beſtaͤtigen. Dieſes wird zugleich die Handlungen, welche wir getadelt, die Gefahren, welche wir bezeichnet, die Pol⸗tik deren Fehler wir getadelt haben, in ihrem rechten Lichte darſtellen, und vor dieſem ſtrengen Tribunale koͤnnen unſere Ausdruͤcke nicht fuͤr zu ſchwach’ erfunden werden.“
Aus der Vertheidigungs⸗Rede des Herrn Hennequin, Advokaten der Gazette de Franre heben wir Folgendes heraus. Nachdem derſelbe zu beweiſen verſucht, daß der an⸗ geſchuldigte Artikel nur geſchehene Dinge erzaͤhle, faͤhrt er fort: „Es iſt nicht noöthig, ſich in eine tiefe Auseinanderſetzung einzulaſſen, um zu beweiſen, daß unter den vierzig angeſchuldigten Zeilen fuͤnf und zwanzig der treuen Wiedergabe notoriſcher Thatſachen gewidmet ſind, Thatſachen, die unter unſern Au⸗ gen vorgingen und jetzt in das Gebiet der Geſchichte gehoͤ⸗ ren; die Gazette hat uͤber die Handlungen des Miniſteriums ein Urtheil ausgeſprochen, das wohl Gegenſtand einer Wider⸗ legung ſeyn, aber nie Veranlaſſung zu einem Criminal⸗Pro⸗ zeß geben konnte. Daß man den Einfluß, welchen die in den Staats⸗Angelegenheiten vorgegangene Veraͤnderung neuerdings den demokratiſchen Principien xen hat, ohne Unruhe be⸗ trachten kann, iſt mir begreiflich. Aber warum geht man von der Sicherheit zur Undankbarkeit uͤber, warum vergilt man Rathſchläge mit Anklagen? Dies ſind, meine Herren,
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berechtigen, daß die Gazette in dem Artikel vom 8 888 Kanee Gebrauch gemacht, und daß man die Grund⸗Principien der repraͤſentativen Staaten ver⸗ kannt und die Freiheit der Preſſe gelaͤugnet hat, indem man jenes Blatt mit Beſchlag delegte und gerichtlich verfolgte. Ich ſage es, meine Herren, und die oͤffentliche Meinung hat daſſelbe Urtheil uͤber dieſen Prozeß gefaͤllt, man hat ſich ge⸗ wmundert, daß das Miniſterium, die Neuheit ſeiner Entſtehung unnd ſeine Verpflichtungen vergeſſend, mit der erſten aller oͤf⸗ fentlichen Freiheiten den Krieg begann; man konnte die un⸗ geduldige Haſt und dieſe reizbare Empfindlichkeit ſich nur aus der Jugend des Miniſteriums erklaͤren, daß ſich noch nicht unter dem Pfeilregen der Oppoſition abgehaͤrtet hat. Was aber die Freunde der Miniſter am meiſten betruͤbte, war, daß die Anklage in einer Hinſicht einen gehaͤſſigen Cha⸗ rakter annahm. Der Artikel vom 5. Aug. iſt nur die Wie⸗ derholung der in beiden Kammern von der Minoritaͤt aus⸗ geſprochenen Anſichten. Die Meinung der Minoritaͤt will man alſo durch richterliche Verurtheilung brandmarken, und grade dies iſt weder Franzoͤſiſch, noch parlamentariſch. Man weill ſich an Maͤnnern raͤchen, deren Rathſchlaͤgen zu folgen mman nicht den Muth hat, man glaubt ſie vielleicht einzu⸗ ſchuͤchtern, und verſucht außer der Freiheit der B auch die der Rednerbuͤhne in Feſſeln 2 ſchlagen. 2g leuchtet Allen ein, daß das Miniſterium, bei dieſem Wunſche ſich an einer Meinung zu rächen, die in den Spalten eines Jour⸗ nals nicht mehr von der parlamentariſchen Unvperletzbarkeit beſchuͤtzt wird, kein ſcharfes Urtheil in der Wahl des ineri⸗ minirten Artikels bewieſen hat. Jener Artikel vom 5. Au⸗ guſt iſt nur der matte Ausdruck deſſen, was die Gazette ſfeit der Eröffnung der Kammern geaͤußert hat, es iſt die 8 auf ihren einfachſten Ausdruck zuruͤckgefuͤhrte Lehre dieſes 2 ½ als, es iſt ein in dem Grade unverfaͤnglicher Artikel, daß er ſogar von Uebelwollenden uͤberſehen worden war, und daß man auf die Nachricht, dieſe Nummer der Gazette ſey mit Beſchlag belegt worden, mit der angeſtrengteſten Auf⸗ merkſamkeit die Stelle der Zeitung ſuchen mußte, wodurch das Miniſterium ſich ſo ſtark verletzt fand. Man war unſchluͤſ⸗ ſig, ob man den Aufſatz unter der Rubrik Paris, oder den : Mate üͤber die geſetzliche Ordnung, oder die Analyſe einer neuen Broſchuͤre (der Cottuſchen) dafuͤr anſehen ſollte, nicht etwa weil dieſe Artikel als ſtrafbar erſchienen, ſondern weil ſie, in demſelben Geiſte und Style geſchrieben, voͤllig gleiche Rechte hatten, von dem Miniſterium in Anſpruch genommen zu werden. — Die von der Anklage geſtellte Frage iſt fol⸗ gende: Enthält der Artikel vom 3. Auguſt die Merkmale des im 4ten Artikel des Geſetzes vom 25. Maͤrz 1822 be⸗ zeichneten Vergehens, oder mit anderen Worten, hat derſelbe 1— zum Haß und zur Verachtung gegen die Regierung des Koͤ⸗ nigs aufgerufen?“ — Der Vertheidiger geht nun in eine hiſtoriſche Unterſuchung der Discuſſion des genannten Ge⸗ ſetzes in der Deputirten⸗Kammer ein, woraus hervorgeht, daß ails ein Amendement der von der Kammer ernannten Com⸗ 7 8 uber die Schriften, welche Haß und miſſion zu dem Geſetze uüͤber „ . 4 achtung gegen die Regierung zu erregen beabſichtigen, die n
8 llung der Handlungen des Miniſteriums ſey. Darauf folgte der Advokat den
einzeln aphen des angeſchuldigten Artikels und un⸗ 8 ternahm S. esrchans. Von der Thron⸗Rede begin⸗ nend, ſagte er: „Der Grundſatz der miniſteriellen Verant⸗
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im Allgemeinen die Betrachtungen, welche mich zu der Be⸗
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2 wortlichkeit fuͤhrt auf die unwiderlegbare PeeLer⸗ daß 3 die Miniſter nicht ohne Einfluß auf die Abfaſſung der Rede ſeyn koͤnnen, welche der Koͤnig bei der Eröͤffnung der Kam⸗ mern halten ſoll. Wie kann wohl die unverantwortliche Gewalt ſich vor den Rathſchlaͤgen und Bitten der verant⸗ wortlichen Miniſter verſchließen? Wie koͤnnen die Miniſter an ſeinem ſo feierlichen Ausſpruche der Principien ohne An⸗ theil ſeyn? Einem neuen Miniſterium kommt es dann vor⸗ nehmlich darauf an, großen Einfluß auszuuͤben; es ſteht gerade dann auf dem entſcheidenden Punkte ſeiner Exiſtenz, es handelt ſich fuͤr daſſelbe darum, der Nation zu erklaͤren, ob es auf dem Wege der Verwaltung, an deren Stelle es getreten fortgeyen, oder eine neue Bahn brechen will. Wie koͤnnte der Monarch, ohne ungerecht zu ſeyn, den Miniſtern das Recht verweigern, an der Abfaſſung einer Rede, fuͤr deren Worte ſie kuͤnftig haften ſollen, Theil zu nehmen? Man muß entweder die Verantwortlichkeit der Miniſter laͤugnen, oder anerkennen, daß, der polttiſchen Ordnung gemäͤß, die Thron⸗Rede das Werk des Miniſteriums iſt, und als ſolches der Cenſur unterliegen kann.“ — Nachdem der vertheidi⸗ gende Advokat in ähnlicher Weiſe die andern Paragraphen des angeſchuldigten Artikels durchgegangen, ergriff der Koö⸗ nigliche Hr. Advokat Champanhet das Wort, um den Einwurf zu machen, daß man allerdings die Handlungen der Miniſter beurtheilen und tadeln koͤnne, aber nicht den Charakter die⸗ ſer Steuermaͤnner des Staatsſchiffes durch eine Anſchuldigung brandmarken muͤſſe, welche ſelbſt auf den Souverain zuruͤck⸗ fallen wuͤrde. — Herr Hennequin machte eine kurze Erwide⸗ rung. „So lange“ (ſagte er) „die Engel keine Portefeuilles uͤbernehmen, ſo lange werden die Miniſter auch Fehler ma⸗ chen, und es muß erlaubt ſeyn, ſie zu bezeichnen und der Weisheit des Monarchen zu enthuͤllen. Die Koͤnige von Frankreich haben nicht wie die Aſiatiſchen Herrſcher noͤthig, näͤchtliche Wanderungen zu machen, um die Volks⸗Meinung kennen zu lernen, ſie erfahren dieſelbe durch die Preßfreiheit. Die lebhaften Discuſſionen der periodiſchen Preſſe ſind ih⸗ rem Intereſſe, wir dem der Zeitgeſchichte gemaͤß. Sie ſollen nicht bloß den Irrthum der Bühen darthun, ſondern auch den Siegern die Wahrheit ſagen, und das Staatsſchiff in den Hafen geleiten.“ Nach einer Berathung von zwanzig Minuten ſprach das Tribunal die Freiſprechung des verant⸗ wortlichen Redacteurs der Gazette, Herrn Aubry, aus.
Der Courrier frangals außert ſich uͤber den Pro⸗ zeß der Gazette de France in folgender Art: „Die — ſprechung der Gazette iſt eine neue Buͤrgſchaft, welche die Tribunale fuͤr das Recht der freien Rede und der freien Beurtheilung der Regierung gegeben haben. Die Gazette, welche unaufhoͤrlich die Freiheit der Preſſe als eine Feindin der Monarchie und der Religion anklagte, hat ſich nun ge⸗ noͤthigt geſehen, ihre Lehren zu verlaͤugnen, und ſich mit den Principien, welche ſie unaufhoͤrlich angriff, zu decken. Dieſe Art von Widerſpruͤchen koſtet der Parthei, fuͤr die ſie ſich be⸗ kennt, wenig; ſie kommen haͤufig bei ihr vor. Als der oͤfſentliche Unterricht in den Haͤnden der Jeſuiten war, vertheidigte jene Parthei mit der groͤßten Heftigkeit das alleinige Recht derſelben dazu; jetzt, da die Univerſitaͤt ihr geſetzliches Recht wieder erlangt hat, fordert ſie allgemeine unbegraͤnzte Frei⸗ heit des Unterrichts. Was fuͤr eine Berechnung das Mi⸗ niſterium zu den Schritten gegen die Gazette bewogen hat, iſt ſchwer zu begreifen. Wie kann man ſeinen heftigen Angriff auf das Organ des Villdle’ſchen Miniſteriums mit ſeiner Nachſicht gegen die Anhaͤnger deſſelben Miniſteriums zuſammenreimen? Schaden etwa die taͤglichen heftigen Deklamationen der Ga⸗ zette dem jetzigen Miniſterium? machen ſie ihm die oͤffent⸗ liche Meinung abwendig? Keineswegs, ſie erregen nur Un⸗ willen und Ekel, weiter nichts! Nur dadurch, daß ſie in al⸗ len Zweigen der Verwaltung Anklaͤnge finden, nur dadurch, daß die immer thaͤtigen Agenten des alten Miniſteriums die Worte der Gazette jeden Abend treulich wiederholen, werden ſie gefaͤhrlich. Gerade gegen dieſe iſt zu verfahren; was hilft es, die Gazette zu verfolgen, waͤhrend man dieje⸗ nigen aufrecht erhäͤlt, welche ſie, gleich einem Orakel um Rath fragen. Das Gegentheil davon waͤre gerade das Rechte geweſen; man mußte, um Frankreich von dieſen Anhaͤngſeln des jeſuitiſchen Despotismus zu befreien, die Gazette ſchreien laſſen, ſo viel ſie wollte. Aber dazu gehoͤrt Entſchloſſenheit, und die hat das Miniſterium nicht. Wir ſtehen immer noch unter Herrn von Villdle’s Verwaltung, unter der Herrſchaft der Prieſter, und Alles, was wir bei dem Wechſel gewon⸗ nen haben, iſt, daß die National⸗Schuld um 4 Millionen Fr. gewachſen iſt, und die kleinen Seminarien eine Dotation von 1,200,000 Fr. erhalten haben.“
Die Auotidienne, welche die letzten Bekanntmachun⸗
gen des Moniteurs uͤber den allmaͤhligen Beicritt der Er. bi⸗
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