eines Miniſters, zuruͤckzukehren. Heutiges Tages gilt es als olitiſches Ariom, daß man bei der Entſcheidung beſonderer aäͤlle, worunter namentlich die Conflicte gehoͤren, den Ge⸗ ſetzgeber ſo wenig als moͤglich einſchreiten laſſen muͤſſe. Aber, ſagt man, das dem Staats⸗Rathezuſtehende Recht, die Er⸗ laubniß zur gerichtlichen Belangung eines Beamten zu ertheilen oder zu verweigern, iſt nichts als ein Strafloſigkeits⸗Patent, und die Villèleſche Verwaltung beweiſt zur Genüge, welcher Mißbrauch damit getrieben worden iſt. Wenn Letzteres der ſo wird derſelbe hoffentlich nicht wieder ein⸗ treten; allein nichts ſcheint uns weſentlicher fuͤr die admi⸗ niſtrative Hierarchie als eben jenes Recht. Die conſtitui⸗ rende Verſammlung, die daſſelbe einfuͤhrte, ſah wohl ein, daß der Gehorſam gegen ſeine Vorgeſetzten die vornehmſte flicht des Beamten ſey und daß, wenn man dieſen daher 8 eine Berwaltungs⸗Maaßregel, die ihm vielleicht vom Staate anbefohlen worden, vor die Gerichte laden koͤnne, einerſeits eine Ungerechtigkeit hierin liegen, andererſeits aber ein gewiſſes Hin⸗ und Herſchwanken der ganzen Verwal⸗ tungs⸗Maſchine die Folge davon ſeyn wuͤrde. Was will denn das Geſetz? daß, bevor man einen Beamten gerichtlich belange, der gekränkte Theil erſt bei der Regierung anfrage, ob derſelbe aus eigenem Antriebe oder auf hoͤhern Befehl ge⸗ delt habe. Verweigert die Regierung die Erlaubniß zur langung, ſo geht daraus horvor, daß ſie das Betragen

Beamten billigt, und in dieſem Falle bleibt dem gekraͤnk⸗ ten Theile der Recurs an die Kammern gegen die Miniſter übrig, die durch jene Weigerung ſelbſt verautwortlich wer⸗ den. Bewilligt die Regierung dagegen die gerichtliche Be⸗ langung, ſo erhellt daraus, daß ſie den betreffenden Beamten aufgiehbt und ſein Verfahren tadelt. Was hat, fragt man endlich, der Staats⸗Path mit Appellationen bei Uebertretung der Befugnüſſe der Geiſtlichkeit zu ſchaffen? Dies iſt allerdings eine hochwichtige Frage, die um ſo mehr eine naͤhere Eroͤrterung verdient, als ein Decret vom Jahre 1813 jene Appellarionen bereits vor die Koͤnigl. Gerichtshöͤfe gewieſen hatte; nichts deſtoweniger koͤnnen triſtige Gruͤnde auch hier die Competenz des Staats⸗Raths rechtfertigen; die Eintragung einer Bulle, die Entſcheidung eines ſolchen Falles, wo die Geiſtlichkeit ihre Befugniſſe uͤberſchritten hat, koͤnnen ſich an diplomati⸗ ſche Unterhandlungen knuͤpfen, oder kitzelige, ja ſelbſt aͤrger⸗ liche Fragen herbeifüͤhren, die einen beſondern Gerichtshof wuͤnſchenswerth machen. Wir wollen dem Conſtitutionnel nicht in ſeinen uͤbrigen Behauptungen folgen; auch iſt es nicht unſere Abſicht, ohne Ausnahme alle die Be⸗ fuzniff⸗ des Staats⸗Raths zu vertheidigen; wir wollen nur die Rothwendigkeit eines gemiſchten Tribunals in adminiſtrativen Streit⸗Sachen darthun. So glauben wir z. B. mit jenem Blatte, daß es an der Zeit ſey, die Fra⸗ gen, welche die Staats⸗Domainen betreffen, wieder den ge⸗ woͤhnlichen Gerichten zu unterwerfen, da kein Grund mehr vorhanden iſt, welcher eine Ausnahme in dieſer Beziehung noch rechtfertigen könnte. Wir verſtehen uͤbrigens nicht, wie der Conſtitutionnel ſich daruͤber betruͤben kann, daß die Regierung ſich mit einem Geſetz⸗Entwurfe zur naͤhern Feſt⸗ ſtellung der Competenz des Staats⸗Raths, und mit einer Verordnung zu einer neuen innern Organiſation deſſelben be⸗ ſchäftigt. Thut die Regierung dadurch nicht, was ſie muß und was das Land und die Kammer von ihr zu verlangen ſcheinen? Liegt darin nicht eine der von ihr verſprochenen Verbeſſerungen? Im Uebrigen, ſo kann jede ernſte und aus⸗ fuͤhrliche Discuſſion einer loyalen Regierung nur angenehm ſeyn, und man muͤßte dem Lande Gluͤck wuͤnſchen, wenn die Polemik, fern von allen Declamatiouen, deren Gepraͤge ſie nur zu oft an ſich traͤgt, ſich hinfuͤhro nur mit ſolchen poſi⸗ tiven Fragen beſchäftigen wollte, wie ſie das Journal, dem wir heute antworten, mit ebenſo viel Talent als Schicklich⸗ keit erörtert. 79

Um zu beweiſen, wie unrecht die Regierung thue, wenn ſie die Stimme des Volkes zu ihrer Richtſchnur nehme, giebt die Gazette de France aus einem ſo eben von dem Staats⸗ rathe Veeune von Saint⸗Chamans im Druck erſchienenen

: „Ueber die verſchiedenen eeee in den Kam⸗ mern, und die möglichen Bundniſſe unter ihnen“ einen Aus⸗ zug über die öffentliche Meinung in Frankreich. Die Volks⸗ ſt mme, die ſich in dem Style der Zeitungsſchreiber durch die Wahlen kund giebt, war danach:

Im Ja 789 eine gemaͤßtgte Monarchie; 8 8 17. 11 eine Democratie mit dem Koͤnigs⸗Titel; 38 1292 eine demagogiſche Republik;

* 2 1795 eegen alle Revolutionen; 2 179 Lüee degen aber noch ſtaͤrker;

798 Lie zur Revolution und zum Jacobi⸗

nismus;

von 1800 bis 1814 knechtiſcher Gehorſam gegen die Re gierung und Oppoſition gegen die libera. len Ideen; 8 m Mai 1815 Liberalismus und Jacobinismus; Im Auguſt . entſchiedenſte Royalismus; die rechte eite; Im Jahre 1816 rechres Centrum; .

3 1817 rechtes und linkes Centrum; 88

2 1818 linkes Centrum und linke Seite;

1819 linke Seite;

Von 1820 bis 1823 rechtes Centrum und rechte Seite;

Im Jahre 1824 rechte Seite; α Im Mov. 1827 linkes Centrum und rechte Seite; Im April 1828 linke Seite;

„Hieraus ſieht man“, meint die Gazette, „daß der Wunſch der Nation beſtaͤndig gewechſelt, und daß das Volk nie 4 Jahre hintereinander zugebracht hat, ohne nicht geradezu das Gegentheil von dem zu verlangen, was es vorher be⸗ gehrt hatte; daß dieſer Wankelmuth ſich aber oftmals ſchon nach einem oder zwei Jahren, ja ſchon nach einigen Mona⸗ ten, geaͤußert hat, und daß ſelten ein Jahr verfloſſen iſt, daß ſich nicht irgend eine Aenberung in der oͤffentlichen Meinung wie dieſe ſich wenigſtens durch die Wahlen ausſpricht, z getragen hatte.“

Auch der Moniteur erwäaͤhnt jetzt der Schlägerei, die am Aten d. M. bei Verſailles zwiſchen Militairs vom Aten Schweizer, und vom 2ten Garde⸗Grenadier⸗Regimente zu Pferde ſtatt gefunden hat. Todt auf dem Platze iſt Niemand geblieben, aber 19 Soldaten ſind verwundet worden, und darunter zwei ſo bedeutend, daß man an ihrem Aufkommer zweifelt. Das gute Vernehmen zwiſchen beiden Regimentern iſt uͤbrigens durch dieſen Vorfall, dem die geringfuͤgigſte Vere.. anlaſſung zum Grunde lag, keinen Augenblick geſtoͤrt worden.

Herr Laisné de Villevéque, Mitglied der Deputirten Kammer, hat das Kreuz der Ehren⸗Legion erhalten. *

Herr Tronchon, einer der fuͤnf Deputirten des Oiſe⸗ Departements, iſt kuͤrzlich auf ſeinem Landgute Saint⸗Sou⸗ plet mit Tode abgegangen.

Auch Herr Mazure, General⸗Inſpector der Univerſität Verfaſſer der Geſchichte der Revolution von 1668 und einer der Mitarbeiter des Meſſager des Chambres, iſt vorgeſter hieſelbſt verſtorben. 8

Der Oberſt Fabvier iſt auf einige Tage nach Nancy ab⸗ gereiſt, um daſelbſt ſeine bejahrte Mutter, die er lange nicht geſehen, ſo wie einen juͤngern Bruder, der an jenem Orte eine ausgezeichnete Advokaten⸗Stelle bekleidet, zu beſuchen.

Großbritanien und Irland. 89 London, 8. Nov. Der Courier ſagt heute: „Der, geſtern von uns gegebene Bericht von Bildung verſchiedener 1 Guerillas⸗Haufen im noͤrdlichen Portugal *) beſtäͤtigt ſich. Sie ſind in Villa⸗Real, Braga, Guimaraens und Henaftel eingeruͤckt, welcher letztere Ort nur wenige Meilen von Porto entfernt iſt. Einige Briefe ſagen ſogar, daß ſie in . Porto eingeruͤckt ſeyen, und daß das Ate und 19te Infane- terie⸗Regiment ſich ihnen angeſchloſſen haben. Dieſe Nach⸗ richt moͤchte aber wohl zu voreilig ſeyn. Auch Beira und Alentejo haben ihre conſtitutionellen Guerillas, deren anfangs 8 geringe Zahl ſich raſch vergroͤßert. Wie es heißt, ſind die hieſigen Portugieſen von Portugal aus eingeladen worden,

ſich noch einmal zu erheben, und ſich unverzuͤglich mit den Guerillas zu vereinen, die ſich im Norden von Portugal befinden; dieſer Einladung wird gewiß raſche Folge geleiſte werden. Man wird es ſowohl in Bezug auf Portugal, als auf jedes andere Reich, bald ſehen, daß die Politik unſerer Regierung ſehr richtig war, und daß, waͤhrend ſie das Vöͤl⸗ kerrecht ſchuldigermaaßen beruͤckſichtigte, ſie auf der andern Seite nichts verabſͤumte, was dazu beitragen konnte, das wahre Intereſſe und die Wohlfahnt der Nation zu befoͤrdern. Geſtern ſind Depeſchen aus Liſſabon bis zum 25. Oct. von dem Britiſchen Conſul daſelbſt eingelaufen. Hr. Ros piglio, der Kaufmann aus Gibraltar, welchen man arretirt deese, as⸗ 9 die Vorſtellungen der Britiſchen Regierung . rei gelaſſen worden. . Pu Falmouth iſt das Packet⸗Boot „Sandwich“ mit 2 mehreren Portugieſiſchen Offizieren aus Liſſabon angekom⸗ 1 men. Am 21. 8 iſt das Franzoͤſiſche Linien⸗Schiff „D Auesne,“ von 74 Kanonen, in Liſſabon angelangt. (Eche 84 Artikel Portugal.) Am Dienſtag ging der Marquis von Rezende nach Fal, mouth ab, um, wie man vermuthet, ſich zur Ruͤckkehr na A Braſilien einzuſchiffen. 1*5

*) S. das geſtrige Blatt der Staatzzeit., Art. Portugal.

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