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ſeiner neueſten uiülnn daß man aus der Sprache der Auotidienne ſo eigentlich nicht klug werden koͤnne, giebt dieſem Blatte Veranlaſſung, ſein politiſches Glaubens⸗Be⸗ kenntniß abzulegen. Wir entnehmen daraus Folgendes: „Der Vorwurf“ ſagt dieſelbe, „daß wir ſelbſt nicht wuͤßten, was wir wollten, iſt einer von denen, worauf wir von Seiten des Miniſteriums am wenigſten gefaßt waren; denn wenn wne einen Blick auf die ungluͤcklichen politiſchen Maaß⸗ regeln des Jahres 1828 werfen, ſo finden wir, daß unſere Oppoſition immer den beſtimmteſten Charakter gehabt hat; wir wollten z. B. nicht, daß durch die Permanenz der Wahlliſten das Koͤnigliche Anſehn geſchmaͤlert werde, daß man vielmehr die Achtung vor demſelben, umgeben von ei⸗ ner heiligen Unverletzlichkeit, in dem Gewiſſen des Volkes

neu erwecke; wir wollten nicht, daß man durch dieſelbe Per⸗

manenz der Wahlliſten eine vierte Macht im Staate be⸗ gruͤnde, ſondern daß man vielmehr das demokratiſche Prin⸗ cip niederhalte; wir wollten mit einem Worte nicht, daß man die Rechte des Koͤnigs kraͤnke, ſondern daß man die Buͤrgſchaften fuͤr deren Erhaltung gewiſſenhaft bewahre, ja moöglichſt verſtärke. Daher auch unſere Oppoſition gegen das Interpretations⸗ und das Preß⸗Geſetz. Und wenn wir jetzt von dem Koͤnigthum auf die Religion zu ſprechen kommen, aus welchem andern Grunde widerſetzten wir uns den Ver⸗ ordnungen vom 16. Juni, als weil wir die durch die Charte garantirten Rechte fuͤr heilig und unverletzlich hielten; weil wir Beſtimmungen, deren Anwendung leicht zu einem zwei⸗ ten blutigen Drama fuͤhren konnten, nicht aus dem Chaos alter revolutionairer Geſetze hervorſuchen, ſondern den Katholicismus unter dem Schutze der neuen Geſetze vor den Launen und der Schwaͤche eines voruͤbergehenden Miniſteriums bewahren woll⸗ ten. Was die auswaͤrtige Politik betrifft, ſo ſchweigen wir dar⸗ uͤber, da die Ereigniſſe in Europa ſchon ſeit lange unſern Willen in Erfuͤllung 2—* laſſen. Wenn man eine ſolche Oppoſition willenlos nennt, was heißt dann uͤberhaupt noch wollen? Vielleicht iſt ſie aber bloß deshalb den Miniſtern unerkläͤrlich, weil ſie, jedem perſoͤnlichen Intereſſe fremd und einzig und allein den Triumph der Wahrheit und Gerechtigkeit be⸗ rechnet, es nicht ſo offenbar mit Maͤnnern haͤlt, welche Mi⸗ niſter waren, oder es noch ſind, oder es werden wollen. Iſt dies aber der Fall, geſtehen uns da nicht die Miniſter ſelbſt zu, daß wir unabhaͤngig ſind und bloß das allgemeine Beſte beabſichtigen? Das iſt in der That das ganze Geheimniß un⸗ ſerer Politik. Gleichwohl wollen wir nicht behaupten, daß die Perſonen uns durchaus gleichguͤltig waͤren. Wir wiſſen die Politiker, die ſich in einer langen Laufbahn unerſchuͤtter⸗ lich in ihren Meinungen gezeigt haben, ſehr von denen zu unterſcheiden, denen die Gunſt der Machtha er oder was man heutiges Tages die oͤffentliche Meinung nennt, ſtets ei⸗ ne andere Farbe leihen. Wenn es dem Staatsruder an ei⸗ nem Steuermann fehlte, ſo wuͤrden wir dazu nicht einen die⸗ ſer Letztern waͤhlen. Aber ſelbſt ſolche Männer, die wir in der gegenwaͤrtigen Kriſis am geeignetſten halten, die Monar⸗ chie zu retten, duͤrften ſich, wenn ſie in das Miniſterium ein⸗ traͤten, nicht ſchmeicheln, in uns blinde Lobredner zu finden. Iſt unſere Oppoſition gegen die jetzige Verwaltung zuweilen ſebhaft geweſen, ſo war ſie doch immer gerecht und gewiſſen⸗ haft. Unſere letzten Bemerkungen uͤber die neue Organiſa⸗ tion des Staats⸗Rathes liefert uͤberdies aber auch noch ei⸗ nen Beweis unſerer Maͤßigung; einige Perſonen⸗Namen haͤtten wohl unſern Tadel verdient, ebenſo die Gehalts⸗Ue⸗ berhaͤufungen, wovon jene Organiſation ein neues Beiſpiel giebt. Doch haben wir uns begnuͤgt, den traurigen Charak⸗ ter der Zugeſtaͤndniſſe herauszuheben, den ſie, wenn gleich nicht in demſelben Maaße, als andere weit beunruhigendere Opfer, die das geſetzliche Miniſterium dem Liberalismus gebracht hat, an ſich traͤgt. Unſere Oppoſitjon iſt unabhaͤngig und leidenſchaftlkos. Aber der Meſſager verſteht nichts von einer ſolchen Unabhaͤngigkeit, die allerdings Leuten fremd ſeyn muß, welche bloß das Lob und die Schmeichelei zur Richtſchnur ihrer Politik nehmen. Wenn man den Auftrag hat, uͤber alle Handlungen der Miniſter ohne Unterſchied in Entzuͤckung zu gerathen, ſo iſt es ganz natuͤrlich, daß man auch uͤber den rechtmäͤßigſten Tadel in Zorn gerathen muß. Sobald ſich Miniſter finden, die im Stande ſind, uͤber das Wohl des Staates ſich ſelbſt zu vergeſſen, wird die Quotidienne nicht erſt noͤthig haben, ſie durch Gunſtbezeugungen kennen zu ler⸗ nen, um an ihr Verdienſt und ihren Eifer zu glauben: ſolche Miniſter koͤnnen vielmehr des Beifalls derſelben gewiß ſeyn, weil die Behenigung der Monarchie der alleinige Gegen⸗ and ihrer Politik iſt.“ e. e 4 des Chambres enthaͤlt bereits in ſeinem geſtrigen Blatte eine Antwort auf dieſen Artikel,

vorin der Verfaſſer unter anderm ſagt, es ſey nicht genng,

1* * 8 2* 8 Sn * 8 8 Feen v5 . 8 v 8 daß die Quotidienne beſtändig von ſich behaupte, ſie a

präͤſentantin der geſellſchaftlichen Principien;

deutlicher erklaͤren, was ſie eigentlich hierunter verſtehe, und

wie es zugehe, daß ſeit 14 Jahren kein einziges von allen

2 1 ſein ſey religioͤs und monarchiſch geſinnt, ſie allein ſey die Re⸗

ſie ſolle ſich

Miniſterien ihren Beifall gehabt hat; Niemand koͤnne in

Abrede ſtellen, daß es dem jetzigen Miniſterium ebenfalls um

Gerechtigkeit, Wahrheit und die Wahrnehmung des allgemei-

nen Beſten zu thun ſey; ein Leichtes ſey es zu behaupten, daß es ſich in den Mitteln zur Erreichung dieſes Zweckes vergreife, ſchwerer moͤchte ſolches aber zu beweiſen ſeyn, und jeglichen Falls lohne es ſich wohl der Muͤhe, daß ein Oppo⸗ nent, bei Anpreiſung ſeiner eigenen Politik, tiefer in die Sache eingehe und grade heraus erklaͤre, was er will, warum, wie und wodurch er es will; wenn uͤbrigens die Quotidienne auf ihre Unabhaͤngigkeit ſtolz ſey, ſo könne ſie ſolches aller⸗ dings mit Recht, da ſie ſelbige oft genug bewieſen habe; in⸗ deſſen gebe es Tugenden, die noch ungleich hoͤher geprieſen

wuͤrden, wenn man nicht ſtets damit prunke, und die ſich unter andern auch durch eine gewiſſe Achtung vor den Tu-

genden Anderer verriethen; die Quotidienne preiſe aber nie die ihrigen an, ohne daß ſie nicht zugleich diejenigen ihrer Antagoniſten in Zweifel ziehe. „Im Uebrigen“, ſo ſchließt der Meſſager, „erkennen wir mit Vergnuͤgen an, daß der Artikel der Quotidienne, den wir hier beantworten, uns eine Verbeſſerung ihrer Polemik duͤnkt. Man verſpricht darin,

daß man ſich nie um die Perſonen bekuͤmmern, ſondern nur

die Sache ins Auge faſſen wolle. Auf ſolche Weiſe beharrt die Quotidienne bei ihrer Trennung von der Gazette de France, die immer nur das perſoͤnliche Intereſſe durchblicken laͤßt. Es iſt in der That ſchon ein Lob fuͤr die Quotidienne, daß ſie dieſem Blatte nicht gleicht.“

In dem Meſſager des Chambres lieſt man auch noch folgenden Artikel: „Mit Vergnuͤgen beſtaͤtigen wir heute die gluͤcklichen Fortſchritte unſeres politiſchen Anſehens in Eu⸗ ropa. Nach ſo vielem Ruhme, aber auch ſo vielen Unfäl⸗ len, nimmt Frankreich, unter dem doppelten Schutze des Thrones und der Verfaſſung, allmaͤhlig ſeine erhabene Stel⸗ lung wieder ein. Mitten unter den großen Streitfragen, warum es ſich in dieſem Augenblicke handelt, hat das Cabi⸗ net eine ruͤhmliche Neutralitaͤt zu bewahren gewußt, und,

ſeinen Buͤndniſſen treu, hat es den Titel der Ehre und

Rechtlichkeit, heutiges Tages die vornehmſte Bedingung der Macht und Staͤrke, verdient. Man werfe nur einen Blick auf unſer Heer, auf unſere Marine; Frankreichs Flagge mit Achtung begruͤßt. Braſilien, Morea ſind Zeugen der Herrſchaft, die der Name des Koͤnigs und unſeres ſchoͤnen Vaterlandes ausuͤbt. Gluͤckliche Unterhand⸗ lungen oder die bloße Entwickelung unſerer Macht ſind hin⸗ reichend geweſen, um unſeren Kechten Achtung zu ver⸗ ſchaffen und die Vollziehung der Vertraͤge vorzuberei⸗ ten. Das Miniſterium iſt nicht ſo eitel, daß es ſich das Verdienſt von Reſultaten beilegen ſollte, die wir

uͤberall wird

allein dem Vertrauen Frankreichs zu ſeinem Koͤnige zu ver⸗ danken haben; dieſes gluͤckliche Einverſtaͤndniß allein kann uns unſere ganze fruͤhere Wohlfahrt zuruͤckgeben. Es ſey uns

indeſſen erlaubt, darauf hinzuweiſen, wie ſehr die böſen Pro⸗ phezeihungen einiger Zeitungen Luͤgen geſtraft worden ſind. Die Erfahrung hat die geſunden Koͤpfe lehren muͤſſen, daß man ſich vor jenen erſten allzu lebhaften Eindruͤcken, die ſogleich allen Ungluͤcks⸗Botſchaften Glauben beimeſſen, einiger⸗ maaßen huͤthen muͤſſe.

Wir appelliren daher auch nochmals 42 *

an die Vaterlands⸗Liebe unſerer Schriftſteller und fordern

ſie auf, ſich in allen Faͤllen, wo es ſich um den Ruhm und die

Ehre Frankreichs handelt, ſich die ſchoͤne Einmuͤthigkeit der Engli-

ſchen Blaͤtter zum Vorbilde zu nehmen. Gewiß weiſ't die Re⸗ gierung die Oppoſition nicht zuruͤck; dieſe iſt rechtmaͤßig, wenn ſie nur die Miniſter und ihre. Handlungen angreift; ſobald

aber von der National⸗Wuͤrde, von unſerm Einfluſſe in Eu⸗

ropa die Rede iſt, iſt eine verlaͤumderiſche und leidenſchaft⸗ liche Politik nicht die eines guten Staatsbuͤrgers. In ſol⸗ chen Faͤllen moͤchte es gut ſeyn, wenn die periodiſche Preſſe

den Anſchwaͤrzungen ihrer Feinde weiſe Grundſaͤtze entgegen⸗

ſtellte.“ Es iſt bereits vor mehreren Wochen (in Nr. 292 der

Staats⸗Zeitung) erwaͤhnt worden, daß, einem Geruͤchte zu-“ folge, der Mexikaniſche Congreß Herrn Laisné de Villevéque,

Deputirten des Loiret, unweit Vera⸗Cruz einen bedeutenden Landſtrich (angeblich 600,000 Morgen) als Belohnung fur ſeine Bemuͤhungen geſchenkt habe, Frankreich zur Anerken⸗ nung der neuen Suͤd⸗Amerikaniſchen Staaten und zur Ab⸗ ſclüezung eines Handels⸗Vertrages mit Mexiko zu bewegen. Dieſes Geruͤcht hat ſich beſtaͤtigt. „Herr Laisné d. Ville⸗

voque“ ſo berichtet wenigſtens das Journal du Haävre 1