Tuüͤrken gepachtet hatten. In der Regel verfuhren dieſe Päachter der Juſtiz noch weit haͤrter und willkuͤhrlicher als ihre Commitkenten. Ueberdies war Paros wegen der Vor⸗ trefflichkeit ſeiner Haäͤfen (die vorzuͤglichſten ſind Santa Ma⸗ ria und Drio) bei den jedesmaligen Beſuchen des Groß⸗ Admirals im Archipel der Sammelplatz der Tuͤrkiſchen Flot⸗ ten, und deshalb mehr als alle uͤbrigen Inſeln den Erpreſſun⸗ gen, Bedruͤckungen und Avanien jeder Art ausgeſetzt, welche ſich der Kapudan⸗Paſcha, und weit mehr noch als er ſelbſt, der ihn begleitende Griechiſche Dolmetſcher und die Officiere ſeines Gefolges, cerlaubten.
Im letzten Peloponneſiſchen Kriege hatten die Ruſſen die Wichtigkeit des Beſitzes dieſer Inſel erkaͤnnt und ſolche daher zum Mittelpunkt ihrer Operationen erwäͤhlt.
Paros hat den thäͤtigſten Antheil an der Inſurrection genommen, und ſeit 1821 war der Hafen von Nauſa, oder Agouſa, eines der beruͤchtigſten Raubneſter geworden, von wo aus die Piraten bis vor kurzer Zeit noch den Archipel beunruhigten.
Antibara, Antiparos, von der vorigen nur durch einen ſchmalen Canal getrennt. Dieſes kleine Eiland, das kaum 300 Einwohner zaͤhlt und nur etwas Wein und Baumwolle erzeugt, hat durch die darauf befindliche, hoͤchſt merkwuͤrdige, — und funfzig Klafter tief unter der Erde gelegene Narmorhöhle, eine große Beruͤhmheit erlangt. Dieſe Hoͤhle, welche Tournefort und Sonnini mit beſonderer Ausfuͤhrlich⸗ keit beſchrieben haben, iſt 80 Fuß hoch, 300 Fuß lang und 100 Fuß breit.
akſcha, Naxi, Naxos; in den aͤlteſten Zeiten bald Dia, bald Strongyle genannt, liegt oͤſtlich von Paros, von welcher ſie durch einen kaum drei Stunden breiten Kanal ge⸗ trennt iſt. Ihrer Groͤße, und noch mehr ihrer außerordent⸗ lichen Fruchtdarkeit wegen, ward ſie von den Alten die Koͤni⸗ in der Cykladen, oder auch Klein⸗Sicilien genannt. Den i der Myvthologie des Bachus ſo beruͤhmten Namen Naxos, den ſie heute traͤgt, ſoll ſie von Naxios oder Naros, dem Anfuhrer der Karier, welche ſich nach dem Trojaniſchen Kriege daſelbſt niederließen, erhalten haben. Durch Pi⸗ ſiſtratus den Athenienſern unterworfen, erlangte die Inſel erſt nach deſſen Tode ihre Unabhaͤngigkeit wieder; bald bil⸗ dete ſie eine bluͤhende und maͤchtige Republik, deren Seemacht den Archipel beherrſchte, vermochte aber doch nicht, den Per⸗ ſern zu widerſtehen, und blieb unter dem Aſiatiſchen Joche, bis dieſes durch die denkwuͤrdigen Schlachten bei Salamis und Pla⸗ täa, an welchen die Naxioten thaͤtigen Antheil nahmen, gebrochen wurde. Im Verlaufe des Mithridatiſchen Krieges gerieth Naxos unter die Herrſchaft der Römer, und folgte, bald mehr bald minder abhaͤngig, den Schickſalen des Oſt⸗Roͤmi⸗ ſchen Reichs, bis Heinrich, Balduin’s Nachfolger, auf dem Byzantiniſchen Throne, 1207, drei Jahre nach der Erobe rung von Konſtantinopel durch die Lateiner, die Inſel zu einem Herzogthume erhob, und ſolches dem Venetianer Markus aanudo verlieh. Dieſer hatte ſich mit Bewilligung der Re⸗ publik, und in Folge der zwiſchen den Franzoſen und Vene⸗ tianern ſtattgefundenen Theilung der croberten Provinzen, der Inſeln Naxos, Paros, Antiparos, Milo, Argentiere, Sy⸗ phanto, Thermia, Polikandro, Nanfio, Nio, Amorgos, Si⸗ kino und Santorin bemaͤchtigt. Sanudo erhielt zugleich den Titel eines Reichs⸗Fuͤrſten und Herzogs des Archipels. Naxos ward die Hauptſtadt des neuen Herzogthumes, welches uͤber dreihundert Jahre in der Gewalt dieſer Lateiniſchen Fuͤrſten verblieb, bis Jakob Crispo, der Lüſte und letzte Herzog, kurz nach dem Regierungs⸗Antritte Selim II., daraus vertrieben wurde, und ſein kummervolles Leben elend in Venedig beſchloß. Schon ſein Vater Johann Crispo hatte ſich, nachdem Barbaroſſa auf Naxos gelandet war und die Inſel verheert hatte, zu einem jährlichen Tribut von 6000 Goldſtuͤcken gegen Selim's Vor⸗ gänger, Suleyman II., verſtehen muüͤſſen. 1 1 Die außerordentliche Fruchtbarkeit dieſer Inſel hat bei den Alten die Fabel verankaßt, daß hier der herrlichſte Wein aus nie verſiegenden Quellen hervorſtroͤme und die Schwan⸗ gerſchaft der Frawen ua acht Monate dauere. Wegen der Menge und Vortrefflichkeit des dem Bachus geweiheten Wei⸗ nes, der mit dem Rektar der Goͤtter verglichen ward, und der noch heut zu Tage unter der Benennung Bachus⸗Wein als einer der vorzuͤglichſten des Archipels geſchaͤtzt wird, iſt ihr der Name Dionyſtas beigelegt worden. .
Das reinſte Quell⸗Waſſer durchſtroͤmt die Inſel nach allen Richtungen. Orangen“ Limonien⸗, Biſam⸗Citronen⸗ Feigen,, Granat“, Oel⸗ und Maulbeerbaͤume liefern die koͤſt⸗ lichſten Fruͤchte. Der uͤppige Boden gewaͤhrt reiche Erndten an Baumwolle, Flachs und Getreide; man gewinnt ſchoͤne Seide, vortreffliches Oel und Seeſalz in großer Menge. Fi⸗ ſcherei und Viehzucht gehoͤren zu den bedeutendſten Erwerbs⸗
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2 * n 8 — . . 1 — * Zweigen der arbeitſamen Naxier. Der ars 82 1 ſchoͤnem Marmor, der fruͤher unter 8 ſehr geſchätzt und haͤufig verarbeitet wurde, bleibt —— unbenutzt, dagegen wird viel Smirgel ausgegrabe! dem Auslande verladen. An Brennholz, welches 9 len Inſeln des Archipels mangelt, iſt hier Asnaf auf al⸗ den Beeren der Maſtix⸗Staude wird ein Oel Aus ches man vorzugsweiſe vor dem Baumoͤle zur eher ch — gebraucht; daſſelbe wird auch als Heilmittel gegen — den des Unkerleibs angewendet. Das bekannte —— (Ladangummi), welches die auf Naros in großer — wuchernde Ciſtroſe liefert, iſt von weit geringerer Guͤte age jenes, welches auf Kandia gewonnen wird, da ſich die ie. xvioten darauf beſchranken, ſolches aus den Haaren der dee⸗ gen, 28 ſich an 2. Seeee lal herauszuklauben, — es zu ſaͤubern. — Haſen und Reb nehr ch * unendlicher Menge. ſich tu Die Zahl der Einwohner beläuft ſich auf dreizehntau⸗ ſend, wovon zwoͤlftauſend dem Griechiſchen und eintauſend dem Lateiniſchen Ritus zugethan ſind. Der unverſoͤhnlich Haß zwiſchen beiden Confeſſionen, der unter den Levantiſcher Voͤlkern uͤberall glimmt, wo Roͤmiſche Unduldſamkeit — Orientaliſcher Fanatismus in Beruͤhrung treten, lodert hie ſehr haͤufig in helle Flammen auf, und wird noch üüberdies durch den abgeſchmackteſten Adelſtolz angefacht. Die Latei⸗ ner naͤmlich bruͤſten ſich mit ihrer Abſtammung in gerader Linie von den Dogen⸗Familien zu Venedig, und die Griechen behaupten alle, in ununterbrochener Reihe aus den erlauchken Geſchlechtern der Palaͤologen und Comnenen entſprungen zu ſeyn. Bemerkenswerth iſt, daß der Poͤpſtliche Stuhl, um den Lateiniſchen Adel von Griechiſchen Mißheirathen rein 2
erhalten, demſelben ein fuͤr allemal das Privilegium der Ehen unter Geſchwiſter⸗Kindern, ſelbſt im erſten Grade, ertheilſt hat. Dogmatiſche und genealogiſche Controverſen ſind *½ 82*
gens nicht die einzigen Streitfragen, welche di ietracht zwiſchen Griechen und Kathollker⸗ naͤhren; beide von einer wuͤthenden Prozeßſucht beſeſſen, und es giebt viel 8 leicht auf der ganzen Inſel kein einziges Grundſtuͤck deſſen 1* Beſitz nicht auf den einen oder den anderen Rechtsgrund 8* angefochten wuͤrde. Viele dieſer gehäſſigen Prozeſſe gegen 8 welche ſelbſt die heiligſten Familienbande keinen Schutz g, 8 waͤhren, dauern bereits ſeit mehreren hundert Jahren. Der Kadi und der Voiwode (Polizei⸗Richter), welche beide Par⸗ theien durch wechſelſeitige Angebereien und Beſtechungen für ſich zu gewinnen ſuchten, ſpielten hier eine bedeutende Rolle und bei den haͤufigen Beſuchen, welche die Tuͤrkiſchen Groß/ Admirale fruͤher auf Naxos machten, waren die jäͤhrlich er⸗ nannten ſechs Adminiſtratoren oder Primaten, wovon einer aus der Lateiniſchen Gemeinde gewaͤhlt wurde, ſtets einer 8 weit ſtrengern Aufſicht und einer groͤßern Zahl willkuͤhrlicher Verfuͤgungen, als auf den uͤbrigen Inſeln unterworfen. Auch bedurfte es nur der Erſcheinung eines ſchwachen Tuürkiſchen Fahrzeuges, um den Hochmuth der Lateiner und der Griechen zu demuͤthigen; die einen und die andern vertauſchten ſchnel das ſtolze Sammt⸗Baret mit der beſcheidenen rothen Tuche
Muͤtze, welche die gewoͤhnliche Kopf⸗Bedeckung der Inſulaax ner iſt, und kruͤmmten ſich im Staube vor dem gefuͤrchteten Muſel manne, der beide mit gleicher Verachtung behandelte. An der Spitze der ſehr anſehnlichen Griechiſchen Cleriſey ſteht ein Erzbiſchof,
der zu den reichſten des Archipels gehoͤrt, und deſſen Spren. 2 gel ſich auch uͤber Paros erſtreckt; ihm ſind einige zwanzig Kirchen und ſieben Kloͤſter untergeordnet. Die Lateiner ha⸗ 8½ ben ebenfalls einen Erzbiſchof, deſſen Einkuͤnfte aber ſo ge.. ring ſind, daß er ohne die großmuͤthige Unterſtuͤtzung, welce
ihm jaͤhrlich vom Paͤpſtlichen Stuhle und der Franzoͤſiſchen Regierung verabfolgt wird, ſeinen Sitz ſchon laͤngſt haͤtte verlaſſen muͤſſen. Mit der Erzbiſchoͤflichen oder Metropoli-’.— tan⸗Kirche iſt ein Dom⸗Kapitel verbunden, welches aus einem Dechant, mehreren Dignitarien und zehn bis zwoͤlf Dom-⸗ herren beſteht, die aber alle im Zuſtande der klaͤglichſten Ar⸗ muth leben. Aus dem hier befindlichen Jeſuiter⸗Collegiun, welches fruͤher die Bildungs⸗Schule der Miſſionaire fuͤr die Levante war, ſind mehrere wuͤrdige und gelehrte Maänner hervorgegangen, die ſich hauptſaͤchlich dem Volks⸗Unterrichte widmeten; heut zu Tage iſt es aber gaͤnzlich in Verfall ge⸗ 8 rathen. Auch die Kapuziner⸗ und Franziskaner⸗Kloͤſter, well che ehemals auf Naxos beſtanden, ſind eingegangen, nur das, der heiligen Klara geweihete Nonnen⸗Kloſter hat ſich erhalten⸗ F Die Inſel zaͤhlt vierzig Doͤrfer, die alle mit herrlichemn Gaͤrten umgeben ſind. Die elend gebaute Hauptſtadt Naros iſt der Sitz der Primaten, der Cleriſey und des ſogenannten 2 hohen Adels; die ſtolzen Abkoͤmmlinge der Venetianiſchen
Familien, welche ſich unter den Herzogen hier niederließen, es bewohnen heute noch den hoͤchſten Theil der Stadt, wo das
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