1829 / 166 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

ob der Geistliche, wenn er ein Sakrament oder ein Begräb⸗ niß verweigert, recht thut, sondern ob er gesetzlich dazu be⸗ fugt ist. Aus diesem Gesichtspunkte betrachter, behaupte ich nun aber, daß die Weigerung des Geistlichen keines der buͤr⸗ gerlichen Rechte beeintraͤchtigt, denn sie verhindert keinen Buͤrger zu testiren, zu erben, zu verkaufen, zu erwerben, 5 Zeugniß vor Gericht abzulegen und dergleichen. Eben so * weenig schmaͤlert sie irgend ein politisches Recht; denn die Vorenthaltung irgend eines Sakraments hindert keinen Buͤr⸗ ger, zum Deputirten gewaͤhlt oder zum Pair ernannt zu wer⸗ dden, oder richterliche⸗, Militair⸗ oder administrative Functionen zu bekleiden. Die Verweigerung des kirchlichen Leichenbe⸗ Zaͤngnisses schließt auch nicht die gewoͤhnliche Beerdigung aus, wessen Ranges und Glaubens auch der Verstorbene gewesen seyn mag. Was ist also die Vorenthaltung der Sakramente oder der Obsequien anders als die Verweige⸗ rung einer rein geistlichen Gnade, die allein der Priester verleihen kann, Uͤnd woruüber er allein Richter ist. Habt Ihr keinen Glauben, was kuͤmmert Euch dann die Kirche! heabt Ihr Glauben, so unterwerft Euch ihr! Sobald der GSeistliche nicht mehr der freieste aller Menschen ist, so ist er Scelave. Und wir, die Freunde der Freiheit, die Apostel dder Duldsamkeit, wir wollten seinem Gewissen Zwang an⸗ Ithun? wir wollten seine Weigerung fuͤr einen Mißbrauch erklären? Wir wollten ihm sein Gehalt, das wir ihm gegeben, damit er seine Pflicht erfuͤlle, darum entziehen, weil er seine Pflicht gethan hat? Wir wollten ihn zwingen, zu gehorchen? Nimmermehr! Ein erzwungenes Sakrament, ein erzwungenes Gebet ist niemals ein aͤchtes. Weas mich anbetrifft, so verlange ich die Freiheit, nicht nach meinen persoͤnlichen Abneigungen oder Vorurtheilen, sondern, wie sie die Charte bestimmt hat, ohne Privilegien, ohne Aus⸗ schließung, gleichmäͤßig fuͤr Alle. Ja, ich wiederhole es, un⸗ ter dem Reiche der Charte muß der Geistliche in dem Hei⸗ ligthume seines Gewissens eben so unverletzlich seyn, als der Bluürger in seinem Eigenthume.“ Dieser ganze Theil der Rede des Hrn. v. Cormenin machte einen tiefen Eindruck auf 1 Versammlung, und fand rauschenden Beifall. Am Schlusse seines Vortrages, der über 12 Stunde dauerte, entwarf der Redner noch mit großer Ausfuͤhrlichkeit und Gruͤndlichkeit einen Plan zu einer eorganisation des Staats⸗ Raths. Ihm folgte der Minister des öffeuritchen Un⸗ terrichts auf der Tribune, an deren Stufen er Hrn. von Cormenin begegnete, und ihm freundschaftlich die Hand bot. „Es ist nicht meine Absicht“, so begann Herr von Vatis⸗ menil, „mich in eine gruͤndliche Untersuchung üͤber die Be⸗ fugnisse des Staats⸗Raths einzulassen. Mein ehrenwerther Freund, der Großstegelbewahrer, hat Ihnen ein Gesetz uͤber diesen wichtigen Gegenstand angeküͤndigt, und dei der Dis⸗ ssion uͤber dieses Gesetz werden a le die wichtigen Fragen, welche ich heute nicht mit der erforderlichen Ausfuͤhrlichkeit behandeln kann, ihre Stelle finden. Ohnehin ist nicht zu „vergessen, daß es sich hier um das Budget handelt, und daß der Hauptpunkt aufgeklaärt ist. Was haͤtte die Wichtigkeit

und der Nutzen des Staats⸗Raths in unserem verfassungs⸗ maͤßigen Staate mit den dafuͤr verlangten Geldern zu

schaffen? Ich beschraͤnke mich daher darauf, einen flůͤchtigen Blick auf die Einwendungen der vorigen Redner gegen den Staats Raah u werfen. In einem Staate, wie Frankreich, ist die Vernichetans der administrativen Angelegenheiten un⸗ endlich. Vierzigtausend Gemeinden, eine Men oͤffentlicher, unter der Aufsicht des Staats stehender An alten, ferner

die Kosten für das 2 die Marine und die Bruͤcken und Wege ꝛc., dieses ungeheure Gebiet gehoͤrt dem Verwaltungs Wesen an, und es scheint mir daraus die Nothwendigkeit eines Conseils, das den Gang der Verwaltung aufhelle, die Entscheidungen vorbereite, und die Einheit in diesem großen Ganzen erhalte, mit unwider⸗ legbarer Evidenz hervorzugehen. Hätten wirn keinen Staats⸗ Rath, so muͤßte jedes einzelne Ministerium ein solches be⸗ rathendes Conseil haben, die Kosten wuͤrden dieselben blei⸗ ben, und man würde dann den großen Vortheil der Gleich⸗ foͤrmigkrit in der Anwendung der Gesetze und Reglements verlieren. Es giebt in der That eine Menge von Gesetzen und Bestimmungen, die mehreren Verwaltungszweigen ge⸗ mein sind; haͤtte nun jedes Ministerium einen besonderen Verwaltungs⸗Rath, so würden diese vielen Gesetze und Re⸗ in verschiedenem Dinne ausgelegt und angewendet werden.

in einer General⸗Versammlung vereinigen, und Uebereinstimmung der Grundflt⸗ und der Außerdem giebt

ten Zeiten

Einheit

Jurisprudenz zur nothwendigen Folge.

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trauen, das man Ihnen gegen uns einzufloͤßen

zwar behauptet,

Dagegen hat dis jetzige Orgautsarion des Staats⸗

Raths, dessen verschiedene Abtheilungen sich zu bestimm⸗ auf einmal verrichten könne, ohne dadurch seiner Ehre zu

vergeben.

es eine Menge gemischter Sachen, welche mehrere Departements mgleich betreffen und nur durch die vereinte Berathung der Minister dieser Departements erledigt wer⸗ den koͤnnen. Durch Correspondenz waͤren diese Angelegenhei⸗ ten gar nicht zu beendigen. Auch wuͤrde der Staats⸗Rath, wenn seine Mitglieder nicht mehr eine Koͤrperschaft bildeten, den ehrenvollen Charakter einer administrativen Gerichts⸗Be⸗ hoͤrde verlieren, durch den er uͤber den Ministerial⸗Buͤreau steht und den Einfluͤß derselben in die gehoͤrigen Graͤnzen zuruͤckweist. Diese Vertheidigungsgruͤnde finden auf jeden Staat, am meisten aber auf einen Repraͤsentativ⸗Staat An⸗ wendung. Der Zweck der Verfassung ist, die Willkuͤhr auf⸗ zuheben und in alle Staats⸗Angelegenheiten Orduung und Regelmaͤßigkeit zu bringen. Die Verwaltung hat also hier eben so viel Entscheidungen abzugeben, als in einem anderen Staate, und der Unterschied liegt nur darin, daß diese Entscheidungen den Gesetzen gemäß aus fallen muͤssen. In einem Repraͤsentativ Staate bedarf die Verwaltung oͤfter des Rather der Rechtsgelehrten, als in anderen, wo diese For⸗ derung allgemeiner Gesetzlichkeit und Ordnung nicht in so hohem Grade vorhanden ist. Je mehr sich unsere Institu⸗ tionen entwickeln, je mehr das System der Gesetzmäaßigkeit sich ausbreitet und befestigt, desto mehr muͤssen daher auch die Arbeiten des Staats⸗Raths zunehmen. Was ich esagt habe, ist keine leere Theorie, sondern durch die Erfahrung bestaͤtigt.“ Nachdem der Minister noch die andern gegen den Staats⸗Rath gemachten Einwendungen wegen Vermi⸗ schung der richterlichen und administrativen Functionen, und wegen der zu großen Anzahl der Staatsräͤthe, zu widerlegen versucht, und uͤber diese ganze Angelegenheit auf die neue, dieser Behoͤrde zu gebenden Organisation verwiesen hatte, schloß er mit folgenden, auf den allgemeinen Gang des Ministeriums Bezug habenden Worten: „Wir werden, meine Herren, Arbeiten fortsetzen, durch die wir unsere Zeit und unsern Diensteifer fuͤr den Thron und den Staat, so wie fuͤr die Verbesserung und Befestigung der agi fruchtbrin⸗ gend machen koͤnnen. Alle Versprechungen sollen getreulich erfuͤllt werden, und zwar namentlich in Bezug auf die Be⸗ fugnisse des Staats⸗Raths. In dieser Hinsicht koͤnnen wir die Vergangenheit als ein Unkerpfand fuͤr die Zukunft anfuͤh⸗ ren. Alles, was wir von Ihnen verlangen, ist: dem Miß⸗

1 bemüht i Vund das wir nach unserer Ueberzeugung F. ee. E.

kein Gehoͤr zu geben; dessen eingedenk zu seyn, daß Eintracht und Vertrauen zwischen der Regierung und den Kammern die Kraft und das Glüͤck des Staats ausmachen; nur dann Ersparun⸗ gen anzubringen, wenn sie Ihnen in sich selbst gerecht zu seyn scheinen und dem eeans. keinen Eintrag thun, selben aber nie als Mittel zur Herbeifuͤhrung von Neuer gen in den Gesetzen zu betrachten, die wir nicht aufschi werden, sobald sie uns nuͤtzlich und die Umstände dafuͤr guüͤn⸗ stig erscheinen, zu denen wir aber in keinem Falle dem Koͤnige rathen wuͤrden, wenn wir die innere Ueberzeugung hegen muͤßten, daß sie schaͤdlich oder wenigstens unzeitig waͤren.“— Der Graf Gastan von la Rochefoucauld glaubte, den Ansichten des Ministers zuwider, daß sich bei dem Staats⸗Rathe eine Ersparniß vomn 100,000 Fr. machen lassen wuͤrde, ohne daß die Verwaltung dieser Behoöͤrde darunter litte. Herr Dupin der Aeltere trat dieser Ansicht bei, und ließ sich ebenfalls ausfuͤhrlich uͤber den Staats⸗Rath vernehmen. Der Großsiegelbewahrer erinnerte daran daß er neulich das Versprechen gegeben habe, in der näͤchsten Session ein neues Gesetz uͤber den Staats⸗Rath vorzulegen. Eine Stimune zur rechten Seite fragte hier, ob der Mini⸗ ster denn auch wisse, ob er alsdann noch am Ruder seyn werde. Herr Bourdeau dankte den Rednern, die sich üͤber den Staats⸗Rath haben vernehmen lassen, fůr ihre Bemerkungen, und erklarte, daß er diese zu sei⸗ ner Zeit 2n benutzen wissen werde; vorläufig wider sette er sich aber jeder Reduction. Herr Agier zußerte, daß, als er und seine Freunde zu Staatsraͤthen er⸗ nannt nn sie gewuͤnscht haͤtten, daß mit der Stelle kein g verknüͤpft gewesen waͤre; er sey daher auch gesonnen fuͤr die gedachte Reduction zu stimmen; Hr. Dupin habe rat daß man nicht zu gleicher Zeit General⸗ Procurator und Staatsrath seyn düͤrfe; wenn indessen die Talente und die ausgebreiteten Kenntnisse des Herrn upin ihm vielleicht binnen Kurzein zwei dergleichen Aemter zuwenden sollten, so würde er einsehen lernen, daß man beide

Nachdem noch ben Sinne als der vorige Fme wurden

umann sich in demsel⸗ hatte vernehmen lassen,

die FPeGgg hee. Seaatosbehe⸗ dem Antrage xxe

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