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Scobald die Eltern des Maͤdchens die Nachricht von

8 dem Schluß, der, uͤber die zu zahlende Summe Statt ge⸗

Feeee Verhandlungen, empfangen, werden Anſtalten zum

Ueberziehen gemacht; dieſe Vorbereitungen ſind wie gewöhn⸗

lich, von Thraͤnen und Seufzern begleitet. Die Braut, vom

Kopf bis zu den Fuͤßen in ein großes rothſeidenes Tuch ge⸗

huͤllt, ſtellt ſich der Thuͤre gegenuͤber; neben ihr ſtehen in

zwei Reihen Maͤdchen und Frauen. Die Mutter naͤhert ſich

ihr, um Abſchied zu nehmen; ſie umarmt ſie, weinet und

eht hinaus; nach ihr erſcheint der Vater, einen ſchoͤnen

Lerrazilſchen Guͤrtel in den Haͤnden haltend; ſobald er der

Tochter nahe genug gekommen iſt, mißt er ihr den Guͤrtel dreimal

an, legt ihn ihr endlich um, kuͤßt ihr die Schulter und entfernt ſich.

un ergreift einer der naͤchſten Verwandten die Braut

an der Hand, fuͤhrt ſie hinaus und hilft ihr in den Wagen

(Arba genannt), wo ſich eine Freundin der Mutter des

Braͤutigams neben ihr ſetzt; dieſe Freundin, die bei dieſer

Gelegenheit die Benennung Kuda annimmt, findet ſich jedes⸗

mal ausdruͤcklich zur Begleitung der Braut ein. Bisweilen

darf letztere noch einige ihrer ſpeciellen Freundinnen oder

weilaͤuftigen Verwandtinnen mit ſich nehmen; den naͤchſten Verwandten aber iſt es nicht erlaubt, ihr zu folgen.

Der Wagen ſetzt ſich nun in Bewegung, begleitet von Muſik und, wenn die Hochzeit in einem entfernten Dorfe vollzogen werden ſoll, von mehreren Truppen reitender Tar⸗ taren. Waͤhrend der ganzen Fahrt bemuhen ſich die jungen Reiter, ausgenäaͤhter Tuͤcher habhaft zu werden, welche die Arbeit einer von den, mit der Braut fahrenden Frauen ſind; der, dem es gelingt, ein Tuch zu erhaſchen, ſprengt in vollem Gallop davon, verfolgt von dem ganzen Haufen, von dem die Gewandteſten ſich alle moͤgliche Muͤhe geben, dem Gluͤck⸗ lichen die Beute wieder abzujagen.

Nach erfolgter Ankunft im Hauſe des Bräutigams, be⸗ eilt ſich die alte Freiwerberin, unterſtuͤtzt von den andern Frauen, das Zimmer mit den, der Braut gehoͤrigen Sachen auszuputzen; die Braut ſelbſt muß ganz allein hinter den Schirm. Unterdeſſen begeben ſich die beiderſeitigen aͤlteſten Verwandten und Freunde Mulla, um den Vertrag wegen der Ausſteuer gehoͤrig bekraͤftigen zu laſſen. Iſt das geſchehen, ſo gehen alle in die Moſchee, und findet der Fall ſtatt, daß der Braͤutigam einen Hang zum Trunke beſitzt, ſo fordert man ihn feierlich auf, zu ſchwoͤren, daß er dieſem Laſter ent⸗ ſagen wolle. 3

Nach dem Abendeſſen bringt die Freiwerberin das Braut⸗ bett in Ordnung, das mitten im Zimmer ſteht; neben dem⸗ ſelben ſtellt ſie drei Toͤpfe, von denen der mittelſte mit Rog⸗ gen, und die beiden andern mit Gerſte angefuͤllt ſind; in jedem Topf wird ein großes gelbes Wachslicht geſteckt. So⸗ bald das Bett gemacht iſt, rollt ſich die Freiwerberin drei⸗ mal uͤber ſelbiges weg, (von oben nach unten) und wäͤh⸗ rend ſie dieſe als heilig angeſehene Ceremonie vollzieht, wer⸗ fen ſich alle Umſtehende auf die Kniee und beten. Hierauf nimmt die Alte die Braut an der Hand; und ſtellt ſie vor das Bett, wo ſie unbeweglich und mit geſchloſſenen Augen ihrem Nachdenken uͤberlaſſen bleibt, bis ein Piſtolenſchuß die Ankunft des Braͤutigams verkuͤndet. In dem Augen⸗ blick wo er ſich dem Zimmer nähert, wird er von einem ſeiner Freunde, der von jetzt an, den Namen Kardaſch an⸗ nimmt, hineingeſtoßen; die Freiwerberin empfängt ihn mit der Frage ob der Teufel mit ihm gekommen ſey? Er ant⸗ wortet und Alles geht aus einander.

Vierter Tag.

Man begiebt ſich zu der Neuvermäͤhlten, die ſo wie Tags zuvor unbeweglich und in Gedanken vertieft da ſteht; es werden ihr koſtbare Kleidungsſtuͤcke angelegt, unter den Augen ſchwarze Muſchen geklebt, und die Augenbrau⸗ nen ſchwarz gefaͤrbt; die Stirn hebeckt man mit Blatt⸗ gold. So ausgeſchmuͤckt tritt ſie von 2 alten Muͤt⸗ terchen unterſtuͤtzt hinter ihrem Vorhange hervor. Die Mutter des jungen Ehemannes, mit einem Kochloͤffel in der Hand, naͤhert ſich ihr und hebt ihren Schleyer auf. Die junge Frau knieet auf ein dazu bereitetes Kiſſen nieder. Die Schwiegermutter kuͤßt ſie, weint, ſegnet ſie und giebt ihr laut den Wunſch zu erkennen, daß der Sohn ſich ſo gut gegen ſie betragen moͤge, als er es bisher gegen ſeine Mut⸗

111.“ L111ö141515155‧ ter gethan habe Dann nimmt die Freiwerberin oder die Haupt⸗Kuda den Koͤchloͤffel in der einen Hand, an der an⸗ dern die junge Frau, fuͤhrt dieſe der Reihe nach zu allen Frauen, und empfaͤngt von dieſen Geld, das in den Koch⸗ oͤffel gelegt wird, von dem ſie jedesmal beim Empfange des Geldes das ihn bedeckende Tuch luͤftet. Ehe die Gaͤſte aus⸗ einandergehen, beſchenken die Eltern der Neuvermaͤhlten das junge Ehepaar mit ausgenaͤhten Handrüchern oder mit Hem⸗ den. Die jungen Leute erhalten nach Umſtanden auch von andern Verwandten, ſo wie von den Gaͤſten, Geſchenke, un⸗ ter denen eine Kuh, ein Pferd u. ſ. w. ſchon zu den bedeu⸗ tenderen gehoͤren. Waͤhrend dieſes Alles in dem einen Zim⸗ mer vorgeht, ertheilt im naͤchſten Zimmer die Schwiegermut⸗ ter dem jungen Ehemann ihren Seegen, und tanzt mit ihren alten Freunden und Verwandten, wobei ſie wiederholentlich einen Geſang anſtimmt, der mit den Worten beginnt: „Wir feierten eine Hochzeit, die 40 Tage dauerte, wir toͤdteten 40 Ochſen, 40 Schafe u. ſ. w.“ Nach Beendigung des Tan⸗ zes entfernen ſich die Gaͤſte. Die Muſik ertoͤnt und Alle be⸗ geben ſich zum Pferderennen, das gewoͤhnlich auf einer un⸗ ebenen Strecke Landes von 18 bis 20 Werſten (ungefahr 3 deutſchen Meilen) Statt findet. 1

Einige Wochen nach der Hochzeit laden die Eltern der jungen Frau ihren Schwiegerſohn und ſeine Eltern zu ſich ein, und ſchenken bei dieſer Gelegenheit der Tochter Laͤnde⸗ reien; und beſitzen ſie dieſe nicht, Vieh oder andere noth⸗ wendige Dinge. Die Tartaren, ſo wie uͤberhanpt die Mu⸗ hamedaner, verlangen in der Regel keine Ausſteuer von der Braut; ſie tragen alle Koſten der Hochzeit ſelbſt, und ma⸗ chen ſich ſogar, wie bereits erwaͤhnt, im Fall von Trennung oder Ableben der Frau, zur Zahlung bedeutender Summen verbindlich. .

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Konigliche Schauſpiele.

Sonnabend, 18. Oct. Im Schauſpielhauſe: Kenilworth, hiſtoriſch⸗ romantiſches Gemaͤlde in 5 Abtheilungen, nach Walter Scott, fuͤr die Buͤhne bearbeitet von Lembert. 8

Sonntag, 19. Oct. Im Opernhauſe: Der Hauſirer, Oper in 3 Abtheilungen, mit Tanz; Muſik von Onslow. (Hr. Cramolini, vom K. K. zu Wien: Alexis, als Gaſtrolle.) Hierauf, zum Er le wiederholt: Die drei Sclavinnen, Divertiſſement in 1 Aufzug, vom Koͤnigl. Balletmeiſter Titus. Die Muſik iſt von mehreren Compo⸗ niſten.

Im Schauſpielhauſe: Die Schleichhaͤndler, Poſſenſpiel in 4 Abtheilungen von E. Raupach. Vorher: Trau, ſchau, wem! Luſtſpiel in 1 Aufzuͤg, von Schall.

Konigsſtadtſches Theater. Sonnabend, 18. Oct. Zum Erſtenmale: Eliſe und Clau⸗ dio. Komiſche Oper in 2 Akten, nach dem Italtaͤniſchen. Muſik von Mercadante.

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Amtl. Fonds- und Geld-Cours-Zettel. Ereuſs.

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1 Gearxnet bei A. W. Hayn. * ES‚e 8 E“

KRedacteur John, Mitredacteur Cottel.

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