1.— 21 2 2 8 11 E1131..“
wortet heute auf die von uns gemachten Bemerkungen uͤber den gegenwaͤrtigen Zuſtand der Ruſſiſchen Armeen. Es wirft uns Un⸗ richtigkeiten und Partheilichkeit vor. Es wird ſich zeigen, ob wir dieſen Vorwurf verdienen. Es iſt ein charakteriſtiſcher Zug der oͤffentlichen Meinung, daß ſie ſich haͤufig ganz nach einer Seite hin wirft; im Anfange des Feldzuges konnte man nicht genug von den Siegen der Ruſſen ſprechen; man vergroͤßerte deren Zahl, und ſtellte ſie im glaänzendſten Lichte dar; ſchon war Konſtantinopel von Kaiſerlichen Truppen beſetzt; was ſollte aus dem Europaͤiſchen Gleichgewicht werden! Frank⸗ reich, England, ſollten ſie dem Coloß gegenüber ruhig blei⸗ ben, der Alles zu erdruͤcken drohte? Das Journal des. Dé⸗ bats blieb keineswegs zuruͤck mit wundervollen Berichten und politiſchen Conjuncturen. Wir ſahen uns damals gend⸗ thigt, auf die mit einem ſolchen Unternehmen verbundenen natuͤrlichen Hinderniſſe aufmerkſam zu machen; denn man hatte weder Ruͤckſicht anf Varna, noch auf den Balkan und Siliſtria genommen; alle dieſe Schwierigkeiten wa⸗ ren auf den Plaͤnen beſeitigt, die man ſich in Hinſicht dieſes Feldzuges gemacht hatte, und denen zufolge Konſtan⸗ tinopel wie im Fluge genommen werden ſollte. Seit zwei Monaten hat ſich Alles in den Tagesblattern geandert. Die unzaͤhlbaren Ruſſiſchen Armeen ſind wie verſchwunden; die Tuͤrken benutzen ihre errungenen Vortheile und werden ſie benutzen, nicht nur auf dem rechten, ſondern ſogar auf dem linken Donau⸗Ufer. Man wird ſich genoͤthigt ſehen, Feſtungen und Fuͤrſtenthuͤmer zu raͤumen; die Tuͤrken gehen am Ende vielleicht noch uͤber den Pruth? Sogar das Ruſſiſche Ge⸗ biet iſt nicht außer Gefahr. Dieſer Rieſenſtaat iſt wie weggewiſcht von der Landkarte; er gilt nichts mehr im Gleich⸗ gewicht von Europa. — Wir ſind nicht ſo leichtgläubig ge⸗ weſen; wir haben in beiden Epochen die reſpectiven Kraͤfte beider Staaten genau mit einander verglichen, und darum klagt uns das Journal des Débats der Partheilichkeit an, obwohl unſere Politik bis jetzt nur in der Unterſuchung und in der vorurtheilsfreien Kritik der Thatſachen beſtanden hat. — Nach dieſer offenen Erklärung ſchreiten wir zu der langen Reihe der militairiſchen Bemerkungen unſeres Gegners. Varna, ſagt er, wird unterliegen, wenn die Ruſſiſche Armee an der Donau keinen Bruͤckenkopf hat, und folglich kein be⸗ deutendes Corps zur Unterſtuͤtzung dieſer Feſtung ſenden kann. Der Verfaſſer dieſes Aufſatzes hat alſo vergeſſen, daß die Ruſſen, von Siliſtria an bis zum Meere, vier wichtige Fe⸗ ſtungen beſitzen: näͤmlich Hirſowa, Matſchin, Sſatrſcht und Tultſcha; die Ruſſen koͤnnen folglich auf allen
dieſen Punkten uüͤber die Donau gehen. Jeder Platz hat mehr als 100 Stuͤck Geſchuͤtz und kann nur in Folge einer foͤrmlichen Belagerung erobert werden. Von dieſen
4 feſten Punkten aus kann man die Verbindungen unter⸗ halten, und Varna kraͤftig unterſtuͤtzen. Wir beſitzen nicht das Talent, in die Zukunft zu ſehen, und maaßen es uns nicht an, die Ereigniſſe vorherzuſagen, welche die Ruſſiſche Armee bedrohen köͤnnen; es ſcheint uns inbeſſen, daß tapfere Truppen hinter Mauern, die man Zeit gehabt hat, zu befeſti⸗ gen, Truppen, die zu Waſſer mit Lebensmitteln verſehen wer⸗ den koͤnnen, im Stande ſeyn duͤrften, auch muthigen Fein⸗ den einigen Widerſtand zu leiſten. Der Winter koͤnnte ſo⸗ ar die föͤrmliche Belagerung Varna's ſchwierig machen. — ir wuͤnſchen den Frieden eben ſo ſehr als der Verfaſſer jenes Aufſatzes; es heißt aber nicht, die Moͤglichkeit deſſelben weit hinausſchieben, wenn man in der Erwägung der That⸗ ſachen und der Kriegs⸗Begebenheiten das rechte Maaß haͤlt.“ Der Meſſager des Chambres enthält auch noch fol⸗ genden Artikel: „Die beiden Zeitungen, welche ſich zu Ver⸗ theidigern der Monarchie aufwerfen, um deſto freier die Be⸗ amten der Regierung angreifen zu können, bedienen ſich in reichem Maaße und bis zur Ungebuͤhr des Privilegiums ihres angeblichen Royalismus. Unter dem Vorwande, daß die Revolution je mehr und mehr uͤberhand nehme und die Preßfreiheit das Land verderbe, fallen jene beiden Blaͤtter unabläſſiig und mit verdoppelten Schlaͤgen uͤber die Behoͤrde und deren Handlungen, namentlich aber uͤber die Perſonen her. Die Auotidienne achtet ſich indeſſen in ihren Schmäͤhreden doch noch mehr als die Gazette de 2 weil ſie immer, wenn auch abſolute, doch unabhän⸗ * * verfochten hat, waäͤhrend ihre Rivalin fruͤ⸗ — ſe von einem andern Intereſſe als dem des Ehrgeizes, .. 8 andern als dem der Rache, geleitet wird. übri unde genommen dieſe beiden Blaͤtrer, die ſich rigens gegenſeitig von Herzen haſſen, allein unwillig macht iſt die verfaſſungsmäaͤßige Reglerung, der ſie den ſch ig 2. amen der Revolurſon gebeane⸗IDer ſie den ſcheinheiligen emmmiß der Komödie, die ſie ſpiaen. Ba u⸗ s69 he Se⸗ 8 laſſungsmaͤßige Regierung das freie Zngeſtändntß des König⸗
. 8 4 8
thums und von demſelben beſchworen worden iſt, ſo kann nan nicht fuͤglich an dieſes Hand anlegen; man greift ſonach ale die Maͤnner an, denen jene Regierung zuſagt, namentlich die⸗ jenigen, die durch die Wahl und unter dem großmuͤthigen Schutze des Monarchen mit der Leitung derſelben beauftragt ſind. Das jetzige Miniſterium erfaͤhrt ſonach den ganzen Haß, den die Verfechter des vorigen Syſtems gegen die neuen Formen der Monarchie hegen. Nachdem aber einmal die Regierung nach der Charte von gewiſſen Schriftſtellern in eine hand⸗ greifliche Revolution und unausbleibliche Anarchie verwandelt worden iſt, erklaͤrt ſich die Oppoſition der Quotidienne und der Gazette von ſelbſt; die Galle, die ſie gegen die Depo⸗ ſitarien der Koͤnigl. Macht auslaſſen, iſt nichts, als ein Reſt von Widerwillen, den einige Generationen noch gegen Alles hegen, was nicht abſolute Gewalt heißt. Die Quotidienne tadelt das Miniſterium, daß es nicht ſtark genug ſey, um ſich einer angeblichen Revolution zu widerſetzen; ſie findet ſonach an der Verwaltung nur Schwaͤche und Furcheſaeif auszuſetzen. Die Gazette dagegen faͤllt uͤber die Miniſter her, als ob ſie Verſchwoͤrer waͤren und mit den Revolutions⸗ maͤnnern gemeinſchaftliche Sache machten. Das eine Blatt iſt wenigſtens offen genug, um an die guten Abſichten der Miniſter zu glauben, wenn gleich der Charakter derſelben es nicht befriedigt; das andere aber verſchmäht es nicht, der Wahrheit zum Trotze, dieſelben zu verlaͤumden und zu ver⸗ daͤchtigen, bloß weil ſie jetzt die Stelle inne haben, von der ſeine Freunde entfernt worden ſind. Hieraus entſpringt gleichwohl in beiden Blaͤttern, obſchon in einem verſchiedenen Style, eine und dieſelbe Abneigung gegen das monarchiſch⸗
conſtitutionnelle Syſtem, und ein perſoͤnlicher Krieg mit Denen, die daſſelbe erſonnen haben und die, in dem Inter⸗
eſſe des Thrones, das geſteckte Ziel mit Maͤßigung, aber unabweichlich verfolgen. Koͤnnen aber Publiciſten, die von der Muſter⸗Regierung Spaniens und Dom Miguel’s eingenommen ſind, von irgend einem Gewichte ſeyn, wenn ſie uͤber eine Ver⸗ waltung nach der Charte und uͤber ein Miniſterium urtheilen, de⸗ ren politiſche Religion die Monarchie iſt, wie anſere Bourbons ſie wieder hergeſtellt haben. Wo unvereinbare Grundſätze ſich ſo grell wie hier gegenuͤberſtehen, da muß es bald zu Schmäh⸗ reden kommen, und es iſt daher ganz einfach, daß die Ga⸗ zette keine andere Sprache mehr fuͤhrt. Jeder vernuüͤnftige Menſch wird aber die Urſache des Streites leicht erkennen, und die Augen von einer Politik abwenden, die ſich die Po⸗ pularitaͤt der Oppoſition durch einen gehäͤſſigen Charakter zu erwerben waͤhnt. Eine Oppoſition kann nur dann zu Anſehen kommen, wenn ſie ſich auf vernuͤnftige Grundſätze ſtuͤtzt. Da dies nun bei unſeren beiden abſoluten Zeitungen nicht der Fall iſt, ſo iſt auch Alles, was ſie ſagen, ſo gut als nichts; ſie ſind Stimmen ohne Wiederhall; Zeugen, die man verlaͤugnet, Richter, die man verwirft.“
Das Journaldes Débats meldet jetzt, daß die Verord⸗ nungen vom 16. Juni in drei Dioͤceſen zur Ausfuͤhrung ge⸗ kommen waͤren, deren Oberhaͤupter ihren Beitritt zu denſelben bisher am hartnaͤckigſten verweigert haͤtten, naäͤmlich in Tou⸗ louſe, Lyon und Clermont. „So haben ſich denn,“ fuüͤgt jenes Blatt hinzu, „drei Prälaten, die bisher noch im Ruͤck⸗ ſtande waren, endlich eines Beſſern beſonnen und ſind durch ein richtigeres Gefuͤhl ihrer Wuͤrde zu einem ehrenvollen Ge⸗ horſame zuruͤckgekehrt; wir wuͤnſchen dazu ſowohl ihnen, als der Religion Gluͤck, deren Name ſo unbedachtſamer Weiſe mit politiſchen Angelegenheiten vermengt worden war. Beſſer wäͤre es freilich geweſen wenn jene Herren gleich zu Anfang gutwillig nachgegeben haͤtten; es iſt indeſſen immer noch Zeit genug, auf dem Wege der geſunden Vernunft zuruͤckzukehren, und das Unrecht, welches man wieder gut macht, iſt ſchnell vergeſſen. Sonach hat die oͤffentliche Meinung, die ſich *8 gen die Biſchoͤfe ——— ſo ehrfurchtsvoll, aber zuglelch ſo feſt in der Au verdrießlichen Prozeß beendigt, und dieſer hat mindeſtens das Gute gehabt, daß er der Geiſtlichkeit gezeigt, was Frankreich als Lohn fuͤr ſeine Achtung und die glänzende Exiſtenz er⸗ warte, die es ſeinen Prälaten zuſichert. Der Kampf, der mit Proteſtationen begonnen hat und durch einen weiſen Ge⸗ horſam 8 worden iſt, hat jede Macht wieder in ihre natuͤrliche Gränzen zuruͤckgewieſen; und die Entwickelung, wenn gleich langſam, iſt nichts deſto weniger ein ſicheres Pfand, daß der Gang der Regierung kuͤnftig nicht wieder durch ähnliche Hinderniſſe gehemmt werden wird.“ .
Es beſteht ſeit einiger Zeit ein ziemlich lebhafter Feder⸗ krieg zwiſchen den Belgiſchen und den hieſigen Zeittungen üͤber die Vorzüge ihrer beiderſeitigen Regierung. Der Con⸗ ſtitutionnel giebt folgendes Mittel an, um zu beenden. „Man gebe“, ſaat er, „den Niederlanden, was Frankreich jängſt erhalten, nämlich die Jury, die Unabſetz⸗
. 4
echthaltung ihrer Rechte bewieſen, jenen
um denſelben ſchnell
4