ſich eine doppelte Sache zu verfechten ſtreben. dit Recht ſtellen wir nun wohl die Veteranen des acht.

zehnten Jahrhunderts in den erſten Rang. Ihr Syſtem, welches zum oberſten Grundſatze das Gefühl erhebt, hat in 8 den erſten Jahren des gegenwaäͤrtigen rhunderts ſeine völlige Ausbildung erlangt. In dieſe Phlloſophie gehöͤrt die Phyſiologie von Tabanis, die Metaphyſik von Traey und die Moral von Volney; ihr politiſches Glaubensbekenntnis war die Revolution. Feindlich trat dieſe Schule gegen die alte geſellſchaftliche Ordnung auf und zertruͤmmerte ſie; und waͤre es irgend moͤglich geweſen, ihren verderblichen Gang zu unterbpechen, ſo wuͤrde dies nicht anders, als vortheilhaft geweſen ſeyn, da ihr letztes Ziel in der Moral doch nur der Egoismus, in der Politik des Despotismus war. Das erſte Reſultat laͤugnete Niemand, man ruͤhmte ſich ſogar deſ⸗ ſelben; das andere huͤtete man ſich wohl einzugeſtehen; doch blieb ſich deſſen ungeachtet die Sache gleich, ob nun das Re⸗ ſultat mit Huͤlfe der Logik oder ob es mit dem Degen ge⸗— wonnen wurde. Indeß wollte dieſe Schule die Freiheit; dieſe letztere war auch in den Geſinnungen ihrer nhaͤnger vhn⸗ Zweifel vorhanden; aber ihren Grundſätzen war ſie fremd.

Gegen dieſe triumphirende Philoſophie erhob ſich bald eine andere, welche vorgab, durch ihren Hauch den Staub der verfloſſenen Jahrhunderte aufs Neue zu beleben. Dies war eine wahrhaft gewaltſame, eingreifende und unbeſon⸗ nene Umgeſtaltung aller Anſichten. Der Spiritualismus wollte mit einem Male den Senſualismus verdraͤngen und da der Letztere durch eine Art großherziger Inconſequenz fuͤr die Freiheit ſich erklärt hatte, ſo trat der andere nicht min⸗ der inconſequent, aber weniger treuherzig, auf die Seite des Despotismus. So gab er auch in jeder andern Hinſicht eine den Anſichten ſeines Gegners ſtets widerſtrebende Ent⸗ ſcheidung: ſo wurde die Seclenlehre, die Sittenlehre, das Staatsrecht uͤber den Haufen geworfen; die Sinne, die ge⸗ ſunde Vernunft, Gluͤck, Volk, alle Goͤtter der naͤchſtvergan⸗ genen Tage wurden herabgeſetzt, geſchmäht und ohne doch vernichtet zu werden, aber derjenigen, welche dur dieſe Neulinge bekehrt wurden, blieben immer nur ſehr we⸗ nige, denn ſo wie ſie die Gruͤnde aller andern Leute anfoch⸗ ten, ſo waren ſie nicht vermoͤgend, ſich wegen ihrer eigenen auszuweiſen.

Indeß ſchiedenen Meinungen eben ſo viel Wahrheit als

ſahen die verſtändigeren Beurtheiler dieſer ver⸗ ſehr wohl, daß der ganze Streit um Irrthum gefuͤhrt wurde; um

Irrthum, weil man ſtritt; um Wahrheit, weil man nicht aufhorte, zu ſtreiten; und ſo geriethen ſie auf den Einfall, einer jeden von den beiden Schulen ihr Wahres zu nehmen