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Handels⸗Kriſis. „Ewr. Maj. Guͤte,“ ſagte er unter andern, „giebt uns den Muth ein, Ihnen bemerklich zu machen, daß der unfruchtbare Boden dieſes Departements es demſelben ſehr ſchwer machen wuͤrde, ſich von ſeinen Verluſten zu er⸗

volen, wenn der Gewerbfleiß ſeiner Bewohner nicht beſchuͤtzt

unnd aufgemuntert wird. Es giebt dazu zwei Mittel: die Vollendung des ſchon lange begonnenen Canals der oberen Seine, und die Bewilligung eines Entrepots, um welches die Handels⸗Kammer fuͤr die Stadt Troyes bittet. Die Wohlthat dieſer beiden Einrichtungen würde fuͤr uns einen doppelten Werth haben, wenn wir ſie dem maͤchtigen Wit⸗ len Ewr. Majeſtät zu verdanken haͤtten.“ Der Koͤnig er⸗ wiederte: „Ich werde ſtets mit beſonderer Sorgfalt alle die Anſuchen prüfen, die an- Mich in dem Intereſſe des Han⸗ dels und in Betreff der Mittel zur Belebung deſſelben ge⸗ richtet werden. Alles was zu dem Glͤcke und dem Ruhme Meigher Unterthanen beitragen kann, wird beſtaͤndig der Ge⸗ genſtand Meiner Bemuͤhungen und Meines E rgeizes ſeyn.“ Um 8 Uhr ſetzten Se. Mafeſtaͤt ſich zur Tafel, zu wel⸗ cher die vornehmſten Behoͤrden, die anweſenden Generale und die Deputirten gezogen wurden. Nach Aufhebung der⸗ ſelben wurde ein ſchönes Feuerwerk. Patbrangt. welches der Koͤnig ſelbſt anzuͤndete. Ein Stadt⸗Ball, auf welchem Se. Majeſtaͤt bis 11 Uhr verweilten, beſchloß den feſtlichen Tag. Der Koͤnig ſowohl als die Dauphine wurden geſtern Abend in Saint⸗Cloud zuruͤckerwartet. Der Dauphin iſt am 17ten Nachmittags um 6 Uhr daſelbſt eingetroffen. Am folgenden Tage um 10 Uhr Morgens verfuͤgten Se. Koͤnigl. Hoheit ſich nach der Kirche zu St. Denis, wo die jäͤhrliche Todtenfeier fuͤr des verſtorbenen Koͤnigs Majeſtaͤt begangen wurde, und wo, außer den Herzogen von Orleans und von Chartres, auch bie Herzoge von Reggio, von Luxemburg, von Mouchy, von Grammont, das diplomatiſche Corps, die Generalitaͤt und die Behoͤrden von St. Denis verſammelt waren. Der ehemalige Biſchof von Tulle hielt das Hochamt. Ueber die Reiſe des Koͤnigs bemerkt der 8* des Chambres: Wenn es etwas Erquickendes und Erhebendes fuͤr uns giebt, ſo iſt es das Schauſpiel eines Fuͤrſten, der die Provinzen ſeines Koͤnigreiches durchreiſet und die allge⸗ meinen Beweiſe der Liebe und Verehrung in Empfang nimmt. Nur mit dem tiefſten Widerwillen haben wir in einem Journal aus der Provinz einen Artikel uͤber die Reiſe des Koͤnigs geleſen, worin man durch die abſcheulichſten Inſi⸗ nuationen zu beweiſen ſucht, daß dieſe Begeiſterung fuͤr ei⸗ nen liebreichen und von ſeinem Volke geliebten Kncs nur von einer Klaſſe der Unterthanenen ausgegangen, daß die liberale Parthei beim Anblick eines Bourbon ſtumm geblie⸗ ben ſey, daß der Koͤnig nicht die Wahrheit vernommen habe, und daß einer ſeiner Miniſter nur darum nach Strasburg vor⸗ ausgegangen ſey, um ſede mißbilligende Aeußerung uͤber das Miniſterlum zuruͤckzudrängen. Wir finden keinen Ausdruck, um ſolche Aeußerungen ſtark genug zu tadeln, und die Ur⸗ heber derſelben nennen ſich vorzugsweiſe Royaliſten! In ei⸗ nem Augenblick, wo die Provinzen noch in freudiger Aufre⸗ ung ſind, und die Liebe zum Köͤnige, die Erinnerung an ſenn⸗ Wohlthaten noch in allen Gemuͤthern lebendig iſt, ſagt man uns, daß es Einwohnerſchaften gegeben habe, die beim Anblick eines Bourbon ſtumm blieben! Nach der Meinung unſerer modernen Liguiſten häͤtte alſo der noch Unter⸗ thanen, die ſeine Regierung nicht ſegnen. ie Liberalen (und bekanntlich umfaſſen die Journaliſten dieſer Parthei unter dieſer Benennung außer ihrer Cotterie ganz Frankreich) waͤren demnach Feinde eines Fuͤrſten, dem wir unſere Frei⸗ heiten verdanken! Traurige Ausfluͤchte einer Parthei, die in der Vereinigung der Gemuͤther, in der Ruhe der Anſichten und in der Liebe der Unterthanen gegen die Krone ihren Untergang ſieht! Daß der Miniſter des Innern Sr. Maj. vorausgereiſt ſey, um mißbilligende Aeußerungen uͤber den Gang des Miniſteriums zu hindern, iſt eine abgeſchmackte und kraurige Verleumduug. Der Miniſter reiſte den Pflich⸗ ten ſeines Amtes gemäß voran, wie es Graf Corbière im vorigen Jahre that. Ueberdies muß man den kandestheil, welchen der Koͤnig bereiſt hat, wenig kennen, um zu glau⸗ ben, . die von der Gazette angegebene Vorſichtsmaaßre⸗ geln noͤthig geweſen ſeyen. In dieſen Provinzen, wie üͤder⸗ all in ; ſegnet man mit dem Namen Carl X. die Ruͤckkehr der geſetziichen Ordnung, einer geregelten und ge⸗ maͤßigten Regierung und dieſen großherzigen und ſorgſamen Royallsmus, den der Koͤnig ſeinen Räthen vorgeſchrieben hat. Gewiß, das Minlſterium hatte nicht noͤthig, den Aus⸗ druck ſolcher Gefüͤhle zurüͤckzudrängen.“ Meſſager d f Der ger des Chambres ſagt: „Wir bedauern die⸗ jenigen, welche das Schickliche des Tones, in welchem wir uns uͤber die vorige Verwaltung ausgeſprochen, nicht erkannt

Verſchwoͤrung erſuchen.

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haben. Sollten wir etwa jener heftigen Polemik beitreten, welche das vorige Syſtem beharrlich verfolgt? Es liegt nicht im Beruf des jetzigen Miniſteriums, das vorige zu beurthei⸗ len, aber wohl, die Füsaeigh und Irrthuͤmer wieder gut zu machen und die ſchaͤdlichen Folgen abzuwenden. Wuͤrde es in Frankreich, wo die Gefuͤhle der Ehre und der Schicklich⸗ keit ſo gluͤcklich bewahrt worden ſind, von der oöͤffentlichen Meinung gebilligt werden, wenn die Miniſter des Koͤnigs ſich bemuͤhen wollten, durch beleidigende Aeußerungen die Handlungen ihrer Vorgänger herabzuwürdigen? Genügt es nicht vielmehr, wenn ſie einen ſcharf bezeichneten Gang ver⸗ folgen und alle Theile der Verwaltung auf ein Syſtem zu⸗ ruͤckfuͤhren, deſſen ganze Verantwortlichkeit ſie gern uͤberneh⸗ men? Einſichtige und ehrenwerthe Maͤnner koͤnnen nicht mehr verlangen. Daß die Glieder des vorigen Cabinets ſich aus Mangel an Schicklichkeits⸗Gefuͤhl in eine heftige Oppo⸗ ſition geſtuͤrzt haben, iſt etwas gleichguͤltiges. Fuͤr das eigene politiſche Anſehen derſelben iſt es allerdings ein ſchlimmer Umſtand, denn die oͤffentliche Meinung in Frankreich beur⸗ theilt Alles richtig. Eine Regierung hat eine andere Rolle als ein Schoͤnredner. Ihr Beruf iſt, in dem Kreiſe, den ſie ſich vorgeſchrieben hat, zu handeln, und dem Vertrauen des Königs und dem Verein der beiden Kammern zu ent ſprechen. Bis jetzt tragen ihre Handlungen das Gepraͤge eines Geiſtes; Pern wird ſie für ihn verantwortlich ſeyn. Eine Verwaltung, die kaum 8 Monate ihres Daſeyns zaͤhlt, und uns in dieſer Zeit die Freiheit der Wahlen und der Preſſe gegeben hat, eine Verwaltung, welche die Ausfuͤhrung der Landes⸗Geſetze gegen ungeſetzmäaͤßige Koͤrperſchaften vor⸗ bereitet, den Secundair⸗Schulen ihren Charakter und ihre urſpruͤngliche Beſtimmung wiedergegeben, und ſo viele andere Maaßregeln von allgemeiner oder beſonderer Muͤtzlichkeit ge⸗ troffen hat, darf das Urtheil der oͤffentlichen Meinung ge⸗ troſt erwarten.“ 8

Die Gazette de France und die Quotidienne enthalten taͤglich Privat⸗Briefe, die mit Klagen uber das gegenwäaͤr⸗ tige Miniſterium angefüͤllt ſind. Der Meſſager des Cham⸗ bres antwortet ihnen: „Mit gleichen Leidenſchaften entſte⸗ hen gleiche Sitten. Es giebt nichts bequemeres als dieſe Privat⸗Briefe, worin unter dem Schleier der Anonymität alle Schlechtigkeiten und Abſurditäͤten, die man zeilenweiſe bezahlt erhaͤlt, niedergelegt werden. Man muß Lärm ma⸗ chen, um Leſer anzuziehen. Nach Inhalt eines ſolchen Schreibens in einem fanatiſchen Journale, iſt die Revolu⸗ tion im vollen Gange (nichts Neues, denn man kuͤndigt es uns bereits ſeit zehn Jahren an); unter dem Schutze der Preßfreiheit werden auf oͤffentlichen Pläͤtzen Verſchwörun⸗ gen angezettelt; die ſchrecklichſten Grundſaͤtze werden geaͤu⸗ Bert, man lobt nur Bolivar, die Fuͤrſten werden als Tyran⸗ nen betrachtet; alles ruͤſtet ſich, um zu zerſtoͤren, ſogar die Erzbiſchöfe der Kaiſerzeit und die Edelleute der Emigra⸗ tion. Dabei wird, wie billig, das Miniſterium nicht ver⸗ geſſen. Es hat Ruͤckſchritte gemacht und muß entweder wie⸗ der Terrain gewinnen oder ſtuͤrzen; der Kampf wird ſtůr⸗ miſch ſeyn, er hat in den Journalen begonnen und wird auf der Rednerbuͤhne endigen. Wenn er den Schlaͤgen der Linken unterliegt, werden die Maͤnner dieſer Seite die Fruͤchte des Sieges erndten u. dergl. m. Dies ſind lächerliche Ver⸗ muthungen, ſo blutig ſie auch klingen. Man moͤchte den Correſpondenten der Gazette wohl um einen Beweis dieſer 1 ann war das Land ruhiger, als jetzt? Und was die Ausgelaſſenheit der Preſſe betrifft, wer giebt jetzt das unangenehme Schauſpiel einer ſolchen? Was jener Correſpondent über die Lage des Miniſteriums ſagt, muß zu den tauſend und einer Abſurditaͤt gezaͤhlt werden, welche die Anhaͤnger eines alten Syſtems zum Beſten geben. Das Mi⸗ niſterium hat ſeine Stellung gleich bei ſeinem Antritte rich⸗ tig gewaͤhlt und dieſelbe nicht verändert. Es iſt weder vor⸗ geruͤckt, noch hat es ſich zuruͤckgezogen. Seine Stellung iſt wiſchen dem Throne und den Freiheiten, welche ein Aus⸗

deſſelben ſind.“

Sieben Transport⸗Schiffe mit Lebensmitteln und Lager⸗ Geraͤthſchaften ſind unter Bedeckung der Brigg „Zebra““ am 13ten d. M. von Toulon aus nach Morea unter Segel gegangen. Es hatte ſich in Toulon aufs Neue das Geruͤcht verbreitet, daß gegen Ende dieſes Monats noch eine dritte, angeblich noch ſtaͤrkere Expedition, als die beiden erſten, nach dem Peloponnes abgehen werde. Einige fremde Schiffe wa⸗ ren neuerdings in jenem Hafen gemiethet worden.

Am 15ten d. M. iſt die, von dem Herzoge von Orleans zu Dourdan, im Bezirk von Ramboulllet, geſtiftete Schule des wechſelſeitigen Unterrichts eingeſetzt worden. Die Eroͤff⸗ nung geſchah durch den Maire, welcher in einer wohl abge⸗

faßten Rede die Vortheile der Lancaſterſchen Methode her⸗ 1—