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den ſie die Wuͤnſche der Mehrheit der Nation nannte. Die naͤchſten zarteſten, populaͤrſten Angelegenheiten, fanden ſie jederzeit un⸗ erſchuͤtterlich in ihren Tractaten mit Europa. Einige exal⸗ tirte Köͤpfe haͤtten wohl gewuͤnſcht, eine thaͤtigere Rolle ſpie⸗ len zu koͤnnen; ſie klagten ihre Regierung der Gleichguͤltig⸗ keit an. Die Treue in Beobachtung eingegangener Verbind⸗ lichkeiten iſt niemals Egoismus. — Unangenehm war Boli⸗ var die abſchlaͤgige Antwort von Buenos⸗Ayres und Chili. Die Deputirten von Mexico, Guatimala und Columbien be⸗ gaben ſich auf ihren Poſten; aber die Abweſenheit ihrer Col⸗ legen vereitelte den Plan. Man ſprach von der Ungeſund⸗ heit des Clima's; eine Rede ward gehalten, aber man ließ ſich in keine Berathung ein; kurz der Congreß ward aufge⸗ loͤſet, und die beabſichtigten Gegenſtaͤnde blieben uneroͤrtert. Bolivar mußte den faſt laͤcherlich gewordenen Ausgang eines Vorſchlags bitter fuͤhlen, der als eine der hoͤchſten politiſchen Aufgaben des 41—— mit ſo viel Emphaſe angekuͤn⸗ digt worden war. 85 Den Regierungen von Chili und⸗Buenos⸗Ayres ließ er ſeine Empfindlichkeit deutlich genug merken, da ihre Weige⸗ rung weſentlich dazu beigetragen hatte, daß er ſeinen Lieb⸗ lingsplan aufſchieben mußte. Gewiß fuͤhlte er das Beleidi⸗ gende, das fuͤr ihn in den Bewegungsgruͤnden lag, auf welche ſich dieſe Weigerung gruͤndete. Indeſſen hatte man weder damals ein Recht, noch iſt man ſeitdem berechtigt worden, dasjenige fuͤr eine wirkliche Thatſache anzuſehen, was nichts
weiter als ein Verdacht geblieben iſt. ſ. In Peru verbreiteten ſich indeſſen, und vielleicht mit groͤ⸗
zerem Anſcheine von Recht, nachtheilige Geruͤchte uͤber Bo⸗
livar. In Lima war ihm die oberſte Civil, und Militair⸗ Macht anvertraut worden; durch die gaͤnzliche Ueberwaͤlti⸗ gung Canterac's in Junin und ſie Zerſtreuung ſeiner Trup⸗ pen bei Ayacucho, hatte Bolivar allerdings einen edlen Ge⸗ brauch ſeiner ausgezeichneten Gewalt gemacht. Aber ſchon ab es eiferſuͤchtige und neidiſche Perſonen, die ſich insge⸗ eim bemuͤhten, den Ruhm, den ſo gluͤckliche Erfolge auf Bo⸗ livar zuruͤckgeſtrahlt hatten, zu verdunkeln, und das Verdienſt ſeiner mehrere mal wiederholten Ablehnung der hoͤchſten Gewalt, zu ſchmäaͤlern. Die Ereigniſſe in Ober⸗Peru hatten ſeine Gegen⸗ wart erheiſcht. Die vollſtaͤndigſte Anarchie herrſchte in dieſen aus⸗ gedehnten Provinzen, die den Spaniſchen Banden, unter Olanetta's Befehl, als letzte Zuflucht dienten. Es mußte eine Verwaltung gebildet werden, und die benachbarten Laͤn⸗ der hatten einige ſehr lebhafte Zwiſtigkeiten mit dem Gene⸗ ral Sucre, der an der Spitze der Columbiſchen Huͤlfs⸗Armee ſtand und in den letzten Gefechten eine Rolle geſpielt hatte, die glänzend genug geweſen war, um den Congreß von Peru dahin zu vermoͤgen, durch einen Geſammt⸗Beſchluß ſeinem Namen den Namen des Orts hinzuzufuͤgen, bei welchem die Befreiung Amerikas entſchieden wurde. Der Kaiſer von Braſilien mißbilligte das Benehmen ſeiner Officiere, welche die freundſchaftlichen Eroͤffnungen des republikaniſchen Feld⸗ herrn mit Stolz zuruͤckgewieſen hatten. Vor Allem aber ſchien Buenos⸗Ayres geneigt, ſeine Souverainitaͤts⸗Rechte üͤber verſchiedene Provinzen Ober⸗Peru's geltend machen zu wollen, welche auch wirklich unter Spaniſcher Herrſchaft einen Theil jenes Vice⸗Königreichs ausgemacht hatten. Bo⸗ livar ſchlug vor, die Entſcheidung dieſer, ſie ſo nahe ange⸗ henden Frage, den gedachten Provinzen ſelbſt zu uͤberlaſſen. Es ward in Poteſi ein General⸗Congreß zuſammenberufen und dort einſtimmig beſchloſſen, daß die Provinzen la Paz, Potoſt, Charcas, Cochubamba Uund Santa⸗Cruz, unter der gemeinſchaftlichen Benennung von Ober⸗ Peru, eine unab⸗ hängige Regierung bilden ſollten. Dieſe neue Republik gab ch den Namen der Bolivi ; es ward eine aus 3 Per⸗ ſonen zuſammengeſetzte Verwaltung und zu deren Praͤſident der Ge Sucre ernannt. 4 unter Bollvar’'s Schutz eingefuͤhrte Regie⸗ rung, praͤſidirt von einem ſeiner Stellvertreter, unterſtuͤtzt durch eine Columbiſche Armee, wurde bald ein Gegenſtand der Beſorgniß für Chill, fuͤr die Provinzen von la Plata, und ſelbſt fuͤr Unter⸗Peru, welches, ſeiner Nachbarſchaft wegen, am meiſten den Folgen des immer ſteigenden perſoͤn⸗ lichen Einfluſſes des Befreiers ausgeſetzt war, eines Ein⸗ fluſſes, der ſich ſchon von den Ufern des Oronoco an, bis 8 den Gipfeln von Potoſi erſtreckte. Jetzt fing man an, olivar’s Stellung mit groͤßerer ſuchen; mit geheimer Beſorgniß
Aufmerkſamkeit zu unter⸗ ſah man ihn als Praͤſiden⸗
ten von Santa Fé und von Lima, und als politiſchen Wie⸗
derherſteller von Potoſt daſtehen. Eine Thatſache, die aller⸗ dings auffallend war, und Gelegenheit zu beſonderen Folge⸗ rungen darbot, ſchien den bisher nur ſchlechtbegruͤndeten Argwohn einigermaßen rechtfertigen zu wollen. theilung Columbiſcher Truppen war als Beſatzung nach
Lima gekommen, und eine gleiche Anzahl Peruaniſcher waarb
zur Dienſtleiſtung nach Columbien geſandt worden. Dieſe, einer gegenſeitigen Verbannung aus dem Vaterlande glei⸗ chende, Maßregel erregte in beiden Laͤndern Mißvergnuͤgen; indeſſen verlor ſich dieſes in der gerechten Bewunderung fuͤr den Befreier, und eine unzaͤhlbare Mehrheit der Bewohner Peru's wollte in den Soldaten nichts ſehen, als Mitbuͤr⸗ ger, die unter den Befehlen eines Chefs ſtanden, deſſen ganzes Leben bisher nur ein ſortwaͤhrendes Opfer fuͤr die Sache der Freiheit geweſen war. b 1
So ſtanden die Angelegenheiten, als die Inſurrection des General Paez, im nordoͤſtlichen Columbien, die Colum⸗ biſche Central⸗Regierung mit einer ploͤtzlichen Aufloͤſung zu bedrohen ſchien. Faſt einſtimmig kam man dahin uͤberein, daß die daſige Verfaſſung wichtigen Modificationen unter⸗ liegen muͤſſe, um den Wuͤnſchen und Beduͤrfniſſen der Ein⸗ wohner zu entſprechen. Die am Tage nach einem Siege datirten, politiſchen Maaßregeln, tragen nur zu oft den Stempel des Schlachtfeldes dem ſie ihr Entſtehen verdank⸗ ten. Wie will man von ihnen die Vollkommenheit fordern, die man nicht einmal in denen findet, welche in der Stille der Cabinette reiften? Dieſe Klagen uͤbrigens, dienten nur als Deckmantel feindlicher Abſichten, ſelbſt gegen die Regie⸗ rung von Bogota. Die ganze Provinz Venezuela gab bei⸗ nahe laut ihren Entſchluß zu erkennen, ſich fuͤr unabhaͤngig erkkären zu wollen; General Paez ſtellte ſich an die Spitze der Mißvergnuͤgten, und widerſetzte ſich allen Verfuͤgungen der conſtitutionellen Autoritaͤten von Bogota. Von der Hauptſtadt wurden Truppen abgeſandt; auf mehreren Punk⸗ ten kam es zum Handgemenge, und alles ſchien da einen
Buͤrgerkrieg anzukuͤndigen, wo fruͤher die Gegenwart eines
gemeinſchaftlichen Feindes alle Herzen durch ein und daſſelbe Gefuͤhl, durch Vaterlandsliebe vereint hatte. Nur in Boli⸗ ſah 3 das 4 ig⸗ Mittel gegen ſo viele ebel; man ſchrieb an ihn na ima; n um ſeine Ruͤckkehr. 1 BE“ In dieſer Criſis iſt es wieder die Gegenwart Bolivar's, welche Columbien von der uͤber ſie ſchwebenden Gefahr be⸗ freit. Die Erklaͤrungen der Truppen bei ihrer Ausſchiffung in Gugyaquil athmen die reinſte Ergebenheit fuͤr die beſte⸗ hende Landes⸗Verfaſſung. Bald ſtellt ſich die Ruhe in den noͤrdlichen Provinzen wieder her, und die Inſurrection von, Paez ſcheint mit ihren Bewegungsgruͤnden vergeſſen zu ſeyn. Bolivar zoͤgerte nicht; er ſchifft ſich in Guayaquil ein, zieht durch Bogota, eilt nach Caraccas, und die Waffen ent⸗ fallen den Haͤnden von Paez und ſeinen Partiſanen. Die⸗ ſen Sieg verdankt er ſeinen Dienſten, ſeinem Namen und dem Andenken ſeiner Thaten; und das dankbare Columbien allein wuͤrde ihn als ſeinen Befreier anerkennen, wenn es nicht ſchon ſeit langer Zeit von ganz Amerika geſchehen waͤre. Andere Provinzen ſahen indeſſen die Toleranz Bolivarsg egen die Empoͤrer nicht mit gleichguͤltigen Augen an. Keine eſtrafung folgte der Unterdruͤckung der Unruhen. Gener:. rale und Officlere behielten ihre Grade. Man erlaubte ſich, 5 den Gruͤnden einer ſolchen Nachſicht nachzuforſchen; die feindlilche Parthei erklaͤrte ſich dieſelben durch eine geheime
Sympathie mit den militairiſchen Ober⸗Befehlsbabern, die
ſich uͤber das Geſetz erhoben hatten. Während deſſen hatte Bolivar von Caraccas aus, auf's Neue ſeinen feſten Ent⸗ ſchluß bekannt gemacht, in's Privatleben zuruͤck zu treten, ſobald das Vaterland ſeines Armes nicht mehr beduͤrfen wuͤrde, und aus eigenem Antriebe den Congreß dazu aus⸗ erſehen, um Tages zuvor, ehe ſelbiger ſich unter der Vice⸗ Präſtdentur Santander's verſammeln ſollte, uͤber die Zulaäſe ſigkeit der Bewegungsgruͤnde, die ihn zur Abdication deſtimm⸗ ten, ſein Urtheil auszuſprechen. Doch auch dieſe Maaßregel ward verdaͤchtig, und man behauptete, er haͤtte die Anzahl der Stimmen, die ſich ſeiner Abdankung widerſetz 5 ſchon vorher gekannt.
In Perxu aber ſchritten, wahrend Bolivar's helt, die Ereigniſſe vorwaͤrts. Seine Feinde, gen, ihn geradezu anzugreifen, benutzten geſchi
Abweſen⸗ b ohne es zu wa⸗ ickt den aͤußeren⸗
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