Vermiſchte Nachrichten.
Ueber die InÉN 84¼ Chlor⸗Kalks gegen ie Peſt. 1 (Aus der Allgemeinen Zeitung)
Das Chlor iſt ſeit lange außer der Chemie auch der Ma⸗ „nufaktur bekannt; ſeine Kraft, jede andere Farbe aufzulöoͤſen, macht es beſonders denjenigen nuͤtzlich und angenehm, welche mit Bleichen zu thun haben; doch weit wichtiger hat ſich eine
andre Elgenſchaft deſſelben bewährt, welche Guyton Mor⸗ veau entdeckte, die Kraft, Miasmen in der Atmoſphaͤre und übelriechende Ausduͤnſtungen zu zerſtoͤren. Indeß iſt die Wirkung dieſes gewaltigen Gaſes in ſeiner unvermiſchten Geſtalt oder bei geringer Miſchung mit andern Stoffen zu nächtig auf die Organe der Reſpiration, als daß es ohne weitere Vorkehrung da, wo Menſchen zu berückſichtigen ſind, gebraucht werden kann. Die Morveau ſche Räucherung in Krankenhaͤuſern hat dieſes ſattſam gezeigt. Sie wirkt vor⸗ züglich bei ſolchen Kranken, die auf der Bruſt leiden, rei⸗ 4 und es; Doch hier hat die neueſte Chemie ge⸗ olfen; beſonders Davy hat gelehrt, das freie Chlor mit andern Stoffen, Salzen und Kalkerden zu verbinden, und dadurch ſeine Wirkung zu mildern, ohne das Heilſame der⸗ ſelben zu ſchwaͤchen. Chloroid, Chlornatrum, Chlorhydrat, Chlorkalk, aus jenen chemiſchen Miſchprozeſſen hervorgegan⸗ gen, ſind in ihren Wirkungen eben ſo wohlthatig und kraͤf⸗ tig, wie das freie Chlor, ohne die Nachtheile deſſelben zu haben. Schon die Verſuche von Lebarragne ließen daruͤber ket⸗ nen Zweifel zuruͤck, und ſpaͤtere Erfahrungen haben nur gedient, die Reſultate des Gebrauchs noch mehr zu befeſtigen. Unter den frnanmren Bergiadanzenemsbegcüthet Anhltter Gebraus onders durch Leichtigkeit und Wohlfeilheit. Auch iſt der Gebrauch des Chlor⸗Kalkes ſehr einfach. Es reicht hin, mehrere mit Chlor⸗Kalk gefuͤllte Gefaͤße in einem Zimmer voll contaglb⸗ ſer Atmosphäre aufzuſtellen, um ſie in kurzer Zeit zu reini⸗ gen. In einem Zimmer z. B. von 400 — 500 Quadratfuß Flaͤche, in welchem 15 — 20 Kranke liegen, reicht es hin, daß an vier verſchiedenen Orten Gefaße von Thon, Stein⸗ gut oder Porcellain von 6 — 8 Zoll Durchmeſſer, jedes 4 — voth Chlor⸗Kalk enthaltend, aufgeſtellt werden, um durch die chloriſche Aushauchung derſelben die contagioͤſe At⸗ mosphaͤre zu reinigen. Die Wirkung wird ſchneller, wenn der Chlorkalk in ihnen mit Waſſer aufgelöͤſt und von Zeit zu Zeit geruͤhrt wird. Die Abnahme des ſcharfen und er⸗ friſchenden Geruchs deutet auf die Abnahme ſeiner Wirkung, einige Tropfen Schwefelſäure, von Zeit zu Zeit hineinge⸗ ſchuͤttet, reichen hin, die Entbindung des noch uͤbrigen Chlors aus dem Kalke vollends herbeizufuͤhren. Wenn ungeachtet dieſer Huͤlfe kein Geruch, auch kein Chlorgas ſich mehr ent⸗ wickelt, welches an ſeiner gelblich⸗weißen Farbe leicht erkannt wird, ſo iſt die Aufloͤſung und Verfluͤchtigung des Chlorins, mit ihr aber die Wirkung des Chlorkalks zu Ende, und die⸗ ſer muß in den Gefaͤßen erneuert werden. Wo das Miasma an Körpern haftet, werden dieſe mit jener Chlorkalk⸗Auflo⸗ ſung durch Huͤlfe von Schwaͤmmen und andern weichen Koͤrpern gerieben oder eſcheuert. Die Erfahrungen, welche uͤber die Wirkungen dicger Verfahrens vorliegen, ſind eben ſo wichtig als mannigfaltig. Lebarragne in Paris ver⸗ anſtaltete, daß die Aecbeiter in Kloaken Tuͤcher oder Schwämme, mit Chlorkalk⸗ Auflöſung befeuchtet, vor den Mund hielten, und ſie konnten ohne Gefahr lich in die verpeſtetſten Spelunken wagen und ſie reinigen. Die Fiſch⸗ halle in Paris war ſeit alter Zeit der berufenſte Ort wegen argen und ſchädlichen Geruchs. Sogar die daran ſtoßenden Hzuſer litten von ſeinen Folgen. Jebt werden die Fiſchbaͤnke
und die Geräthe daſelbſt wöchentit mehrmal mit jenem in eeſes aufgelbſten Chlorkall geſcheuert, und die — der Fiſchwelder hat ihren — volkommen verloren. Sie iſt ſo geſund, wie irgend ein Ort in Paris. Menſchliche Leichen, wel⸗ che zum Behuf gerichtlicher Unterſuchungen ausgegraben wur⸗ den, und ſo ſehr in Fäͤulniß 8 waren, daß es un⸗ möglich ſchlen, ſie auf irgend eine Weiſe zu behandeln, wurden mit großen, von jener Chlorkalklöͤſung teten mmen 82 und der ärgſte Geruch andig aufgehoben und vertilgt. denheit dieſer Wirkung des Gebrauch ſich über Frankreich,
erweſung daburch voll⸗ 8. L. venche und Entſchie⸗
kommt es, daß ſein — und mehrere Theile
England
kalkes, die in demſelben Maaße, wie ſie anerkannt wird, ſich
von Deutſchland ſchon jetzt in denjenigen Fabrlken allgemein
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verbreitete, wo viele Menſchen gedraͤngt arbeiten
Unmoͤglichkeit regelmäaͤßiger Luſe⸗Reinſgung N1eeeennhs vergiftet, dadurch aber die Geſundheit der Arbeiter 8 ben und in kurzer Zeit zerſtoͤrt wurde. Ueberall, wo der Chlor⸗ kalk zu Hülfe genommen ward, iſt in dieſen ehedem beru⸗ fenen und gefuͤrchteten Raͤumen eine geſunde Atmosphäͤre erzeugt, und jenen Uebeln auf das Gruͤndlichſte vorgebeugt worden. Es braucht keiner weitern Erwaͤhnung, wie wirk⸗ ſam ſich außerdem dieſes maͤchtige Reagens in Spitaͤlern und einzelnen Krankenzimmern, oder zur Beſiegung des hart⸗ näckigſten Geruchs geheimer Oerter erwieſen Fat⸗ Dieſe manntgfache, ſicher und weitgreifende Wirkung des Chlor⸗
ſchnell uͤber die Länder verbreitet, hat ſchon an nicht weni 8 Fabriken erzeugt, in denen der Chlorkalk ne Sroßen ereitet wird. Zu den Anſtalten dieſer Art in Schottland und Frankreich“) iſt ſeit einiger Zeit in Baiern die Fabrik 80 Herrn Fikenſcher zu Redwitz im Ober⸗Main⸗Kreiſe ge⸗ kommen, welcher dieſes Fabrikat ſchon jetzt in ſehr großen Maſſen nach verſchiedenen Gegenden von Deutſchland und 82 Böhmen liefert. Noch ſcheinen ſichere Beobachtungen 8 er die Kraft des Chlors gegen die Verbreitung anſtecken⸗ eer Krankheiten zu fehlen; indeß ſchon im Jahre 1826 ward Fitem Egerlande in Boͤhmen auf Veranſtaltung des Herrn 5 eenſcher gegen eine peſtartige Rindviehſeuche mit gutem Er⸗ e Indem man Gefaͤße mit Chlorkalk in den 88 eten Stäͤllen aufſtellte, und mit ſeiner Aufloͤſung die 8 und andere Geraͤthe derſelben oͤfters ſcheuerte, auch — hiere mit dem Waſſer jener Aufloͤſung wuſch, wurde das jasma vollſtändig vertilgt und die Seuche beſtegt. Dieſelbe — machte Hr. Fikenſcher im Jahre 1827 gegen die Naul⸗ und Klauenſperre beim Rindvieh in Redwitz ſelbſt, und die Erfolge, welche in derſelben Art zu Schleißheim in der landwirthſchaftlichen Lehranſtalt daſelbſt in der neueſten Zeit erzielt worden, kommen der Beſtaͤtigung von jenen zu Huͤlfe. Dieſe mannichfache, feſte und entſcheidene Erfahrung läßt nun aunehmen, daß auch die ſtärkſte und furchtbarſte aller anſtecken⸗ den Krankheiten, daß auch die Peſt der Gewalt jener Huͤlfe b knne, und es verdient bemerkt zu werden, N in unſern Tagen an perſchledenen Orten leſ eberzeugung ausgegangen iſt und gewirkt hat. Vor einiger Zeit erfuhr man aus Pariſer Blaͤttern, daß die wiſſenſchaftliche Expedition, welche von Marſeille aus nach Aegypten gehen ſollte, und bei welcher ſich der beruͤhmte Arzt Pariſet befindet, auch Chlorkalk mit ſich fuͤhre, und die Weiſung bekommen hat, ſeine Wirkung gegen die Orienta⸗ liſche Peſt zu verſuchen. Noch ehe dieſes geſchah, war, als die Nachrichten von der Peſt in Hydra und Buchareſt die Gemuüther beunruhigten, von Muͤnchen aus eine dop⸗ pelte Sendung über Trieſt nach Griechenland und uͤber Wien nach der Wallachei veranſtaltet worden. Herr Fi⸗ tenſche aamch, bene vees ſich Frae. aeh zur Baieriſchen Stände⸗? erſammlung in Muͤnchen aufhielt, trat deshalb mit mehreren Freunden zuſammen. LEn Faß Chlorkalk von zwei Centnern, daß er den Griechen zum Geſchenk machte, ging uͤber Trieſt nach Nauplion an den Oberſten v. Heydegger ab. Es wird bei der Ankunft des jun⸗ en Baieriſchen Arztes Dr. Zuccarini, welcher ſich eben dahin u Toulon eingeſchifft hat, ſchon an dem Ort ſeiner Beſtim⸗ mnung eingetroffen ſeyn, und ſogleich in Anwendung koͤnnen eſetzt werden, da die Peſtſeuche in jenem ungluͤcklichen dennbenoch keineswegs ganz beſtegt iſt. Eben ſo wurde dom ai⸗ ſerl. Ruſſiſchen General⸗Gouverneur, Grafen v. Pahlen, der Abgang einer Lieferung dieſes heilſamen Mittels von Rtedwitz üͤber Wien nach Buchareſt angezeigt, und ſollte auch zum Glüͤck die Peſt bei ſeiner Ankunft in ſener Stadt und ber Umgegend bis auf die letzte Spur verſchwunden ſeyn, ſo wird es doch gegen ihre Wiederkehr und die andern Mias⸗ men der Militair⸗Spitaͤler die erſprießlichſten Dienſte leiſten. Durch eine glückliche Fuͤgung der Umſtaͤnde und Beſtrebun⸗ erfahrender und wohlwollender Maͤnner wird ſich jenes chelge Mittel gegen 67 der verſchiedenſten Art, das neueſte gewa ige Kind der . oͤnigin unter den Wiſſen⸗ der Chemie, zu gleicher Zeit in Aegypten, in Grie⸗
chenland und in der Wallachei, gegenuͤber der furchtbarſten
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— *) Auch im Preußiſchen Staate befinden ſich mehrere der⸗
gleichen Fadriken, namentlich hier i
z 2 ö“ 4 8 L
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die des Hrn. Kruͤger .