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Ruſſen ohne Schmwierigkeiten nach Konſtantinopel marſchie⸗ ren wuͤrden, eben ſo wenig verzweifelten wir wegen einiger Verzoͤgerungen an ihrem Gluͤcke. Wir werden auch jetzt die Begebenheiten vorurtheilsfrei betrachten, denn es handelt ſich um Thatſachen und dieſe gelten mehr als leere Vermuthun⸗ gen. Ein allgemeiner Irrthum uͤber den gegenwaͤrtigen Krieg iſt, daß man aus dem, was die Pforte in dieſem Jahre ge⸗ leiſtet hat, auf das ſchließen will, was ſie im Jahre 1829 wird thun koͤnnen. Man will nicht einſehen, daß der Sul⸗ tan die magiſche Kraft, welche ihm ſein energiſcher Charak⸗ ter verlieh, Allem aufdruͤckte, was nur irgend in Bewegung zu bringen war; er hat in dieſem erſten Feldzuge alle ſeine Huͤlfsquellen geoͤffnet. Er handelte klug daran; Zaudern wuüͤrde ihn geſtuͤrzt haben. Was ſein Verfahren rechtfer⸗ tigt, iſt der Zauber, den er üͤber alle Geiſter ausuͤbt, ſeitdem man die Hinderniſſe kennen gelernt hat, welche er den Ruſ⸗ ſen in den Weg zu legen wußte. Welch eine große Ver⸗ ſchiedenheit iſt zwiſchen der Lage, in der er ſich im Monat Maͤrz befand und derjenigen, in welcher er ſich beim Beginn des zweiten Feldzuges befinden wird! Die Ruſſen haben den Winter vor ſich, um an ihren Kuͤſten alle Beduͤrfniſſe zu einem zweiten Feldzuge mit Ruhe zu ſammeln. Ihre Ver⸗ ſtaͤrkungen, die auch ohne die neue Aushebung ſehr bedeutend ſind, können ſich dem Kriegsſchauplatze naähern. Da das Schwarze Meer ihnen ohne Widerrede angehoͤrt, ſo haben ſie freien Spielraum um ſich ſowohl nach den Donau⸗Mün⸗ dungen zu begeben und dort die Corps zu vperſtäͤrken, welche die Feſtungen belagern und ihren Ruͤcken decken, als nach

Varna, dem Golf von Burgas und allen zugänglichen Punk⸗

ten des Ufers, beinahe bis zu den Schloͤſſern des Bosporus zu gehen, um dort Diverſionen zu machen, und ihrem Ge⸗ ſchwader die Fahrt durch die Meerenge zu eröͤffnen, wenn daſſelbe bei der Eroberung von Konſtantinopel mitwirken wird. Vergebens ſucht man danach, was der Sultan dieſen großen Mitteln und Vortheilen werde entgegenſtellen können. Der Schatz iſt mit Schulden belaſtet und die gewoͤhnlichen Einküͤnfte ſind durch eine Menge von Urſachen in's Stocken gerathen. Die Lebensmittel ſind theuer und ſeiten geworden, und wenn auch der Hauptſtadt und dem verwüſteten Lande zwiſchen dem Bosporus und der Donau keine Hungersnoth droht, ſo fehlen doch die Mittel, um die verſchanzten Läger, feſten Plätze und die Corps, welche, um den 8 Rei⸗ ches zu decken, die dazwiſchen liegenden Punkte beſetzt hal⸗ ten, zu verproviantiren. Und die Menſchen! Wenn der Befehl des Herrn und die Gefahr des Staates ſie nicht er⸗ regt hat, wenn ſie bei der Ausſtellung des Sandſchack Sheriff unbeweglich blieben, welches Wunder ſoll ſie ſpaͤter wieder in den Lägern verſammeln? Iſt man vor einem Aufſtande der chriſtlichen, mit den Muſelmaͤnnern vermiſchten Volkerſchaf⸗ ten ganz ſicher? Elend, Verzweiflung und die in Zeiten der Gefahr vermehrten Verfolgungen köͤnnen dieſelben leicht ver⸗ anlaſſen, ſich ihren Glaubensgenoſſen anzuſchließen und eine Invaſton zu unterſtuͤtzen, von der ſie ihre Rettung zu hoffen haben. Man ſtellt uns die Unthaͤtigkeit der Servier, Bos⸗ niaken ꝛc. entgegen, deren Aufſtand beim Beginn des Feld⸗ uges verkuͤndigt wurde, die ſich aber nicht Ferührt haben. r Krieg hat ſich noch nicht dieſen Völkern genähert. Wenn die Ruſſen, ſtatt an dem Ufer entlang zu 15* ſich mit einem Theile ihres Heeres nach Schumla und Siliſtria 5 haäͤtten, um die dort ſtehenden ſeindlichen Corps in haͤtigkeit zu erhalten, und wenn zu gleicher Zeit eine Co⸗ lonne die Richtung nach Philippopolis genommen hätte, um den Balkan von dieſer Seite zu überſteigen, dann hätte der Krieg ſich laͤngs des Serviſchen Gehiets hin ausgedehnt. Nur in dieſem Falle koͤnnte man ſich über die Ruhe dieſes kriegeriſchen, unter den Waffen ſtehenden Volkes wundern. Es ehle an die . unter⸗ gen, auf einige Zeit, ja wohl gar auf immer die Provi zu ſten, welche ſie erobern werden. Würde 59 dieſem Falle nicht ihr eigenes Intereſſe rathen, einem bürger⸗ lichen Vertilgungskriege zuvorz n, der Dorf gegen Dorf, Nachbar gegen Nachbar ——— ihnen nur die Ausſicht auf den Gewinn einer Wuͤſte offen laäßt? Ohne Zweiſel iſt der Krieg lüängs dem Ufer vorgezogen worden, 5: Ruſſen auf dieſem Wege nur die Muſelmaͤnner als dnas ſanden, waͤhrend ein Vordringen durch die Mitte den

9 8 —— F Landes herbeigeführt hätte. Der Fall

ſe Gefahr, welche dem Sitze der otto⸗ 5*. 82 der Reüinang Ei⸗ ſind, bei der Fahie e jetzt eblieben 1 ten ver . ies ein neuer Irrthum. Nah mad 2 A.

n Leute exaltirt und nur mit großer Muͤhe das mee Corps Omer Vrione’s, und die in

. 2 1 1 .

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82 1 C1.

Adrianopel und im Lager bei Konſtantinopel verſammelten

Milizen gebildet. Die Nachricht von dem Verluſte Varna's

wird alle Trugbilder, die man der Bevöoͤlkerung der Haupt⸗

ſtadt vorhielt, enthuͤllen, und allenthalben Entmuthigung ver⸗ breiten. Der religiöſe Fanatismus, von dem man ſoviel We⸗

ſens machte, beſtand ſo lange als auf leichten Eroberungs⸗

zuͤgen Reichthuͤmer und Wohnſitze zu gewinnen waren; er

iſt ſeit dem Tage erkaltet, wo ungewohnter Widerſtand und

die vorgeſchrittene Europaͤiſche Taktik den Tuͤrken keinen

Zweifel daruͤüber uͤbrig ließ, daß die Tage des Sieges fuͤr ſie

voruͤber ſeyen; er iſt durch die Reformen Mahmind's erkal⸗

tet, denen ſechsjaͤhrige fruchtloſe Anſtrengungen gegen einen

Theil jener von dem Muſelmanne verachteten Griechen vor⸗

angingen. Die Europäͤiſche Tuͤrkei, rief man uns noch vor⸗. zu, hat 2,500,000 mahomedaniſche Einwohner, und

in Aſien hat die Pforte deren 11,000,000; man zeigte uns

in dieſen Maſſen Legionen von Soldaten, wie ſie Frankreich

mit ſeinen 32,000,000 Einwohnern nicht ins Feld ſtellen

koönnte, und ſechs Jahre lang haben die Haͤuflein, welche von Maurocordato, Condurioti, Nikitas geführt wurden,

uneinig unter ſich ſelbſt, ohne Geld und Vorraͤthe, ihnen

gleichwohl widerſtanden. Was ſollen ſie gegen die Ruſſen

vermögen, die, einem Impulſe folgend, ſtark durch ihre

Taktik, Alles im Ueberfluſſe beſitzen und, ſobald ſie wollen,

auf die Mitwirkung zahlreicher Voͤlkerſchaften rechnen duͤrfen,

von denen ſie ſehnlichſt herbeigewünſcht werden.“

Der Moniteur macht in einer beſonderen Beilage zu ſeinem geſtrigen Stuͤcke die Statuten der hieſelbſt unter dem Namen der Union vorlaͤufig auf 50 Jahre geſtifteten und unlängſt von dem Koönige beſtätigten Feuer⸗Verſicherungs⸗ Geſellſchaft bekannt.

Auf die diesjährige Reiſe des Koͤnigs in die öſtlichen Provinzen des Reichs werden 4 Medaillen geſchlagen wer⸗ den. Zugleich hat der Miniſter des Innern die Franzoͤſiſche Academie benachrichtigt, daß er fuͤr das beſte Gedicht über dieſen Gegenſtand einen, in der nächſten Jahres⸗Sitzung der Academie (24. April 1829) zuzuerkennenden Preis ausge⸗ ſetzt habe.

s Journal du Commerce will mit Beſtimmtheit wiſſen, daß 8 bis 10 Verordnungen, wodurch eben ſo viel Präͤfekte ihres Dienſtes entlaſſen werden, bereits vor mehre⸗ ren Tagen von W Fefelhec noch wücge ſind, und fragt, warum der Moniteur dieſe niß des Publikums gebracht habe. 1

Eine Ueberſicht von dem Zuſtande des Elementar⸗U. richts in den Departements des Nieder⸗ und des Ober⸗Rheins bietet ein ſehr verſchiedenes Reſultat dar. In dem erſtern nämlich frequentiren bei einer Bevoͤlkerung von 535,407 8 len im Sommer 25,517 und im Winter 68,125 Kinder die Schule; in dem des Ober⸗Rheins aber, bei einer Bevöͤlkerung von 408,741 Seelen, im Sommer nur 10,950, und im Win⸗ ter 38,451.

Das Theater am Thore Saint⸗Martin iſt, nachdem der Saal neu decorirt worden, am 29ſten v. M. mit einer Nach⸗ ahmung von Goͤthes Fauſt wieder eroͤffnet worden.

Großbritanien und Irland.

London, 1. Nov. Die Prinzeſſin Auguſte iſt geſtern von ihrem Landſitze in Frogmore St. James⸗ Pallaſte angekommen.

Der Neapolitaniſche Geſandte hatte geſtern Geſe mit dem Grafen von Aberdeen im auswärtigen Amte.

Herr Peel iſt von dem Landſitze ſeines Vaters Drayton⸗Park hier eingetroffen. 1

n Lord tesbury und Lord Cowley ſind Depeſchen abgegangen.

Lord Bexley, welcher ein ruhiger Zuſchauer der Ver⸗ ſammlung von 66 geweſen war, hat nachträͤg⸗ lich eine Addreſſe an die Freiſaſſen der Grafſchaft Kent ge⸗

ſchrieben und bei einem großen „Mahle zu Mald⸗ ſtone vertheilen laſſen. Er ſucht alle ruͤnde, welche die Katholiken⸗Freunde fuͤr die Emancipation anfuͤhren, zu wi⸗ derlegen; er behauptet ſogar, in Frankreich und in den Nic⸗ derlanden wuͤrde die jetzt dort herrſchende Einigkeit zwiſchen Katholiken und Proteſtanten nicht lange dauern; und er ſchließt mit den heißeſten Wuͤnſchen für das Fortbeſtehen des

roteſtantiſcher proteſtantiſ Globe) „wurde von dem

„Sehr richtig“ Marguis von Camden in der Verſammlung zu Penenden⸗

Heath geaäͤußert, die Elubs würden entweder ohnmäͤchtig oder güre Manoecuvres vor je⸗ ner Verſammlung gaben einen binlänglichen ihres Verlangens, Unheil anzurichten, aber ihre Taktik ſeit der

8 in Zeugniß für chre Schwaͤche. de 5 fu , wenn er es für