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Piedeſtal erblickte man die Buͤſte des Monarchen zwiſchen zwei Colonnen, welche die Namen der Staͤdte und Feſtungen zeigten, die waͤhrend der beiden letzten Feldzuͤge ſich den Ruſ⸗ ſiſchen Waffen unterworfen haben. Am Fußgeſtelle grub die Muſe der Geſchichte mit ihrem Griffel die Worte Caesar et pater ein, die der Nachwelt die Thaten und die Guͤte des großen Kaiſers verkuͤndigen. Aus dem Pavillon war durch die Allee das ganze alte Kiew, mit zahlloſen Freudenfeuern, zu ſehen. 1 Ihre Majeſtat wurde an der Gartenpforte von dem Gouvernements⸗Marſchall, als Wirthe, und den angeſehen⸗ ſten Beamten empfangen; das Volk begruͤßte den Durchlauch⸗ tigen Gaſt mit einem lautſtimmigen Hurrah! Die Muſik ertoͤnte von allen Seiten; viele der maleriſchen Inſeln auf dem Dneyr, ſo wie deſſen jenſeitig Ufer, glanzten von hohen Flammen, der Strom war mit einer Menge erleuchteter Schiffe bedeckt. Um 9 Uhr kehrte Ihre Majeſtat in offener Equipage heim. Die Fahrt glich einem Triumphzuge; das Volk draͤngte ſich um den Wagen und erfuͤllte die Luͤfte mit Jubelgeſchrei. Es blieb noch vor dem Hotel das die Kaiſe⸗ rin bewohnte, verſammelt, bis Mitternacht, wo Ihre Maj. Sich in die innern Gemaͤcher zuruͤckzuziehen geruheten.

Ein gleiches Gewuͤhl fuͤllte die Straßen, die Feſtung und das Strom⸗Ufer am 2. Oct., als dem Tage der Abretſe der Kaiſerin. Um 10 Uhr Vormittags begab Ihre Maj. Sich in die St. Nicolai⸗Kloſter⸗Kirche und von dort um 11 Uhr, nach verrichteter Andacht und einem in den Zimmern des Hochwuͤrdigen Metropoliten eingenommenen Fruͤhſtuͤck, weiter auf den Weg. Die Abreiſe der Landes⸗Mutter wurde durch Kanonen⸗Salven und Glockengelaͤute verkuͤndigt. Der Herr Kriegs⸗Gouverneur und ein Ehren⸗Detachement der Buͤrger⸗Cavallerie gab Ihrer Maj. das Geleite. Das Ufer des Dnepr und die gegenuͤber liegenden Anhoͤhen wimmelten von Menſchen, die noch einmal den erhabenen Gaſt mit ih⸗ rem Hurrah begruͤßten und noch lange mit den Blicken be⸗ gleiteten.

Schon um 11 ½⅞ Uhr paſſirte die Kaiſerin die Graͤnze des Gouvernements Tſchernigow; doch hat Ihre Maj. in den Herzen Aller das Gefuͤhl der innigſten Verehrung fuͤr die chriſtliche Froͤmmigkeit und die Großmuth zuruͤckgelaſſen, womit Allerhoͤchſt Sie waͤhrend des Aufenthaltes in Kiew, Ihre Liebe zum Volke und Ihr Mitleid zu bezeichnen geru⸗ hete, indem Sie durch Unterſtuͤtzungen und milde Spenden das Loos vieler Familien erleichterte.

Mittelſt Kaiſerlichen Tagsbefehls aus Odeſſa vom 29. Auguſt iſt der General⸗Adjutant, Graf Paskewitſch von Erivan, zum Chef des Regiments Schirwan, und der Ge⸗ neral⸗Major Prigara, Chef der dritten Brigade der zweiten Infanterie⸗Diviſion, zum Commandeur der 17ten Infante⸗ rie⸗Diviſion ernannt worden.

Nach einer von Sr. Maj. dem Kaiſer genehmigten Miniſterial⸗Verfuͤgung ſoll die Feſtung Anapa dem Tauſch⸗ markte von Bughas gleich geſtellt werden; die von Anapa kommenden Waaren koͤnnen, wenn ſie durch Beglaubigungs⸗ Scheine der Orts⸗Behoͤrde uͤber ihre Herkunft aus dieſer Gegend darthun, freie Einfuhr in Rußland genießen.

Im Laufe dieſes Jahres und bis zum 1. Sept. ſind in den Haͤfen Rußlands eingefuͤhrt worden: 1,708,689 Pud Salz, 710,281 Pud Kandiszucker, 266,880 Pud Farbehoͤlzer, 220,775 Pud geſponnene Banmwolle, 147,245 Pud Oliven⸗ Oel, 141,137 Pud Blei, 98,180 Pud Kaffee. Ausgefuͤhrt ſind dagegen: Holz fuͤr 5,794,422 Rubel, 3,121,838 Pud Talg, 2,121,326 Pud Lein, 2,710,538 Pud Hanf, 859,610 Pud Eiſen in Barren, 88,270 Pud Kupfer, 1,237,912 Tſchetwerts Getreide, 371,507 Pud Pottaſche, 289,716 Pud Leinen und Hanf⸗Hel, 182,373 Pud rohe und baarbeitete Haͤute.

8 Die St. Petersburgiſche Handels⸗Zeitung enthält im heutigen Blatte ein vom 21. Oct. datirtes Reglement uͤber die Einrichtung der Ausſtellung Ruſſiſcher Manufactur⸗Er⸗ teugniſſe in St. Petersburg, die am 9. Mai 1829 ihren Anfam nehmen und bis zum 1. Juni deſſelben Jahres dau⸗ ern ſo Die kuͤnftigen Ausſtellungen ſollen jedesmal im dritten oder vierten Jahre beſonders anberaumt werden. Unterdeſſen kann auch, wie es in dem Reglement heißt, in Moskau eine Ausſtellung eingerichtet werden. Der Zutritt wüad ſebermann unentgeldlich freiſtehen. Fuͤr Fabrikate, die Steuer 82 Pssfellung verkauft werden, zahlt man weder Ausgaben wat Ke. zur Beſtreitung der außerordentlichen Es Dend der Reichsſchatz die noͤthigen Summen an⸗ Local zur Ausſtellung giebt die Regierung her.

Fuͤr ausgezeichnete Fabei⸗ 9 g gierung Preismedaillen, oͤffentki ate werden goldene und ſilberne aen che Belobungen und ehrenwerthe Er⸗

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wähnungen, und fuͤr ausgezeichnete Hausfabrication oder Arbeiten der Handwerker, Geldpraͤmien ertheilt werden.

Ferner theilt dieſe Zeitung den neuen Special⸗Tarif fuͤr die Waaren mit, welche aus Finnland nach Schweden aus⸗ geführt werden, in welchem, gegen die Beſtimmungen des allgemeinen Ruſſiſchen Zoll⸗Tarifs, die Zollabgaben in Schwediſchen Riksdalers, klingender Muͤnze, oder in Schwe⸗ diſchen Bankbillets zum Werth, wie der Cours am Anfange jeden Jahres feſtgeſetzt wird, entrichtet werden ſollen. 8

Nachrichten aus Liebau vom 9. d. M. zufolge wurden am 3. in der Naͤhe dieſer Stadt, die Truͤmmer eines Schif⸗ fes, zerriſſener Seegel und Kleidungsſtuͤcke, die das Meer an die Kuͤſte geworfen, bemerkt. Am naͤchſten Morgen ward ein umgeworfenes Schiff in einer Entfernung von 200 Fa⸗ den vom Ufer ſignaliſirt, und alle Veranſtaltung getroffen, um zu retten, was moͤglich war. Nach dem umherſchwim⸗ menden Weizen, Roggen und Leinſaat zu urtheilen, hatte das Schiff Getreide geladen, ſo wie die gefundene Inſchrift Thusnelde von Memel es glauben macht, daß es ein Preußiſches Fahrzeug iſt.

Frankreich.

Paris, 24. Oct. Die Bezirks⸗Wahl⸗Collegien zu Ca⸗ ſtelnaudary (Dept. des Aude), zu Beſancon (Dept. des Doubs) und zu Dieppe (Dept. der niedern Seine) ſind auf den 26. Dez. d. J. zuſammenberufen worden, um an die Stelle der mit Tode abgegangenen Mitglieder der Deputir⸗ ten⸗Kammer, des General⸗Lieutenants Grafen Andreoſſy, des Herrn Jobez und des Grafen von Malartic andere Depu⸗ tirte zu waͤhlen.

Faſt alle hieſige Zeitungen commentiren heute, eine jede in ihrem Sinne das (geſtern mite ſetheilte) Rundſchreiben des Miniſters des Innern an die Praͤfekten. Die Gazette die France ruft ironiſch aus: „Welcher Muth gehoͤre von. Seiten der Miniſter nicht dazu, ſolche wirkſame Befehle zu geben, um der Geſellſchaft die Furcht vor den leitenden Aus⸗ ſchuͤſſen zu benehmen! Welche ſchoͤne Buͤrgſchaft fuͤr das Kö⸗ nigthum gegen die Eingriffe dieſer neuen Gewalt im Staate! Welche Beruhigung fuͤr den Buͤrger gegen die Bedruͤckungen der ſogenannten Wahl⸗Ausſchuͤſſe! Ruhm und Ehre der ſchuͤz⸗ zenden Verwaltung, welche auf die Beſorgniſſe der Wohlge⸗ ſinnten durch ein ſo entſcheidendes Circulare antwortet!" Der TCourrier frangais. aäͤußert dagegen: „Man braucht dieſes Circulare nur zu leſen, um ſich von der vöoͤlligen Nutzloſigkeit deſſelben zu uͤberzeugen. Noch nie haben die berathenden Wahl⸗Ausſchuͤſſe ſich collectiv an die Praͤfekten gewandt; noch nie haben ſie einen oͤffentlichen Charakter angenommen. Die Mitglieder derſelben wiſſen recht gut, daß ſie nur individuell auftreten duͤrfen. Der Miniſter haͤtte daher beſſer gethan, wenn er vielmehr die Präͤfekten an den Inhalt des Geſetzes vom 2. Juli erinnert haͤtte, da einige derſelben, in Folge einer unbegreiflichen Un⸗- kenntniß jenes Geſetzes, von dritten Perſonen, welche Na⸗ mens der Waͤhler Reclamationen anmelden, gerichtliche Voll⸗ machten verlangt haben. Das gedachte Rundſchreiben, weit eutfernt, ſeinen Zweck zu erreichen, erſcheint ſonach nur als partheiiſch. Herr von Martignac hat dadurch bloß die Par⸗ thei, welche uͤber den angeblichen leitenden Ausſchuß ſo ge⸗ waltigen Lärm gemacht hat, beruhigen wollen; er will die achtbaren Buͤrger, deren Eifer in der Läuterung der Wahl⸗ Liſten und in der Aufmunterung der Wäͤhler wir den, Fall der beklagenswerthen Verwaltung zu verdanken haben, ent⸗ muthigen. Wir hoffen aber, daß das unzeitige und unnüͤtze Circulare des Miniſters eine, dem beabſichtigten Zwecke ſchnur⸗ ſtracks zuwider laufende Wirkung haben werde. Die Provin⸗ zen werden mehr als je fuͤhlen, wie nothwendig es iſt, auf die Eintragung aller wahlfähigen Buüͤrger und auf die Ausſtrei⸗ chung aller unberechtigten zu dringen. Die Beibehaltung von faſt ſaͤmmtlichen Beamten der Villsleſchen Verwaltung, verbunden mit dem jetzigen Feldzuge gegen die Wahl⸗Aus⸗ ſchuͤſſe, beweiſen klar, daß es dem Miniſterium nur darum zu thun iſt, ſich der Contre⸗Revolution willfäͤhrig zu zeigen, und die Erfahrung hat uns hinlaͤnglich gelehrt, daß, wenn eine ſolche Hinneigung einmal vorhanden iſt, dieſelbe keine Graͤnzen mehr kennt.“ Das Journal du Commerece iſt gerechter. „Die Freunde der geſetzlichen Freiheit,“ ſagt daſſelbe, „koͤnnen den von dem Miniſter des Innern in ſei⸗ nem LCirculare ausgeſprochenen ſtaatsrechtlichen Principien nur ihren Beifall zollen. Es iſt vielleicht das erſtemal ſeit der Wiederherſtellung der verfaſſungsmaͤßigen narchie, daß die Regierung den Buͤrgern ſo frei und offen ihre Wahlrechte zuerkennt; ſie hegt dabei nicht vorweg einen beleidigenden Argwohn gegen die Wahlhderechtigten: ſie uͤberlaͤßt ſie vielmehr ſich ſelbſt, und wartet mit ihren Einſchreitungen, bis etwa ſtrafbare Handlungen dieſelben

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