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Der Oeſterreichiſche Beobachter theilt aus dem (uns noch nicht zugekommenen) Blatte des Courrier de Smyrne vom 18. Nov. folgende Nachrichten aus Kanea (Kandien) vom 17. Oct. mit: „Herr Fornetti, Franzoͤſiſcher Conſül in dieſem Hafen, welcher, ſeit die Flaggen der drei Maͤchte (in Folge der Vorfaͤlle zu Kandia) eingezogen wor⸗ den, als Privatmann hier lebte, hat ſo eben ein Schreiben von Sr. Exc. dem Herrn Grafen Guilleminot folgenden weſentlichen Inhalts erhalten: „Die drei Botſchafter haͤtten die zu Kandia ſtatt gefundenen Metzeleien nicht gleichguͤltig mit anſehen koͤnnen; demzufolge haͤtten ſie die Admirale auf⸗ gefordert, Maaßregeln gegen die Erneuerung ſolcher Auftritr⸗ zu ergreifen, und der Engliſche Admiral ſey von ſeinen Col⸗ legen beauftragt worden, hieher zu gehen, um einen Waffen⸗ ſtilltand zwiſchen den Griechen und Tuͤrken zu Stande zu bringen.“ Das Schreiben des Botſchafters ſchließt mit der Aufforderung an Herrn Fornetti, ſich von Ka⸗ nea zu entfernen, um den Tuͤrken einen oſtenſiblen Be⸗ weis des Abſcheus zu geben, den die Maſſacren von Kandia den drei Maͤchten eingefloͤßt haben. General Guilleminot fuͤgt hinzu: „Aus dieſer Maͤaͤßregel duͤrfen Sie keineswegs einen Schluß uͤber das kuͤnftige Schickſal dieſer Inſel zie⸗ hen.“ Demzufolge treffen Hr. Fornetti und Hr. Gas⸗ para, ſein Kanzler, Anſtalten zur Abreiſe, und erwarten bloß die Ankunft des Franzoͤſiſchen Fahrzeuges, welches ſie abholen ſoll. Die Abreiſe dieſer Beamten wird vielleicht die moraliſche Wirkung, die man davon erwartet, nicht her⸗ vorbringen. Außerdem, daß ſie in Bezug auf die Evpoche, wo jene Vorfaͤlle ſtatt gefunden haben, etwas zu ſpaͤt kommt, ſcheint ſie ein unmittelbar gegen die Tuͤrkiſchen Behoͤrden von Kanca gerichteter Vorwurf zu ſeyn, waͤhrend doch gerade hier Ruhe und Ordnung vollkommen aufrecht erhalten wur⸗ den. Haͤtte man ſeinen Unwillen uͤber das greuliche Ereig⸗ niß zu Kandia an den Tag legen wollen, ſo haͤtte man dies immerhin thun moͤgen, aber zu gleicher Zeit waͤre es billig geweſen, dem Muſtapha⸗Paſcha (der in Ka⸗ nea commandirt) zu erkennen zu geben, wie viel Vertranen und Achtung ſein Benehmen gegen die chriſtlichen Einwoh⸗ ner eingefloͤßt habe. Dieſen Zweck wuͤrde man erreicht ha⸗ ben, wenn man Herrn Fornetti in Kanea gelaſſen und ihm aufgetragen haͤtte, dem Statthalter der Inſel die Beweg⸗ gruͤnde dieſes Entſchluſſes mitzutheilen. Die Maaßrege, welche man jetzt ergriffen hat, wird unfehlbar die Beſorgniß und das Mißtrauen der Tuͤrken ſteigern, indem die revoltir⸗ ten Griechen dadurch ermuthiget und Hoffnungen bei ihnen uͤber das kuͤnftige Schickſal der Inſel erregt werden, die vielleicht gar nicht gegruͤndet ſind. In dieſem Augenblicke ſchlaͤgt man ſich nicht; die beiden Partheien beobachten ſich, und ſcheinen Befehl erhalten zu haben, ſich auf Behauptung ihrer Stellungen zu beſchränken. Zu Kandia und zu Ret⸗ timo fehlt es den Paſcha's, welche dort commandiren, an Truppen, und da ſie bloß die Einwohner zur Vertheidigung haben, ſo ſind ſie in den Feſtungen blokirt, aus denen ſie ſich hoͤchſtens auf die Strecke von einer halben Stunde weit her⸗ auswagen duͤrfen. Um Kanea herum iſt das Land frei, weil Muſtapha⸗Paſcha die Griechen auf den Gebirgen halt, von denen ſie ſelten herabzukommen wagen, um Incurſionen auf die Ebene zu machen, welche ſogleich durch die Cavallerie zuruͤckgetrieben werden. In dieſer Gegend werden die In⸗ ſurgenten von dem Baron Reineck commandirt, den der Praͤſident von Griechenland geſchickt hat. Baron Reineck hat unlaͤngſt an Muſtapha⸗Paſcha geſchrieben, daß er, wenn der Paſcha ſich ruhig verhalte, ſeiner Seits auch keine Feind⸗ ſeligkeiten veruͤben wolle; daß binnen Kurzem groͤßere Leute kommen wuͤrden, um die Griechen und Tuͤrken durch einen gegenſeitig annehmbaren Vertrag zu verſoͤhnen. Man be⸗

greift nicht recht, was Baron Reineck mit dieſer geheimniß⸗

vollen Ankuͤndigung ſagen wolle; man vermurhet aber, nach andern Daten, daß die Admirale, welche ſich fuͤr berufen halten, dem Blutvergießen Einhalt zu thun, und keineswegs einen Anlaß dazu zu geben, hieher kommen werden, um den Frieden auf Grundlagen herzuſtellen, die geeignet ſind, ihn dauerhaft zu machen. So viel iſt in jedem Falle gewiß, daß, wenn man den Tuͤrken die Mittel laͤßt, ſich zu vertheidigen, die Griechen, ohne ſich je der feſten Pläͤtze bemäͤchtigen zu koͤnnen, nur das flache Land pluͤndern und brandſchatzen, und ſich endlich, nach vielem Blutvergießen, um ihres eigenen Vortheils willen, gensthiget ſehen werden, zum Gehorſam zurüͤckzukehren. Der Krieg, den ſie in dieſem Augenblick füͤhren, iſt fuͤr die ganze Fevölkelung dieſer fruchtbaren uſel um ſo beklagenswerther, als die Erndte ſo ſchoͤn eht, wie man ſich ſeit vielen Jahren nicht erinnert, und alle Einwohner durch ihre Erträgniſſe bereichern wuͤrde, beſonders in einem Augenblicke, wo die Oele auf

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den Märkten iegen ſind.

des Mittellaͤndiſchen Meeres im

Hoffuung, daß noch fruͤh geuug eine Uebereinkunft geſchloſ⸗ ſen werden koͤnne, um die Einwohner in den Stand zu ſez⸗ zen, die Wohlthaten, die ihnen die Erde im Ueberfluz ſpen⸗ det, zu geniezen, anſtatt ſie zu vernachlaͤſſigen, um ſich, gleich wilden Thieren, zu zerreißen. Die gegenwartige Revolte, zu welcher bei der Gerechtigkeit und Milde der Ver⸗ waltung nicht der mindeſte Anlaß vorhanden war, iſt erſt ausgebrochen, ſeit die Botſchafter ſich in Poros verſammelt befinden. Dieſes Zuſammentreffen iſt ohne Zweifel nur ein Werk des Zufalls; die Tuͤrken haben jedoch nicht ermangelt, ciniges Gewicht darauf zu legen, und bickere Bemerkungen aus dieſem Anlaſſe uͤber die Unpartheilichkeit der Mediation anzuſtellen. Sie ſehen uͤbrigens, daß die Griechen ungehin⸗ dert Waffen, Munition und Rekruten erhalten, waͤhrend ſie ſelbſt durch die Strenge einer Blokade, die nur gegen ſie gerichtet iſt, ihren Feinden beinahe wehrlos uͤberliefert werden, und unter ſolchen Umſtaͤnden will man, daß dieſes Volk ſich nicht zu Auf⸗ wallungen von Wuth und Verzweiflung hinreißen laſſe! Vor wenigen Tagen iſt eine Griechiſche Goelette von 8 Ka⸗ nonen in den Hafen von Susa eingelauſen, und unter den Kanvnen der daſelbſt vor Anker liegenden Franzoͤſiſchen Fre⸗ gatte Amphitrite vor Anker gegangen. Der Commandant des Schloſſes hat, auf die Kunde, daß dieſes Fahrzeug ein Griechiſches ſey, dem Commandanten der Fregatte ſogleich Vorſtellungen machen, und ihm ſagen laſſen, daß er dieſe Goelette, wenn er ſie nicht zuruͤckſchicke, angreifen laſſen werde. Der Franzoͤſiſche Capitain nahm Ruͤckſicht auf die Beſchwerde des Tuͤrkiſchen Befehlshabers, und beeilte ſich, die Sache beizulegen. Er ſchaffte die Goelette fort, die von einer Schaluppe der Fregatte mit weißer Flagge ins Schlepp⸗ tau genommen wurde, und, unter dem Schutze derſelben, unter den Batterieen dieſes Schloſſes vorbeifuhr, ohne daß der Tuͤrkiſche Commandant, wie er verſprochen hatte, auf ſie feuern ließ. Die Griochen laſſen es ſich angelegen ſeyn, ihre Wohlthaͤter ohne Unterlaß zu compromittiren, und ſie zu Schritten zu verleiten, wodurch ſie in Feindſeligkeiten ge⸗ gen die Tuͤrken mit hineingezogen werden. In dieſem Sinne ſcheint der Präͤſident von Griechenland ſeine Operationen leiten zu wollen. Was die einheimiſche Bevölkerung Cder⸗ Inſel Kandia) anlangt, ſo kann ſie fuͤglich in drei Klaſſen getheilt werden: die erſte von freien Stuͤcken aufgeſtanden, um ſich der Erndte zu bemaͤchtigen; die zweite, un⸗ entſchloſſen, folgt nun den Einfluͤſterungen, Verheißungen oder Drohungen, die ihr gemacht werden; die dritte iſt ent⸗ ſchieden, ruhig zu bleiben, wenn die Tuͤrken ſie nicht beun⸗ ruhigen. Es wuͤrde daher leicht ſeyn, die Ruhe in ſehr kurzer Zeit herzuſtellen, weil man, wenn der Praͤſident dazu gehalten waͤren, die von ihm abgeſchickten Emiſſaire und Banden zuruͤckzurufen, es nur noch mit einem kleinen Theil der Bevoͤlkerung zu thun haben wuͤrde, der zu ſchwach waͤre, um Widerſtand zu leiſten, und den ſeine eigenen Religions⸗ Verwandten zwingen werden, ſich zu unterwerfen. Die Pa⸗ cification dieſer Inſel, die im Begriffe ſteht, in alle Graͤuel der Anarchie zuruͤckzuſinken, kann unmoͤglich von den Maͤch⸗ ten als eine gleichguͤltige Sache betrachtet werden. Uebri⸗ ens ſcheint es, daß die Blokade aufgehoben iſt, oder aufge⸗ hoben werden wird, weil ſie nach der Raͤumung Morea's von den Aegyptiſchen Truppen keinen Zweck mehr hat. Un⸗ ſer Handel wird alſo wieder freien Spielraum erhalten.“

Der Oeſterreichiſche Beobachter giebt in de Blaͤttern vom 22. und 23. Dec. nachſtehende Artikel:

„Das Journal des Débats vom 13ten d. M. enthaͤ ein angebliches Schreiben aus Wien vom 2. December, in welchem die luͤgenhafteſten Geruͤchte uͤber den Zuſtand der Ruſſiſchen Armee enthalten ſind, unter andern: „daß bei

fen weggeworfen, und ſich zu Gefangenen ergeben haben. Wir ſind bereits mehreremale in dem Fall geweſen, da Europaͤiſche Publikum auf das ſchändliche Spiel, welches ſich gewiſſe Zeitblaͤtter erlauben, Geruͤchte von jeglicher Art, unter der Firma von Privat⸗Schreiben aus Wien oder von anderen Punkten der Oeſterreichiſchen Monarchie, auszu⸗ ſtreuen, aufmerkſam zu machen. Wir ergreifen dieſe er⸗ neuerte Gelegenheit, um aufs Beſtimmteſte zu erklären, daß der fragliche Artikel nicht aus Wien gefloſſen ſeyn kann, da ſelbſt unter den ungereimteſten Geruͤchten, wel he hier, wie in ,8 Hauptſtadt, haͤufig im Umlaufe ſind, die obgedachte Fabel keinen Platz gefunden hat.“

„Die Auotidienne vom 14ten d. M. behauptet, ein

dem Ruͤckzuge von Siliſtria 12,000 Mann Ruſſen die ee-

Schreiben aus Wien vom 4. December vor Augen zu ha⸗

8 M Preiſe n Es braucht noch einen Monat, ehe die Oli⸗ zur Leſe herabfallen, und wir nähren noch immer die

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