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Zeitung Nr.
zur Allgemeinen Preußiſchen Staats 290,
Landſchaft Frejum gewonnen, auch hat man ſeit kurzem an⸗ gefangen, denſelben in Sennaar zu ziehen. Eben daher kommt eine Menge von vortrefflichem Oel und Eſſenzen, von denen ſehr viel nach Konſtantinopel und dem uͤbrigen Europa geht. Außer den in Aegypten gewoͤhnlichen Baͤumen, Garten⸗ und Kuͤchen⸗Gewaͤchſen findet man dort auch alle Arten frem⸗ der, mit beſonderm Erfolge gepflegt. Bei den groͤßeren Städten als: Cairo, Alexandrien, Roſette, Damiette, wo ſich viele Europaͤiſche Familien niedergelaſſen haben, fin⸗ det man große Kuͤchengaͤrten, in denen alle nur moͤgliche Europaͤiſche, dahin gehoͤrigen Gewaͤchſe in reichlicher Fuͤlle gewonnen werden. Eben ſo hat der Paſcha den Seidenbau anzuregen und zu ünterſtuͤtzen ſich bemuͤht, in Ober⸗ ſowohl als in Nieder⸗Aegypten ſieht man hunderttauſende von Maul⸗ beer⸗Baͤumen, welche trefflich gedeihen. Der aus Syrien ein⸗ gefuͤhrte Seidenwurm iſt durchaus im Lande einheimiſch ge⸗ worden, im Jahre 1823 betrug die Seiden⸗Erndte 1500 Oka's oder 4000 Pfund Seide, im Jahre 1824 hoffte man ſie bis auf 10,000 Schwediſche Pfund zu bringen.“) Die Berei⸗ tung des Indigo, welche die Aegyptier ſonſt anzuwenden pflegten, machte den Farbeſtoff weniger zur Ausfuhr geeig⸗ net. Ali ließ Maſchinerieen und Pfannen aus England kommen, und die in Amerika und Indien gebraͤuchliche Be⸗ reitungs⸗Weiſe einfuͤhren, und ſo ſtieg der Ertrag ſchon 1823 bis auf 96,000 Pfd. 88 Eben ſo gehoͤrt das Zucker⸗Rohr ſeit langer Zeit Legyp⸗ ten an. Außer dem bedeutenden Theil, welcher (unzubereitet oder roh) von den Aegyptern ſelbſt waͤhrend der 2 oder 3 Monat dauernden Erndte⸗Zeit verzehrt wird, ſteigt der jaͤhr⸗ liche Ertrag doch auf 4 ½ Millionen Pfund, wovon jedoch nur ein geringer Theil ausgefuͤhrt wird. Das Rohr iſt zwar voll, aber bei weitem nicht ſo groß und ergiebig, wie das Weſtindiſche. Auch die Cultur der Oliven⸗Baͤume hat Ali ſehr befoͤrdert, und man wird mit der Zeit eine bedeu⸗ tende Quantitaͤt Oel ausfuͤhren koͤnnen. Schnelleren Ge⸗ winn verſpricht der jetzt mit groͤßerer Sorgfalt betrie⸗ bene Anbau der Baumwollen⸗ Baume; ſchon nach dem fuͤnften Jahre ſtieg der Ertrag bis auf 125,000 Quintall oder ungefahr 15 Millionen Pfund, und nach Verlauf eini⸗ ger Jahre rechnet die Regierung auf eine Aerndte von 70 bis 80 Millionen Pfund, was der Schatzkammer einen reinen Ueberſchuß von wenigſtens 4 Millionen Spaniſchen Piaſter einbringen wuͤrde *), und zu dem eigenen Verbrauch von Europa faſt hinreichen muß. Die Baumwollen⸗Staude, die weniger ergiebig und ſchlechtere Wolle liefert, als der Baum⸗ wollen⸗Baum, vernachläſſigt man jetzt ganz anzubaucn. Eben ſo wird die Kultur des afflor (carthamus tincturius), Aegypten, ſeit Alters eigenthuͤmlich, aber ſchon lange vernach⸗ läſſigt, jetzt auf des Paſchas Befehl wieder ſehr gepflegt und gewährt eine groͤßere Aerndte als abgeſetzt werden kann. Eben daſſelbe jndet ſtatt mit dem Opium, der in Aegypten jetzt ſo vortrefflich zubereitet wird, daß bald vielleicht ganz Klein⸗Aſten und die Europaͤiſche Tuͤrkei ihren Bedarf daher entnehmen werden. Der Taback, welchen das Land ſelbſt hervorbringt, iſt von ſchlechterer Qualitaͤt und wird nur von der ärmeren Volksklaſſe geraucht. Die Regierung hat aus Syrien, Salonik und anderen Gegenden, die durch guten Taback beruͤhmt ſind, Saamen verſchrieben. Gelingt der Verſuch, ſo wird der Vortheil groß ſeyn, da in Aegypten Alles, auch die Frauen, raucht. Außer dem Getreide, wo⸗ von jäͤhrlich mehrere hunderttauſend Tonnen ausgefuͤhrt wer⸗ den, und dem eben Angefuͤhrten, hat man vor einigen Jahren angefangen, Verſuche mit dem Anbau des Kaffees zu machen. Da der Boden des Landes große 2 mit dem von Arabien und Jemen hat, wo das 2 aterland des Kaffee's iſt, ſo koͤnnte Aegypten, wenn der Verſuch ſonſt gelingt, leicht in dieſer Hinſicht ein Nebenbuhler von Weſt⸗Indien werden. Lein⸗ und Seſam machen jetzt ebenfalls einen er⸗ giebigen Ausfuhr⸗Artikel. Das Oel, welches man aus dem Seſam preßt, wird von der aͤrmern Klaſſe allgemein als Nahrungsmittel, und von der reichern bei aller Art von Braten gebraucht, auch liefert er bei der Preſſung 50 pCt.
2) Nach des Schweden Lundſtedt Angaben, nach welchen uͤberhaupt die meiſten Beſtimmungen hier angegeben ſind. - Rach Lundſtedt 4 3 ö
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„gen begriffen iſt.
mehr Oel als der Leinſaamen. Es iſt uͤberhaupt mit ziem licher Wahrſcheinlichkeit anzunehmen, daß 2½ 18, 1 des Bodens ſeit ungefaͤhr 10 Jahren um das Doppelte ge⸗ gen ſonſt vermehrt haben, und daß dies immer noch im Stei⸗
Die Fabriken, welche der Paſcha anlegt werden als das Grab ſeiner Schaͤtze betrachtet. Sie ver⸗ ſchlingen ungeheure Summen und muͤſſen deſſen ungeachtet ſo lange unergiebig bleiben, als der Abſatz im Innern des Landes ſich nicht vermehrt und er nicht mit England und Frankreich zu concurriren vermag. Trotz aller Hinderniſſe faͤhrt jedoch Ali unermuͤdet in feinen Verbeſſerungs⸗Verſu⸗ chen fort, und wenn auch die meiſten ganz mißlingen, ſo rei⸗ chen doch die wenigen, welche gelingen, hin, um ihn zu im⸗ mer neuen Verſuchen aufzuregen. Doch vieles wird auch ange⸗ fangen und dann unvollendet gelaſſen; Ausdauer ſcheint in dieſer Hinſicht uͤberhaupt dem Tuͤrkiſchen Charakter nicht eigen zu ſeyn. Der Augenblick, ſein Beduͤrfniß, ſo wie ſein Vortheil ruft dies hervor, aber die Dauer vernichtet die meiſten angefan⸗ genen Projekte. Vieles, ſehr vieles iſt auch nur des Schei⸗ nes wegen, und es iſt auch ſehr die Frage, ob uͤberhaupt Fabriken in einem Lande nuͤtzlich ſind, wo das Volk dem groͤßten Theile wenigſtens nach, noch ſo weit in der Cultur zuruͤck iſt, und wo die einfachſten Producte der Erde noch ſo roh, wie ſie aus der Hand der Natur kommen, verbraucht werden. Man muß erſtaunen wenn mau mitten unter einer faſt allgemeinen Unwiſſenheit und — nach dem Aeußern zu ſchließen — mitten unter der groͤßten Armuth und dem groͤß⸗ ten Elende, auf Manufacturen und Fabriken ſtoͤßt, welche in Hinſicht ihrer mechaniſchen und chemiſchen Grundlagen zu den neueſten und raſſinirteſten Erfindungen des Europai⸗ ſchen Kunſtfleißes gehoͤren. Aber wenn dieſe techniſchen und mechaniſchen Wunderwerke auch außer ihrer Sphäre zu ſeyn ſcheinen, indem man ſie auf dem Boden Aegyptens erblickt, ſo ſieht man auch mit einem gewiſſen widrigem Gefuͤhl, wie ſie alle mehr oder weniger, dem Untergang entgegengehen, der zu allen Zeiten und in allen Laͤndern Folge voreiliger Schoͤpfungen war. Dies iſt ſchon mit den Tuch, und Baum⸗
wollen⸗ Fabriken in Cairo der Fall, wovon mehrere har ſchon bei ihrer Errichtung aufgegeben
roße Tuchfabrik in Balalt (eine der Vorſtaͤdt 1
am Nil) koſtete der ee. e 686 dem das Gebaͤude dazu eingerichtet, der groͤßte Theil der Materialien dazu angeſchafft, ward es in eine Kaſerne um⸗ gewandelt. Daſſelbe Schickſal ſcheint andern zu drohen, doch beſteht noch die daſelbſt von dem Franzoſen Jomel er⸗ richtete ſchoͤne Baumwollenſpinnerei und Weberei, nach ſei⸗ nem Tode im Jahre 1823 iſt ſie ſogar unter Aufſicht eines Eingebornen geſtellt. Es werden noch jetzt darin alle Arten von Baumwollen, Schawls, Kattune, Neſſeltuch und ge⸗ bluͤmte Stoffe angefertigt. In dem naͤmlichen Gebaͤude wo die rohe Baumwolle in die ſchoͤnſten Gewebe Orientaliſcher Erfindung verwandelt wird, iſt nicht allein noch eine Drucke⸗ rei ſondern auch Werkſtätten und Gießereien zur Verferti⸗ gung und Ausbeſſerung aller der Maſchinen, Formen und Werkzeuge, welche in den verſchiedenen Fabriken noͤthig ſind, vorhanden. In einem der Fluͤgel iſt ein Streckhammer der 400 Pfund wiegt. Die Triebkraft der Maſchinen iſt wie uͤberall in Aegypten, der Ochs. Kommt die ganze Fabrik in Thaͤtigkeit ſo liefert ſie auf mehr als hundert Stuͤhlen täglich 130 — 150 Pfund Baumwolle verarbeitet und beſchaͤf⸗ tigt im Ganzen mehr als 1000 Menſchen. Eine andere faſt eben ſo große aber nach anderen Grundſaͤtzen eingerichte Baumwollen⸗Fabrik befindet ſich in der Stadt, die meiſten
Arbeiter dabei ſind jetzt ſchon Eingeborne, einige aus Frank⸗
reich und Italien verſchriebne leiten das Ganze. Aber durch den hohen Arbeitslohn, welchen die dabei beſchaͤftigten Europaͤer erhalten, durch den großen Koſtenaufwand welchen die Her⸗ beiſchaffung einer Menge von Maſchinen und Werkzeuge, die im Lande ſelbſt noch nicht verſertigt werden koͤnnen, verurſacht, werden die hier fabricirten Artikel ſo theuer, daß ſie um die Haͤlfte billiger und eben ſo gut vom Auslande bezogen werden koͤnnen. Am beſten gelingt die Fabricirung von Pulver, indem die dazu noͤthigen Beſtandtheile in ganz Aegypten in Ueberfluß gefunden werden. Ein durch Schiff⸗ bruch dahin verſchlagener Italiener, Baffi, hat dieſem In⸗ duſtrie⸗Zweig einen, ungewoͤhnlichen Schwung gegeben; jetzt
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