1829 / 160 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

8 2 8 . im Begriff, niedergeschlagen und unzufrieden auseinander zu gehen und Frankreich von ihren getaͤuschten Hoffnungen, ih⸗ ren fruchtlosen Geschaͤften zu unterrichten; wenn sie indessen auf's Neue zusammentritt, und die Erfuͤllung der von dem Koͤnige verheißenen Wohlthaten abermals von den Ministern vereitelt wird, so moͤgen sie alsdann nicht mehr auf ein Budget rechnen. Mittlerweile stimme ich zu Gunsten des uns vorliegenden, unter den von neene a gemachten Be⸗ schränkungen.“ Auf diese Rede folgte eine lebhafte Bewegung in allen Theilen des Saales. Mehrere Deputirte verließen ihre Plätze und nahmen sie erst wieder ein, als sie sahen, daß der Minister des Innern die Rednerbuͤhne bestieg. Aus der Rede dieses Letztern, worin alle dem Ministerium in der letztern Zeit gemachten Vorwuͤrfe auf einmal zuruͤck⸗ gewiesen werden, und welche uͤber 5 Spalten des Moniteurs fuͤllt, theilen wir nachstehenden gedrängten Auszug mit: „Meine Herren! Alle Fragen, die sich auf die Verwaltung des Landes bezichen, kommen natuͤrlich bei den Berathungen uͤber das Finanz⸗Gesetz zur Sprache. Bevor die Deputirten den Mi⸗ nistern durch die Bewilligung desselben einen Beweis ihres Ver⸗ trauens geben, muͤssen sie freimuͤthig ihre Zweifel, ihre Besorg⸗ nisse, ihre Beschwerden aussprechen! Aus diesem Gesichtsvunkte betrachtet, ist das Budget nicht blos ein Finanz⸗, es ist auch ein politisches Gesetz: die Minister haben nicht bloße Zahlen, sie ha⸗ ben ihr ganzez System zu vertheidigen; hier erwartet sic die Op⸗ position mit ihrer ganzen Macht, mit allen ihren Vortheilen, und ie koͤnnen und duͤrfen sich nicht weigern, sich mit ihr zu messen. Ich bin daher weit entfernt, mich uͤber die verschiedenen Angriffe zu verwundern oder zu beklagen, denen wir seit drei Tagen aus⸗ gesetzt sind; auch hetruͤben mich dieselben nicht; denn wenn man ein ruhiges Gewissen hat, wenn man sich sagen darf, daß man bei Allem, was man gethan, nur von der Liebe zum allgemeinen

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Besten geleitet worden ist, so muß man sich vielnichr Gluͤck wuͤn⸗

schen, eine Gelegenheit zu finden, von seinen eigenen Handlungen zu sorechen und von dem strengen, zuweilen ungerechten Urtheile seiner Gegner an den gesunden Sinn der Menge zu appelli⸗ ben. Allerdings sind die Lasten, die das Land zu tragen

druͤckend, und die vornehinste Pflicht der Regierung ist, die⸗

en so viel als moͤglich zu crleichtern. Eben so waͤhr ist es,

b unsere Bemüͤhungen in dieser Hinsicht dis jetzt noch von ge⸗ ringem Erfolge gewesen sind; um indessen zu beurtheilen, ob die Schuld davon an uns liegt, sollte man inig zuvor einen Blick auf die einzelnen Theile des Budgets werfen. Dies ist indessen g.Sengerg nicht meine Absicht; es wird Zeit genug dazu seyn, wenn die Etats der senen Ministerien zur Berathung kom⸗ men. Was mich vorzuͤglich bewogen hat, diese Rednerbüͤhne zu besteigen, sind die uns gemachten Vorwuͤrfe, daß wir es an Voraus⸗ iche und gutem Willen fehlen ließen. des Volk ist unwillig, sagt man uns, weil es kein Vertrauen h id es hat kein Ver⸗ trauen, weil es sich von keiner festen Hand regiert sicht. Der Verwastung, fuͤgt man hinzu, fehlt es an einem bestimmten Planec; das Ministerium weiß sich weder seine Freunde zu erhal⸗ ten, noch seine Feinde zu bekaäͤmpfen, und seine Grundsaͤtze n

o wenig befriedigend als seine Handlungen, denn es hat n ich behauptet, die Verantwortlichkeit der Minister sey nichts n leerer Schall. Dies, m. H., sind die Vorwuüͤrfe, die man uns macht, und die, wenn sie gegrundet waͤren, uns des Vertrauens des Königs und des Ihrigen allerdings unwuͤrdig machen wuͤr⸗ den; denn Minister, welche die Beduͤrfnisse ihres Landes nicht kennen und weder die Wuͤrde Frankreichs im Auslande noch die Ruhe und Ordnung im Innern a zu erhalten wissen, sind dem ihnen anvertrauten wichtigen nicht gewachsen. Wir sind weit entfernt, ein blindes Vertrauen in unsere Krafte zu setzen, aber wir koͤnnen uns auch nicht zu der seltsamen und verachtlichen Rolle verstehen, welche man uns spielen lassen will; man hoͤre uns mindestens, bevor man uns richte. Siehenzehn Monate sind verslossen, seit wir die Leitung der öffntlichen Angelegenheiten üͤbernommen haben. Bei unserm Antritte standen zwei beien einander feindlich gegenuͤber. Was sollten wir thun? Uns an die itze der cinen stellen, und der andern den Krieg erklaͤren? Haß und Zwietracht fortpflanzen? Dies schien uns nicht unsere 8s

t zu seyn. Wir glaubten vielmehr daß wir beide Theile vehen muͤßten; ich begreife wohl, daß bei einem so v⸗ sieme beide Partheien uns fuͤr unentschlossen halten ko ; was um

ich aber nicht begreifen kann, ist, daß auch Andere in densel

verfallen konnten. Die Uncutschlossenbeit dußert sich dur⸗ pre⸗

Reden und Handlungen. in haͤtten wir uns —4 en zu Schulden kommen lassen? Allcs was wir, ohne der à des

Köͤnigs zu nahe zu treten, für die Freiheit thun konnten, das ha⸗ ben wir redlich gethan, * zwar aus ecigenem Antriebe. Wo wir aber eine Gefahr im

lich inne gehalten. So werden wir auch Niemand kann uns deshalb mit R. der

nann Fhalh mit t, Unvor⸗ sichtigkeit oder Unentschlossenheit vielmehr nach einem bestimmten und wohluͤberlegten e Der Mi⸗

nister erinnerte hierauf an alles Dasjenige, die 2—S in neuerer Zeit gechan hat, um den Wuͤnschen des 5—1— kommen, und dessen Beschwerden abzuhelfen: an das Wahl⸗ und das Preß⸗Gesetz, und an die Verordnungen der kleinen Seminarien. Auch das laängst begehrte fügte er binzu, sey von der Rchierung nach den liberalßten (Grund⸗ fätzen vorberritrt und der Kammer vorgelegt worden, und nicht

Vor diesem stirengen aber unpartheiischen Tribunale, haben wir

I zweifle ich,

nde erblickten, da haben wir weis⸗ ferner handeln, und

rium, dem censtitnttonnellen Impulse, wodurch es an das

2 1] E11““ ihre Schuld sey es, wenn man sie in die Nothwendigkeit versetzt habe, dasselbe zuruͤck zu nehmen. Hier wurde der Minister aufge⸗ fordert, sich uͤber die Gruͤnde zu dieser Maaßregel naͤher zu er⸗ klären. Nachdem er solches gethan und auch die uͤbrigen Verhesse⸗ rungen in der Staats⸗Verwaltung angefuͤhrt hatte, schloß derselbe in folgender Art: „Wir sehen das Schwierige unserer Lage vollkom⸗ men ein, aber wir fuͤhlen auch, was die Pflicht uns gebictet. Alle Drohungen und Angriffe, denen wir uns blos gestellt sehen, wer⸗ den uns nichts weiter entlocken, als was wir fuͤr recht und billig und dem Besten des Thrones und des Landes gemaß erkennen. Rie werden wir die Graͤnze der Maͤßigung, die wir uns vorge⸗ zeichnet haben, uͤberschreiten; aber diese Maͤßigung ist keine Schwaͤche. Wir haben Kraft genug, um den Partheien die Stirn zu bieten, jeden unrechtmaͤßigen Widerstand zu bestegen, und die Landes⸗Gesetze vollzichen zu lassen; Kraft Kenug/ um den Kam⸗ mern nur solche 5—— vorzulegen, wodurch eine Entwickelung unserer Verfassung beabsichtigt wird, und solche zu verweigern, die uns als ein Eingriff in die Rechte der Krone, als eine Beeintraͤchtigung der Autoritaͤt des Koͤnigs erscheinen. Was die Verantwortlichkeit der Minister betrifft, von der wir behauptet haben sollen, daß sie in unseren Au⸗ gen illusorisch sey, so halte ich es, bevor ich diese Rednerbuͤhne verlasse, fuͤr unumgaͤnglich noͤthig, auch uͤber diesen Gegenstand noch meine Meinung abzugeben. Ich habe immer nur gesagt, daß die ministerielle Verantwortlichkeit nicht durch einen bloßen Zusatz zum Reglement der Kammer, sondern durch ein besonderes Gesetz festgestellt werden koͤnne. Das Princip der Anklage ist von der Charte geheiligt; was indessen unter Verrath und Erpressung sa verstehen sey, sollte spaͤterhin noch festgesetzt werden; und hier iegt die Schwierigkeit, vor welcher die Regierung und die Kam⸗ mern bisher noch immer zuruͤckgewichen sind. Wer moͤchte indeß behaupten, daß aus diesem Grunde das Princip ohne Anwendun sey? Hat nicht die rs⸗Kammer cebenfalls das Verfahren be⸗ Verbrechen des Hochverraths selbst bestimmt? Und was die Pairs⸗ Kammer in den Graͤnzen ihrer Befugnisse gethan, warum sollte es die Deputirten⸗Kammer in den Graͤnzen der ibrigen nicht auch thun koͤnnen? Ich halte es fuͤr aͤußerst wuͤnschenswerth, daß die Schwierigkeit einer Destnition des Verbrechens des Verraths be⸗ scitigt werden moͤge, und dieser Wunsch ist ganz natuͤrlich, denn welcher Minister, der sich nichts vorzuwerfen hat, wird nicht eine directe Anklage uͤber ein bestimmtes Factum jenen fortwaͤbrenden unde⸗ stimmten Beschuldigungen vorzichen; Demzenigen, der solchen Seschabigunse ausgesetzt ist, muß die Anklage ö. will⸗ kommener als der Verdacht seyn, denn jene hat Richter, dieser aher einen bloßen Wiederhall. Ich beschraͤnke mich fuͤr jetzt auf diese allgemeinen Bemerkungen. Nicht daß ich mir schmeichle, dadurch den Groll besiegt, Vorurtheile bekämpft und vorgefaßte Beschluͤsse vernichtet n baben; aber unsere G. haben, wie wir, m. H, den Koͤnig, die Kammern und das Land zu Richtern.

heute unsere Hanblungen Frechtferai, unsere Grundsaͤtze darge⸗ legt, und Recht und Beistand verlangt, und somit berufen wir 8 een⸗ enes, eean auch ohne Furcht auf lie Weisheit des Kbnigs, auf den aufgeklarten Patriotismus der Kammer und auf den gesunden Sinn des ve T.

Nachdem die Bewegung, in welche die Kammer durch den mit großem Beifall aufgenommenen Vortrag des Mini⸗ sters versetzt worden war, etwas nachgelassen hatte, bestie Herr Benjamin Constant die Rednerbuͤhne. „Es i nichts Leichtes“, begann er, „auf den ausgearbeiteten Vortrag eines Redners, dessen Improvisationen sogar oft uͤberredend wirken, aus dem Stegreife zu antworten; ich nehme daher die Nachsicht der Kammer in Anspruch, wenn es mir nicht immer moglich seyn sollte, dem Ideengange des Miisters zu folgen, da ich nur einige fluͤchtig hingeworfene Notizen zum Anhalte habe. Der Herr Minister des Innern beschwert sich daruͤber, daß wir dem Ministerium mit Unrecht Mangel an Voraussicht und gutem Willen vorwerfen, weil es eine seiner Stellung zwischen zwei exaltirten Partheien angemes⸗ sene Unpartheilichkeit beobachtet habe. Die wahre Neutra⸗ lität besteht aber darin, daß man die Linie, die man sich vorgezeichnet hat, mit unerschuüͤtterlicher Festigkeit verfolgt, und den Partheien innerhalb der C die man ihnen selbst ece hat, freien Sp läßt; da⸗ 0 man eine wen s scheinbare

nentschlossenheit Unpartheilichkeit nennen könne. Jch kann mich täuschen, aber es scheint mir, daß das Mini⸗ sterium sich bald zu dieser, bald zu, einer andern Parthet gehalten habe. Die Grundsaͤtze der Minister wechselten so⸗ gar oft auf der Rednerbuͤhne, und wenn sie an einem Tage einen entscheidenden Weg eingeschlagen hatten, so befolgten sie am anderen gewiß die entgegengesetzte Richtung. Neutralitaͤt ist vieimehr ein Mangel an Festigkeit gegen die eine Parthei, und ein Streben, diese Parthei zu beschwichtigen, ehne es darum mit der anderen zu verderben. Ich hale diese Bemerkung bereits damals gemacht, als das Ministe⸗

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Staatsruder geiangt war, nachgebend, Maaßregeln ergriffe wie sie von der effentlichen Meinung verlangt wurden. Glei 2