1829 / 108 p. 7 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

fruͤheren Ueberschwemmungen um 2 ¼ Fuß uͤbersteigende en. der Deich in seiner ganzen Laͤnge von fuͤnf Meilen wurde fuͤnf Fuß hoch uͤberstroͤmt, die Bewohner der Ebenen flüͤchteten sich in die höheren Haͤuser und auf die Thuͤrme der Kirchen, Viele aber muͤssen an diesen Tagen den Tod sefunden haben, da es bei dieser, weder Fischerei noch Fluß⸗ sahrr treibenden Bevöͤlkerung, an Kaͤhnen mangelte. Nur Wenige hatten ihren Viehstand in hoͤhere Gegenden ge⸗ üchtet, ehe die Fluth sie uͤbereilte. Von acht bis zehntau⸗ sas Stuͤck Rindvieh und vier bis fünfrausend Pferden ist wahrscheinlich nicht ein Zehntheil gerettet worden. Die auf den Döͤchern hoͤherer Gebaͤude und Kirchthuͤrmen angehaͤufte Menschenmenge entbehrte schon den zweiten Tag der nöͤthig⸗ sten Lebensmittel. Stäͤlle, Scheunen, kleine Haͤuser trieben und wurden zertruüͤmmert ins Meer ge⸗

5 4 2 8 war das Maaß des Ungluͤcks noch nicht

2 je ungeheure Wasserstuth stuͤrzte sich nun auf un⸗ eee 8 des kleinen Flusses e durch⸗ stroͤmte Stadt, brach die Thore einer festen Sch ng 8 trieb die Ufer zum Austreten. Ein von der 7 8 klasse bewohntes Stadtpiertel, die sogenannte Nieder⸗ stadt, wurde urplöbzlich üͤberschwemmt, die niedrigen Tagelöhner bis an das Dach unter Wasser gesetzt, man fuhr in wenig Stunden ’ee in allen Straben des Stadtviertels; Greise, Wöchnerinnen, Kinder und Kranken schrieen nach Rettung, und nur mit Muͤhe gelang es den Anstrengungen aller uͤbrigen Einwoh⸗ ner, diese Ungluͤcklichen aus den Fluthen zu holen. Aber die

anze Bevoͤlkerung von dieser Niederstadt rettete nur das

eeben, und so viel, als die gesunden Erwachsenen an Klei⸗ dungsstüͤcke mit sich nehmen konnten. Und noch immer ließ die Wuth des Wassers nicht nach. Unaufhaltsam stuͤrzte es sich uͤber die Stadt⸗ unserm Hafen und der Weichsel⸗Muͤn⸗ dung entgegen; sich allenthalben Bahnen brechend, vereinigte es sich mit einem in dieser Gegend defindlichen Landsee, und sturzte innerhalb und 882 des Flußbettes ins Meer, am rechten Ufer Alles verheerend, am linken ansehnliche

aͤuser mit Allem, was sich dariun befand, dem Meere zu⸗ führend. Die starke Stein⸗Schleuse, welche den Hafen⸗Ka⸗ mal, worin sich hundert uͤberwinterte Seeschiffe befanden, von dem Weichsel⸗Strome abschließt, war in der drohendsten Ge⸗ fahr, wurde aber erhalten; die Muͤndung der Schleuse aber ist ganz verschuͤttet und trocken.

Erst Sonntag, den 12ten, nahm im Werder und in un⸗ serer Stadt der Wasserstand, wenn gleich nur langsam, ab. eute 8 *₰ 8 Noch umstarrt uns von lichen ihre Sücher A Aer. thender Hunger hat die Gefahr des Waffer⸗Todes in eine weit graͤßlichere verwandelt.

Waͤhrend der Schreckens⸗Tage des 10ten, 11t 12ten Aprils ist mit der aͤußersten Anstrengun Altan und Milderung des Elends gethan. Hunderte wg „— Kaͤhne, Schiffsböͤte und Holzfloͤße gerettet; unaufhöͤrii durch den in der Eile zusammengebrachte Lebensmittei 8 Pun⸗ 3 Meilen entfernten Ortschaften gefuhrt. Allein 8,58 nung des uͤberschwemmten Distriets ist zu ie Ausdeh⸗ und dichtes Schneegestoͤber vermehrten die Gero. —— tenden; an einzelnen Stellen hatten sich St or der Ret⸗

ifften unerschrockene J trudel gebildet. Und doch schifften Maͤnner dieser Wuth einigter Elemente kuͤhn entgegen, und kamen durch ge cen und Dunkel mit ihren gebrechlichen Fahrzeugen voll —— ter spaͤt Abends wieder heim. Den Ungluͤcklich Gekeit⸗ auf diese Weise dem Tode enczogen wurden, bot sch 35 e Eenden Theilen der Stadt ein gastliches Dach und 8 Kaum erlaubt uns das Erlebte mit seinen erschuů Eindruͤcken einen ruhigen Blick auf die traurigen ses unerhoͤrten Ereignisses zu werfen. Die Erge . 29 von mehreren Viehzucht treibenden Menschen ist —— tige Unterstuͤtzung auf immer versiegt, die Saaten auf einer in kleine Eigenthums⸗Parzellen vertheilten Strecke von 3500 Magdeburger Hufen Acker, und Wiesenland sind wahrschein⸗ lich zerstoͤrt, da der gaͤnzliche Abzug des Wassers sich noch während mehrerer Monate zum Theil Jahre! verzoͤ⸗ gern kann. Ohne Kleider und Nahrungsmittel irren diese Ungluͤcklichen umher. Ein Huͤlfs⸗Verein hat sich geblldet um die Armen in den uͤberschwemmten Gegenden zu verpfle⸗ gen und zu versorgen, und die Beiträge von nah und fern anzunehmen und zu verwenden.

In Folge der vorerwaͤhnten traurigen Ereignisse sich in Danzig ein Unterstützungs⸗Verei gnisse hat bes, Aseafdeggesen 8 bungs⸗Verein gebildet, der folgen⸗

Alufruf zur Wohlthaͤtigkeit. Grausen erregend und herzzerreißend ist das Gemäͤlde, welches wir in dem begleitenden Berichte⸗) die traurige Pflicht haben, vor den Augen aller fuͤhlenden Menschen auszubreiten. Das Ungluͤck ist gekommen, und steht als ein unabän⸗ derlicher Schicksalsschluß da! Der Wille des Herrn sey ge⸗ priesen! Was beim Kampf der Elemente die schwache Kraft des Helfenden vermochte, wurde geleistet; auch an Beispielen der edelmuͤthigsten Selbstverlaͤugnung hat es nicht gefehlt. Die Fluthen fangen an zuruͤckzutreten, bald wird es er⸗ laubt seyn, einen Blick auf den Schauplatz des graͤßlichsten Jammers zu werfen. Dann aber tritt auch e gaͤnzliche Unzuläͤnglichkeit unserer Huͤlfskraͤfte naͤher vor Augen. Und doch sind es Bruͤder und Christen, welche, von Allem entbloͤßt, grausenvoll in die Zukunft blicken. Bruͤder und Genossen aller Glaubens⸗Lehren! Soͤhne Eines Vaters! Mitmenschen aus nahen und Gegen⸗ den! Ihr, die ihr, unterm sichern Schutz des Daches, uch befriedigter Lebens⸗Beduͤrfnisse freut, oder mit erheiterten Blicken in die aufkeimende Fruͤhlings⸗Welt schaut, tretet * uns mit menschlich wohlwollenden Gefuͤhlen bei, malt Euch das Bild von Tausenden Eurer Mitbruder, die aus Fluthen und Eisschollen, nackt, hungrig und ohne Zukunft hervortra⸗ ten, lebhafter aus, als Worte es vermoͤgen. Helft uns die Thraͤnen trocknen, die Muͤtter und Saͤuglinge, Wittwen und Waisen auf den Truͤmmern ihres verlorenen Gluͤckes wei⸗ nen, und erndtet mit der Saat des Wohlthuns⸗ Segnungen ein, welche jeden Genuß des vergaͤnglichen Lebens weit uͤber⸗ wiegen. Beitraͤge koͤnnen an die einzelnen der Unterzei oder an den Verein gesendet werden. en Der Verein zur eez der Weichsel Ueberschwemmung Verungluͤckten. H. B. Abegg. P. J. Albrecht. Wm. v. Ankum. SG. Baum. Th. Behrend. A. W. v. Bockelmann. P. Do; denhoff. C. E. v. Frantzius. C. R. v. Frantzius. Dr. Goetz. Dav. Goͤrtz. A. G. Groddeck. A. Gibsone jun. 4 E. W. Grade. C. C. Hamann. P. Heidfeldt. J. C. Fr. Hoene. Wm.

H. Henrichsdorff. S. L. A. 8 L. Maclean. F. Marshal. E.

durch die

5 82 2 8

ix. F. v. Rottenburg. P. Stobbe. H. W. Schirmacher.

C. F. Saltzmann. J. S. Schahnasjan. v. Vegesack. ac.; 5 H. v. Weickhmann. B. Wendt. W. Zernecke.

Koͤnigsberg, 12. April. Gestern Morgens stieg das 1 Wasser noch bedeutend. Von Wehlau her kam aber die Nachricht, daß das Wasser am 10. April um 1 Fuß ge- fallen sey; dies hatte die Wirkung, daß auch der Prche . heute um 13 Zoll und so die Noth der am Wasser wohnenden Einwohner unserer Stadt zwar nicht gehoben, aber doch vermindert wurde. Die Beschaͤdigungen an un⸗ sern sieben Pregelbruͤcken sind recht bedeutend und mehrere Stuͤtzen und Balken sind abgerissen und fortgetrieben wor⸗ den. Die Eisboͤcke haben durchweg gelitten, sind aber vom Wasser mehrentheils ganz bedeckt und koͤnnen also auch das Eis von den Bruͤcken nicht immer abhalten. Von Un⸗ gluͤcksfaͤllen in der Stadt ist noch nichts Bestimmtes zu mel⸗ den. Personen sind noch nicht verungluͤckt. Ein Postillon gerieth mit zwei Pferden auf dem Weidendamm in einen Graben. Nur mit Muͤhe konnte der Postillon gerettet werden, die Pferde sind ertrunken. Der Pregelkrug, der Mostbude gegenuͤber, ist fortgerissen, aber Menschen und Vieh sind gerettet worden. Wenn nun 8 gegenwaͤrti die Noth einigermaaßen gemindert scheint, so droht no immer Gefahr, zumal das Eis vor dem Litthauschen und Hollaͤndischen Baum noch 1 ½ Fuß stark ist und nicht brechen will. Wenn bei dem steten Schneegestoͤber und gelinden Frost auch ein baldiges und rasches Schmelzen der Eisdecken nicht zu erwarten steht, so ist nuͤr zu wuͤnschen, daß das Haff und der Pregel hinter dem Holl. Baum fruͤher vom Eis b frei werden moͤgen, als die Eismassen von Litth eit eF auen unserm Pre⸗ gel zustroͤmen. Am 9. April kamen noch 3 zweispäͤnnige b ladene Schlitten uͤber Haff und fuhren bei pännige be⸗

der den Damm. Die Versuche, mittelst eeene.

decke zu sprengen, sind ohne Folgen gewes⸗ W1 . esen. D s 87 die Grabenstraßen sind M 28 72. ewohner holen ihre Bedürfnisse in Kaͤhnen aus eer erntern Theile der Stadt, denn in dem vom Wasser raͤngten Theile ist jeder Verkehr schon seit mehreren Ta⸗ gen eingestellt. Die Baͤcker sind z. B. nicht im Stanbe, zu

*) Der obgedachte Bericht enthält im Hauptfachlichen die in den von uns mitgetheilten Schreiben aus Danzig gegehenen aus⸗ fuͤhrlichen Meldungen: 1