Blicke auf den Archipel und die Inſeln des S Weißen Meeres. (Fortſetzung.)

Buaguk deghirmenlik, Milo, Melos; dieſe kleine Inſel, die Plinius insularum omnium rotundissima bezeich⸗ net, liegt am Eingange des Archipels, des Aegeiſchen Meeres der Alten. Erſt von den Roͤmern uͤberwaͤltigt, nachher den Grie⸗ chiſchen Kaiſern unterworfen, ward ſie zuletzt unter Franz Crispo mit dem Herzogthuüͤm Naxos vereinigt und durch Barbaroſſa fuͤr das Osmaniſche Reich erobert. Zu Ende des ſiebzehnten Jahrhunderts hatte ſich ein Miliote, Namens Capſi, zum Beherrſcher der Inſel aufgeworfen, und ſeine Unabhängigkeit drei Jahre hindurch mit eben ſo viel Muth als Klugheit zu behaupten gewußt; eingeſchlaͤfert durch die Freundſchafts⸗Verſicherungen des damaligen Groß⸗Veziers ließ ſich dieſer neue Inſel⸗Koͤnig an Bord eines Tuͤrkiſchen Schiffes locken, um mit dem Befehlshaber deſſelben uͤber ge⸗ wiſſe ſehr vortheilhafte Antraͤge Ruͤckſprache zu nehmen, welche ihm von Seiten des Divans gemacht wurden, ward aber ſogleich gefangen nach Konſtantinopel gefuͤhrt, und da⸗ ſelbſt am Eingangsthor des Bagno aufgehaͤngt.

Der Mangel an reinem Waſſer, die mineraliſchen Aus⸗ witterungen, die Duͤnſte der ſalzigen Suͤmpfe laͤngs der Kuͤſte und der in den engen Straßen aufgehaͤufte Unrath verpeſten die Luft und erzeugen eine Menge gefaͤhrlicher Krank⸗ heiten. In den aus einer Gattung von Bimſtein erbauten Haͤuſern iſt das unterſte Stockwerk, mit dem Ausgange nach der Straße, uͤberall den Schweinen und Ziegen eingeraͤumt, welche hier im eigentlichen Sinne des Wortes Hausthiere ſind, und den bedeutendſten Theil der Viehzucht ausmachen. Die jungen Ziegen von Milo wurden ſchon von den Gaſteo⸗ nomen des Alterthums unter die Leckereien, welche Griechen⸗ land erzeugte, gezahlt. Das Meerſalz, welches ſich waͤhrend des Winters im Innern der Rhede, in beſonders dazu be⸗ ſtimmten Behältern, abſetzt, und im Sommer kriſtalliſirt, iſt in ſolchem Ueberfluß vorhanden, daß den Einwohnern bisher geſtattet wurde, ſich unentgeldlich nach Belieben damit zu verſehen.

ſezan iſt ein faſt durchaus hohler, poroͤſer, mit See⸗ waſſer durchdrungener Felſen, in deſſen Hoͤhlungen ein immerwaͤh⸗ rendes Feuer brennt. Dieſes unterirdiſche Feuer wird nach Tour⸗ neforts Anſicht durch den großen Vorrath an Eiſen und Schwefel, welche die hauptſächlichſten inneren Beſtandtheile bilden, un⸗ terhalten. Man findet hier gediegenen Schwefel von beſon⸗ derer Schoͤnheit und herrlichen Feder⸗Alaun. Die Zugaͤnge zu den Gruben ſind aber von den Einwohnern ſorgfältig verſchuͤttet worden, um ſich gegen neue Erpreſſungen und Bedruͤckungen von Seiten der Tuͤrken ſicher zu ſtellen. Die Steinbruͤche liefern Muͤhlſteine von vorzuͤglicher Guͤte, welche nach Konſtantinopel, Aegypten und Morea, nach den Joni⸗ ſchen Inſeln und ſelbſt nach Italien verfuͤhrt werden. Von den hier gebraͤuchlichen Handmuͤhlen ſoll die Inſel den Na⸗ men Milo erhalten haben. Der heiße Boden erzeugt Baum⸗ wolle, Seide, Getreide und Gemuͤſe, treffliche Weine, die beſten Feigen und die ſchoͤnſten Melonen des Archipels; da⸗ gegen iſt die Cultur der Pomeranzen und Citronen ganz vernachlaͤſſigt. Die ſchon im Alterthum beruͤhmte Erde von Milo, F lis, dient anſtatt der Seife zum Waſchen. Längs der Kuͤſte und in den zahlreichen hoͤchſt merkwuͤrdigen

hlen, welche die ſchoͤnſten und mannigfaltigſten Incruſta⸗ tlonen enthalten, finden ſich mineraliſche Quellen, von wel⸗ chen mehrere ſiedend heiß aus dem Sande hervorſprudeln. Die Einwohner gebrauchen die Baͤder gegen Haut⸗Krankhei⸗ ten mit qutem Erfolge, und trinken regelmaͤßig im Fruͤhjahr das Waſſer als erprobtes Abfuͤhrungs⸗Mittel. Die Schwe⸗ fel Hoͤhlen, aus welchen immerwaͤhrender Dampf und oft helle Flammen emporſteigen, dienen zu Schwitzbaͤdern; in ihrer Nähe iſt der rauchende Boden ganze Strecken weit mit einer hellgelben Kruſte uͤberzogen. Vom Elias⸗Berge aus genießt men. ve der reizendſten und ausgebreitetſten

ſichten des Archipels. . vnaa nahe an ſieben tauſend Seelen ſtarke Bevoͤlkerung bekennt ſich zum Griechiſchen Ritus. Milo zaͤhlt außer einer großen Menge Kirchen und Kapellen dreizehn Moͤnchs⸗Kloͤ⸗ ſter und unterhält einen Biſchof nebſt einer Legion Papa's. Seitdem die wenigen Roͤmiſch⸗katholiſchen Familien, die ſich fruͤher hier befanden, ihren Wohnſitz nach anderen Inſeln verlegt haben, iſt auch das bis dahin beſtandene Kapuziner⸗ Kloſter eingegangen, und der Stuhl des Biſchofs, dem naͤchſt Milo auch Argentiere und Syphanto untergeordnet waren, nicht mehr beſetzt worden.

Die Frauen von Milo, welche den Vorwurf zu großer Sprödigkelt nicht verdienen ſollen, bereiten aus der Meer⸗ pflanze, Aleyonium durum, ein fuͤr die Haut ſehr verderb⸗

2 8 8 . S 5

1868*

1 2 4 uu. ] J*“* vdbö443 4464. 81.—

liches rothes Pulver, das ihnen zur Schminke dient. Hier und auf der nahe gelegenen Inſel Argentiere zeichnet ſich die weibliche Tracht durch eine groteske Haͤßlichkeit aus; un⸗- foͤrmlich dicke Beine und ein moͤglichſt breiter Leib gelten 1116“ Ideal des Schoͤnen, welches die Frauen zu erreichen ſuchen, 2* indem ſie mehrere dicke, ſteife Roͤcke und fuͤnf bis ſechs Paat 8 wollene Struͤmpfe uͤber einander anziehen.

Die Maͤnner ſind erfahrene Seeleute und werden wegen ihrer Bekanutſchaft mit den Klippen und Stroͤmungen des Archipels vorzugsweiſe von allen fremden Kriegs⸗ und Han⸗ dels⸗Schiffen als Lootſen gebraucht.

Zu Ende des ſiebzehnten Jahrhunderts, wo die Fran⸗ zoͤſiſchen Corſaren ihren Sitz im Weißen Meere aufgeſchla⸗ gen hatten, war Milo der Stapelplatz fuͤr den Verkauf der aufgebrachten Priſen, und erfreuete ſich deſſenzufolge eines großen Wohlſtandes, von welchem jedoch heute keine Spur mehr vorhanden iſt. Sie dient jetzt den Geſchwadern aller im Archipel anweſenden Flaggen als Haupt⸗Station und als Zufluchts⸗Ort bei heftigen Stuͤrmen. 2

Eine gexäumige Rhede bietet der groͤßten Flotte in der Bucht von Prothalaſſa einen vollkommenen ſicheren, gegen alle Winde geſchuͤtzten Ankerplatz. Remomilo oder Antimilo iſt die groͤßte der verſchiedenen Klippen, welche die Inſel umgeben. 4 8

Auch hier war der Kadi der einzige auf der Inſel wohnhafte Muſelmann und nur ſo lange geduldet, als er die engen Grenzen nicht uͤberſchritt, welche die an der Spitze der Municipal⸗Verwaltung ſtehenden drei Griechiſchen Adminiſtratoren (Epitropi) ſeiner Gewalt zu ſetzen beliebten.

Die Milioten ſind der Inſurrection beigetreten.

(Fortſetzung folgt.) China. 2

Einer Zeitung von Philadelphia vom 3. Nov. zufollg— hatte man daſelbſt die Blaͤtter des Canton⸗Regiſter von 4. Februar bis zum 17. Mai erhalten, worin ſich unter an⸗ dern eine Antwort des Gouverneurs von Canton auf die Bitt⸗ ſchriften einiger Amerikaner und anderer dort anſaͤßigen frem⸗ den Kaufleute befindet, in welcher ihnen der Name „Barba⸗ ren“ beigelegt und geſagt wird: „Die beſagten Barbaren ha⸗ ben vor Kurzem wiederholentlich mahnende Bittſchriften in Bezug auf Gegenſtnde eingereicht, die gegen die Geſetze ſind, was ein Beweis von ihrer einfaͤltigen Unbeſonnenheit iſt. Aus Mitleiden mit dieſen weit herkommenden Barbaren habe ich ihnen keine Zuͤchtigung zuerkannt, ſondern den Kauf⸗ leuten erlaubt, in Sicherheit zu berathſchlagen und ihre Ge⸗ ſchaͤfte zu treiben.“ In einem dieſer Blaͤtter (vom 26. April) heißt es: „Wir koͤnnen uns nicht erinnern, eine ſolche Unthaͤtig⸗ keit im Handel erlebt zu haben, als ſeit einiger Zeit bei uns ſtatt findet. Mit Ausnahme von Opium iſt nach keinem einzigen anderen Artikel Nachfrage. Die Beilegung der Un⸗ ruhen in den noͤrdlichen Provinzen, durch Gefangennehmung des Rebellen⸗Anfuͤhrers, wird hoffentlich einen guͤnſtigen Ein⸗ fluß auf die Angelegenheiten derſelben haben, die ſich ſeit lan⸗ ger Zeit in einem nicht ſehr erfreulichen Zuſtande befanden, und zugleich einen großen Theil des auswaͤrtigen Handels von Canton auf's Neue beleben. Der Geldmangel ſcheint allgemein gefuͤhlt zu werden; dieſer Umſtand, in Verbindung mit der herannahenden Epoche der jaͤhrlichen Entrichtung der Regierungs⸗Zoͤlle, und mit der Unruhe, in der man ſich eini⸗ ger localen Handels⸗Veraͤnderungen wegen befindet, mag ſei⸗ ner Seits auch einen nachtheiligen Einfluß auf den zu allen Handels⸗Operationen noͤthigen Unternehmungs⸗Geiſt haben.“

Die Canton⸗Zeitung vom 3. Mai enthaͤlt die Pro⸗ clamation des Kaiſers von China, wegen des (bereits mehr erwaͤhnten) Sieges uͤber die Tatariſchen Rebellen, welcher darin den Gottheiten Rwante und Rwan⸗Fo⸗tſe, wovon der Letztere der Gott des Krieges iſt, verdankt wird, und der letztgedachten Gottheit neue Namen und neue Ehrenbezeigun⸗ gen zuertheilt werden.

Suüd⸗Amerika.

Die Columbiſche Staats⸗Zeitung vom 7. Sept. theilt den, zwiſchen dem Peruaniſchen General Gamarra und dem Boliviſchen General Urdininea (nicht Urdanecta) am 6. July abgeſchloſſenen Friedens⸗Tractat mit, aus wel⸗ chem erhellt, daß alle Columbiſchen Truppen Bolivien raͤu⸗ men ſollen, General Sucre reſignirt, und ein neuer conſti⸗ tuirender Congreß in Bolivien zuſammenberufen wird, bis wohin Peruaniſche Truppen in einem Theile des Landes bleiben. Die Columbiſche Zeitung iſt natuͤrlich hoͤchſt aufge⸗ bracht daruͤber. b

Inland. Achen, 6. Dec. Auch in Malmedy wurde das Erd⸗

2

beben am 3. d. gleichzeitig wie hier bemerkt, und zwar war 11.“

]]