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I. Den proteſtantiſchen Conſiſtorien Lieflands, Ehſtlands und Kurlands und der St. Petersburgiſchen Conſiſtorial⸗ Sitzung aufzutragen, die allergenaneſten und umſtaͤndlichſten Nachrichten uͤber alle im Lauf der Zeit eingefuͤhrte oder durch Gewohnheit zugelaſſene Abweichungen von den Vorſchriften der lutheriſchen Kirchen⸗Ordnung und der Conſiſtorial⸗Ver⸗ ordnung zu ſammeln’ und der Ober⸗Verwaltung der geiſtli⸗ chen Angelegenheiten fremder Confeſſionen vorzuſtellen. Die Conſiſtorien der Oſtſee⸗Provinzen und die St. Petersburgi⸗ ſche Conſiſtorial⸗Sitzung ſollen zu gleicher Zeit dieſe Nach⸗ richten mit ihren Bemerkungen allen Behoͤrden und Cor⸗ porationen mittheilen, welche mehr oder minder an der Kir⸗ chen⸗Ve ung Theil haben: die Erklaͤrungen dieſer Letztern ſollen Ihnen gleichfalls in dem hinzu nach Ihrem Ermeſſen beſtimmten Termin vorgeſtellt werden.

II. Nach Einziehung dieſer Nachrichten ſoll in St. Pe⸗

tersburg, unter dem Vorſitz des Senators, Geheimeraths Grafen Tieſenhauſen ein beſonderes Comite zur Entwerfung eines Projekts zu einem allgemeinen Reglement fuͤr die Pro⸗ teſtantiſch⸗Evangeliſche Kirche in Rußland errichtet werden. In dieſem Comite ſollen Sitz haben, als geiſtliche Mitglie⸗ der: der Proteſtantiſch⸗Evangeliſche Biſchof Cygnaeus, der Lieflaͤndiſche General⸗Superintendent Berg, der Profeſſor der Theologie an der Doͤrptſchen Untverſitaͤt Lenz und das Mit⸗ glied der Conſiſtorial⸗Sitzung Paſtor Ehrſtroͤm, und als weltliche Mitglieder: der Ober⸗Kirchenvorſteher in Liefland, Landrath Baron von Kampenhauſen, der Praͤſident des Ehſtlaͤndiſchen Provinzial⸗Konſiſtoriums Landrath Maydell, ein Mitglied vom Kurlaͤndiſchen Adel, welches vom dortigen Oberhofgericht zu waͤhlen iſt, und ein Deputirter aus der Mitte der St. Petersburgiſchen Lutheriſchen Gemeinden. Zur Wahl dieſes Deputirten haben die Kirchen⸗Convente beſondre Bevollmaͤchtigte zu beſtimmen, der von der Petri⸗ Pauls Gemeinde drei, die von der Annen⸗ und Katharinen⸗ Gemeinde je zwei. Außerdem wird, nach Verhandlung mit der Preußiſchen Regierung, ein Mitglied der dortigen Geiſt⸗ lichkeit zu den Sitzungen des Comite eingeladen werden, um demſelben umſtäaändliche Aufſchluͤſſe uͤber die Verordnun⸗ gen und die Verwaltung der Evangeliſchen Kirchen in Deutſch⸗ land mitzutheilen.

Dem Comité liegt ob, bei Erfuͤllung des demſelben er⸗ theilten Auftrages, unter Ihrer Obacht darnach zu ſtreben; 1) daß alle Feſtſtellungen im Projecte des neuen Reglements im genauen Einklange mit den Grundgeſetzen der proteſtan⸗ tiſch⸗evangeliſchen Kirche ſeyen, nicht nur in Hinſicht der Lehre der Glaubens⸗Dogmen in ihrer ganzen Pollſtaͤndigkeit und Unabaͤnderlichkeit, ſondern auch in den Haupt⸗Grundla⸗ gen fuͤr die kirchliche Verwaltung und ſelbſt in den Regeln, welche die wichtigſten gottesdienſtlichen Gebraͤuche beſtimmen; 2) daß hiermit zugleich dieſe Vorſchriften in vollem Maaße dem jetzigen Standpunkte der proteſtantiſch⸗evangeliſchen Kirchen in Rußland, den Beduͤrfniſſen derſelben, und der Art ihrer Beziehungen zur oberſten Gewalt und zu allen Adminiſtra⸗ tions⸗ und Gerichts⸗Behoͤrden im Reiche entſprechen.

Bei Entwerfung dieſer Vorſchriften nach der am zweck⸗ mäßigſten befundenen Ordnung, werden Sie dem Comits auftragen, die bereits vom Biſchofe Cygnaeus und dem Su⸗ perintendenten Feßler gleichfalls entworfenen Projecte 1) einer allgemeinen Verordnung uͤber das evangeliſche Kirchen⸗ Weſen; 2) einer allgemeinen Kirchen⸗Ordnung und Liturgie, in Erwögung zu nehmen. Wegen der hiebei nöͤthigen Er⸗ laͤuterungen kann der Superintendent Feßler in den Sitzun⸗ gen des Comité zugezogen werden.

g . (gez.) Nicolas. Dorf Bolgrad in Beſſarabien, den 22. Mai (3. Jun.) 1828.

Die nach vorſtehendem Ukas von den hieſigen Lutheri⸗ ſchen Gemeinen zu veranſtaltende Wahl eines Deputirten aus ihrer Mitte, welcher in dem neuorganiſirten Comité zur Entwerfung eines Projects zu einem allgemeinen Reglement fuͤr die Evangeliſch⸗Proteſtantiſche Kirche in Rußland Sitz und Stimme haben ſoll, hat am verfloſſenen 5. September in der vorgeſchriebenen Art ſtattgefunden, und iſt durch die Mehrheit der Stimmen auf den wirklichen Staatsrath Ade⸗ lung gefallen.

Am 1. O

(gte zu Helſingfors die feierliche Inau⸗ gurgtion der von Abo dahin verlegten Kaiſerlichen Alexan⸗ der ⸗Univerſttat. Die Anzahl der ſchon bei der Univerſitaͤt anweſenden Studirenden beläuft ſich auf 285, und raͤglich kommen noch Mehrere hinzu.

. Die. heſge Zeitung enthaͤlt folgende Benachrichtigung ſis Seess „Vom General⸗Hydrographen, Admiral Sa⸗ rytſchew. b weißen Meere auf dem Vorgebirge Swaͤtoi Nos, 300 Faden vom Ende deſſelben, auf einem Huͤgel von 50 Fuß Höhe bei niedrigem Waſſerſtande iſt außer den bereits

Uhlanen⸗Diviſton zubeordert,

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in dieſem Meere vorhandenen Zeichen, noch ein 6 Faden hoher hoͤlzerner Thurm erbauet, mit weißer und rother Farbe ange⸗ ſtrichen. Dieſer Thurm erſcheint gegen das Ufer 10½ Mei⸗ jien N. W. 58° bei hellem Horizont.“

Nachrichten aus Tiflis zufolge iſt der Staatsrath Gribojedow, unſer außerordeutlicher Geſandte und bevollmäͤch⸗ tigte Miniſter bei dem Schach von Perſien, den eine Krank⸗ heit dort aufgehalten hatte, am 21. September nach Perſien abgegangen.

Die Nordiſche Biene enthaͤlt einen trefflichen Ne⸗ krolog des im Auguſt d. J. verſtorbenen Generals Ben⸗ kendorf, woraus wir Nachſtehendes mittheilen:

Konſtantin (Chriſtophorowitſch) Benkendorf II., Gene⸗ ral⸗Adjutant, Generat Lieutenant und Ritter der Orden: des h. Georg 3. Klaſſe, h. Wladimir 2. Klaſſe, der h. Anna 1. Klaſſe mit Diamanten, des Koͤnigl. Preuß. rothen Adlers 2. Klaſſe, des Koͤnigl. Schwediſchen Schwerdt⸗Ordens, des Koͤnigl. Baieriſchen Maximilian und Joſeph und des Kai⸗ ſerl. Oeſterreichiſchen Leopolds, geſchmuͤckt mit den Medaillen: von 1812 für die Einnahme von Paris, fuͤr den Perſerkrieg von 1826, 1827 und 1828; dem goldnen Ehrenſaͤbel mit Dia⸗ manten, mit der Aufſchrift: „Fuͤr Tapferkeit.“ Geboren 8 1785, geſtorben bei der aktiven Armee, 1828, im

uguſt.

Das Vaterland verlor in der Perſon Konſtantin Ben⸗ kendorf's ſeinen treuen Sohn, das Heer einen geſchickten und tapfern Feldherrn, die Menſchheit einen edlen und wak kern Mann. K. Benkendorf's Aeltern beſtimmten ihn fuͤr die diplomatiſche Laufbahn. Dreizehn Jahr alt, betrat er dieſe als Junker im Collegium auswaͤrtiger Angelegenheiten, wurde 1803 zum Kammerjunker am Hofe Sr. Kaiſerl. Maj. beſtimmt und 1812 zum Kammerherrn befoͤrdert. Als aber der vaterlaͤndiſche Krieg entbrannte, loderte in ſeinem edlen Herzen die kriegeriſche Glut, genaͤhrt vom Vaterlandsgefuͤhl, empor. Er trat als Major in Dienſte, und kam in das Detaſchement des General⸗Adjutanten Baron Winzingerode, im September 1812.

In den Schlachten um Moskwa, vor Smolensk, wäh⸗ rend des Ruͤckzuges des Vice⸗Koͤnigs von Italien, und der Einnahme der Stadt Wilna, zeichnete ſich Benkendorf, ſtets an der Spitze der kuͤhnſten Partiſane, vortheilhaft aus, und erwarb ſich durch ſeine Furchtloſigkeit und Ueberlegtheit die Liebe der Untergebenen, das Vertrauen der Vorgeſetzten und die Achtung ſeiner Waffenbruͤder. Im Feldzuge von 1813 nahm er mit einem geringzaͤhligen Detaſchement ein ganzes Bataillon Weſtphaͤliſcher Infanterie in der Affaire bei Belzig gefangen und erbeutete ihre beiden Fahnen. Wäh⸗ rend der Blokade Hamburgs kommandirte er ein abgeſon⸗ dertes Detaſchement, mit ausgezeichnetem Muthe, nahm vor Rotenburg 500 Mann gefangen und erbeutete eine Kanone. Darauf trat er in das fliegende Detaſchement des General⸗ Adjutanten Tſchernyſchew, und war, an der Spitze der Avantgarde bei der Einnahme von Kaſſel, der erſte, der in die Stadt drang und den Feind warf. Bei der Eroberung Fulda’'s wußte er, durch ein geſchicktes Manoeuvre, 400 Franzoſen den Weg abzuſchneiden, ſo daß ſie ſich ihm erge⸗ ben mußten. In der Schlacht bei Hanau focht er mit glaͤnzender Tapferkeit.

Bei Duͤſſeldorf ging der Held, im Angeſichte des Fein⸗ des, 1814, über den Rhein und erntete fuͤr dieſe kuͤhne That nicht nur die Achtung und Bewunderung der Seinigen, ſondern auch der feindlichen Armec. Mit dem fliegenden Detaſchement vordringend in Feindesland, uͤberfiel er mit Blitzesſchnelle den weichenden Feind, umging, beunruhigte und verwirrte ihn in ſeinen Bewegungen. Ar Alußer den Ehrenzeichen die K. Benkendorf ſich in die ſem glorreichen Feldzuge erwarb, erhielt er im Jahre 1815 fuͤr Auszeichnung, den Obriſt⸗Lieutenants⸗Rang und eine Aller⸗ hoͤchſte Dankſagung fuͤr die Einnahme der Stadt Chalons. jor im October 1814 befoͤrdert, zum Commandeus der 2ten Brigade der iten Dragoner⸗Diviſion, im Jahre 1915, be⸗ ſtimmt, und in eben dieſem Jahre dem Diviſtons⸗Chef der Iten Ft. Eine enckraͤftende Krankheit den Felddienſt fuͤr einige

noͤthigte den General Benkendorf f wurde er der Kavallerie

Zeit aufzugeben; im Jahre 1816 . beigezaͤhlt und befand 2 ſten Mai deſſ. J. bis 1819, im Auslande zur Wiederherſtellung ſeiner Geſundheit. Mit der Ruückkehr des Beſſerbefindens erwachte aufs neue der Wunſch, dem Kaiſer und dem Staate zu dienen, und da es eben Friede war, ſo wurde Benkendorf im Jahre 1820 zum außerordentlichen Borſchafter an den Hoͤfen Koͤnigs von Wuͤrtemberg und des Großherzogs von Baden ernannt. Die diplomatiſchen Geſchäfte vermochten nicht