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Preußiſche Staats⸗Zeit

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No. 323. *

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Berlin, Sonntag den 30ſen November.

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Amtliche Nachrichten.

Kronik des Tages. Se. Majeſtaͤt der Koͤnig haben dem Kaufmann Karl hilipp Möring in v Allgemeine Ehrenzeichen erlei eruhet. Eeſtes Klaſs 82 e ven haben dem Ritterguts⸗Beſitzer Bendemann zu Wolkramshauſen zum Amtsrath zu ernen⸗ nen, und das daruͤber ausgefertigte Patent Allerhoͤchſt Selbſt zu vollziehen geruhet.

Abgereiſt: Der Kaiſerlich Ruſſiſche Feldjͤger Jaku⸗ lew, als Courier nach St. Petersburzt. wrHire cin.

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eitungs⸗Nachrichten.

1 Ausland.

1 Frankreich. Paris, 23. Nov. Der Moniteur enthaͤlt nachſte⸗ nden, allem Anſcheine nach amtlichen Aufſatz zur Wider⸗ der (im vorgeſtrigen Blatte der Staats⸗Zeitung er⸗ waͤhnten) Schluß⸗Folgerungen, welche die AQuotidienne aus dem Hirtenbriefe des Erzbiſchofs von Paris gezogen hat: „Die erſte Verorduung vom 16. Juni iſt bereits vollſtaͤndig in Erfuͤllung gegangen. Die acht, zu Saint⸗Acheul, Aix, Auray, Billom, Bordeaux, Doöle, Forcalquier und Montmo⸗ rillon beſtandenen Schulen ſind geſchloſſen, und die Univerſtaͤt wird ſie, wenn ſoſches fuͤr noͤthig befunden werden ſollte, durch Communal⸗Gymnaſien erſetzen. Die Ausfuͤhrung der zweiten Verordnung vom 16. Juni wird gleichfalls binnen Kurzem beendigt ſeyn. Die Maaßregeln, welche die Geſetze hinſichtlich der nicht autoriſirten oͤffentlichen Unterrichts⸗An⸗ alten vorſchreiben, werden allmaͤhlig egen die ſehr kleine Sans geiſtlicher Secundair⸗Schulen in Anwendung kommen, die ohne die vorherige Beobachtung der angeordneten Foͤrm⸗ lichkeiten geoͤffnet worden ſind oder noch geoͤffnet werden möchten. Faſt alle dieſe Anſtalten haben ſich indeſſen in die feſtgeſetzte Ordnung gefuͤgt oder thun ſolches noch täͤglich. Die Directoren und Superioren derſelben werden, auf den Vorſchlag der Biſchoͤfe, von dem Koͤnige genehmigt; kei⸗ ner von ihnen gehoͤrt einer im Lande nicht erlaubten Congregation an; alle ſind Weltprieſter. Die verſchiedenen Beſtimmungen, die dazu dienen ſollen, jene Inſtitute in den gehoͤrigen Graͤnzen zu halten, ſind und werden vollzogen werden. Mit einem Worte, das große Werk geht in Erfuͤl⸗ lung, ohne daß der Friede dadurch geſtoͤrt wird. Dieſes Re⸗ ſultat, woruͤber kluge Leute ſo lebhaft ihre Zufriedenheit aͤu⸗ ßern, iſt ein Gegenſtand des Bedauerns und des Zorns fuͤr jene leidenſchaftlichen Schriftſteller, welche Unruhen, Gewalt⸗ thaͤtigkeiten und Verfolgungen geweiſſagt hatten, und jetzt daeuͤber untroͤſtlich ſind, daß ihre Ungluͤcks⸗Prophezeihungen nicht in Erfuͤllung gehen. Sie drohen der Regierung mit beunruhigenden Entdeckungen und verſichern, daß die Verord⸗ nungen weder in Ausfuͤhrung gekommen ſind, noch in Aus⸗ fuͤhrung kommen werden oder auch nur koͤnnen. Dergleichen Drohungen ſind nicht im Stande, die Regierung zu ſchrek⸗ ken. Bei dieſer, wie bei allen anderen Gelegenheiten, iſt die⸗ ſelbe ſtets bereit, ihre Handlungen offen an den Tag zu le⸗ gen, über ihr Betragen Auskunft zu und jeder Erklaͤrung entgegen zu kommen. Die Miniſter haben gegen die Biſchoͤfe ſehandelt, wie ſie mußten, mit dem Vertrauen, das dem gehei⸗ igten Charakter dieſer Letztern gebuͤhrt; ſie ſind in der Erfuͤllung ihrer Pflichten mit Maͤßigung, Klugheit und billigen Ruͤck⸗ ſcchten zu Werke gegangen. Minder ſtrenge brauchten ſie auf

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die Feſthaltung der beſtimmten Friſten zu beſtehen und auf die fuͤr die Beitritts⸗Erklaͤrung gewaͤhlten Ausdruͤcke Ruͤck. ſicht zu nehmen; allein in der Sache ſelbſt haben ſie, wie ſie ſolches ſtets erklaͤrt und noch jetzt erklaͤren, kein einziges Zugeſtaͤndniß machen koͤnnen, denn ſie hatten dazu weder die Macht noch den Willen. Wenn einige Praͤlaten ſich zur Ausfuͤhrung der Verordnungen verſchiedenartiger ieee

bedient, wenn ſie ſich gewiſſe allgemeine Principien uͤber die ihrer Meinung nach dem Episcopate zuſtehenden Rechte vorr-.— behalten haben, ſo hat die Regierung ihrer Seits immer nur die Sache ſelbſt ins Auge gefaßt; ſie hat in den Erklarun-— gen der Biſchoͤfe bloß geſehen, was wirklich darin enthalten war, naͤmlich die Ausfüͤhrung der Verordnungen vom i. Juni, und um ſich deſſen zu vergewiſſern, hat ſie Alles ge. chan, was von ihr abhing. Unter ſolchen Umſtänden ſind die, in Verfolg der Verordnungen vom 16. Juni erforderlichen Autoriſationen dem Koͤnige zur Vollztehung vorgelegt wor⸗ den. Wenn ungeachtet der Aufrichtigkeit des Betragens der Re⸗ gierung, ungeachtet der nicht minder großen Aufrichtigkeit, wovon ohne Zweifel die Biſchoͤfe beſeelt geweſen ſind, einer von die⸗ ſen vielleicht die Abſicht gehabt haben ſollte, die Ausfuͤhrung der Verordnungen durch die fuͤr ſeinen Beitritt gewaͤhlten Aus⸗ druͤcke zu umgehen, ſo wuͤrde der Schade nicht unerſetzlich ſeyn. Die Beitritts⸗Erklarung wuͤrde alsdann einen weſent⸗ lichen Irrthum enthalten, und dieſer, ſobald er erkannt wor⸗ den, die Zuruͤcknahme derſelben erforderlich machen. Aber dem iſt nicht ſo; die Regierung kennt Frankreichs Biſchoͤfe beſſer als Diejenigen, die ſich, ohne dazu beauftragt zu ſeyn, zu de⸗ ren Vertheidigern aufwerfen; ſie hat eine böͤbere Meinung von ihrer Weisheit und Freimuͤthigkeit als dieſe, und ſie haͤlt ſich ſonach uͤberzeugt, daß es den Herausforderungen der Unruheſtifter nicht gelingen werde, das, was bereits er⸗ rungen worden, wieder zu vernichten und den gluͤcklich erhal⸗ tenen Frieden zu ſtoͤren.“

Der Me ffager des Chambres ſagt als Erwiede⸗ rung auf die Unzufriedenheit der Journale uͤber die letzten Verordnungen: „Die erſten Eindruͤcke, welche politiſche Angelegenheiten, die Kuͤnſte und ſogar die Literatur auf uns machen, ſind, ſo wie fruͤher, immer etwas oberflaͤchlich, weil ſie zu leidenſchaftlich ſind. Wir ſind ſtets in Verſuchung, uͤber alle Dinge zu ſchreien; ſie entweder goͤttlich oder ab⸗ ſcheulich zu finden. Dieſe Reizbarkeit maͤßigt ſich indeſſen bald. Wiewohl die periodiſche Preſſe die Improviſationen einer augenblicklichen Empfindung in ihrem ganzen Ungeſtuͤm vervielfaͤltigt, wird das oͤffentliche Bewußtſeyn dadurch den⸗ noch nicht in Gaͤhrung gebracht. Die Meinung beruhigt ſich in ſich, ſie verarbeitet dieſe in der erſten Haſt ausge⸗ ſprochenen Gedanken, und nach einiger Friſt und Beobachtung wird ihr Urtheil wieder gemäaͤßigt und klug. Dann entſcheidet ſie zwiſchen dem, was ſie billigen und was ſie tadeln ſoll; ihre Wuͤrdigung hat dann den Charakter der Reife und Gerechtigkeit. Dieſe Fluth und Ebbe der Urtheile trifft auch die Politik des Tages. Die oͤffentliche Meinung, durch die uͤbereilten Aeußerungen der Journale von Vorurtheilen eingenommen, betrachtet eine Maaßregel der Regierung mit mißbilligendem Auge. Spä⸗ ter kommt man von dieſem erſten aͤußern Eindrucke zuruͤck, das innere Gefuͤhl macht ſich geltend und faſt jedesmal ge⸗ ſchieht es, daß das, was man anfangs nur von einer Seite betrachtete, dann unter allen Geſichtspunkten angeſehen und billiger beurtheilt wird. Dieſes Loos haben auch die letzten Verordnungen gehabt, und von derſelben Art wird noch eine Zeit lang das Verhalten des Publikums gegen die Regierung ſeyn. Ein voͤlliges Verſtaͤndniß zwiſchen der oͤffentlichen Meinung und einem Miniſterium, deſſen conſti⸗ tutionnelle und monarchiſche Intentionen man taͤglich mehr kennen lernen muß, um ihm zu vergeben daß es ein Mini⸗ ſterium iſt, kann nicht mit einem Male hervorgebracht wer⸗

den; denn in Folge langer Kaͤmpfe haben die Regierung und