1I v 1“ Angelegenheit in Morea gefuͤhlt, welche durch den allmaͤligen Abgang der Aegyptier und dadurch, daß man ſich Tuͤrkiſcher Seits aller Feindſeligkeiten enthalten hat, faſt als enrſchieden zu betrachten iſt. Daher hat die innere Polemik ſeit einiger Zeit faſt ausſchließlich Schriftſteller und Leſer beſchaͤftigt, und da auch dieſe keine auffallende Neuigkeit darbot, ſo verſuch⸗ ten die Blaͤtter, denen der gewoͤhnliche Gang der Dinge et⸗ was zu trocken vorkam, die Monotonie (die uͤbrigens ein Gluͤck iſt, weil ſie von Ruhe zeugt) durch lebendige Schilderungen der Vergangenheit und durch Streifzuͤge ins Gebiet der Zu⸗ kunft etwas zu beleben. Die einen, man erraͤth leicht, daß wir die Quotidienne und Gazette meinen, haben das Thema der fortſchreitenden Revolution und der Verwandt⸗ ſchaft des Miniſteriums mit der Hoͤlle wieder aufgenommen. Die anderen, und vornehmlich der Courrier, haben von der alten Verwaltung geſprochen, und das jetzige Miniſterium als eine Fortſetzung des gefallenen Syſtems angefochten. Von einer Seite rief man den Miniſtern zu: „Ihr ſtuͤrzt Euch in den Abgrund der Neuerungen“, von der andern: „Ihr verirrt Euch in das Geleiſe der Vergangenheit’“. Dieſe beiden ſo verſchiedenen Anklagen haben taglich zu mehr als vier Artikeln Stoff gegeben, und wenn das Miniſterium nicht durch einen neuen Act das Repertoir etwas andern ſollte, ſo ſind wir in Gefahr, dieſelben Sachen bis zur näͤch⸗ ſten Sitzung zu hoͤren. Dennoch iſt es gut, Klagen zu eroͤrtern, wiewohl ſie ſich widerſprechen, oder eben darum, weil ſie ſich widerſprechen. Die Geiſter, welche ſich nicht durch Worte ein⸗ nehmen laſſen, werden unſer Miniſterium eben ſo wenig fuͤr re⸗ volutionair halten, weil die Gazette es ſagt, als fuͤr ruͤckſchrei⸗ tend, weil der Courrier dieſe Verſicherung giebt. Sie werden vielmehr geneigt ſeyn, dem Miniſterium den Namen eines legalen zu bewahren, den es verdient hat, den ihm die vo⸗ . Sitzung der Kammern gegeben hat, und den es ſich beemuüͤhen wird, durch Geſetze, die mit der Charte in Harmo⸗ nie ſtehen, zu rechtfertigen. Aber wer buͤrgt uns fuͤr dieſe Geſetze und wohlthaͤtigen Einrichtungen, werden ungeduldige Richter ſagen, welche mehrere Commiſſionen mit ſolchen Ent⸗ wuͤrfen beſchaͤftigt ſehen, aber die Commiſſionen nicht lieben. Was uns für dieſe Geſetze buͤrgt, iſt die Nothwendigkeit, ſie
in dem zwiefaͤchen Intereſſe des Thrones und der oͤffentli⸗ chen Freiheiten abzufaſſen, und von den Commiſſionen weiß man, daß ſie viel Licht in die Gegenſtande bringen, und der Ausfuͤhrung des Guten keine Hinderniſſe in den Weg ſtellen.
as Miniſterium hat in der Ausfuͤhrung der geiſtlichen Verordnungen gezeigt, was man von ihm erwarten darf, ſobald es von der Gerechtigkeit einer Sache uͤberzeugt iſt. Das Beſte fuͤr gewiſſe etwas leidenſchaftliche Forderungen, die ſich in vergangener Woche hoͤren ließen, duͤrfte daher ſeyn, daß ſie gerechter werden.“ 8 . un Eben dieſes Blatt ſpricht ſich uͤber die bisherigen Keſultate der Expedition nach Morea in folgender Art aus: „Die letzten Depeſchen aus Morea laſſen nicht 8 den mindeſten Zweifel uͤber das Gelingen des Unternehmens. JIvbrahim und mehr als 20,000 ſeiner Aegyptier ſind vor Frankreichs Frieden verkuͤndendem Paniere gewichen und der Helleniſche Boden iſt befreit. Die hochherzigen Gemuͤther werden jauchzen bei der Nachricht, daß Griechenland nach 3 ſechs Jahren ſchwerer Kaͤmpfe endlich frei athmet, und die politiſchen Geiſter werden die Bemerkung machen, daß zwei⸗
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gemeinſchaftlich beſtandenen Gefahren auf dem Kampfplatze bei Navarin, zum zweiten Male auf dem Wege der Unter⸗ handlungen begegnet haben. Es iſt ruhmwuͤrdig fuͤr Frank⸗ wie fuͤr England, daß ihr gutes Einverſtaͤndniß ſich ſolchergeſtalt von der Ausführung eines Vertrages und eines SEuropaiſchen Aectes des Patriotismus herſchreibt. Der Ge⸗ neral Maiſon wird mit ſeinen Tapfern das geſchickt begon⸗ nene Werk vollenden; er wird noͤthigenfalls von der Gewalt der Waffen erlangen, was durch die Unterhandlungen und Ibrahims Abzug noch nicht erledigt ſeyn moͤchte, und dadurch die Ruhe jenes Landes dauernd ſichern, wo hinfuͤhro kein crriſtliches Blut mehr fließen wird. Man darf alſo behaup⸗ ten, daß unſere Expedition nach Morea, ſtatt einer ritterlichen Unvorſichtigkeit, wie gewiſſe Zeitungen ſie genannt haben, beald ein Pfand der Sicherheit und ein Lorbeerzweig mehr faͤr unſer Land ſeyn wird. Wir ſetzen einigen Stolz darin, disſe gluͤcklichen Reſultate herauszuheben, und dieſe kleine Rache iſt uns wohl erlaubt gegen die ſchmaͤhlichen Prophe⸗ eiungen der Gazette und der Quotidienne, welche ſich ſchmei⸗ chelten, haß die Expedition unſerm Lande und dem Panjere einige Erniedrigung bereiten wuͤrde. Dieſe die Bertande seeſen jetzt, dem Himmel ſey gedankt, Der Meſ ager des Chambres äußert in einem
u.“.“
Auf ſatze
2 lange Zeit auf einander afeüchtige Vöͤlker ſich, nach den
uͤber die gegenſeitige Stellung der Ruſſen und Turken Folgendes: „Die uͤber Berlin uns zugekommee nen Kriegs⸗Buͤlletins befriedigen nur unvollkommen die Neugierde fuͤr die Ereigniſſe im Orient. Dieſelben be weiſen jedoch, daß es uͤbertrieben iſt, wenn man Ruß land als niedergebeugt und die Pforte als triumphiren betrachtet. Man kann es nicht oft genug wiederholen: di Nachrichten vom Kriegstheater muͤſſen mit der groͤßten Be⸗ hutſamkeit aufgenommen werden. Zu viele Leidenſchaften ſind im Spiele, als daß man in Berichten, die ſich uͤber Eu⸗ ropa verbreiten, voͤllige Unpartheilichkeit zu finden hoffen duͤrfte. Es iſt uͤberdem ſo ſchwierig, Nachrichten von beiden kriegfuͤhrenden Theilen zu erhalten, daß nothwendig den Ver⸗ muthungen und irrigen Behauptungen das weiteſte Feld of⸗ fen bleibt. In Ermangelung poſitiver Angaben uͤber die Ereigniſſe ſey es uns daher vergoͤnnt, unſern Leſern einige Bemerkungen uͤber die Lage beider Maͤchte vorzulegen, deren Genauigkeit nicht in Zweifel gezogen werden darf. Erſt ſeit ſechs Monaten ſind die Feindſeligkeiten eroͤffnet worden, und ſchon hat der Sultan Alles unter die Waffen geſtellt; Rußland dagegen ordnet in dieſem Augenblicke ſeine erſten Aushebungen an, ohne daß ſich gerade Noth dazu zeigt, und nur vier Menſchen von 500 waffenfaͤhigen Unterthanen ruft es auf. Das Ösmanniſche Reich hat keine feſten Einnahmen, die verwuͤſteten Laͤndereien bleiben unbebaut liegen, der Ertrag der Zoͤlle iſt verſtegt, und die Haͤlfte der Provinzen erkennt die Oberherrſchaft des Sultans nicht an, oder fuͤhrt gar Krieg mit ihm; in Rußland dagegen geht Alles wie zur Zeit des tiefſten Friedens her. Mahmud hat die Quelle der Guͤter⸗Einzichungen erſchoͤpft; Rußland benutzt die Kraͤfte der von ihm beſetzten Provinzen zu ſeinem Vortheile. Man weiß, welche ungeheuren Natural⸗Lieferungen die Fuͤrſtenthuͤ⸗ mer leiſten. Der Weg des Staats⸗Credits hat der Tuͤrker nie offen geſtanden, Rußland hingegen hat ſeine Anleihen an den verſchiedenen Boͤrſen Europa’'s gemacht. Mahmud haͤlt nur durch die A ſeines Charakters die Muſelmänner unter den Waffen, und iſt in jedem Augenblick mit einer En⸗ poͤrung der Rajahs bedroht; in Rußland iſt der Krieg na- tional, der Soldat marſchirt mit Begeiſterung in's Feld, keine Deſertion iſt zu befuͤrchten, und die Ruhe im Innern iſt ſo ſicher, daß man an die Aufrechthaltung derſelben gar nicht zu denken braucht. Bei Annaherung des Winters kel⸗
ren die Tuͤrkiſchen Rekruten in ihre Heimath zuruͤck, es iſt unmoͤglich, ſie laͤnger unter den Fahnen zu erhalten; bei den Ruſſen iſt die Kriegszucht zu allen Jahreszeiten dieſelbe. Die Lage der Tuͤrken im Norden des Balkans iſt in Bezug auf das Klima faſt dieſelbe, wie die der Franze⸗ ſen im Jahre 1812 auf dem Marſche nach Moskau; die Ruſſen, wenn ſie im Winter die Operationen fortſetzen, ge⸗ hen einer beſſeren Temperatur entgegen, und haben jenſeits des Haͤmus kaum ſechs Wochen Kalte zu uͤberſtehen, und welche Kälte haben die Voͤlker des Nordens wohl am Bosporus zu befuͤrchten? Die Lager der Tuͤrken in Schumla und ihre Vertheidigungs⸗Linie koͤnnen ihre Vorraͤthe nur von den Ufern des Marmora⸗Meeres beziehen; dieſe muͤſſen, um zu dem Heere zu gelangen, in der Regenzeit durch die Engpäͤſſe des Valkans gebracht werden. Die Ruſſen als Herren von
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Varna und demzufolge auch von Siſſeboli, Burgas u. ſ. w. koͤnnen ihre Lebensmittel und andere Beduͤrfniſſe aus der Krimm und Odeſſa erhalten. Vergebens wendet man ein, daß die Winter⸗Nebel auf dem Schwarzen Meere ſechs Mo⸗ nate des Jahres hindurch dauern; es ſind in dieſer Zeit eben ſoviel helle Tage, und 40 Stunden reichen zur Ueberfahrt von der Ruſſiſchen Kuͤſte nach Varna hin. Eine einzige verlorene Schlacht zerruͤttet das Reich des Halbmondes, die Einnahme von Konſtantinopel lahmt dieſen großen Koͤrper, der dann jedes militairiſchen Punktes beraubt iſt; denn in dieſer Stadt iſt das ganze Reich. Zwanzig erlittene Nach⸗ theile, und wenn ſie noch ſo ernſthaft ſind, bringen in die Operationen der Ruſſen nichts als eine Verzoͤgerung. Dieſe Vergleichung der Stellung beider Maͤchte gegen einander, ließe ſich bis in die kleinſten Details verfolgen, und wuͤrde in allen Puͤnkten daſſelbe Reſultat geben. Das von uns Geſagte reicht fuͤr den verſtaͤndigen und unpartheütſchen Leſer hin, um ſich ein Urtheil uͤber den Ausgang jenes Kampfes zu bilden, der die allgemeine Aufmerkſamkeit be⸗ ſchaͤftigt. Unſer Zweck iſt nicht, durch dieſe Betrachtungen uͤber die eine Macht, guͤnſtigere Anſichten auf Koſten der ar⸗ deren zu verbreiten, ſondern nur gegen falſche Nachrichten und uͤbertriebene Geruͤchte diejenigen vorſichtig zu machen, welche, ohne Ruſſen oder Tuͤrken zu ſeyn, genaue und unpartheiiſche Angaben verlangen, um entfernte Begebenhet⸗ ten zu beurtheilen.“ 2
Das bekannte Eüamsi omnes, ego non des Cardinal