1829 / 101 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

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een zu waͤhlen, zu berauben? Ist der Augenblick, wo die 8* 1 Wahlen dem Einflusse einer verborgenen Macht unterworfen sind, wohl dazu angethan durch ein neucs Zugestaͤndniß 410,000 neue Wahl⸗Collegien zu stiften, um zwei Milltonen größtentheils unerfahrener Buͤrger den Verfuͤhrungen einer so *— furchtbaren Macht preis zu geben? Fern von mir sey der Gedanke, die Gesinnungen Derer in Zweisel zu ziehen, die eeine solche Erneuerung verlangen oder darin willigen. Ich weill glauben, daß sie nur ihrem Gewissen folgen; ja noch mehr, ich will fuͤr einen Augenblick selbst darauf verzichten, deas in Vorschlag gebrachte neue Wahl⸗System von Seiten des Rechtes zu bekaͤmpfen, und mich nur darauf beschraͤnken, aauf die nachtheiligen Folgen desselben aufmerksam zu machen.“

Der Redner untersuchte hierauf die beibden von dem Mini⸗ sterium vorgelegten Gesetz⸗Entwuͤrfe, wodurch, seiner Mei⸗

nung nach, nur die Demokratie erweitert werden wuͤrde, waͤh⸗ rend das Ansehen der Krone und die Privilegien der Aristo⸗ kratie nicht eine gleiche Ausdehnung erhielten eine Ano⸗ malie, woraus nothwendig eine gesetzliche Revolution zu Gunsten p. hervorgehen muͤsse; abgesehen hiervon aber, laufe das System der Volkswahl auch dem Geiste und dem Buch⸗ sfuaben der Charte schnurstracks zuwider, und schreibe sich aus den Zeiten der Unruhe und der Usurpation her, wo dasselde er⸗ fonnen worden sey, um einer aufruͤhrerischen Volksmasse Anfuͤh⸗ rer zu geben, die sie zur Schlacht fuͤhrten, nicht aber, um das Interesse der Gemeinde⸗Guͤter wahrzunehmen; wollte man 9 5 die Wahl der Mitglieder der General⸗Conseils dem Köͤnige

nehmen, um sie dem Volke beizulegen, so wuͤrde man aus

diesen bisherigen Beamten der Verwaltung eben so viele feinde derselben machen, so wuͤrde man dieselben in eine be⸗ fuaͤndige Opposition mit den Praͤfekten und Maires bringen, sder vielmehr, man würde ihnen die Praͤfekturen, die Mai⸗ rien und die gesammte Verwaltung in die Hande spielen, und sonach eine neue, der Charte vöͤllig fremde, unabhaͤngige Macht bilden. Aber auch den Gemeinden wuͤrde die neue ʒDrdnung nicht frommen, denn, weit entfernt, dieselben dem 88 verderblichen Centralisations⸗Systeme zu entziehen, wuͤrde sie das Band dieses setztern nur noch um so enger knüpfen. So wie die beiden Gesetz⸗Entwuͤrfe vorgelegt worden,“ sschloß der Redner, „sagen sie also Niemandem ju, und kön⸗ nen höͤchstens nur dem Ehrgeize und dem blinden Hasse ge⸗ nmnüͤgen. Man muß sich daher billig wundern, daß die Mi⸗ nistter die Folgen derselben nicht erkannt haben. Sehen sie denn nicht ein, daß da, wo die Volks⸗Freiheiten bereits in einer gesetzlichen Opposition eine hinlaͤngliche Buͤrgschaft finden, jede andere Opposition zur Anarchie fuͤhren muß, weil die ohnehin b schon beschraͤnkte Koͤnigliche Macht sich in ihren Bewegungen als⸗ Idann voͤllig gehemmt sieht? Die freie Ausuͤbung dieser Macht aber sst der Schutz und Schirm aller unserer Rechte, unserer Inter⸗ eessen und unserer Freiheiten. Ich kann daher nicht darin mwilligen, daß diese vornehmste Garantie, diese Hauptbedin⸗ gung unsers gesellschaftlichen Vertrags, dieses erste Beduürf⸗

niß der nesa engemäͤltgen Monarchie irgend gefährdet werde, und stimme sonach gegen den Gesetz⸗Entwurf.“ Dieser ede, welche von der rechten Seite mit großem Beifalle auf⸗ tenommen, von der linken aber oftmals mißbilligend unter⸗ bbrrochen wurde, folgte eine lebhafte gung. Als Hr. von la Bourdonnaye nach seinem Platze zuruückkehrte, empfing er die Gluͤckwuͤnsche der Herren Duplessis de Grénédan, von Conny und vieler anderer seiner Freunde. Hierauf be⸗ stieg der Graf von Laborde, vom linken Centrum, die Redner⸗Buͤhne, um zu Gunsten des Entwurfes zu sprechen, da derselbe hoffentlich von der Kammer amendirt werden wuͤrde. Er stellte mehrere Betrachtungen uͤber die Grundsäͤtze des Repraͤsentativ⸗Systems an, wobei er unter Anderm zußerte, England sey eine Demokratie mit einem Kö⸗ nige, Frankreich aber eine verfassungsmäßige Monarchie mit eimem Volke; man habe, fuͤgte er hinzu, nicht zu befuͤrchten, daß der demokratische Geist sich in die Wahl⸗Collegien ein⸗ schleichen werde; beär⸗ ein Redner (Herr v. Sala⸗

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derry) geäußert; gleichwie sonst bei der Kaiser⸗Wahl auf dem eeea⸗ zu Frankfurt ein Wappen⸗Herold laut gefragt 8 e, ob nicht Einer aus der ilie Dalberg zugegen sey, —5 werde man auch in den 1.Versammlungen fragen, ob sich unter den Anwesenden nicht ein Liberaler befinde. „Nein, meine Herren“¹, aͤußerte der Reduer, „man wird eben so wenig fragen, ob ein Liberaler als ob ein Royalist ügegen sey; man wird nur darauf schen, ob es unter den nwesenden nicht einen Ehrenmann giebt, der, ein guter Vater, ein guter Freund, ein guter Büͤrger, zum Mitzllede 2 rrve⸗ reuazih zu werden verdient.“ err v. Conny von der aͤußerstéen rechten Seite, sprach ge⸗ en den Gesetz⸗Entwurf. Er behauptete, die 8 F

eCn urch N ovinzen ange⸗

zuͤndet werden wuͤrde, und erinnerte die Minister daran, mit welcher Geringschaͤtzung nichts destoweniger ein Theil der Kammer ihr neues Zugestaͤndniß aufgenommen habe. „Mogen,“ fuͤgte er hinzu, „die naiven und seltsamen Aeuße⸗ rungen, die in dieser Beziehung von der Rednerbuͤhne herab erschollen sind, die Rathgeber des Koͤnigs belehren, wie ge⸗ fährlich es uͤberhaupt ist, den Weg der Zugestaͤndnisse einzu⸗ schlagen! Möge das Andenken an die von uns erlittenen Unfaͤlle nie in uns erloͤschen! Moͤgen wir unsern Nachkom⸗ men nie ein Recht geben, von uns zu sagen: die groͤßten Truͤbsale, welche eine Nation nur immer erfahren konnte, sind fuͤr Frankreich eine vergebliche Lehre gewesen.“ Hr. Cari Dupin, vom linken Centrum, erklaͤrte, er habe sich Anfangs vorgenommen gehabt, auf die von den Geg⸗ nern des Gesetz⸗Entwurfes vorgebrachten Einwendungen zu antworten, indessen sey ihm der Minister des In⸗ nern hierin mit einer solchen Kraft der Logik und 8 ner solchen Eloquenz im Ausdrucke zuvorgekommen, daß er seinen Aeußerungen nichts mehr hinzufuͤgen koͤnne; gleichmaͤßig abe der Minister auch mit jener Gewandtheit und jenem

schoͤnen Talente, das man an ihm bewundere, die Gruͤnde

der Commission zu widerlegen gesucht; hier aber sey es ihm trotz des Zaubers seiner Beredtsamkeit nicht gelungen, ihn und seine Freünde von ihrer fruͤheren inneren Ueberzeugung abzu⸗ bringen. „Es ist,“ fuͤgte er hinzu, „eine undaukbare und schwere Pflicht, eine Rede zu widerlegen, die uͤber alle Schwie⸗ rigkeiten gleichsam nur spieclend hinwegschluͤpft; nichts des o weniger will ich es versuchen, und zwar ohne Bitterkeit, ohne Vorwuͤrfe und Schmäaͤhungen, ich habe nue das Beste des Landes im Auge und diese Aussicht floͤßt mir nichts als wohlwollende und versöhnende Gesinnungen ein.“ Nach die⸗ sem Eingange beleuchtete Hr. Dupin die Rehe des Hrn. v. Martignac; er beklagte es namentlich, daß derselbe sich auf das gegenwaͤrtige System des doppelten Votums bei der Er⸗ nennung der Deputirten gestützt habe, um einen Theil der politischen Waͤhler von der Wahl der General⸗Conseils auszu⸗ schließen; es sey ganz irrig, wenn man voraussehze, daß der Adel von diesen Conseils ausgeschlossen werden würde, sobald der Wahlmann, der 300 Fr. an directen Steuern zahlt, an der

Ernennung Theil naͤhme; der beste Beweis des Gegentheils ergebe sich darans, daß, während im Jahre 1820 vier und

neunzig, und im Jahre 1821 drei und neunzig Adelige m die Kammer gewählt worden, im Jahre 18277, ungeachtet der damaltgen Aufregung der Gemuüther gegen die privilegir⸗ ten Klassen, einhundert und vier Adelige gewahlt worden seyen; der Minister des Innern wolle, daß die Politik von den General⸗Conseils voͤllig ausgeschlossen bleibe; er seiner⸗ seits frage aber, wie solches uͤberhaupt moͤglich seyz keinem einzigen Familten⸗Interesse kͤnne die Politik fremd sehn, wo diese Familte aus 200,000, 500,000 oder gar einer Maäl⸗ lion Gliedern bestehe (Wahr! sehr wahr!); der Minister des

unern habe ferner gefragt, warum doch die rechte

von dem Gesetz⸗ Entwurfe nichts wissen wolle;

Antwort darauf scy leicht: weil die Mirglieder dieser Seite sich nicht mit der bloßen Mazeritaͤt begnügen, sondern allein herrschen wollten. „Bisher“, fuͤgte

der Redner hinzu „disponirte die rechte Seite ausschließlich

üͤber die Stellen in den General⸗Conseils; sie wollte der linken nicht einmal den dritten Theil derselben Hebcee und befuͤrchtet jetzt, wenn das neue System eingefuͤhrt wird,

aus den General⸗Conseils gänzlich verbannt zu werden.

Diese Furcht ist aber u ündet; es wird nur ein richti Verhaͤltniß dadurch wie hergestellt werden.“ verr Sre⸗ schloß mit dem Wunsche, daß man sich bei dem vor⸗ liegenden Gesetze gleichzeitig auch mit dem General⸗Ton⸗ seil des Seine⸗ Departements beschaͤftigen moͤchte. Herr von Schonen, von der Linken, machte darauf auf merksam, welch wunderbares Schauspiel diese Discussion darbiete; das Ministerium lege der Kammer einen Ges⸗ Entwurf vor, der von allen Seiten, wie wenn eine Lelch —7 ₰— statt gefunden haͤtte, angegriffen werde; und doch habe Niemand seine Stellung verlaffen, alle haͤtten sich enger angeschlossen; das Ministe⸗

vielmehr ihrer Parthei nur rium 2— allein und deshalb auch allein in die Kampß um sich zu vertheidigen;

5 es gestegt haben, wenn das Recht auf seiner Seite üre, wo aber dieses fehle, da müsse auch das ausge⸗ schnerste Talent unterliezen. Der Redner suchte daran se Einmwen des Ministers des Innern gegen die Amendements der Commission zu widerlegen, 2ℳ er als gesetzlich und heilsam darstellte. Um die ider Hoͤchsthesteuer⸗ ten nach dem Verhältniß von 1 zu 10070 zu tfertigen, 21 man die Zeiten des Untergangs der Republik 2 rt; jenen Zeiten des kriegerischen Ruhms sepen aber die