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E 82. bih 5 Polen.
8 * — Warschau, 29. Mai. Gestern fand hierselbst das
Vobllksfest statt, welches Seine Majestaͤt der Kaiser auf Ver⸗ aanlassung Ihrer Kroͤnung als Koͤnig von Polen den hiesigen b * Einwohnern bestimmt hatten. Schon seit mehreren Tagen
maaren dazu auf dem großen Platze, welcher links von der
ö nach Belvedere fuͤhrenden Allee belegen ist, die noͤthigen Vor⸗
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bereitungen getroffen worden.
In der Mitte dieses Platzes war ein sehr. geschmack⸗ voller Pavillon, mit dem Polnischen Adler und Bluͤmen ver⸗
— ziert, erbaut worden, von welchem die Kaiserlichen Herr⸗
schaften, die obersten Hofbeamten, die Minister und die hier
anywesenden Fremden dem Feste zusahen.
Zu beiden Seiten des Papillons waren 100 Tische auf⸗
8n gestellt, an denen 10,000 Personen Platz fanden und mit
8 und Getraͤnken aller Art bewirthet wurden. Außer⸗ ddem war man bemuͤht gewesen, auf alle moͤgliche Weise fuͤr die Unterhaltung und das Vergnüuͤgen der aͤnwesenden Menge
Sorge zu tragen. So waren Schaukeln
auch Tanzboͤden erbaut. An einer Stelle zeigte der Herkules
Nappo seine Kuͤnste oͤffentlich. Aus sehr siunreich angebrach⸗
ten Fontainen wurde der “ Menge Wein und
Meth im Ueberflusse gespendet. —
B Seine 1eegag 2 Kaiser hatten sich bei der Alexan⸗ ders⸗Kirche zu Pferde gesetzt, und durchritten, von Ihren
Kaiserlichen Hoheiten dem Großfuͤrsten Thronfolger und
Ihren Durchlauchtigsten Bruͤdern, so wie von einem zahl⸗
reichen Gefolge begleitet, den Platz des Festes, auf welchem
mehr als 80,000 Einwohner und Fremde gegenwaͤrtig waren.
Ueberall wurden Allerhöchstdieselben mit der innigsten Freude
und dem lautesten Jubel empfangen, und so sehr sich das all⸗
gemeine Gefuͤhl des Dankes aus der Freude äͤußerte, so war doch nirgends eine Spur von Unordnung zu finden, die sonst bei dergleichen Veranlassungen unvermeidlich ist.
8 Zum allgemeinen Bedauern wurde die Anwesenheit der Kasserlichen Herrschaften durch ein heftiges Gewitter abge⸗ e sddoch dauerte das Fest nichts desto weniger bis späͤt
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Am Abend beehrten Ihre Kaiserlichen Majestaͤten, so wie der gesammte Hof, einen glänzenden Ball, welchen die
hiesige Stadt auf Veranlassung der Kroͤnung im Rathhause
gab, und zu welchem an Personen aus allen Staͤnden Ein⸗
ladungen ergangen waren, mit Ihrer Gegenwart. Aller⸗ höchstdieselben zogen sich erst spaͤt zuruͤck, nachdem Sie das Sonper einzunehmen geruhet hatten.
Heute findet in dem dazu besonders prachtvoll eingerich⸗ teten Lokale der neuemn Boͤrse ein Ball statt, welchen die Senatoren, die Deputirten und der Adel veranstaltet haben.
. Frankreich. 8 Paris, 28. Mai. Das Departements⸗Wahl⸗Collegium der Dordogne und das erste Bezirks⸗Wahl⸗Collegium der obe⸗ rreen Loire sind auf den 4. Juli d. J. in Périgueux und Le Ppuy zusammenberufen worden, um an die Stelle des aus⸗ geschiedenen Marquis von Abzac und des verstorbenen Hrn. —Calemard von Lafayette neue Deputirte zu waͤhlen. ⸗
Die Deputirten⸗Kammer beschaͤftigte sich vorgestern Iin geheimer Sitzung mit dem Antrage des Herrn Mauguin nsgoegen der kuͤnftig zu befolgenden Procedur bei der Anklage eines Ministers. Ueber die bei bieser Gelegenheit gepfloge⸗ “ nen Berathungen melden die oͤffentlichen Blaͤtter als Ge⸗ uͤuͤchte Felgendes: Herr Mauguin erkläͤrte zuvoͤrderst, daß eer der Ansicht der Kammer, welche seine Proposttion nicht laäͤaalbs einen bloßen Zusatz zum Reglement gelten lassen wolle, 8 1 nicht beipflichten koͤnne; nachdem man funfzehn Jahre lang vergeblich darauf gewartet habe, daß die Regierung die Ini⸗ eAiative ergreise, um ein Gesetz uͤber die Verantwortlichkeit 121 Minister vorzulegen, sey es endlich Zeit, daß die Kam⸗ 8 1 mer in dieser Beziehung selbst einschreite; zu behaupten, daß man das im Art. 56 der Charte versprochene Gesetz abwar⸗ ten muͤsse, heiße nichts anders, als bis dahin die Ungestraft⸗ heeit der Minister anerkennen; wenn die Verfassung ein Recht stifte, so stifte sie gleichzeitig auch alle die untergeordneten Befugnisse, die dazu dienten, die Ausuͤbung jenes Rechtes zu sichern; in gleicher Weise habe auch die Pairs⸗Kammer den 33sten Artikel der Charte, welcher den Hochverrath vor ihr Forum verweise, ausgelegt, und das von ihr zu beobach⸗ tende gerichtliche Verfahren den Formen der Criminal⸗Ge⸗ richts⸗Ordnung, die sie mit ihrer politischen Organisarion in Uebereinstimmung gebracht, entlehnt, obgleich in dem gedach⸗ ten Artikel der Charte der Rechtsgang gleichfalls einem spaͤ⸗ eeren Gesetze vorbehalten gewesen sey); und viermal schon *) Dies ist ein Jerthum. Der 33ste Artikel der C lau⸗
tet woͤrtlich wie 812 „Die Pairs⸗Kammer erkennt be ee
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und Carousselle,
habe sie von ihrem Jurisdictions⸗Rechte Gebrauch gemacht,
nachdem die von ihr eingefuͤhrte Procedur von der Krone und der zweiten Kammer bestaͤtigt worden sey. Der Redner ging jetzt in eine naͤhere Untersuchung seines Vorschlages ein,
dessen zweiten Artikel, die Vorladung des angeschuldigten Mi⸗
nisters vor die Schranken der Deputirten⸗Kammer betreffend,
er vorzuͤglich zu vertheidigen sich bemuͤhte; auch hier exem⸗ plificirte er auf die Pairs⸗Kammer, die bei verschiedenen Ver⸗
anlassungen dasselbe gethan, Zeugen vorgeladen, ja sogar die⸗ jenigen, die sich nicht gestellt, condemnirt habe; der eigene Vortheil des angeschuldigten Ministers erheische, daß seine Straffäͤlligkeit vorher constatirt werde, und zu diesem Be⸗ hufe muͤsse man ihn vernehmen. Herr Mauguin erinnerte hierauf an dasjenige, was sich im vorigen Jahre im Schooße der mit der Pruͤfung der bekannten Labbey de Pompidresschen Proposition beauftragten Commission zugetragen habe; wie ein Mitglied der damaligen Majoritaͤt, nachdem diese der Kammer das Untersuchungs⸗Recht Anfangs nicht habe zuge⸗ stehen wollen, gegen diese Ansicht mit der Erklaͤrung prote⸗ stirt habe, daß ohne jenes Recht die Kammer voͤllig g—. tig seyn wuͤrde; und wie die gedachte Commission, als auf ihre Aufforderung kein Zeuge erschienen, auch die von ihr verlangten Papiere ihr von dem Ministerium vorent⸗ halten worden seyen, zuletzt selbst der Kammer vornge⸗ schlagen habe, eine Untersuchung einzuleiten. „Die An⸗ traͤge dieser Commission,“ fuͤgte der Redner hinzu, „mach⸗ ten die vorigen Minister der Straffaͤlligkeit gegen das Land verdaͤchtig, und gaben der Kammer eine maͤchtige Waffe in die Hand, deren sie sich nach Gefallen bedienen konnte. Die Folge davon war, daß die Maͤnner der vorigen Verwaltung
sich bis zu Anfang der diesjaͤhrigen Session füͤr uͤberwunden bekannten und sich daher still und ruhig verhielten. Seit der denkwuͤrdigen Sitzung aber, wo es schien, als ob die Kammer uüͤber die Vergangenheit einen Schleier ziehen wolle, sind die Hoffnungen der vorigen Minister ans Neue er⸗, wacht; sie haben ihr Betragen wie ihre Sprache geaͤndert,
und ihrem Einflusse muͤssen wir es zuschreiben, daß unsere
Sitzungen durch heftige Debatten, die durch geheimnißvolle
Berathungen vorbereitet worden waren, gestoͤrt worden sind. Die jetigen Minister trifft ein Theil der Schuld an dieser rackgöngigen BeSnnns wir haben gesehen, wie on ihnen von dieser Redn ie se
Grundfaäͤte vekünbesten. Deferbüpee⸗ mn
man, ich sage es mit Bedauern, den gegente der Gemuͤther zuschreiben. Was ist aus der schönen Hofft nung, was aus dem Freudenrufe geworden, womit manf die neue Kammer begruͤßte? Ueberall offenbart sich ein Geist der Unzufriedenheit; warum? weil man einer ungewissen Zukunft entgegen zu gehen glaubt, weil man in der Regie⸗ rung weder Grundsatz, noch einen sichern Gang erkemnn Nachdem Herr Mauguin noch auf die Gefahr einer allgen meinen Volks⸗Bewegung in Europa hingewiesen hatte, schloß derselbe in folgender Art: „Einer Regierung, die sich auf⸗ richtig auf die Majoritaͤt der Kammer gestuͤtzt haͤtte, waͤre es ein Leichtes gewesen, alle diese Gefahren von uns abzu⸗ wenden; aber heutiges Tages erweckt schon der bloße Ge⸗ danke an eine starke Kammer, Unruhen und Besorgnisse. Man spricht von nichts als Revolurion und Demokratismus, und bei dem geringsten Rechte, das wir fuͤr uns in Anspruch neh⸗ men, haͤlt man uns das Schreckbild des National⸗Convents entgegen. Hat sich denn seit jener Zeit nicht Alles um uns her geaͤndert? aͤndert sich nicht noch jetzt Alles unter unsern Augen? inmitten dieser allgemeinen Bewes⸗ gung, wuͤrde es nur eine Gefahr geben, wenn wir naͤmlich selbst unbeweglich ble ollten.“ Nach Herrn Mauguin, dessen Rede die Ver ng mit immer steigender Vewe⸗ gung zugehoͤrt hatte, Herr Girod die Rednerbühne«, um mehrere demselben entschluͤpfte Unrichtigkeiten in Beireff der Arbeiten der Commission, welche sich im vorigen Jahre mit dem Vorschlage des Herin Labhey de Pompidres zu be⸗ schaͤftigen hatte, zu ruͤgen. Herr Agier —57 daß man eine Eroͤrterung uͤber diesen Gegenstand sehr zur Unzeit her⸗ bei gefuͤhrt habe und fuͤglich haͤtte vermesden koͤnnen; was aber die jetzige Proposition des Herrn Mauguig anbetrefft⸗
chen des Hochverraths und Angriffe auf die Sicherheit des Staa⸗ tes, wie solche das Gesetz naͤher bezeichnen wird.“ Vomn dem Vorbehalte eines Gesetzes uͤber den zu befolgenden Rechtsgang ist, wie man siehr, hier gar keine Rede. Des 56te Artikel der Charte dagegen, welcher von der Anklage eines Ministers, der sich des Verraths oder der Erpressung schuldig ge. macht hat, handelt, besagt ausdruͤcklich: „Agsondere Gescte follen die Art dieser Vergehen naͤher bezeichnen, und das gerichtliche
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