1829 / 134 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

auch sie war unpolitisch, und besser waͤre es gewesen, wenn wir die strengste Neutralitaͤt beobachtet haͤtten.“ Der Red⸗ ner kam hierauf auf die Armee zu sprechen, deren Organisa⸗ tion er fehlerhaft fand; er lobte die Kriegs⸗ Reserven, die

allein in kritischen Faͤllen einen Staat zu retten vermoͤchten, wobei er sich auf das Beispiel Preußens bezog; Frankreich 8 habe aber weder Heerbann, noch Milizen, noch National⸗ Garden; nichts desto wenitzer koste die Armee beinahe 200 Millionen Fr., naͤmlich mehr als Preußens ganze Staats⸗ Einnahme, waͤhrend dieses Land mit jedem Augenblicke 9500,000 Mann voͤllig gekleideter, bewaffneter und eingeuͤbter Truppen stellen koͤnne; von dem jetzigen Ministerium lasse ssiich indessen eben so wenig eine Verbesserung in dieser Be⸗ ziehung erwarten, als von dem Kriegs⸗Rathe. „Erheben so schloß der Redner „unsere unabhaͤngigen Mißbrauch, decken wir jede

wir daher“, Stimmen, bezeichnen wir jeden wunde Stelle auf, und vergessen wir nie, daß ein Deputir⸗ ter, der vor der Wahrheit zuruͤckbebt, dem Soldaten gleicht, der im entscheidenden Augenblicke der Schlacht die Flucht ergreift. Ich bewillige daher die verlangten Summen, je⸗ doch mit dem ausdruͤcklichen Bemerken, daß es das letz⸗ temal ist. * Der Kriegs⸗Mini ster wies die Behauptung zuruͤck, daß die Expedition nach Morea ein Suͤhnopfer fuͤr den Krieg in Spanien habe seyn sollen; dieser Krieg sey nur durch ein Gefuͤhl des Edelmuths fuͤr eeinen benachbarten Staat veranlaßt worden, und das Re⸗ fultat desselben habe gezeigt, was die Armee vermoͤge. Die EsFxpedition von Morea anbetreffend, glaube er, daß der Au⸗ genblick noch nicht gekommen sey, daruͤber ein Urtheil zu fällen; allem Anscheine nach wuͤrden aber die vereinten Be⸗ muüͤhungen der drei Maͤchte Griechenlands Emancipation mit einer Begraͤnzung, die dem neuen Staate einen Rang unter den Nationen büschere⸗ zur Folge haben. Hinsichtlich der Organisation der Armee aͤußerte der Minister: die beste Art und Weise Frankreichs Integritaͤt zu sichern, bestehe, seiner Mieinung nach, darin, daß man die Bataillone verstaͤrke; man moͤchte sich ja nicht auf das Beispiel Preußens beru⸗ fen; in Frankreich koͤnne man nur ein guter Soldat seyn, wenn man bei der Fahne bleibe; wollte man in dieser Be⸗ ziehung den Gebrauch anderer Länder nachahmen, so wuͤrde man dadurch nichts als eine Entartung des militairischen Geistes —. Hr. B. TConstant theilte diese Ansicht nicht. Zu Anfang der Revolution, meinte er, . Frankreich eine Reserve gegeben, welche, obgleich sie nicht immer bei der Fahne gewesen, die Unabhängigkeit des Lan⸗ des doch ruͤhmlichst vertheidigt habe. Auch er berief sich auf das Beispiel Preußens. Hiernaͤchst beruͤhrte er die Rede des Großsiegelbewahrers, worin dieser Ta⸗ ges zuvor Herrn Constants eigene Worte, daß die Kam⸗ mer alle noͤthigen Elemente zur Bewirkung des Guten in sich trage, angefuͤhrt hatte. Die Kammer, aͤußerte er, koͤnne dieses Gute nicht bewirken, wenn die Minister ihr nicht da⸗ bei zu Huͤlfe kaͤmen, und mit jener Faction voͤllig braͤchen, welche Frankreichs Verfassung umstoßen wollte. (Stimmen zur Rechten: Wo ist diese Faction? Nennen Sie sie! zeigen Sie uns die Aufruͤhrer!) Herr B. Constant fuhr fort: „Die Faction, die ich meine, besteht aus jenen Maͤnnern, die bestaͤndig unsere Verfassung angreifen; die unaufhoͤrlich die Revolution im Munde fuͤhren; die unter der Maske der Re⸗ ligion Frankreich ein fremdes Joch auflegen wollen; die mit so großer Wuth gegen die Verordnungen wegen der kleinen Seminarien geeifert haben; die, so oft wir von dieser Tri⸗ bune herab die Rechte der Buͤrger verfechten, sich gegen diese Rechte auflehnen; es sind mit einem Worte die Maͤnner, die 6 Jahre lang ein unwuͤrdiges Ministerium unterstuͤtzt haben, das dem W1

Lande nichts als ein großes Desicit in den Finanzen vererbt und dem Staate Erniedrigung im Auslande, und Bedruͤckung, Willkuͤhr und Despotismus im Innern be⸗ reitet hat. Dies, meine Herren, ist in wenigen Worten die Faetion, die ich meine, und vor der die Minister sich so leicht bewahren koͤnnen. Wenn wir die Aufloͤsung der Kammer verlangt haben, so geschah es blos, weil wir geglaubt, daß die Minister in der neuen eine maͤchtigere tuͤtze sinden wuüͤrden. Aber auch mit der jetzigen Kammer wuͤrde das Ministerium noch fortbestehen koͤnnen, wenn es den Wuͤn⸗ schen Frankreichs mehr als bisher entsprechen wollte. Thut es solches nicht, so sehe ich sein Schicksal voraus; ich mag es ihm von dieser Tribune herab nicht verkuͤndigen (Gelaͤchter), aber es ist unvermeidlich. Der General De⸗ margay ließ sich namentlich uͤber die Expedition nach Mo⸗ rea aus, von der er behauptete, daß sie acht Jahre fruͤher haͤtte unternommen werden müͤssen. Seine Bemerkung, daß solches jedoch England damals nicht erlaubt haben wuͤrde, ind daß man nichts ohne de thun koͤnne, erregte

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habe es in

eine laute Mißbilligung in allen Theilen des Saales. Der See⸗Minister aͤußerte blos, eine solche Behauptung sey nicht Franzoͤsisch, und werde selbst in London keinen Glau⸗ ben finden. Herr Dutertre vertheidigte in einer langen Rede den Feldzug in Spanien, der von den damali⸗ gen allgemeinen Umtrieben in ganz Europa geboten, und ruͤhmlich beendigt worden sey. Der eneral Se⸗ bastiani erhob sich gegen die oben angefuͤhrte Mei⸗ nung des Herrn Demargay; Frankreich sey nicht der Vasall Englands, und wenn es sich zu irgend einer Expedi⸗ tion entscheide, so folge es dabei nur den Berechnungen sei⸗ ner eigenen Politik. Herr Demarg ay legte hierauf seine obige Aeußerung dahin aus, daß i

daß er nur gemeint, Frankreich

wuͤrde, wenn England sich mit seiner uͤberlegenen Seemacht

daßegen opponirt haͤtte, die Expedition nach Morea nicht haben unternehmen koͤnnen. Am Schlusse der Sitzung trat noch der Finanz⸗Minister auf. Es sollte jetzt uͤber den betreffenden Gesetz⸗Entwurf abgestimmt werden; da es indes⸗ sen schon uͤber 6 Uhr war, so wurde die Abstimmung auf den folgenden Tag verlegt, wo die Kammer sich auch mit den beiden letzten Gesetz⸗Entwuͤrfen uͤber die Nachschuͤsse fuͤr das Marine⸗ und das Finanz⸗Ministerium beschaͤftigen wollte. Paris, 8. Mai. Vorgestern hielt der Koͤnig in St. Cloud einen Minister⸗Rath, bei welchem der gegen war. Se. Maj. werden morgen zur Stadt kommen.

Is der Koͤnig am 4ten d. M. den Pflanzen⸗Garten besuchte, aͤußerte er sich besonders wohlwollend gegen den be⸗ kannten, uͤber 80 Jahr alten Botaniker Jussieu, der noch Ludwig XV. in den Gaͤrten von Trianon herumgefuͤhrt hatte,

und sich jetzt gluͤcklich schaͤtzte, auch noch den Enkel desselben⸗

zu begleiten.

Der Moniteur enthaͤlt uͤber den hohen Preis des Ge⸗ treides einen, allem Anscheine nach amtlichen Artikel, worin es unter Anderm heißt: „Das Steigen der Kornpreise hat in einigen Departements Unordnungen veranlaßt; am ernst⸗ haftesten waren die Auftritte in Mountmorillon und Nevers, wo groͤßtentheils aus Frauen bestehende Volkshaufen die Getreide⸗Wagen aufhielten und die Haͤndler bedrohten. Die Behoͤrde mußte mit bewaffneter Hand einschreiten und die Haupt⸗Anstifter dieser Unruhen verhaften. Weniger ernst⸗ liche Auftritte, welche bald unterdruͤckt wurden, haben in Nogent⸗le⸗Rotrou, Saumur, Dieppe, Lille, Rethel, Gisors xu. a. O. statt gefunden. Die neuesten Berichte aus den Departements lauten jedoch bernhigender. Auf mehreren Maͤrkten, und zwar namentlich in den Departements der Ardennen, der Loire, der untern Seine, der Sarthe, des Loir und Cher und der Orne sind die Getreide⸗Preise gefal⸗ len. Uebrigens werden binnen Kurzem 100 bis 150 Schiffe mit Getreide in den Haͤfen der untern Seine und in Caen erwartet; die Magazine in Havre enthalten bereits 26,000 Hectoliter Weizen und 6000 Hectoliter Roggen, und es un⸗ terliegt sonach keinem Zweifel, daß die Theuerung nur von kurzer Dauer seyn wird.“

„Herr Mauguin soll vorgestern auf das Buͤreau der De⸗ putirten⸗Kammer die Proposition niedergelegt haben, Seine Majestaͤt um ein Gesetz uͤber die Verantwortlichkeit der Mi⸗ nister zu bitten.

Dauphin zu-⸗

Der Bischof von Cambray, Baron Belmas, hat den Vor⸗

steher des dortigen Seminars abgesetzt, weil er sich in Intriguen gemischt hatte, welche sich auf die bevorstehende Deputirten⸗ Wahl des Wahl⸗Collegiums zu Hazebrouck bezogen. Der Bischof ist vom Koͤnige zum Praͤsidenten dieses Wahl⸗Colle⸗ giums ernannt worden.

Das diesjährige Budget der Stadt Paris ist so eben im Druck erschienen; es umfaßt einen Quarthand von 124 Seiten. Man ersieht daraus, daß die Einnahme auf 46,248,548 Fr. und die Ausgabe auf 46,248,118 Fr. festge⸗ stellt ist; die 5 ½ Millionen, welche die Pacht der Spielhaͤuser eintraͤgt, sind hier nicht mit eingerechnet.

Großbritanien und Irland.

Parlaments⸗Verhandlungen. Die fernern Ver⸗ laufe seiner (gestern abgebrochenen, in Bezug auf die East⸗ Retford'schen Wahl⸗Angelegenheiten gehaltenen) Rede, sagte Hr. Huskisson, daß, nur indem man den von Hrn. Ten⸗ nyson gemachten Vorschlag befolgt, der Versuch einer Par⸗ laments⸗Reform unwirksam gemacht werde; folge man aber dem Hrn. Calvert und üͤbertrage das Wahlrecht dem Bezirke von Basetlaw, so mache man dadurch die Parlaments ⸗Re form zu einer jährlich sich wiederholenden, fuͤrchterlichen Frage, getragen von der oͤffentlichen Meinung und dem Einfluß der Presse. Der Vorschlag, das Wahlrecht von East⸗Retford

auf die Stadt Birmingham zu üͤbertragen, werde uͤbrigens Gruͤnden unterstuͤtzt; die Geschichte

auch noch von anderen