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Blicke auf den Archipel und die Weißen Meeres.
Zu Europa rechnen die Tuͤrken, wie wir von Hammer'’s Staats Verfaſſung des Osmani wiſſen, auch alle zwiſchen dieſem Erdtheile und Aſten gelege⸗ nen Inſeln: ſie ſchließen daher in der Cintheilung des Reichs die Statthalterſchaft des Archipel's unmittelbar an die Europaiſchen Landſchaften Rumili und Bosna an; Kan⸗ dien zaͤhlen ſie zu Afrika und Cypern zu Aſien.
Dieſer Eintheilung zufolge bildeten die Inſeln des Archipels die dritte, Cypern die vierte und Kandien die letzte der 25 Statthalterſchaften oder Provinzen (Ejalet) des Tuͤrkiſchen Reichs.
Der Beſitz der Statthalterſchaft der Inſeln (Ejaleti Dschesair) oder auch der Provinz des Meeres (Ejaleti Déria) iſt bisher ſtets mit der Wuͤrde des Groß⸗Admirals, Kapudan⸗Paſcha, verbunden geweſen.
In Gemaͤßheit einer von dem Groß⸗Admiral Guͤſeldſché Ali Paſcha getroffenen Einrichtung, wurde die Statthalter⸗ ſchaft des Archipels in zehn Kreiſe oder Bezirke (Sandls hak) eingetheilt, naͤmlich: 1) Egribos, Negropont, Euboöag; 2) Ainabachti, Lepanto, das alte Naupaktus; 3) Midilli, Mytilene, Lesbos; 4) Sighadſchik; 5) Rhöodos, Rho⸗ dus; 6) Kodſcha Jli; 7) Bigha; 8) Sakyz, Chios; 9) Nakſcha, Naxos; 10) Andra, Andros. Gallipoli wurde als der Haupt⸗Ort dieſer Provinz angeſehen.
Die der Wuͤrde des Groß⸗Admirals ebenfalls anklebende Statthalterſchaft Cypern (Eja eti Kibris) wurde in ſteben Sandschak untergetheilt, wo drei auf der Inſel ſelbſt gelegen, naͤmlich: Lefkoſcha, Nikoſia; Baffa, Paphos, und Kerina; die andern vier aber auf dem Aſtatiſchen Feſtlande, naͤmlich: Alajé, Tarßus, Sis, und Itſch Il.
Unter die Botmaßigkeit des Groß⸗Admirals in ſeiner Eigenſchaft als Statthalter der Provinz des Meeres gehoͤr⸗ ten ferner der Regel nach, ſelten aber in der That, die meiſt widerſpenſtigen Befehlshaber (Bege) der Kuͤſte von Munte⸗ ſcha, des neunten der vierzehn Sandschak. aus welchen die Statthalterſchaft Klein⸗Aſten (Ejaleti Anatoli) beſteht, und in gewiſſen Beziehungen, aber auch mehr dem Namen als der That nach, waren ihm ſelbſt die Regierungen von Al⸗ gier, Tunis und Tripoli untergeordnet.
Kreta oder Kandien (Ejaleti Kirid) war nie voen dem Groß⸗Admiral abhaͤngig, ſondern bildete eine eigene Provinz, und wurde in drei Sandschak, namlich Kandia, Sitz des Paſcha's oder Statthalters, Kanéa und Retimo cingetheilt.
Auf dem Feſtlande ſowohl, als auf den Inſeln, beſtan⸗ den die geſetzmaßigen Einkuͤnfte der Statthalter in dem Ge⸗ ſammt⸗Ertrage gewiſſer ihnen angewieſenen Domainen, Kron⸗ und Kammer⸗Guͤter (Chass), aus welchen ſie den Gehalt der Beamten und den Sold der Truppen zu beſtreiten hat⸗ ten. Suleyman, († 1566), der bei der Feſtſtellung ſeiner politiſchen Einrich⸗ tung darauf bedacht war, den zu großen Ueberſchuß der Einkuͤnfte, welche bisher in den Privat⸗Schatz des Statt⸗ halters gefloſſen war, den Staats⸗Kaſſen zuzuwenden, fuhrte in mehreren Provinzen die Salijané, oder jaͤhrliche Beſol⸗ dung, ein, wo die Einkuͤnfte der Kronen⸗ und Kammer⸗ Guͤter nicht mehr unmittelbar dem Statthalter angewieſen waren, ſondern fuͤr den Staat verwaltet wurden, der dage⸗ gen von dem Ertrage den Gehalt des Statthalters, die Be⸗ ſoldung der Beamten und den Sold der Truppen beſtritt. Hiernach wurden die nach dieſem Syſtem verwalteten Pro⸗ vinzen Salijané, jene aber Chass genannt.
In der Statthalterſchaft der Inſeln, oder der Provinz des Meeres, gehoͤrten die Jandschak Mytilene und Rhodos zu der Klaſſe der Chass, Chios aber, Naxos und Andros zu
aus Herrn en Reichs
der der Salijané. Auf Cypern gehoͤrten Nikoſia zu der er⸗
Paphos und Kerina aber zur zweiten Klaſſe; in Kandien hingegen Kandia, Kanea und Retimo alle drei zu der erſteren, nur allein die Beſatzung der Feſtung Kandia wurde von den uͤbrigen zum Chass nicht gehoͤrigen und folg⸗ lich fuͤr Rechnung des Staats verwalteten Einkuͤnften be⸗ ſtritten. “
Von dieſen aus fruͤheren Zeiten herruͤhrenden Einthei⸗ lungen und Unter⸗Abtheilungen des Osmaniſchen Reichs, wie ſolche in des Hrn. von Hammer's oben erwahnten trefflichem Werke (dem einzigen Leitfaden der Tuͤrkiſchen Statiſtik) auf⸗ gefuͤhrt ſind, haben ſich mehrere nur dem Namen nach noch erhalten, bei andern ſind die Grenzen bald verengt bald er⸗ weitert worden, und noch andere ſind ganz verſchwunden aus der Reihe der Beſtandtheile Tuͤrkiſcher Herrſchaft. So hat auch die politiſche Eintheilung, die Verfaſſung und Vern al⸗ tung der bis zum Ausbruche der Griechiſchen Inſurrection
ſteren,
der große Geſetzgeber und Adminiſtrator
(1821) unter 828 kiſcher Botmaäͤßigkeit geſtandenen Inſeln des Leißen Meeres*) im Verlaufe der Zeit ſehr weſentliche Veraͤnderungen erlitten, uͤber deren Eintritt und Umfang
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jevoch bisher eben ſo wenig als uͤber den dermaligen ſtatiſti⸗ ſchen Zuſtand des Tuͤrkiſchen Feſtland 1 bekannt geworden ſind.
In Folge dieſer allmaͤhligen Veraͤnderungen iſt die Aus⸗ dehnung der noch immer mit der Wuͤrde des Groß verbundenen Statthalterſchaft des Archipel's bedeutend be⸗ ſchrankt worden, wenn gleich das Anſehen des Kapudan⸗Pa⸗ ſcha faktiſch noch immer ſehr groß iſt und deſſen Buyuruldi (Weſir's Befehle) laͤngs allen Kuͤſten der Europaiſchen und Aſtatiſchen Tuͤrkei, auf anderthalb Stunden in’s Land hinein, Geſetzes⸗Kraft haben ſollen.
Die zum Osmaniſchen Reich gezaͤhlten Inſeln moͤgen nach der neuern, bis zum Jahre 1821 beſtandenen Organi⸗ ſation, mit Bezug auf ihre Abhaͤngigkeit von den Tuͤrkiſchen Behoͤrden, unter ſieben Haupt⸗Benennungen gebracht wer⸗ den, namlich: 1) Chass; 2) Voivodalik; 3) Agalik; 4) Beg- lik; 5) Malikiané; 6) Walilik; 7) Kuhassylyk. urtheilung des Zuſtandes derſelben, vom politiſch⸗geographi⸗ ſchen Standpunkte aus betrachtet und mit beſonderer Ruͤck⸗ ſicht auf ihre Theilnahme an der In rtion, duͤrften ſich die nachſtehend mmengeſtellten Nachrichten benutzen laſſen, bei welchen die Angaben uͤber die neuern und neueſten Ver⸗ haltniſſe, aus zuverlaͤſſigen, wenn gleich nicht amtlichen Quel⸗ len geſchoͤpft worden ſind.
1) Chass, des Groß⸗Admirals, d. h. diejenigen welche unmittelbar dem Kapudan⸗Paſcha untergeordnet ſind, und die zuletzt anſtatt des demſelben urſpruͤnglich als Apanage (Chass) uͤberwieſenen Geſammt⸗Ertrages aller Einkuͤnfte, ein jahrliches Averſum an die Admiralitaͤt entrichten; ſolche ſind
Eſchkiatos Sciathos und Iſchkopelos, Scopulos, Skopulo, dieſe beiden am Eingange des Buſens von Volo (Sinus pagasaiecus) gelegenen Inſeln, ſind die bedeutendſten der im Norden von Negropont befindlichen Gruppe. Ihre Bevoͤlkerung, die ſich durchgaͤngig zum Griechiſchen Ritus bekennt, iſt geringe, da die auf Kalidroni, Piperi, und den uͤbrigen kieinen Teufels⸗Inſeln hauſenden Seeraͤuber den Aufenthalt daſelbſt von jeher unſicher gemacht haben. Beide Inſeln beſitzen einen reichen Viehſtand und erzeugen Seide und Wein von vorzuͤglicher Guͤte. Die Verwaltung iſt einem Munieipal⸗Rathe uͤbertragen, der jaͤhrlich erneuert wird, und aus drei oder mehreren Primaten beſteht. Dieſe Inſel⸗Bewohner haben ſich gleich vom Anbeginn der Inſur⸗ rection durch Grauſamkeit und Raͤubereien an den Kauf⸗ fahrtei⸗Schiffen aller Flaggen aus hnet.
Iſchkiros St. Georg beyra, Scyros, oͤſtlich von
Dzirn 8 Zur Be⸗
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Negropont, ſtand, bis zur Beſitznahme durch die Tuͤrken, un⸗
rzoge von Naxos. Die Bevoͤlkerung tauſend Seelen. Der Griechiſche Ri⸗ Die Inſel hat einen Biſchof er, von welchen das des heiligen Georg, berühmt dur vunderthaͤtiges Bild, ihr den Na⸗ men verliehen hat. Sie erzeugt vortrefflichen Wein, etwas Getreide, ſchoͤne Baumwolle, Fruͤchte und Wachs. Die Re⸗ gierung iſt in Haͤnden der Primaten, die jaͤhrlich neu ge⸗ wahlt werd Der Cacdi oder Casi, der einzige Tuͤrke auf der Inſel, war nur dem Namen nach Richter, hing aber in der That gaͤnzlich von den Griechiſchen Primaten ab, die
ter der Herrſchaft der Her belaͤuft ſich kaum auf tus iſt und mehrere Moͤn
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„ bei der mindeſten Zwiſtigkeit durch ihren Einfluß in Konſtan⸗
tinopel ſehr leicht ſeine Abſetzung bewirkten. an der Inſurrection Theil genommen. (Fortſetzung folgt.)
Die Inſel hat
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Duͤſſeldorf, 28. d8 6 1
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Nov. In dem Nuͤrnberger Cor⸗ reſpondenten iſt vor einigen Wochen ein Artikel, angeblich aus Preußen datirt, erſchienen, der ſich hoͤchſt entmuthigend und tadelnd uͤber die Verhaͤltniſſe und die Lage des Elber⸗ felder Mexikaniſchen Bergwerk⸗Vereins auslaͤßt, zugleich aber auch ſo ſehr das Gepraͤge einer gaͤnzlichen Unkunde des Ge⸗ genſtandes verraͤth, daß deutlich hervorgeht, der Einſender koͤnne keine andere als die eben nicht ſehr lobenswerthe Ab⸗ ſicht gehabt haben, in der Eile etwas Haͤmiſches, wenn auch
») Unter dieſer Benennung begreifen die Tuͤrken nicht nur den Archipel, ſondern auch den ganzen Theil des Mittellaͤndi⸗ ſchen Meeres, der ſich fuͤdoͤſtlich von der Inſel Cerigo bis an die Syriſche Kuͤſte und langs dem ſuͤdlichen Ufer von Klein⸗ Aſien erſtreckt. I“ 1
Feſtlandes, officielle Angaben
Admirals