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umgangener Verſprechungen und getäuſchter Hoffnungen be⸗ ſchoͤnigen koͤnnte, und gewiß werden die Kammern nicht zur Nachſicht geſtimmt ſeyn, wenn man ihnen, als Erſatz fuͤr ſo viele Beweiſe der Schwaͤche, einige unvollſtaͤndige Geſetz⸗Ent⸗ wuͤrfe vorlegt, welche nur die Abſicht verrathen, die dem Lande verſprochene Genugthuung auf unbeſtimmte Zeit zu verſchieben. Im Laufe der letzten Sitzung verdankte das Miniſterium ſeine ganze Kraft ſeinen Verſprechungen; dieſes Mittel, welches jeder neu begruͤndeten Macht ſo wohl zu ſtatten koͤmmt, wird indeſſen in der naͤchſten Sitzung weg⸗ fallen, denn man hat ſeitdem erfahren, was man von jenen pomphaſten Verheißungen zu halten habe. Das Miniſterium ſieht recht gut ein, wie ſchwierig alsdann ſeine Lage werden wird, und darum will es die jetzige precaire und unbeſtimmte Stellung einer ſchwachen Verwaltung, die nicht vorwaͤrts ſchreiten kann noch will, moͤglichſt in die Laͤnge ziehen. Wenn

es indeſſen ſein eigenes Intereſſe nur einigermaaßen verſtaͤnde, ſo wuͤrde es einſehen, daß eine ſolche Verzogerung ſo wenig ihm als dem Lande fromme.“

Man geht bekanntlich damit um, einen ganz neuen Saal;

fuͤr die Sitzungen der Deputirten⸗Kammer zu bauen; dieſer wird indeſſen erſt fuͤr die Sitzung von 1830 fertig werden; man hat dafuͤr dieſelbe Form gewaͤhlt, welche der jetzige Saal hat, naͤmlich die halbe Cirkel⸗Form, jedoch ſoll dabei mehr als in dieſem auf die Regeln der Akuſtik und auf den Raum fuͤr die Zuſchauer Ruͤckſicht genommen, und nebenbei zu⸗ leich fuͤr eine Wohnung fuͤr den Praͤſidenten geſorgt werden. Zier und zwanzig ioniſche Saͤulen von weißem Marmor mit ver⸗ goldeten Sockeln und Capitaͤlen werden den Saal umgeben; das Haupt⸗Geſimſe dieſer Colonnade wird etwa 8 Fuß hoch uͤber die letzte der amphitheatraliſch hinaufſteigenden Bank⸗ Reihen fuͤr die Deputirten hinausragen, um Beſprechungen zwiſchen dieſen und den Zuſchauern zu verhindern; was die Tribunen fuͤr das Publikum anbetrifft, ſo ſoll es deren zwei Reihen uͤbereinander geben, welche etwa 500 Zuſchauer aſſen koͤnnen, wogegen die jetzige eine Tribune deren nur 210 aufnimmt. Breite Treppen, zur alleinigen Benutzung der Deputirten, werden dieſen erlauben, ſich frei und unge⸗ hindert nach allen Theilen des Saales zu begeben, ohne daß der Lauf der Seeezagen dadurch unterbrochen wird. Die Vertie⸗ fung, in welcher ſich bisher der Seſſel des Praͤſidenten befand, fällt weg, ſo daß das Buͤreau deſſelhen, vorzüͤglich aber die Rednerbuͤhne, mehr in die Mitte des Saales hineintritt und der Redner ſonach, ſowohl von den Deputirten als den Zu⸗ ſchauern, beſſer als bisher verſtanden werden kann. Der Architekt, Hr. von Joly, dem der Bau uͤbergeben iſt, will, daß der Hintergrund des Saales, an welchen ſich das Buͤ⸗ reau des Praͤſidenten lehnt, auf eine paſſende Weiſe decorirt werde; er hat hierzu die Malerei und die Bildhauerkunſt in Anſpruch genommen. Herr Gérard will die Unabhän⸗ gigkeit der alten Franzoͤſiſchen Parlamente zum Gegenſtande eines großen Gemäaͤldes machen, und ein Bildhauer, deſſen Name noch nicht bekannt iſt, wird die Statuen Lhöpital's, Colbert’s, Montesquieu's und d Agueſſeau's anfertigen. Der Oberſt Fabvier hat vorgeſtern ſeine Ruͤckreiſe nach Griechenland angetreten. 2 Aus Marſeille meldet man, daß das dortige kleine geiſt⸗ liche Seminarium, wie im vorigen Jahre, wieder geoͤffnet worden ſey und mindeſtens 150 Zöglinge zahle, ohne daß der Biſchof ſich in die Verordnung vom 16. Juni gefuüͤgt habe. Ein Schreiben aus Toulon vom 17. Nov. enthält Folgendes: „Die Koͤnigl. Brigg „Loiret“, Capitain Laroque, iſt von Patras, das ſie am 1. Nov. verlaſſen hat, mit De⸗ Fes und Privat⸗Briefen auf hieſiger Rhede allgekommen. uter letzteren befindet ſch nachſtehendes Schreiben eines Matroſen der Fregatte „Dido“: Fort von Morea, 1 Lieue von Patras, am 30. Oct. 1828. „Mein letzter Brief meldete, daß ich noch in Navarin war; zwei Tage ſpaͤter erhielten wir, ſo wie die Fregatten „Armide“, „Herzogin von Berry“ und die Corvette „Hiſe“, Befehl, nach Patras zu ſegeln, um die von den Tuͤrken ge⸗ gen die Corvette „Echo“ begangenen Feindſeligkeiten zu rä⸗ chen. In anderthalb Tagen vollendeten wir die Fahrt und ſetten Unſere Truppen zwei Tage nach unſerer Ankunft ans . Der Angriff die Stadt geſchah einige Tage ſpaͤ⸗ lgſere Fregatte hatte Befehl, ſich zwiſchen die Stadt ſen da Fort zu legen, und jede Communication zwiſchen die⸗ keinen zu verhindern. Die Garniſon leiſtete ſchuͤſſen. Puair 9 und capitulirte hei den erſten Flinten⸗ einen SeE iſt nicht mehr die Stadt, welche fruͤher n Namen hatte; ſie wurde in der erſten ein

Zeit des Krieges * Stelle ſteht jetze nur unf Norea verheert, und an ihrer und Stroh, deren e. Haufen ſchlechter Huͤtten von Holz 2 chmutziges Ausſehen das Elend und die

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den Tuͤrken beſetzt war. 8

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unglaubliche Sorgloſigkeit der Einwohner bezeugen. Ich beſuchte

die Stadt einige Tage nach der Uebergabe, als ſie noch von Man füͤhrte mich in das ſchoͤnſte Viertel. Die Haͤuſer ſiud nichts als unfoͤrmlich zuſammen⸗ gefügte Bretterhaufen, unter denen die Tuͤrken, von ihren Weibern umgeben, mit untergeſchlagenen Beinen ſaßen und ruhig ihre Pfeife rauchten. Am 14. Oct. beſuchte ich die Stadt zum zweiten Male; jetzt bot ſie einen ganz andern Anblick dar; die Haͤuſer waren zwar noch dieſelben, aber man ſah ihnen an, daß ſie andere Bewohner hatten. Die Tuͤrken hatten einige Tage nach der Capitulation von Pa⸗ tras dieſe Feſtung geraͤumt, und wurden mit ihrem ſaͤmmt⸗ lichen Gepäͤck nach Albanien uͤbergeſetzt, das nur durch einen 3 Lieues breiten Meeres⸗Arm von Morea getrennt iſt. Die truppweiſe in den Vergen umherirrenden Griechen ſtroͤmten ſogleich von allen Seiten nach der Stadt, und nahmen ihre alten Wohnungen in Beſitz. Sofort bekamen die Haͤuſer ein reinlicheres Anſehen, allenthalben ließen ſich Handelsleute mit altem Eiſen⸗Geräͤthe, Taback, Wollſtoffen u. ſ. w. ſehen, kurz Al⸗ les, was man erblickte, zeugte von der Thaͤtigkeit und Induſtrie der Griechen. Der Vergleich zwiſchen den Tuͤrken und Grie⸗ chen fällt ſehr zum Vortheil der Letztern aus. Die Stadt Patras liegt im Norden von Moreg, am Golf, der von ihr

den Namen fuͤhrt, zwei Lienes von der Muͤndung des Meer⸗ buſens von Lepanto, und wird von zwei ziemlich ſtarken Forts vertheidigt, von denen das eine in Morea ſelbſt, das andere an der Kuͤſte von Albanien, nicht weit von Lepanto, liegt. Ich weiß nicht, welche Beſtimmung wir erhalten werden, nachdem alle feſten Plaͤtze Meſſeniens in unſerer Gewalt ſind.“ Von Navarin ſind am 15ten d. M. zwei Trans⸗ port⸗Schiffe mit Pferden im Hafen von Toulon eingelaufen. Zehn andere dergleichen Schiſſe mit Pferden werden noch erwartet.

Großbritanien und Irland.

London, 22. Nov. Aus Limerick vom 19. wird ge⸗ meldet, daß die Grafſchaft Tipperary ſich von Neuem in einem hoͤchſt aufgeregten Zuſtande befindet. Zahlreiche Hau⸗ fen durchſtroͤmen das Land, um ſich Waffen zu verſchaffen. Mehrere Haͤuſer ſind angegriffen und die darin befindlichen Feuergewehre geraubt worden. Zwei Leute, welche auf der Jagd waren, wurden am hellen Tage genoͤthigt, ihre Flin⸗ ten abzugeben. Die Bauern ſcheinen ſich mit Feuergeweh⸗ ren verſehen zu haben; alle Nacht höͤrt man Schuͤſſe fallen. Viele achtbare Familien fluͤchten ſich in die Stadt. Bei Abbydarney verſuchten die Inſurgenten, 4 Soldaten des 98ſten Regiments zu entwaffnen.

Hr. Pereira, deſſen Ankunft in England wir kuͤrzlich gemeldet haben, iſt hier eingetroffen und wird ſich dem Ver⸗ nehmen nach unverzuͤglich, in Auftraͤgen Dom Miguel’s, nach Rio Janeiro begeben. .

„Man wird ſich erinnern“, heißt es in der Times, „daß im Laufe der letzten Parlaments⸗Sitzung die Rede von einer Geldſumme war, die von Frankreich entrichtet worden iſt, um alle Anforderungen Britiſcher Unterthanen an dies Land zu befriedigen. Das ſolchergeſtalt gezahlte Geld wurde ge⸗ wiſſen Engliſchen Commiſſarien uͤberwieſen, um es an ihre Landsleute, nach den reſpertiven Forderungen derſelben, auszu⸗ zahlen. So weit war das Verfahren auf beiden Seiten ge⸗ recht und billig. Aber dem Verlauten zufolge iſt ein be⸗ traͤchtlicher Theil dieſes Geldes (man ſpricht von 250,000 Pfd.), das doch allein den Creditoren Frankreichs zukam, von den Commiſſarien fuͤr die Wälder und Forſten zur Be⸗ ſtreitung der laufenden Ausgaben fuͤr den Bau der Koͤnigli⸗ chen Schloͤſſer verwendet worden. Dies iſt ohne Zweifel ein ſehr tadelnswerthes Verfahren. Doch fuͤgt man hinzu, daß die richtig befundenen Anforderungen an die Franzoͤſiſche Re⸗ gierung befriedigt waͤren, und daß nur die Berichtigung der Forderungen ſuspendirt waͤre, deren Guͤltigkeit noch nicht habe erwieſen werden köͤnnen, ſobald dies aber geſchehe, wuͤrden auch dieſe Forderuggen befriedigt werden.“ Die Times ſcheint uͤbrigens dieſe ſchon fruͤher beregte Angelegen⸗ heit jehht nur um deshalb wieder zur Sprache zu brin,. gen, um folgende Bemerkung daran zu knuͤpfen: „Wir haben von dem Pallaſte geſprochen, der zum Theil von dem Franzoͤſiſchen Gelde gebaut ſeyn ſoll. Die erſte An⸗ ſicht, welche die Fremden von ihm haben, wird von dem Porticus aus ſeyn, deſſen Bau jetzt in Hode⸗Park, Ecke beendigt iſt; welcher Natur wird dieſer Proſpect ſelbſt ſeyn? Nicht etwa auf eine oſſene und praͤchtige Fronte, ſondern auf den aͤußerſten Winkel des letzten Fluͤgels. Dies will uns aber eben ſo beduͤnken, als wenn unſer gnäͤdiger Herr, indem ein fremder Prinz ihm vorgeſtellt wird, ſtatt ſeine edle Perſon en face zu zeigen, ihm nur die linke Schulter zuwenden wollte.

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