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Berlin,

Sonntag den 2ten

November.

82 Amtliche Nachrichten.

Kronik des Tages.

Abgereiſt: Der Kaiſerl. Ruſſiſche Feldjäger Woro⸗ now, als Courier nach St. Petersburg.

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Zeitungs⸗Nachrichten. Ausland.

8* Frankreich Paris, 26.

Oet. Des Koͤnigs Maj. ſind geſtern Nach⸗ mittag in Begleitung des Dauphins und der Dauphine aus Fontainebleau wieder in den Tuillerien eingetroffen.

Zu den bevorſtehenden Beluſtigungen am St. Carlstage (4. November) werden in dem Garten der Tuillerien Ta⸗ rusbaͤume aufgepflanzt und in den Eliſaͤiſchen Feldern Orche⸗ ſter und Theater errichtet.

Der Meſſager des Chambres enthaͤlt unter der Rubrik: „Beleuchtung der neueſten Nachrichten vom Kriegs⸗ Schauplatze“ Folgendes: „Die durch die Allgemeine Preuß. Staats Zeitung publicirten Ruſſiſchen Armee⸗Berichte tra⸗ gen den Stempel der groͤßten Freimuͤthigkeit an ſich, denn ſie räumen Verluſte und einen ernſtlichen Widerſtand ein, während die Redacteurs der Nachrichten, welche uns aus Buchareſt und Konſtantinopel zugehen, nicht einmal daran

ccht haben, das Publikum von erwas dem Aehnlichen zu unterrichten. Dieſer Unterſchied in den Bekanntmachungen beider Theile iſt wohl zu bemerken. In der Tuͤrket iſt es nicht uͤblich, öͤrmliche Buͤlletins uerlaſſen. Die Pforte verſchmaͤht den Vei⸗ fall der uͤbrigen Nationen, die ſie bekanntlich ſeit jeher verachtete. Zu mit ihrem Einfluſſe auf den Geiſt ihrer Unterthanen, Beſetegeachvelent, um die Meinung des Volkes zu beherrſchen oder um in ihm das kriegeriſche Feuer zu unterhalten, be⸗ gnuügt ſie ſich damit, den Imans, welche zu der Menge ſpre⸗ chen, pomphafte Berichte zu uͤbergeben, die alsdann von die⸗ ſen n der Pforte oder im Innern der Moſcheen oͤffentlich vorgeleſen werden. Die Rechtglaͤubigen begluͤckwuͤnſchen ſich hierauf unter einander, und ſpornen ſich gegenſeitig an, ge⸗ len die Unglaͤubigen auszuziehen. Dies iſt es auch, was die Regierung bei ihren Mittheilungen allein beabſichtigt. Alles wird gleichſam im Familienkreiſe abgemacht, und nichts kuͤm⸗ mert es den Sultan oder ſeine Rathgeber, was die Politik der übrigen Staaten davon denkt. Dienſtfertige Publiciſten

9 es, denen Europa jene Ueberſchwemmung von Nachrich⸗ vom Kriegs⸗Schauplatze verdankt, die ſo oft durch nllrtriebene Angaben die oöͤffentliche Meinung irre leiten. Man rufe ſich nur einen Augenblick die Erzaͤhlungen uͤber die militairiſchen Begebenheiken ins Gedaͤchtniß zuruͤck, womit ſeit etwa 3 Wochen die oͤffentlichen Blaͤtter unter al⸗ len möͤglichen Rubriken angefuͤllt geweſen ſind. lage und der Ruͤckzug der Ruſſen wurden auf allen Wegen angeküͤndigt. Eine große Sterblichkeit, die Aufhebung der lagerung von Varna, der Verluſt ſaͤmmtlicher; ferde, die ſcklaſſung der Artillerie und des geſammten Trains, v17 dies ſind die angeblichen Folgen jenes Ruͤckzuges, und hier⸗ nach üͤberläßt man es dem Leſer, ſich feibſt den Schluß zu lehen, daß fuͤr den angreifenden Theil Alles verloren ſey. he 12 ber ſollte der Groß⸗Vezier gleichzeitig Varna entſetzen, in Schumla mit Huſſein⸗Paſcha vereinigen, und auch Ruſtſchuck die Fürſtenthuͤmer bedrohen. Um dieſelbe Zeit ſoüte ein uͤberflüͤſſiges Corps von 6000 Mann avallerſe von den Belagerungs⸗Truppen von Varna, zur tärkung des Generals Wittgenſtein, nach Schumla abge⸗

ihm leiht und die aus den Aushebungen in Maſſe zu Kon⸗

Die Nieder⸗*

gangen, unterweges aber von einem Detaſchement der Beſaz⸗

zung von Schumla in Sruͤcken gehauen worden ſeyn. Da⸗ mit nicht genug, begegnet das Detaſchement auf dem Ruͤckwege von dieſer ſchoͤnen Waffenthat angeblich W 5 Ruſſiſchen Bataillone, welches ſich wahrſcheinlich 84* hatte, und laßt es ganz und gar uͤber die Klinge ſpringen. Nach dieſen Angaben bemaͤchtigt ſich allmältg aller Gemuͤther 28 das Gefuͤhl des unvermeidlichen Unterganges der Ruſſiſchen Armee, welches durch ein augenblickliches Stillſchweigen des Ruſſiſchen Generalſtabes noch verſtärkt wird. Endlich wird dieſes Schweigen gebrochen. Neue Buͤlletins (die in der s Nachſchrift zu Nr. 276 der Staats⸗Zeitung enthaltenen) mel⸗ den endlich etwas Poſitives; fern von aller Prahlerei, wer⸗ 1“ den ernſte Thatſachen darin offen und ungeſchmuͤckt erzaählt. Omer Vrione iſt mit 30,000 Mann vor Varna 1““ er hat ſich verſchanzt, iſt inzwiſchen nach einem mannhaften Widerſtande, welchen der angreifende Theil theuer bezahah len mußte, von den Ruſſen aus ſeiner Poſition vertrie⸗ ben worden. Hiernach laͤßt ſich nunmehr aus den uns uͤber Berlin zugegangenen Buͤlletins zuvoͤrderſt der na- 8 tuͤrliche Schluß ziehen, daß alle, waͤhrend des Schwei- gens des Ruſſiſchen Generalſtabes verbreiteten Geruͤüchte mindeſtens uͤbertrieben geweſen ſind. Die Ruſſen haben ihre Stellung nicht veraͤndert; ſie ſind nicht gewichen. Wir finden ſie noch immer vor Siliſtria, wo ſie die Ausfälle der deen mit Verluſt zuruͤckweiſen; vor Schumla, wo ſie die beſten Truppen des Sultans im Zaume halten; vor Varna, deſſen Belagerung, ſelbſt waͤhrend des Gefechtes mit dem Seraskier, mit Eifer betrieben wird. Daß die Ruſſen vor Schumla nicht ſchwach ſind, beweiſt zugleich der Um ſtand, daß das Corps des Prinzen Eugen von Wuürtemberg abberufen werden konnte, um dem Omer Vrione entge⸗ gengeſtellt zu werden. Wer jene Armeeberichte mit Auf, merkſamkeit lieſt, wird die Unpartheilichkeit derſelben und die eben erwaͤhnten Poſitionen der Armee nicht im Abrede ſtellen. Noch bleibt uns ein wichtiges Faeran heraus zu heben. Den Türken muß es vor Allem darum zu thun ſeyn, Varna zu entſetzen, oder mindeſtenz daſſelbe neu zu verproviantiren, um den Widerſtand des *† Platzes zu verlaͤngern*). Um einen dieſer Zwecke zu errei’-— chen, hat der Divan ohne Zweifel die groͤßten Anſtrengungen gemacht. Beſaͤße er die ungeheuren Huͤlfsmittel, die man

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ſtantinopel und in Rumelien, ſo wie aus den Aſiatiſchen Horden beſtehen, wovon taͤglich 2 bis 3000 Mann durch die 8 8 Hauptſtadt kommen ſollen, wuͤrde er da nicht dem Omer⸗

Vrione eine Kriegsmacht gegeben haben, ſtark genug, um das 28

Belagerungs⸗Corps von Varna auf mehreren Punkten zu⸗ B gleich anzugreifen? Statt deſſen aber hat der Seraskier ſich mit nur 30,000 Mann gezeigt und, ſtatt ſofort zum Angriffe zu ſchreiten, ſich in einiger Entfernung von den Belagerungs⸗ na. Linien verſchanzt. Nach dem unvollſtändigen Erfolge ſeines 2₰ 8

erſten Verſuchs, iſt ſehr zu zweifeln, daß Omer Vrione den Zweck ſeines Marſches, die Aufhebung der Belagerung von Varna erreichen werde. Die Verproviantirung der Feſtunng) kann nur zu Waſſer geſchehen, und nichts kuͤndigt uns einen8 Verſuch dazu an. Wir finden ſonach beide kriegfuͤhrenden 1m Theile bei dem Herannahen des Winters noch in denſelben Poſi-. tionen, die ſie ſeit der Mitte des gegenwaͤrtigen Feldzuges 8 8 inne hatten. Werden ſie ſtehen bleiben und bis zum naͤch⸗ 8. ſten Fruͤhjahre Winterquartiere beziehen? Dies ſcheint uns 8 8 phyſtſch unmoͤglich; einer von beiden muß das Feid raͤumen.- Da nun die Waffenehre bei den Ruſſen mindeſtens eben ee groß iſt, als der Starrſinn und das Intereſſe der eigenen Erhaltung bei dem Sultan, ſo laͤßt ſich erwarten, daß auch 2),Die Rachricht von dem Falle von Varna lich fruͤher als am Loſten v. M. Abend; in Seis ehnsse.

ſeyn.

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