1829 / 163 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

Ev.

ungs⸗Nachrichten. Ausland.

3 Warschau, 9. Juni. Mittelst Allerhoͤchsten Decrets vom 3lsten v. M. haben des Kaisers Majestaͤt dem Prinzen Wtillhelm von Preußen Koͤnigl. Hoheit den Polnischen weißen ‚S) cdler⸗Orden verliehen. Der Koͤnigl. Preußische General⸗ Consul im Koͤnigreich Polen, Herr Schmidt, hat den Sta⸗ nislaus⸗Orden Iter Klasse erhalten. Ferner haben des Kai⸗ sers Majestaͤt zu bestimmen geruhet, daß Seine Kaiserliche Hoheit der Großfuͤrst Thronfolger dem Polnischen Garde⸗ Grenadier⸗Regiment angehoͤren und daß Sein Name gleich nach dem Sr. Kaiserlichen Majestaͤt in den Regiments⸗Listen aufgefuͤhrt werden soll. 3 Der Wallfahrtsort Bielany bei Warschau war in die⸗ sem Jahre am zweiten Pfingst⸗Feiertage wegen des schlechten Wetters weniger als geweallch besucht. An der Stadt⸗ üqeee nur 1856 Wagen und 145 Reiter gezählt.

Frankreich.

5 Pairs⸗Kammer. Ju der Sitzung vom 5. Juni schritt die Discussion uͤber den Gesetz⸗Entwurf wegen der Otganisation der Militair⸗Gerichte bis zum 33sten Artikel vor. Am folgenden Tage sollte die Berathung fortgesetzt werden. Deputirten⸗Kammer. Die Sitzung vom 5. Zua⸗ eroͤffnete Hr. Laffitte mit einem ausfuͤhrlichen Vor⸗ rrage uͤber den isten Artikel des Ausgabe⸗Budgets, welcher von der Verzinsung und Tilgung der consolidirten Staats⸗ schuld handelt. Er glaubte, daß der gegenwaͤrtige Augen⸗ bllick zu einer Herabsetzung des Zinsfußes der 5procentigen Rente nicht geeignet sey, da eine solche Herabsetzung sich nicht beewirken lasse, wenn man nicht zugleich auch die Mittel in Haäͤnden habe, den Renten⸗Inhabern ihr Kapital auszuzahlen; was Frankreichs sinanzielle Lage betreffe, so habe man einer⸗ seits die Zinsen von der Spanischen Schuld mit in Anrech⸗ nnung gebracht, obschon nicht daran zu denken sey, daß diese regelmäßig eingehen wuͤrden, andererseits aber die Kosten des Straßen, und Kanal⸗Baus, der Instandsetzung der Festun⸗ gen, des Krieges mit Algier und der Besetzung Morea's gar nitccht in Betracht gezogen, so daß man allerdings behaupten e⸗onne, die Einnahme stehe mit den Ausgaben in keinem Ver⸗ heaͤltnisse mehr. Rechne man zu jenen verschiedenen Kosten noch den Ausfall in dem Ertrage der Steuern im ersten Auartale, so aggebe sich, ohne einmal die Ausgaben fuͤr die Festungen mit in Anschlag zu bringen, fuͤr dieses Jahr ein neues Deficlt von 37 Millionen. Der Redner bewies hierauf, daß in den letzten 7 Jahren die Ausgaben immer in demselben Verhäͤlt⸗

ses zugenommen haͤtten, als die Einnahme ), und daß man

onach an keine Ersparnisse gedacht habe. „Wir haben es“, 8 ieraus ersehen, mit einer Alles verschlingenden Verwaltung zu thun, und Sparsamkeit Aüehn kann uns daher von einem Bankerotte retten. Das 2 ort Bankerott empört jeden rechtlichen Mann, aber Ver⸗ eudungen und falsche Ansichten koͤnnen nur zu leicht dahin fuͤhren. Die Regeln, die ich festgestellt zu sehen wuͤnschte, wären folgende: im Frieden besteuern, im Kriege leihen; zu einem Kriege nie besteuern, im Frieden he⸗ saͤndig tilgen. Wie weit sind wir indessen von diesen Fenaecgen entfernt! Schließlich noch ein Wort. Im vo⸗ 8 igen Jahre sagte man uns, daß der Koͤnig in seiner Weisheit die Gefahren erkannt habe, wohin der unvor⸗ sichtige Widerstand seiner Minister gegen die Wuͤnsche des olkes fuͤhre. Die Wuͤnsche des Volkes sind aber, wie Jedermann weiß, nur der Ausdruck seiner Bedürfnisse. Sind un aber diese Wuͤnsche und Beduͤrfnisse unter dem jetzigen Ministerium mehr wie damals befriedigt worden? Bringen Schwachheit und Unschluͤssigkeit nicht dieselben Resultate her⸗ or, als Falschheit und Gewaltthäͤtigkeit? Nur die Namen der Minister sind veraͤndert worden, ihr System ist dasselbe ☛—— 8— allein liegt der Grund zu unserer jetzigen sschwierigen Lage.“ Herr Bailliot meinte, daß die Umschreibung der 5procentigen Rente in Inscriptionen zu einem niedrigeren Zinsfute nur mit der größten Vorsicht geschehen duͤrfe. Der Vicomte Dutertre trat zur Wider⸗

*) In den Jahren 1822 bis incl. 1828 war näaͤmlich die Ein⸗ nahme auf 6535 Millionen veranschlagt gewesen, hatte sich aber auf 7000 Millionen belaufen; in demselben Zeitraume aber betru⸗ gen auch die Ausgaben üͤber 7000 Millionen, waͤhrend sie sich nach den Budgets nur auf 6585 Millionen erheben sollten.

fügte er hinzu, „wie Sie

1

legung des Herrn Laffitte auf, namentlich in sofern dieser behauptet hatte, daß der Krieg in Spanien an dem jetzigen Deficit groͤßtentheils Schuld sey; nicht 400 Mill., sondern eigent⸗ lich nur 170 Millionen habe dieser Feldzug an außerordentlichen

Ausgaben verursacht. Am Schlusse seines Vortrages stimmte Herr Dutertre ebenfalls fuͤr die Umschreibung der 5 procen⸗ tigen Rente, und gab zugleich den Wunsch zu erken⸗ nen, daß der Tilgungs⸗Fonds gleichmaͤßiger 4 bisher vertheilt werde. Herr Délessert machte den Vorschlag, den Tilgungs⸗Fonds fuͤr die im vorigen Jahre in 4 procen⸗ tigen Renten eroͤffnete Anleihe der 80 Millionen, von 800,000 Fr. auf die Haͤlfte herabzusetzen. Der Berichterstatter, Herr Humann, trat dem Antrage bei, wogegen der Fi⸗ nanz⸗Minister sich demselben mit der Bemerkung wider⸗ setzte, daß man an den gedachten Fonds nicht Hand anlegen duͤrfe. Gleichwohl wurde das Amendement des Herrn Dé⸗ lessert, als es daruͤber zur Abstimmung kam, a ngenommen. Die Commisston hatte bereits auf eine Ersparniß von 2 Mil⸗ lionen auf die 4 Millionen Zinsen von der Anleihe der 80 Millionen, da dieselbe im vorigen Jahre noch nicht negociirt worden ist, angetragen. Auch dieser Vorschlag wurde geneh⸗ migt, und somit der 1ste Artikel des Budgets um 2,400,000 Fr. herabgesetzt. Der 2te Artikel enthält 729,992,264 Fr. füͤr die Ausgaben der gesammten Verwaltung. Ueber die Ausgaben des Justiz⸗Ministeriums ergriff vorweg der Großsiegelbewah⸗ rer das Wort. Nachdem er alle einzelne Kapitel seines Budgets durchgegangen war, und sich gegen die von der Commission in Antrag gebrachten Ersparnisse erhoben hatte, kam er auch auf die Nothwendigkeit zu sprechen, die Befugnisse des Staats⸗ Raths durch ein besonderes Gesetz festzustellen, wobei er zu verstehen gab, daß er ein solches in der nächsten Session vorlegen werde, zugleich aber bemerkte, daß die Kosten dieser Behoͤrde alsdann bedeutend erhoͤht werden muͤßten, wogegen die Commission dieselben jetzt auf 400,000 Fr. re⸗ ducirt wissen wolle. Der Minister schloß mit folgenden Wor⸗ ten: „Wir verlangen nicht, m. H., daß Sie uns im Voraus Ihr Vertrauen schenken; gestuͤtzt auf unsere guten Absichten glauben wir aber versichern zu duͤrfen, daß unsere Handlun⸗ gen dieselben nie Luͤgen strafen werden. Das Ministerium, dem das hohe Vertrauen des Koͤnigs mich juͤngst beigesellt hat, ist ein eben so gewissenhafter Huͤter der Rechte der Krone als der Verfassung; es glaubt aber nicht, daß man es füͤr Ereignisse verantwortlich machen koͤnne, die ihm voͤllig fremd sind. Was seine eigenen Handlungen anbetrifft, so üderläßt es die Beurtheilung derselben seinen Feinden, wie seinen Freunden, in der Hoffnung, daß es in der Anerkennung des unparthetischen Publikums die Aufmunterung finden werde, deren es bedarf, um dem Koͤnige und dem Lande nach ihren ge⸗ meinsamen und unzertrennlichen Interessen zu dienen.“ Hr. Bérenger stellte einige sehr ausfuͤhrliche Betrachtun⸗ gen uͤber das Beamten⸗Personale des Justiz⸗Ministeriums, namentlich uͤber die Gerichts⸗Auditoren, so wie demnaͤchst auch uͤber die Mitglieder des Rechnungshofes an, einer Behoͤrde, von der er wuͤnschte, daß sie dem Großsiegelbewah⸗ rer untergeordnet wuͤrde. Er erklärte am Schlusse seines Vortrages, daß er wegen der im Justizfache vorzunehmenden Reform sein ganzes Vertrauen in den neuen Großsiegelbe⸗ wahrer setze, da dieser, gewarnt durch das Beisplel seiner Vorganger, sich hoffentlich nicht wie diese den Vorwurf werde zuziehen wollen, daß sein Eintritt in das Mi⸗ nisterium voͤllig fruchtlos fuͤr das Land gewesen sey. Herr Bavoux erhod sich gegen die zu hohen Besoldungen beim Justiz⸗Ministerium, und verlangte, daß das Gehalt des Staats⸗Secretairs von 24,000 Fr. auf die Hälfte herab⸗ gesetzt werde. Auch beklagte er sich uͤber die Schaar von Die⸗ nern, welche unter dem Namen von Gerichtsdienern, Schwei⸗ zern, Thurstehern u. s. f. aufgefuüͤhrt wuͤrden, und meinte, daß alle diese Ausgaben um drei Viertheile vermindert wer⸗ den wüͤrden, sobald der Staat den Ministern keine pracht⸗ vollen Hotels, deren Unterhaltung allein die Steuern von 7 bis 8 Gemeinden verschlänge, mehr gaͤbe, sondern sie für ihre Wohnung selbst sorgen ließe. Der Redner bekaͤmpfte darauf die Besoldung der Titular⸗Staats Minister als eine völlig unnuͤtze Ausgabe und stellte den Staats⸗Rath als eine mit dem Geiste eines verfassungsmäͤßigen Landes unverträͤgliche Institution dar. „Wir haben“, sagte er in dieser Bezie⸗ hung, „in Frankreich zweierlei Justiz⸗Verwaltungen, eine ad⸗ ministrative und eine richterliche; eine, die im Dunkeln, und bei verschlossenen Thuͤren wirkt, und eine andere, deren Ver⸗ fahren öffentlich ist; eine, die von absetzbaren Staatsraͤthen und eine andere, die von unabsetzbaren Richtern v te wird.“ Der Redner machte schließlich den Vorschlag, die bee den Staats⸗Rath ausgesetzte Summe auf 1n. 2galfte

abzusetzen und versprach, in der Sitzung des nächsten