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angefertigt; jeder Beamte, der ſeinem Eide, ſeinem Gott und ſeinem Koͤnige treu geblieben iſt, muß ſich, wenn er Mor⸗ gens den Courrier francçais, das Journal du Commerce oder den Conſtitutionnel in die Hand nimmt, darauf gefaßt ma⸗ chhen, ſeinen Namen unter den Proſcribirten zu finden. Nur Geduld! Noch Beſſeres, der 18. Fructidor, ſteht uns be⸗ vor und gaͤhrt bereits in dem Inneren unſer Angeber. Alles dies erinnert lebhaft an die ehemaligen Vehmgerichte in Weſt⸗ phalens Waͤldern, nur mit dem Unterſchiede, daß unſere Rich⸗ ter ſich nicht einmal die Muͤhe geben, die Angeſchuldigten vor ſich zu laden; den Koͤnigl. Almanach in der Hand, be⸗ zeichnen unwuͤrdige Anonyme einen Namen in den oͤffentli⸗ . chen Blaͤttern, und fortan iſt es Niemandem mehr erlaubt, vppon einem ſolchen Urtheile zu appelliren. Verdienſt und Ta⸗ lente werden zu unverzeihlichen Verbrechen, ſobald ſie ſich hinter den Namen eines Villeèlleiſten verbergen. Leute, die

3 ſich nicht gern aus ihrem Schlafe wecken laſſen, werden Euch

ſagen, dies Alles geſchehe nur in der Abſicht, die Angeſtell⸗ G ten zu verjagen und ihren Platz einzunehmen. Mit nichten! Bluarrdres Meinung iſt noch in friſchem Andenken; „in der Reevolution“ ſagte derſelbe, „muß man Alles, was man be⸗ ſtohlen hat, dem Tode weihen.“ Eben ſo denken auch un⸗ ſſere heutigen Feinde; wenn ſie nur erſt die Pläͤtze haben, mit den bisherigen Inhabern derſelben werden ſie ſchon fer⸗ tig werden; wer die Treue und Ehre verfolgt, kann in ſei⸗ nmnem Laufe nicht inne halten. Die Beiſpiele eines Straf⸗ ford, Fapras, Elio gehoͤren der Geſchichte an. Jeder mag ſich daraus ein Beiſpiel nehmen, was man von der Zukunft zu erwarten hat, wenn Maͤnner dafuͤr angeſchuldigt und be⸗ ſtraft werden, daß ſie den Geſetzen des Landes und den Be⸗ fehlen des Koͤnigs gehorſam geweſen ſind.“ s Der Meſſager des Chambres ſpricht ſich dagegen heute üuüber die Oppoſttions⸗Blaͤtter in folgender Art aus: „Die Par⸗ tthei, welche Frankreich mit ſeinem Geſchrei ermuͤdet, giebt ſſich nicht einmal mehr die Muͤhe, ihre wahren Abſichten zu verbergen. Die verfaſſungsmaͤßige Regierung, wie ſolche 2 8 durch die Charte gegruͤndet worden iſt, wird jetzt laut von ͤ als eine koſtſpielige Abſurditaͤt bezeichnet. Man kann nicht offener ſeyn. Das Land weiß jetzt wenigſtens, 8 woran es ſich zu halten hat. Die Preßfreiheit hat den un⸗ keermeßlichen Vorzug, daß ſie die Meinungen dazu verleitet, ſich uͤber kurz oder lang ſelbſt zu verrathen. So außeror⸗ ddentlich es daher war, gewiſſe Männer die Geſetzloſigkeit ddes oͤffentlichen Unterrichts vertheidigen und das Syſtem der Mponopole bekaͤmpfen zu ſehen, ebenſo natuͤrlich iſt es jetzt, daß dieſelben Maͤnner gegen die verfaſſungsmäßige Regierung laauftreten; ſie verlaͤugnen dabei ihre Natur nicht. Die kleine Aunzahl von Pairs und Deputirten, welche den Grundſaͤtzen Zweier wuͤthenden Journale bisher noch einige Aufmerkſam⸗ keAeit und einiges Intereſſe gewidmet hatten, muͤſſen doch nun klar erkennen, mit was fuͤr Leuten ſie gemeinſchaftliche Sache gemacht haben. Jetzt iſt von keiner Oppoſttion gegen ein⸗ zelne Maaßregeln eines voruͤbergehenden Miniſteriums mehr die Reede; nein, es handelt ſich um einen foͤrmlichen Widerſtand gegen Inſtitutionen, welche von unſeren Koͤnigen ausgegangen ſind, und ddie das Land gleichſam als ſein Erbtheil betrachtet. Der Kampf wird von nun an offen und auf einem genau abge⸗ ſteckten Terrain gefuͤhrt werden. Alle Freunde der verfaſ⸗ ſungsmäͤßigen Regierung, welche die Charte nicht als abge⸗

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ſchhmackt und unſeren Sitten widerſtrebend betrachten, alle 8 —* iejenigen, die Frankreich fuͤr friedlich und gluͤcklich in der Liebe zu ſeinem angeſtammten Herrſcher und den Volksfrei⸗ heeiten halten, werden ſich unter ein gemeinſames Panier Freihen. Alle Diejenigen dagegen (und wir hoffen, daß ihre Zahl nur beſchraͤnkt ſeyn werde) die unſere Geſellſchaft als eeine Art von Bagno, unſere Sitten als ungeſellig, unſere Reggierung als eine Anomalie, die Charte als ein todberei⸗ rtendes Gift betrachten, und die ſonach Frankreichs einziges —Heeeil in einer Politik ſuchen, derjenigen völlig entgegengeſetzt, ddie bisher des Landes Stolz und Kraft ausmachte; alle —ddieſe werden, jenen gegenuͤber, eine Stellung annehmen und

Grundſätze ergreifen, die man heutiges Tages zu gut kennt, aals daß man ſich noch von denſelben taͤuſchen laſſen koͤnnte. Es werden hinfuͤhro nicht mehr, weder auf der Rednerbuͤhne 8 in den oͤffentlichen Blaͤttern, Maͤnner auftreten, welche b ſich nur als Verfechter der Freiheit zeigen, wo von den Je⸗

ſnmiten die Rede iſt, im Uebrigen aber ſich in Klagen und Seufzen uͤber die unſeligen Folgen eines von unſeren Koͤni⸗

ggen beſchwornen Syſtems ergehen; vor Allem aber werden

bei den Wahlen nicht mehr Candidaten haben, die ſich

oͤffentlich für die Charte bekennen, waͤhrend ſie einer Parthei 8 angehöͤren, r. dieſelbe als ein allgemeines Truͤbſal dar⸗ 11 ſtellt. Dies iſt ſchon ein unermeßlicher Vortheil.“

* Daſſelbe Blatt (der Meffager des Chambres) bemerkt,

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daß das Journal du Commerce in einen groben Irrthum hinſichtlich der Ausgaben fuͤr 88½ Verproviantirung der Er⸗ peditions⸗Armee in Morea verfallen ſey; das Heu näͤmlich, welches den Truppen nachgeſchickt werde, koſte keinesweges 4 Fr. 30 Cent. die 5 Kilogramme, wie das gedachte Blatt ſol⸗ ches behaupte, ſondern nur, mit Einſchluß der Fracht nach Morea etwa den dritten Theil jenes Betrages, alſo 1 Fr. 43 Cent. die 5 Kilogramme *).

Mehrere oͤffentliche Blaͤtter hatten bei der Meldung von der Ankunft eines jungen Afrikaniſchen Prinzen in Havre, die Umſtaͤnde, welche denſelben an Frankreichs Kuͤſten gefuͤhrt haben, entſtellt. Der Meſſager des Chambres berichtigt dieſelben in folgender Art: Ein junger Neger, der Sohn des Haͤuptlings einer Voͤlkerſchaft an der weſtlichen Kuͤſte von Afrika, war mit mehreren andern Schwarzen in die Haͤnde eines Sclavenhaͤndlers gerathen, deſſen Schiff im vori⸗ gen Jahre durch das Franz. Geſchwader in jenen Gegenden auf⸗ gebracht worden war. Da die Regierung es fuͤr angemeſſen hielt, den jungen Menſchen ſeiner Familie zuruͤckzugeben, ſo wurde er von Cayenne nach Guadeloupe gefuͤhrt, von wo er kuͤrzlich in Havre eingetroffen iſt. Es ſind jetzt Befehle er⸗ theilt worden, ihn mit der erſten Gelegenheit nach dem Sen⸗ negal zu ſchaffen.

Der Graf von Mallarme, welcher in dieſem Augenblicke wegen Unterſchlagung von Briefen in Unterſuchung iſt, wurde im Jahr 1803 mit einem Gehalt von nur 900 Fr. bei der

oſt angeſtellt. Durch allmaͤlige Zulagen wuchs daſſelbe im

ahre 1810 bis auf 1800 Fr. an, und im Jahre 1815 wurde Hr. von Mallarme zum Bureau⸗Chef mit 3400 Fr. Gehalt ernannt, das er bis in die neueſte Zeit bezog. Alle Perſo⸗ nen, denen bisher Geldbriefe verloren gegangen ſind, werden jetzt zu ihrer Vernehmung vorgeladen. Der Conſtitution⸗ nel erwaͤhnt, bei Mittheilung der Nachricht von der Ver⸗ haftung des Hrn. von Mallarme, mehrerer Umſtaͤnde, wobei er augenſcheinlich die Abſicht verräth, den Ober⸗Poſt⸗Direc⸗ tor, Marquis von Vaulchier, mit in die Sache hineinzuzie⸗ hen; man fuͤrchte, meint er, einen Eclat, und ſinne ſonach bereits auf Mittel, demſelben vorzubeugen. (2)

Mehrere Profeſſoren an der Univerſität, welche unter dem vorigen Miniſterium entfernt worden waren, ſind in der letzteren Zeit au feine ehrenvolle Weiſe in ihr mt wieder eingeſetzt worden, unter andern der bekannte Hr. Damiron, Verfaſſer mehrerer vortrefflicher philoſophiſcher Abhandlun⸗ gen; Herr Artaud, der Ueberſetzer des Euripides, und Herr Liez, ein geſchaͤtzter Schulgelehrter.

In Lyon hat am 1. d. M. die feierliche Einweihung der neu erbauten Bruͤcke Karls X., welche an jenem Tage zum erſten Male dem Publikum geoöͤffnet wurde, ſtatt gefun⸗ den. Der Groß⸗Vicar und Delegirte des Erzbiſchofs, Herr Cattet, hielt bei dieſer Gelegenheit eine Rede, welche auf die verſammelte Menge einen tiefen Eindruck machte.

Aus Toulon meldet man unterm 3. d. M.: „Die Brigg „Ruſé“ iſt heute nach Morea, ſo wie die Goe⸗ letts „la Torche“ und die Brigg „la Capricieuſe“ nach Marſeille unter Segel gegangen, die beiden letztern um von dort aus Waaren⸗Transporte reſp. nach Morea und nach Aegypten zu escortiren. Der Oberſt Fabvier hat heute ſeine Quarantaine beendigt und wird noch dieſen Abend die Reiſe nach Paris antreten.“

Auf den Schiffswerften zu Bayonne herrſcht große Thä⸗ tigkeit; ſieben Fahrzeuge, worunter eine Corvette von 800 Tonnen, ſind im Bau begriffen.

Der Biſchof von Hermopolis iſt von einer Reiſe nach dem Departement des Aveyron vorgeſtern wieder hieher zu⸗ ruͤckgekehrt.

Herr Brunel, der bekannte Baumeiſter des Tunnels in London, befindet ſich gegenwaͤrtig in ſeiner Vaterſtadt Rouen.

Ein Schreiben aus Turin vom 25ſten v. M. meldet fol⸗ gende Begebenheit: In der auf einer großen Wieſe liegenden. Kirche des Dorfes Roncole, bei Buſello (in Piemont), wurde am 14ten v. M. grade das Feſt der Jungfrau Maria gefei⸗ ert, als gegen 3 Uhr Nachmittags in dem Augenblicke, wo die Vesper begann, ein heftiges Gewitter aufſtieg; der Blitz ſchlug in den Chor ein, und toͤdtete vier Prieſter und zwei Landleute. Der 60 Jahr alte Erzprieſter von Trescarolo, blieb dort in der Stellung eines nachdenkenden Menſchen ſitzen; neben ihm am Boden fand man den Erzprieſter von Semoriva ohne aͤußere Beſchaͤdigung, und einen Schneider von 36 Jahren. An der Chorthüͤre wurde ein anderes In⸗ dividuum gefunden, welches das Anſgh eines ruhig Schla⸗ fenden hatte. An der rechten Altarſeite lag der Erzprieſter

*) Hiernach wuͤrde der Centner etwa auf 4 Rthlr. Preuß⸗ Courant zu ſtehen kommen.

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