. beiden vorigen Artikel. *) Wir 18=. b b Gemeinden bis auf Ludwig XI. einer ausgedehnten, ja faſt unbeſchraͤnk⸗ ten Freiheit genoſſen, wie ſie unter ſeiner Regierung einem en ern, mehr centraliſirten Syſteme unterworfen wurden, und folgten ihnen durch die verſchiedenen Phaſen ihres Verlaufs bis zu dem Verwaltungs⸗Syſtem, welches von der conſtitui⸗ renden Verſammlung, ſo zu ſagen, improviſirt wurde; auch dieſes wurde in der Conſtitution vom Jahre III. mannigfach modificirt, und durch das Geſetz vom Pluviôſe (Februar) des Jahres VIII. faſt ganz vernichtet. Es bleibt nun noch die Frage uͤbrig, welches die weſentlichſten Veraͤnderungen ſeyn moͤchten, die in den jetzigen Communal⸗Einrichtungen zu tref⸗ fen waͤren? Die Charte hat den Franzoͤſiſchen Staat, man kann ſagen, in ſeinem Innerſten umgeſtaltet; die oͤffentlichen Freiheiten und Rechte ruhen nunmehr fuͤr immer auf unerſchuͤtter⸗ lichen Grundpfeilern. An die Stelle einer abſoluten Militair⸗Ge⸗ walt, nach der ſich auch die Verwaltung in der Kaiſerzeit modeln mußte, iſt das legitime Koͤnigthum getreten, dem die jührlichen geſetzgebenden Verſammlungen als heilſames Gegen⸗ gewicht beigegeben ſind. Unmoͤglich kann daher eine Commu⸗ nal⸗Verfaſſung, welche mit dem Katſerlichen Despotismus in Harmonie war, es auch mit dem jetzigen Syſtem ſeyn, und man behauptet mit Recht, daß zwiſchen unſerer Staats⸗ und Mnnizipal⸗Verfaſſung, zwiſchen dem politiſchen und adminiſtrativen Zuſtande Frankreichs eine voͤllige Anomalie . die Frage von
errſche. Betrachtet man gge von einer gewiſ⸗ bn Hoͤhe, ſo kann man ſagen, daß die Communal⸗Frei⸗ heiten den Buͤrgern ſchaͤtzbarer ſeyn muüͤſſen, als ihre
tsbürgerlichen Befu niſſe, weil jene ihnen naͤher liegen — ihre taͤglichen Ilecreſſen beruͤhren. Es erklaͤrt ſich dar⸗ aus, warum in Laͤndern, die einer conſtitutionnellen Freiheit entbehren, hoͤchſt freiſinnige GemeindeEinrichtungen beſtehen, B. die von den Buͤrgern ausgehende Wahl der ſtaͤdtiſchen eamten und die eigene Verwaltung der Stadt⸗Polizei. So ſehr aber auch ein der Charte angemeſſenes Municipal⸗ Spyſtem fuͤr Frankreich Beduͤrfniß iſt, ſo ſind bei der Ab⸗ ſſung eines ſolchen vielerlei ückſichten zu nehmen. Wenn a- die ſters gewaffnete Central⸗Gewalt einer unumſchraͤnkten Regierung die ausgedehnte Freiheit der Staͤdte keine Gefahr t, ſo würde dieſelbe in einem conſtitutionnellen Staate
l angewendet ſeyn. Kein Einſichtiger wird eine admini⸗ Kative Anarchie wuͤnſchenswerth finden. Wir haben geſe⸗ — welchen Ausſchweifungen ſie fübrte⸗ und koͤnnen aus der —. Lehren fuͤr die Zukunft ziehen. Welches Prinzip wäre alſo fur ein gutes Communal⸗Syſtem aufzu⸗ ſtellen? Die einfache Antwort iſt, ein Prinzip, das jeder Localttät nach ihrer Wichtigkeit und ihren beſonderen In⸗ tereſſen die beſte Verwaltung zuſichert, ohne die Staats⸗Ein⸗ heit und die nothwendigen Bande zu loͤſen, welche die ein⸗ zelne Commune mit der großen Familie verbinden ſoll. Die⸗ es Reſultat kann allein durch ein Zuſammenwirken der Kö⸗ niglichen Gewalt und der Buͤrger bei der Wahl der Muni⸗ cipal⸗Beamten erreicht werden. Wer ſich mit der Frage tie⸗ ſer beſchäͤftigt hat, wird wiſſen, daß man die einzelnen Ort⸗ 89 in Bezug auf ihre Verwaltung nicht einem Syſteme unterwerfen kann. Ehe durch das Geſetz des Jahres 1791 allgemeine und gleichförmige Beſtimmungen fuͤr die Depar⸗ tements und die Gemeinden gegeben wurden, hatten Zeit, Sitten und Intereſſen in jeder Stadt eine eigene Verwal⸗ tung von ſelbſt gebildet. uf eine ſolche voͤllige Zerſtuͤcke⸗ lung kann man nicht mehr zuruͤckkommen, aber ebenſo we⸗ nig darf die Verwaltung der großen Staͤdte mit den Dorf⸗ Gemeinden auf gleiche Linie geſtellt werden, am allerwenig⸗ ſten bei der Beſtimmung der Elemente, welche bei der Wahl der Behoͤrden mitwirken ſollen. Iſt es z. B. nicht na , daß in den Doͤrfern der Grundbeſitz ſtaͤrker re⸗ praͤſentirt wird, als die Gewerbe, und haß in den Städten, wo Fabrikenweſen und Induſtrie vorherrſchen, dieſe auch den meiſten Einfluß auf die Verwaltung haben? Paris hat immer ane große Ausnahme gebildet, ſelbſt vor Ludwig XI. war a2 nur eine Prévòté, wie ſie Philipp Auguſt eingerichtet hatte. ine ſo Stadt, deren Einkuͤnfte die manches Koͤnig⸗ reiches gen, die in höͤherer Beziehung der politiſche und intellectuelle Mittelpunkt Frankreichs iſt, aber auch eben rum einer hoͤchſt thaͤtigen und wachſamen Polizei bedarf, muß ein anderes Communal⸗Syſtem erhalten, als eine kleine Provinzialſtadt. Nur einmal befolgte man dieſen falſchen G tz und es entſtand dargus die beruͤchtigte Pariſer Commune, welche ſogar den Convent ſtuͤrzte. Die Einthei⸗ ſung der Stadrt Paris in zwoͤlf Municipalitaͤten wuͤrde ge⸗ bn die Wi r eines aͤhnlichen Zuſtandes voͤllig ſichern. an könnte daher fuͤr Paris die Wahl der Maires dem —
*) Siche Nr. 209 und 274 der Staats⸗Zeitung.
2 8 1
liegt vielmehr ein Vortheil fuͤr den Staat
„ * * 7 — .
“
8 . Köͤnige uͤberlaſſen, und dafuͤr den Waͤhlern des Seine⸗De⸗-⸗ partements die Ernennung des General⸗Conſeils uͤbertragen, das die Stelle des Municipal⸗Conſeils vertritt. Eine Aus⸗ dehnung des Wahlrechts auf die große Volksmaſſe von Pa, ris waͤre gefährlich. Um fuͤr die Verwaltung der Departe ments das Rechte zu ſinden, muß das jetzt in denſelben bee-. ſtehende Syſtem in Anſchlag kommen. Unſere adminiſtrati⸗ ven Geſetze haben nach einem richtigen Grundſatze auf den niedrigſten wie auf den hoͤchſten Stufen der Leiter das Boll. ziehen und Berathen von einander getrennt. Von den 2 Miniſtern bis zu den Maires, vom Staatsrathe bis zu den Munteipal⸗Conſeils hinab herrſcht ein und daſſelbe Princir, uͤberall iſt die Vollziehung der Geſetze dem einzelnen Beam⸗ ten, die Berathung einem Conſeil uͤbergeben. Die vollzie⸗ henden Beamten muͤſſen nothwendig von der verantwortlichen Central⸗Gewalt abhaͤngig ſeyn, die Conſeils hingegen ſtehen ihrer Natur nach mehr oder weniger unabhängig da. Der Staats⸗Rath und der Praͤfektur⸗Rath, ober nach der andern Seire hi die Miniſter, Präfekten und Unter⸗Prafekten, gehoͤren nicht in den Kreis dieſer Unterſuchungen, welche ſich auf die Maires und Municipal⸗Raͤthe, ſo wie zuf die Conſeils der Departements und Arrondiſſements beſchraͤn⸗ ken, indem dieſe die Communal⸗Behoͤrden im weiteſten Sinne des Worts bilden. 7
Der Maire verſteht mehrere Functionen, er verwaltet unter der Aufſicht des Municipal⸗Rathes die Gemeinde⸗ Guͤter und uͤbt die Stadt⸗Polizei; als Juſtiz⸗Beamter nimmt er Klagen in Civil⸗Sachen an und iſt auch von der Central⸗Verwaltung mit der Vollziehung der Maaßregeln beauftragt, welche die Regierung in Bezug auf die Oertlich⸗ keiten trfft. Dieſe gemiſchte Natur der Functionen des Maires macht es ſchwierig, die Quelle zu beſtimmen, aus welcher er ſein Amt erhalten ſoll. Soviel laͤßt ſich auf den erſten Blick beurtheilen, daß er nicht ausſchließlich von 11up““ Gemeinde gewaͤhlt werden kann, dies wuͤrde dem Weſen der vollziehenden Gewalt widerſprechen, deren Abgeordneter er iſt. Eben ſo unſtatthaft wuͤrde die unbedingte Ernennung deſſelben durch die Regierung ſeyn. Die richtige Mitte iſt viel⸗ leicht, es den Waͤhlern der Communen zu uͤberlaſſen, die Candidaten zur Maire⸗Stelle in Vorſchlag zu bringen, un⸗ ter denen die Regierung zu wählen haͤtte. Dieſes an ſich gute Princip zeigt ſich aber in der Ausfuͤhrung auch nich ohne Mängel. Dem Geiſte der Conſtitution gemäß muͤßt man der Regierung, oder ihren Dienern, den Präfekten, die Wahl der Maires uͤberlaſſen, wodurch in die Wahl des Municipal⸗Conſeils mehr Ordnung kommen würde. Man hat den alten Gebrauch angefuͤhrt, wonach der Maire oder Schoͤffe von den Einwohnern gewaählt wurde. Dieſes Vor⸗ recht war aber in den prévötés, den Schoͤffen⸗Bezirken, und in den großen Staͤdten uüͤberhaupt ſehr ſelten. Dagegen war es in den Gemeinden haͤufiger, welche unter der unmittelba⸗ ren Regierung ihrer Feudal⸗Herren ſtanden; hier waren dieſe Freiheiten ein nothwendiges Gegengewicht gegen den Druck des Feudal⸗Syſtems. Auch waren in fruͤherer Zeit die verſchiedenen Staatsgewalten noch nicht ſo ſcharf getrennt. wie jetzt; die Verwaltung war noch nicht verantwortlichen Beamten uͤbergeben, dagegen hatten die Parlamente großen Einfluß auf die Städte und machten Municipal⸗Reglements Man darf nicht aus jenen verworrenen Zeiten Beiſpiele her holen, um unſer conſtituttonnelles Syſtem zu befeſtigen und zu erweitern. Es iſt eine Thatſache, daß die Central⸗Gewalt ihr Vorrecht ſelten gemißbraucht hat, und daß vielmehr die von ihr getroffene Wahl der Maires meiſt den Beifall der Gemeinen hatte.
Die Municipal⸗Conſeils haben keine von den Functio⸗ nen, welche den Maire der vollziehenden Staatsgewalt naä⸗ her ſtellen; ſie haben es mit reinen Communal⸗Angelegenhei⸗ ten zu thun, und ſind beſtimmt, die Amtsfuͤhrung der Maires zu controlliren. Sie beduͤrſen daher einer vöͤlligen Unab⸗ haͤngigkeit und ihre Erwaͤhlung muß ganz den Ge⸗ meinden uͤberlaſſen werden. Daſſelbe gilt von den Ge⸗. neral⸗Conſeils der Departements und Arrondiſſements: In dem 1821 entworfenen Geſetze war den Waͤhlern nur bewilligt, die Candidaten dafuͤr in Vorſchlag zu bringen, und die definitive Ernennung der Regierung vorbehalten. Man ſuchte dieſe Beſtimmung durch die Natur der Geſchaͤfte jener Conſeils zu rechtfertigen. Die Vertheilung der Abga ben unter die Gemeinden hielt man fuͤr eine adminiſtrative Function. Dieſe Anſicht iſt aber zu ſtrenge; bei der Verthei⸗ lung der von den Kammern bewilligten Abgaben hat de 8 Staat nur ein beilaͤufiges Intereſſe; für ihn iſt es gleichgull⸗)
tig, welche Summen die einzelne Gemeinde beiſteuert, wenn nur das ganze Departement die volle Summe liefert. Es darin, daß die